Pflichten eines Anschlussinhabers

07. August 2012
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Amtlicher Leitsatz:

a) Der noch zu § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV 1997 aufgestellte Maßstab des § 276 Abs. 1 BGB (BGH, Urteile vom 16. März 2006 – III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 20 und vom 4. März 2004 – III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 205 ff) gilt auch für § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG. Der Anschlussinhaber muss danach alle ihm zumutbaren geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine von ihm nicht gebilligte Nutzung seines Anschlusses zu unterbinden.

b) Unter dem Vorbehalt, dass die notwendigen technischen Mittel im maßgeblichen Zeitraum zur Verfügung stehen, ist der Telekommunikationsanbieter bei ungewöhnlichem Nutzungsverhalten (hier: ständige Verbindung eines Routers mit dem Internet bei zeitabhängigem Tarif), das zu einer Kostenexplosion führt, zur Schadensbegrenzung verpflichtet, dem Kunden einen entsprechenden Hinweis zu geben. Dies schließt die Nutzung entsprechender Computerprogramme ein, die ein solches abweichendes Verhalten erkennen.

c) Hat der Kunde – etwa nach Erhalt einer massiv erhöhten Rechnung – einen handfesten Hinweis auf einen Missbrauch seines Anschlusses oder eine Fehlfunktion seiner Anlage und unterlässt er gleichwohl Maßnahmen, dem entgegen zu wirken, kann dies eine bislang nicht gegebene Zurechenbarkeit der Anschlussnutzung gemäß § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG begründen und einen Verstoß des Telekommunikationsanbieters gegen seine Warnpflicht nach § 254 Abs. 1 BGB vollständig zurücktreten lassen.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 19.07.2012

Az.: III ZR 71/12

 

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2012 durch die Richter …

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg – 17. Zivilkammer – vom 3. Februar 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 2. September 2011 wegen Zahlung von 653,85 € (Rechnung vom 19. Januar 2010) nebst anteiliger Zinsen sowie eines Anspruchs auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,36 € zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt die Rückzahlung von Internetnutzungsentgelten, die die Beklagte per Lastschrift von seinem Konto einzog. Die Beklagte bietet Telekommunikationsdienste an. Ihre Rechtsvorgängerin (im Folgenden werden die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin zusammenfassend als Beklagte bezeichnet) stellte als sogenannter Zugangsprovider dem Kläger einen Anschluss für Verbindungen in das Internet zur Verfügung. Hierfür war ein Tarif vereinbart, der eine Pauschalvergütung von 19,79 € für 40 Stunden Internetnutzung im Monat sowie für Sicherheitspakete umfasste. Für die über das Pauschalkontingent hinausgehende Inanspruchnahme des Internetzugangs war eine zeitabhängige zusätzliche Vergütung vereinbart.

Der Kläger zahlte jahrelang lediglich den Pauschaltarif. Unter dem 17. Dezember 2009 stellte die Beklagte dem Kläger 290,94 € in Rechnung. Für die Monate Januar bis Juli 2010 wiesen die Monatsrechnungen der Beklagten noch höhere Summen aus. Im Einzelnen beanspruchte sie folgende Beträge:

Rechnung vom 19. Januar 2010: 653,85 €,
Rechnung vom 17. Februar 2010: 651,66 €,
Rechnung vom 17. März 2010: 588,62 €,
Rechnung vom 17. April 2010: 652,63 €,
Rechnung vom 17. Mai 2010: 630,90 €,
Rechnung vom 16. Juni 2010: 653,51 €,
Rechnung vom 17. Juli 2010: 544,69 €.

Die Beklagte zog diese Summen mit Lastschriften von dem Konto des Klägers ein. Nachdem dieser das Ansteigen der Nutzungsentgelte im Juli 2010 bemerkt und die Rechnungen mit Schreiben vom 5. Juli 2010 beanstandet hatte, stellte die Beklagte den Tarif des Klägers auf einen reinen Pauschaltarif (Flatrate) um.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der – unstreitig – nicht von ihr bereit gestellte Router des Klägers habe in den maßgeblichen Zeiträumen 24 Stunden am Tag die Verbindung zum Internet hergestellt, und zwar auch nach der einmal täglich von ihr, der Beklagten, automatisch veranlassten Unterbrechung.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung der aufgrund der Rechnungen für die Monate Januar bis Juli 2010 von seinem Konto abgebuchten Beträge abzüglich der Kosten für einen Flatrate-Tarif nebst Sicherheitspaketen während dieses Zeitraums. Ferner verlangt er Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Dieses hat einen auf Rückzahlung der Entgelte für die Herstellung der Verbindungen in das Internet gerichteten Schadensersatzanspruch des Klägers verneint.

Die Beklagte habe nicht gegen eine vertragliche Nebenpflicht verstoßen, indem sie den Kläger nicht auf sein deutlich verändertes Nutzerverhalten hingewiesen habe. Zwar treffe die Beklagte eine Hinweispflicht, wenn sie bemerke, dass bei dem Kunden ein ungewöhnliches und offenbar ungewolltes Nutzungsverhalten vorliege, das im krassen Gegensatz zu dem vereinbarten Tarif stehe und eine Kostenexplosion verursache. Jedoch erfolgten sämtliche Vorgänge auf Seiten der Beklagten voll automatisiert. Dabei könne bei der Beklagten niemandem das veränderte Nutzungsverhalten des Klägers aufgefallen sein, solange sich nicht einer ihrer Mitarbeiter mit dem Vorgang befasst habe, was nicht der Fall gewesen sei. Dazu habe auch insofern keine Veranlassung bestanden, als der Kläger trotz Überwachungsmöglichkeit keinen Widerspruch eingelegt, sondern die gestellten Rechnungen vollständig ausgeglichen habe.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten habe daher nur in Betracht kommen können, wenn aus dem mit dem Kläger geschlossenen Vertrag eine Nebenpflicht abzuleiten gewesen wäre, wonach die Beklagte ihr automatisches Erfassungs- und Abrechnungssystem habe so gestalten müssen, dass dieses auf die hier fraglichen Veränderungen im Nutzerverhalten aufmerksam mache. Hierfür gebe es jedoch keine Grundlage. Entgegen einer anderen in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung gebe es keinen Grund dafür, dass nicht der Kunde das Risiko einer Fehlbedienung seines Routers allein tragen müsse. Hinzu komme, dass die Beklagte unstreitig permanente Verbindungen ohnehin einmal täglich trenne. Damit habe sie bereits eine Maßnahme getroffen, die grundsätzlich gegen ungewollte Kosten schütze, die jedoch dann nicht helfe, wenn der Kunde (und sei es wiederum ungewollt) erneut eine Verbindung in das Internet herstelle. Eine gesetzliche Verpflichtung von Providern sei in diesem Zusammenhang nur insoweit geregelt, als Anbieter bei der mobilen Internetnutzung seit dem 1. Juli 2010 den Datenzugriff automatisch unterbrechen müssten, wenn die gesetzliche Kostenobergrenze von 50 € nebst Mehrwertsteuer erreicht sei.

Im Übrigen wäre eine – unterstellte – Pflichtverletzung der Beklagten gegenüber der mangelnden Sorgfalt, die der Kläger über einen Zeitraum von acht Monaten hinsichtlich der Überwachung sowohl seiner Internet-Verbindungszeiten als auch insbesondere seines Zahlungsverkehrs an den Tag gelegt habe, von nur untergeordneter Bedeutung.

II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. oder § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB lässt sich nach dem dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Sach- und Streitstand hinsichtlich der Rechnung vom 19. Januar 2010 in Höhe von 653,85 € und des Anspruchs auf Freistellung von auf diesen Betrag bezogenen Rechtsanwaltskosten nicht ausschließen.

1. Zu den Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte für einen Teil des in Rede stehenden Zeitraums der Internetnutzung lediglich Anspruch auf den Durchschnittsbetrag gemäß § 45j i.V.m. § 45i Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 TKG hat, haben die Parteien nichts vorgetragen.

2. Allerdings kommt ein Rückzahlungsanspruch des Klägers für zumindest einen Teil der aufgrund der Rechnung vom 19. Januar 2010 eingezogenen 653,85 € in Betracht.

a) Dem Kläger bleibt insoweit noch der Nachweis offen, dass ihm die Inanspruchnahme seines Internetzugangs nicht zuzurechnen ist (§ 45i Abs. 4 Satz 1 TKG). Er hat geltend gemacht, ein Dritter könne sich seines Internetzugangs bemächtigt haben, oder ein von ihm nicht zu bemerkender Fehler seines Routers könne die Ursache für die dauerhafte Herstellung der Verbindungen in das Internet gewesen sein. Dieses Vorbringen kann rechtliche Erheblichkeit erlangen.

Zwar bleibt der Anschlussinhaber, wie sich aus § 45i Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 TKG ergibt, grundsätzlich auch dann vergütungspflichtig, wenn Verbindungen ohne seine Billigung hergestellt werden, soweit die Ursachen hierfür in seiner technischen Sphäre liegen (vgl. auch Senatsurteil vom 4. März 2004 – III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 205 ff zu § 16 Abs. 3 Satz 3 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung vom 11. Dezember 1997, BGBl. I S. 2910, TKV 1997, der Vorgängerregelung von § 45i TKG), wie dies auch im vorliegenden Sachverhalt der Fall ist, weil die Dauerverbindungen von dem Router des Klägers hergestellt wurden. Der Anschlussinhaber muss nach dem Maßstab des § 276 Abs. 1 BGB (Senatsurteil vom 16. März 2006 – III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 20; Senatsurteil vom 4. März 2004 aaO, S. 209) alle ihm zumutbaren geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine von ihm nicht gebilligte Nutzung seines Anschlusses zu unterbinden. Zumutbar sind diejenigen Maßnahmen, die einem gewissenhaften durchschnittlichen Kunden bekannt sind und zu deren Durchführung er mit vertretbarem Aufwand in der Lage ist (Senatsurteil vom 16. März 2006 aaO, Rn. 22). Trifft er jedoch diese Maßnahmen und kommt es gleichwohl zu einer von ihm nicht gebilligten Inanspruchnahme der Leistungen des Anbieters, hat dieser gemäß § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG keinen Vergütungsanspruch, auch wenn die Ursache für die Nutzung des Anschlusses in der technischen Sphäre des Inhabers liegt.

An dem vom Senat (Urteile vom 16. März 2006 aaO, Rn. 20 und vom 4. März 2004 aaO) noch zu § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV 1997 aufgestellten Maßstab des § 276 Abs. 1 BGB ist auch für § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG festzuhalten. Zwar ist nach dieser Bestimmung nicht mehr, wie noch nach § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV 1997, darauf abzustellen, ob der Kunde den Netzzugang in einem nicht von ihm "zu vertretenden" Umfang genutzt hat. Nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG ist nunmehr maßgeblich, ob dem Teilnehmer die Inanspruchnahme der Leistungen des Anbieters "zugerechnet" werden kann. Trotz der unterschiedlichen Begriffe hat sich der Sache nach nichts geändert (Berliner Kommentar zum TKG/ Schlotter, 2. Aufl., § 45i Rn. 29; Scheurle/Mayen/Schadow, TKG, 2. Aufl., § 45i Rn. 7; wohl auch, wenngleich zweifelnd Arndt/Fetzer/Scherer/Kessel, TKG, § 45i Rn. 69 f). Aus der Regierungsbegründung zu § 45i TKG (BR-Drs. 92/05, S. 34) ergibt sich, dass eine Änderung des § 16 TKV 1997 insoweit nicht beabsichtigt war. Die neue Vorschrift sollte nach dem Einleitungssatz ihrer Begründung § 16 TKV 1997 "in großen Teilen" entsprechen. Die weiteren Ausführungen befassen sich mit anderen Regelungen des vorgesehenen § 45i TKG und nicht mit der Frage der Anforderungen an die dem Teilnehmer obliegenden Vorkehrungen gegen eine ungewollte Nutzung seines Anschlusses. Hieraus ist zu schließen, dass der bisherige Maßstab beibehalten werden sollte.

Allerdings hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger zu den Voraussetzungen des § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG bislang nicht substantiiert vorgetragen. Die Zurückverweisung gibt ihm in den Grenzen des § 530 Abs. 2 ZPO Gelegenheit, dies gegebenenfalls nachzuholen.

b) Dessen ungeachtet ist auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung einer aus dem Vertragsverhältnis folgenden Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) nicht auszuschließen. Der Senat vermag nicht der Auffassung des Berufungsgerichts beizutreten, die Beklagte habe nicht die Pflicht getroffen, ihre technischen Einrichtungen so zu konfigurieren, dass eine Warnung des Kunden erfolgte, sobald eine Nutzung seines Internetzugangs einsetzte, die erheblich von einem dem zeitabhängigen Tarif angepassten, üblichen Verhalten abwich. Vielmehr schließt sich der Senat – unter dem Vorbehalt, dass die notwendigen technischen Mittel im maßgeblichen Zeitraum zur Verfügung standen – der in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Gegenauffassung an, nach der der Telekommunikationsanbieter bei ungewöhnlichem Nutzungsverhalten (wie hier: ständige Verbindung eines Routers mit dem Internet bei zeitabhängigem Tarif), das zu einer Kostenexplosion führt, zur Schadensbegrenzung verpflichtet ist, den Kunden zu warnen und den Internetzugang gegebenenfalls kurzfristig zu sperren (LG Bonn, K&R 2010, 679 mit zustimmender Anmerkung von Schmidt aaO S. 680, 681 f; siehe auch LG Kleve, Urteil vom 15. Juni 2011 – 2 O 9/11, juris Rn. 22 zum Entstehen hoher nutzungsabhängiger Durchleitungsgebühren im Ausland [Roaming] bei Vereinbarung einer Flatrate im Inlandsverkehr; LG Kiel, MMR 2003, 422, 423 zur Einwahl in das Internet zu beinahe 200-fachen Kosten einer Standardverbindung; AG Frankfurt am Main MMR 2008, 496, 497 zum permanenten Einwählen eines Mobiltelefons in einen analogen Internetzugang; vgl. auch Landesgericht Feldkirch [Österreich], Urteil vom 7. September 2010 – 2 R 284/10w, im Internet abrufbar unter www.vol.at/2012/02/Entscheidung-LG-Feldkirch-2r284§10w.pdf zum unbeabsichtigten Roaming im Grenzgebiet; siehe ferner OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 837 mit zustimmender Anmerkung von Schmidt aaO S. 838; LG Münster, K&R 2011, 359, 360 jeweils zur Aktualisierung von Navigationskarten mit großem Datenvolumen auf einem neu erworbenen beziehungsweise vermieteten Mobilfunkgerät). Dies schließt die Nutzung entsprechender Computerprogramme ein, die ein solches abweichendes Verhalten erkennen.

aa) Allerdings gibt es für eine solche Pflicht noch keine gesetzlich ausdrücklich geregelte Grundlage. Dies gilt auch für den hier in Rede stehenden Zeitraum von Dezember 2009 bis Juli 2010. Zwar ist am 10. Mai 2012 (vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 3. Mai 2012, BGBl. I S. 958) § 45n Abs. 6 Nr. 5 TKG in Kraft getreten (anders noch zum Zeitpunkt des Erlasses des Senatsurteils vom 15. März 2012 – III ZR 190/11, juris, siehe dort Rn. 12), der die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung enthält, durch die Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste verpflichtet werden können, geeignete Einrichtungen anzubieten, um die Kosten der Inanspruchnahme der Telekommunikationsdienste zu kontrollieren. Diese Befugnis schließt die Verpflichtung zu unentgeltlichen Warnhinweisen bei anormalen oder übermäßigem Verbraucherverhalten ein. Eine Rechtsverordnung ist aber noch nicht erlassen und würde zudem keine Wirkung für den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt mehr haben können.

bb) Wie der Senat in seinem Urteil vom 15. März 2012 (aaO Rn. 14 ff) jedoch zum mobilen Zugang zum Internet bereits ausgeführt hat, kann den Anbieter von Telekommunikationsdiensten die vertragliche Nebenpflicht treffen, seine Kunden vor einer sich selbst schädigenden Nutzung des Angebots zu schützen.

Grundsätzlich hat zwar jede Partei im Rahmen vertraglicher Beziehungen aufgrund der im Zivilrecht herrschenden Privatautonomie ihre Belange selbst wahrzunehmen. Insbesondere obliegt es einem Vertragspartner, selbst darauf bedacht zu sein, die Leistungen seiner Gegenseite nicht in einem Umfang in Anspruch zu nehmen, der zu unerwünscht hohen Entgeltforderungen führt (Senat aaO Rn. 14; vgl. auch oben Buchstabe a).

In Konstellationen jedoch, in denen der Vertragsgegner über eine überlegene Sachkunde verfügt, können ihn gemäß § 241 Abs. 2 BGB Hinweis- und Aufklärungspflichten zur Wahrung des Leistungs- oder Integritätsinteresses seines Partners treffen, wenn dieser mangels eigener Kenntnisse der Gefährdung seiner Belange nicht selbst in ausreichendem Maß entgegenwirken kann (Senatsurteil vom 15. März 2012 aaO mwN). Insbesondere in Bereichen, in denen nicht spezifisch vorgebildeten Verbrauchern die Nutzung anspruchsvoller Technik angeboten wird, kommen solche Hinweis- und Aufklärungspflichten des Vertragspartners in Betracht, der im Gegensatz zur anderen Seite über den notwendigen Sachverstand verfügt. Dies trifft auch und gerade auf den Telekommunikationssektor zu. In diesem kommt nicht nur komplizierte Technik mit einer mittlerweile schon schwer zu überblickenden Fülle von Anwendungsmöglichkeiten und Tarifen zum Einsatz. Vielmehr zeichnet sich dieser Bereich überdies im Verbund mit der Computertechnologie durch eine besonders dynamische Fortentwicklung aus, die der Durchschnittsverbraucher nicht ständig nachverfolgt (Senat aaO; vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. Juni 2011 – III ZR 157/10, WM 2011, 1678 Rn. 28). Insbesondere schwierig zu überschauen sind die Manipulationsmöglichkeiten Dritter und die potentiellen technischen Fehler, die bei Nutzung der Informationstechnik auftreten und unter anderem zu einer unerwünscht andauernden Inanspruchnahme von Telekommunikationsangeboten führen können. Soweit ein ausgeprägtes Informationsgefälle zwischen dem Betreiber von Telekommunikationsdiensten und deren Nutzern besteht, kann eine Hinweis- und Warnpflicht des Anbieters selbst dann bestehen, wenn dem Teilnehmer die Nutzung der Leistungen nach dem Maßstab des § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zuzurechnen ist. Kann der Anbieter einen möglichen Missbrauch seiner Leistungen oder eine Fehlfunktion der der Sphäre seines Kunden zuzuordnenden Technik mit zumutbarem Aufwand leicht erkennen, während dem Durchschnittskunden das Aufdecken solcher Vorgänge und die Vorsorge hiergegen mit den üblichen Mitteln nur schwer möglich ist, gebietet die Rücksichtnahme des Anbieters auf die Interessen seines Vertragspartners, diesen rechtzeitig zu unterrichten und zu warnen, mag diesem auch die Inanspruchnahme der Leistung unter Berücksichtigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zurechenbar sein.

Der Senat hat entsprechend diesen Grundsätzen in seinem Urteil vom 15. März 2012 (aaO Rn. 18 ff) – nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zu dem für den dortigen Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt – eine Pflicht des Anbieters eines mobilen Internetzugangs angenommen, seinen Vertragspartner auf ein außergewöhnlich hohes Entgeltaufkommen hinzuweisen, wenn die Vergütung volumenabhängig ist und der Kunde die heruntergeladene Datenmenge nicht ohne weiteres nachverfolgen kann. Weiterhin hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Juni 2011 (aaO Rn. 14) im Hinblick auf die schwer zu durchschauende Vielzahl von Mobilfunktarifen eine Pflicht des Diensteanbieters angenommen, Kunden, die sein Angebot nur im Rahmen einer Kreditlinie nutzen dürfen, rechtzeitig vor Erreichen des Limits zu warnen, bevor er seine Leistungen einstellt.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt zur Information des Kunden nicht, ihm die Möglichkeit einzuräumen, sich jederzeit über eine Internetseite einen Überblick über das jeweilige Verbindungsaufkommen und die dafür angefallenen Kosten zu verschaffen. Dies setzt voraus, dass der Teilnehmer selbst aktiv wird. Hierzu besteht aber zwischen dem Erhalt der Rechnungen regelmäßig keine Veranlassung, wenn sich das Entgeltvolumen über einen längeren Zeitraum innerhalb eines bestimmten, dem gewählten Tarif adäquaten Korridors hält. Solange der Kunde seinen Tarif, sein Nutzungsverhalten und seine technischen Einrichtungen nicht ändert, braucht er nicht damit zu rechnen, dass die Kosten wesentlich steigen und er sie unter seine fortlaufende aktive Kontrolle nehmen muss (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4. März 2004 – III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 209 f). Auf ein solches, übliches Verhalten muss sich wiederum die Beklagte einrichten und darf sich nicht darauf verlassen, dass sich ihre Vertragspartner routinemäßig in kurzen Abständen durch Aufrufen ihrer Benutzerkonten im Internet über das Vergütungsaufkommen informieren.

cc) Mangels entgegen stehender tatrichterlicher Feststellungen ist in der Revisionsinstanz von einem derartigen Informationsgefälle auszugehen, das Hinweis- und Warnpflichten der Beklagten gegenüber dem Kläger begründete. Danach ist nicht auszuschließen, dass es der Beklagten technisch möglich und zumutbar war, durch Einsatz entsprechender Programme einen außergewöhnlichen Anstieg des Gebührenvolumens eines Kunden zu erkennen und ihn rechtzeitig – etwa per E-Mail – zu warnen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. März 2012 – III ZR 190/11, juris Rn. 20 ff), während der Kläger die Kostenexplosion nicht ohne weiteres bemerken konnte. Insoweit sind tatsächliche Feststellungen nachzuholen.

c) Die Ausführungen unter den Buchstaben a und b gelten allerdings längstens für den durch die Rechnung vom 19. Januar 2010 erfassten Zeitraum (bis 9. Januar 2010) der Internetnutzung.

aa) Soweit dem Kläger die verstärkte Internetnutzung nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG nicht zuzurechnen sein sollte, endete diese Situation nach Zugang der Rechnung vom 17. Dezember 2009. Sobald der Teilnehmer konkrete Hinweise auf einen irregulären Kostenanstieg – sei es aufgrund des unautorisierten Zugriffs Dritter auf den Anschluss, sei es infolge einer Fehlfunktion seiner technischen Geräte – hat, obliegt es ihm, diese in seiner Sphäre liegenden Ursachen hierfür unverzüglich abzustellen (vgl. Senatsurteil vom 4. März 2004 aaO). Liegen dem Inhaber Anhaltspunkte für eine derartige irreguläre Nutzung seines Anschlusses vor, ist er gewarnt und wird dadurch in die Lage versetzt, dem entgegen zu wirken. Nach der für die Zurechenbarkeit der Anschlussnutzung maßgeblichen im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist er gehalten, diese Möglichkeit zu nutzen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die auch darin bestehen können, notfalls den Anschluss bis zur Klärung der Fehlerquelle und deren Beseitigung im zumutbaren Umfang außer Betrieb zu nehmen.

Hiernach war der Kläger gehalten, nach Zugang der Rechnung vom 17. Dezember 2009 (siehe zum Zugang bei Verwendung elektronischer Medien z.B. LG Berlin, WM 2010, 1121, 1122 zur Abrufbarkeit über ein vom Absender eingerichtetes Internetkonto ["online-banking"]; OLG München, Beschluss vom 15. März 2012 – Verg 2/12, juris Rn. 50; LG Hamburg MMR 2010, 654; AG Meldorf NJW 2011, 2890, 2891 jeweils zur E-Mail) unverzüglich zu reagieren und entweder die dauerhafte Verbindung seines Routers mit dem Internet zu unterbinden oder sogleich in den reinen Pauschaltarif der Beklagten zu wechseln.

Die Rechnung aus dem Dezember 2009 lag mit 290,94 € fast 15-mal höher als der bis dahin fortlaufend gezahlte monatliche Betrag von 19,79 €. Dieser drastische Kostenanstieg enthielt einen handfesten Hinweis auf die irreguläre Nutzung des Internetanschlusses des Klägers und hätte ihm Veranlassung geben müssen, tätig zu werden. Ab welchem Zeitpunkt die übermäßige Kostenbelastung des Klägers hätte abgestellt werden können und somit, da er nicht tätig wurde, welcher Teil der unter dem 19. Januar 2010 berechneten Anschlussnutzung dem Kläger nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zuzurechnen ist, hängt von tatrichterlichen Feststellungen ab, die nachzuholen sind.

bb) Gleiches gilt, soweit dem Kläger zwar die Nutzung seines Internetanschlusses für den gesamten mit den streitgegenständlichen Rechnungen abgedeckten Zeitraum im Sinne des § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zuzurechnen sein sollte, der Beklagten jedoch ein Verstoß gegen ihre Hinweis- und Warnpflicht zur Last fällt. Auch in diesem Fall hatte der Kläger aus den vorgenannten Gründen nach Zugang der Rechnung vom 17. Dezember 2009 jede Veranlassung, umgehend tätig zu werden und das weitere Entstehen überhöhter Kosten für die Anschlussnutzung zu unterbinden. Sein Versäumnis, dies vor Juli 2010 zu tun, führt ab dem Zeitpunkt, von dem ab die übermäßige Kostenbelastung hätte abgestellt werden können, nach § 254 Abs. 1 BGB zum Verlust des Schadensersatzanspruchs des Klägers. Das Berufungsgericht hat mit seiner Hilfserwägung ausgeführt, die – von ihm nur unterstellte – Pflichtverletzung der Beklagten trete hinter dem Verstoß des Klägers gegen seine eigenen Belange vollständig zurück. Diese vom Revisionsgericht lediglich eingeschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 20. September 2011 – VI ZR 282/10, VersR 2011, 1540, Rn. 14 mwN) ist für den Zeitraum, ab dem der Kläger hätte tätig werden müssen, nicht zu beanstanden. Für diese Abwägung spricht, dass es in erster Linie dem Teilnehmer selbst obliegt, dafür zu sorgen, dass eine ungewollte Anschlussnutzung unterbleibt und die Schutzpflicht des Diensteanbieters nur dem Ausgleich des Informationsgefälles gegenüber dem Kunden dient. Sobald dieser aber eine Fehlfunktion seiner Einrichtungen ohne Schwierigkeiten erkennen kann, verliert dieser Gesichtspunkt sein Gewicht.

Vorinstanzen:
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 02.09.2011 – 919 C 230/11 –
LG Hamburg, Entscheidung vom 03.02.2012 – 317 S 78/11 –

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