Aussetzung eines Markenverletzungsverfahrens

09. Oktober 2017
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Markenrecht-Akte-Hammer Beschluss des OLG Frankfurt a. M. vom 03.07.2017, Az.: 6 W 54/17

Ein Verletzungsverfahren ist auszusetzen, sofern bei Klageerhebung aus einer Unionsmarke schon Löschungsantrag beim EUIPO gestellt ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn besondere Gründe vorliegen, die eine Fortsetzung verlangen. Ein solcher Grund kann unter anderem darin gesehen werden, dass der Antrag auf Löschung ganz offensichtlich aussichtslos ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 03.07.2017

Az.: 6 W 54/17

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 50.000,- €

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat den Rechtsstreit mit Recht gemäß Art. 104 I UMV ausgesetzt, da bei Erhebung der vorliegenden Klage beim EUIPO bereits ein Löschungsantrag gegen die Klagemarke gestellt worden war und keine besonderen Gründe für die Fortsetzung des Rechtsstreits bestehen.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt bei Vorliegen der sonstigen Tatbestandvoraussetzungen des Art. 104 I UMV die Aussetzung nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift den Regelfall dar, während eine Fortsetzung des Rechtsstreits nur in Betracht kommt, wenn besondere Gründe dies gebieten (vgl. auch OLG Düsseldorf WRP 2015, 905). Für eine Aussetzung ist es daher nicht erforderlich, dass das Verletzungsgericht – ähnlich wie bei einer Aussetzung des Klageverfahrens aus einer nationalen Marke bis zur Entscheidung über einen Löschungsantrag (§ 148 ZPO) – dem Löschungsantrag eine hinreichend hohe Erfolgsaussicht zubilligt. Umgekehrt kann ein besonderer Grund für die Fortsetzung des Verfahrens allenfalls darin gesehen werden, dass der Löschungsantrag offensichtlich aussichtslos erscheint. Dies ist jedoch aus den vom Landgericht dargestellten Gründen im vorliegenden Fall nicht anzunehmen.

2. Auch die hilfsweise beantragte Anordnung einstweiliger Maßnahmen gemäß Art. 104 III UMV kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Zwar enthält Art. 104 III UMV eine eigenständige Regelung, die es dem Gericht – unabhängig von den Vorschriften des nationalen Prozessrechts über den vorläufigen Rechtsschutz (Art. 103 UMV) – ermöglicht, innerhalb des anhängigen Verletzungsverfahrens nicht näher bezeichnete Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen zu treffen, die im nationalen Prozessrecht nicht vorgesehen sein müssen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Fraglich erscheint jedoch bereits, ob zu diesen Maßnahmen auch die gemäß § 890 ZPO vollstreckbare Anordnung der einstweiligen Untersagung des mit der Klage angegriffenen Verhaltens gehört. Die Frage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, da jedenfalls die Voraussetzungen für eine solche Anordnung nicht erfüllt sind.

Bei der Ausübung des durch Art. 104 III UMV eröffneten Ermessens können die sich aus den Regelungen des nationalen Rechts über den vorläufigen Rechtsschutz ergebenden Wertungen nicht unberücksichtigt bleiben. Wenn der Kläger in Kenntnis der beanstandeten Verletzungshandlung von einem Antrag auf Erlass einer Unterlassungsverfügung abgesehen und stattdessen Klage erhoben hat, besteht grundsätzlich kein Anlass, zusammen mit der Aussetzung des Hauptsacheverfahrens gemäß von Art. 104 III UMV unter Androhung der Ordnungsmittel des § 890 ZPO die einstweilige Unterlassung des angegriffenen Verhaltens anzuordnen. Denn durch eine solche dem Erlass einer Unterlassungsverfügung gleichkommende Maßnahme würde der Kläger, der infolge seines prozessualen Verhaltens den erforderlichen Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung verloren hat, besser gestellt als durch ein nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbares Urteil in der Hauptsache.

Unter diesen Umständen käme auch im vorliegenden Fall eine Unterlassungsanordnung gemäß Art. 104 III UMV allenfalls dann in Betracht, wenn sich während des Klageverfahrens durch nachträglich eingetretene Umstände eine besondere Situation ergeben hätte, die – die erforderliche Erfolgsaussicht des Klagebegehrens unterstellt – ein sofortiges Verbot unabweisbar erscheinen lässt. Das ist nicht ersichtlich; insbesondere reicht die mit der Aussetzung verbundene Verzögerung des Verletzungsverfahrens allein dafür nicht aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

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