Bestimmung des Streitgegenstands bei rechtswidrigen Äußerungen

28. Januar 2016
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rote ZPO auf zwei anderen Büchern Urteil des OLG Hamburg vom 01.12.2015, Az.: 7 U 68/15

Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Unerheblich für den Streitgegenstand sind demnach etwaige Einwendungen der Gegenseite. Beruft sich die Antragsgegnerin zur Rechtfertigung ihrer Äußerungen auf die Grundsätze rechtmäßiger Verdachtsberichterstattung, so ändert sich also dadurch nicht der Streitgegenstand.

Oberlandesgericht Hamburg

Urteil vom 01.12.2015

Az.: 7 U 68/15

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6. Februar 2015, Geschäftsnummer 324 O 797/14, wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Entscheidungsgründe

gemäß §§ 540 Abs. 1 und 2, 313a ZPO:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin zu Recht verboten, die beanstandeten Äußerungen zu veröffentlichen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat das Landgericht nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Der Umstand, dass sich die Antragsgegnerin zur Rechtfertigung der angegriffenen Äußerungen im Rahmen des § 193 StGB auf die Grundsätze rechtmäßiger Verdachtsberichterstattung (vgl. BGH NJW 2014, 2029 „Sächsische Korruptionsaffäre“ Rn 26 m.w.N.) berufen hat, führt nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes. Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt hat, wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Die Einwendungen der Gegenseite beeinflussen den Streitgegenstand hingegen nicht. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin entspricht es auch nicht der „ständigen Rechtsprechung des Senats“, dass das Verbot einer unwahren Tatsachenbehauptung und das Verbot einer Verdachtsäußerung zwei verschiedene Streitgegenstände darstellten. Das zum Beleg genannte Urteil des Senats (7 U 25/09) betrifft den Fall, dass der Antragsteller sich gegen die Verbreitung eines in einer Berichterstattung enthaltenen Zitats wandte und das Landgericht verbot, „durch die aus der Anlage Ast 1 ersichtliche Berichterstattung“ einen Verdacht zu erwecken. Gegen diese sonstige Berichterstattung hatte sich der dortige Antragsteller nicht gewandt. Dort lagen verschiedene Äußerungen und damit verschiedene Streitgegenstände vor.

Ob sich die Antragsgegnerin ein unwahres Gerücht zu Eigen gemacht oder über einen Verdacht berichtet hat, kann dahinstehen, da die Berichterstattung jedenfalls den Grundsätzen rechtmäßiger Verdachtsberichterstattung nicht genügt. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen fehlt. Der Antragsteller selbst hat erklärt, dass er im Dezember 2013 in N. mit C. nicht über die Personalie D. gesprochen habe. C. hat vor dem Erscheinen des Artikels lediglich bekundet, dass es ein Gespräch in N. mit dem Antragsteller gegeben habe (Anlage K 1). Nach dem Erscheinen des Artikels hat er ergänzt, dass auch über das „Thema D.“ gesprochen worden sei, sich aber nicht weiter zum Inhalt des Gesprächs geäußert (Anlage Ag 6). Der Autor E. versichert (Anlage Ag 5), dass er von zwei (von ihm anonym gehaltenen) C.-Vertrauten und einem anderen Branchenkenner und danach von zahlreichen Spielerberatern, Funktionären und Spielern von der Absprache gehört habe. Die Pakt-Version habe ihm dann ein enger Geschäftspartner des Antragstellers bestätigt. Der Spielerberater F. versichert, ebenfalls von verschiedenen Leuten aus der Bundesligabranche und von Journalisten von der Absprache gehört zu haben (Anlage BK 1). Diese Umstände vermögen die Veröffentlichung des Verdachts nicht zu rechtfertigen. Sie belegen allenfalls, dass ein entsprechendes Gerücht im Umfeld C.s, in der Bundesliga und unter Journalisten kursiert. Dieser Umstand reicht nicht aus, um der Nachricht Öffentlichkeitswert zu verleihen, da nicht festgestellt werden kann, worauf das Gerücht beruht.

Das Landgericht hat auch keine zu hohen Anforderungen an den Mindestbestand von Beweistatsachen gestellt. Es handelt sich zwar nicht um eine Berichterstattung über ein Verbrechen, bei der hohe Anforderungen zu stellen sind. Es handelt sich aber auch nicht um eine Lappalie, einen derartigen „Kuhhandel nach Gutsherrenart“ ohne Beteiligung der Betroffenen G. und D. abzuschließen und dann auch noch diesen „Pakt unter Männern“ zu brechen.

Auch das weitere Berufungsvorbringen gibt zu abweichender Entscheidung keine Veranlassung, insbesondere ist die Kostenentscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO.

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