Markenübertragung schließt Beschwerderecht nicht aus

25. Januar 2011
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Eigener Leitsatz:

Wird während eines laufenden Widerspruchsverfahrens gegen die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke das geltend gemachte Recht von der Widerspruchsführerin auf einen Dritten übertragen, so ist im Beschwerdeverfahren die Beschwerdekammer des HABM befugt, die Beschwerdeberechtigung des Erwerbers zu prüfen.
Sie darf die Beschwerde aber nicht deshalb als unzulässig zurückweisen, weil der Erwerber den Nachweis über seinen Rechtserwerb im Widerspruchsverfahren nicht ordnungsgemäß geführt hat.Vielmehr muss der Erwerber Gelegenheit bekommen, entsprechende Nachweise einzureichen oder eingereichte Nachweise zu vervollständigen.

Europäisches Gericht

Urteil vom 24.11.2010

Az.: T- 137/09

In der Rechtssache T‑137/09

Nike International Ltd mit Sitz in Beaverton, Oregon (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt […], Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch J. Crespo Carrillo als Bevollmächtigten,Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer:A. M. M., wohnhaft in P. (Spanien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 21. Januar 2009 (Sache R 551/2008‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der DL Sports & Marketing Ltda und Herrn A. M. M.erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter), der Richterin I. Labucka und des Richters K. O’Higgins,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 6. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 23. Juli 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

 

Urteil
 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Am 2. Januar 2006 meldete der Kläger, Herr A. M. M., nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

Dabei handelte es sich um das Wortzeichen R10.

Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 30/2006 vom 24. Juli 2006 veröffentlicht.

Am 24. Oktober 2006 erhob die DL Sports & Marketing Ltda gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Anmeldung einen Widerspruch, der auf die nicht eingetragene Marke und das im geschäftlichen Verkehr benutzte Kennzeichenrecht R10 gestützt war und sich gegen alle von der Anmeldemarke erfassten Waren richtete. Als Widerspruchsgründe wurden die Eintragungshindernisse gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. c und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 2 Buchst. c und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

Am 28. November 2006 gewährte die Widerspruchsabteilung DL Sports & Marketing eine Frist von vier Monaten bis zum 29. März 2007, um u. a. das Bestehen und die Gültigkeit des geltend gemachten älteren Rechts nachzuweisen. Am 29. März 2007 beantragte DL Sports & Marketing eine Fristverlängerung, die ihr am 8. Juni 2007 bis zum Datum des 9. August 2007 eingeräumt wurde. Am 24. Oktober 2007 stellte die Widerspruchsabteilung fest, dass nichts zur Begründung des Widerspruchs eingereicht worden sei.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin, der Nike International Ltd, der Widerspruchsabteilung mit, dass DL Sports & Marketing mit Vertrag vom 20. Juni 2007 das Eigentum an verschiedenen Marken und gewerblichen Schutzrechten – unter Vermittlung durch die Nike, Inc. – auf die Klägerin übertragen habe (im Folgenden: Übertragungsvertrag). Der Bevollmächtigte der Klägerin teilte weiter mit, er sei von der neuen Inhaberin des älteren Rechts mit der Fortführung des Widerspruchsverfahrens beauftragt worden, und beantragte demgemäß, an diesem Verfahren als Vertreter beteiligt zu werden.

Am 19. Februar 2008 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass DL Sports & Marketing innerhalb der gesetzten Frist nicht das Bestehen des zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten älteren Rechts nachgewiesen habe (im Folgenden: Entscheidung der Widerspruchsabteilung).

Am 28. März 2008 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM eine Beschwerde ein.

Mit Entscheidung vom 21. Januar 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde als unzulässig zurück. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin nicht ihre Rechtsstellung als Beteiligte am Widerspruchsverfahren nachgewiesen habe und dass sie deshalb nicht zur Einlegung einer Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung berechtigt gewesen sei. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe nämlich vor der Widerspruchsabteilung nicht dargelegt – und erst recht nicht nachgewiesen –, dass das zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachte ältere Recht zu den Marken gehöre, die auf die Klägerin übertragen worden seien. Auch im Beschwerdeverfahren habe die Klägerin nicht nachzuweisen vermocht, dass sie Inhaberin des geltend gemachten älteren Rechts sei. Der Übertragungsvertrag belege nur, dass die Klägerin verschiedene Gemeinschaftsmarken erworben habe, nicht aber speziell ihren Erwerb des fraglichen älteren Rechts.

Anträge der Parteien

Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die vor der Beschwerdekammer eingereichte Beschwerde zulässig ist, und der Beschwerdekammer aufzugeben, demgemäß über die Begründetheit der Beschwerde zu entscheiden;

– hilfsweise festzustellen, dass die Beschwerdekammer und die Widerspruchsabteilung gegen Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009) sowie weitere einschlägige Bestimmungen verstoßen haben, und anzuordnen, dass zur Heilung des Versäumnisses, der Klägerin Gelegenheit zur Behebung der Mängel im Zusammenhang mit ihrem Erwerb des älteren Rechts zu geben, das Verfahren in einem früheren Stadium wieder aufgenommen wird oder dass zumindest die Entscheidung dem Vertreter der Inhaberin des älteren Rechts ordnungsgemäß zugestellt wird.

Das HABM beantragt im Wesentlichen,

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klägerin macht im Wesentlichen vier Klagegründe geltend. Sie rügt erstens einen Verstoß der Widerspruchsabteilung gegen die Begründungspflicht, zweitens eine Verletzung der in Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 sowie weiteren einschlägigen Bestimmungen gewährleisteten Verteidigungsrechte sowohl durch die Widerspruchsabteilung als auch durch die Beschwerdekammer, drittens einen Verstoß der Beschwerdekammer gegen die Richtlinien für Verfahren vor dem HABM (im Folgenden: Richtlinien des HABM) und viertens einen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Übertragung des älteren Rechts.

Es sind zunächst der erste und der zweite Klagegrund zurückzuweisen, soweit sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung betreffen. Nach Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) sind nämlich nur die Entscheidungen der Beschwerdekammern mit der Klage beim Gemeinschaftsrichter anfechtbar, womit im Rahmen einer solchen Klage nur Klagegründe zulässig sind, die sich gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer selbst richten (vgl. Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2005, Lidl Stiftung/HABM – REWE-Zentral [Salvita], T‑303/03, Slg. 2005, II‑1917, Randnr. 59).

Es ist sodann der dritte Klagegrund zu prüfen, da die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, dass die Beschwerdekammer nach den Richtlinien des HABM rechtlich nicht befugt gewesen sei, die Frage zu prüfen, ob die Klägerin das für den Widerspruch angeführte ältere Recht tatsächlich erworben habe.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Richtlinien des HABM

Vorbringen der Parteien

Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer nicht mit der Begründung, die Klägerin sei nicht Inhaberin des den Widerspruch stützenden Rechts, ihre Beschwerde als unzulässig hätte zurückweisen dürfen. Nach den Richtlinien des HABM, insbesondere nach Punkt A.V.2.5.3 in Kapitel 1 („Verfahrensfragen“) des Teils C („Das Widerspruchsverfahren“) dieser Richtlinien, sei nämlich dann, wenn die Kopie der Eintragungsurkunde der Marke, auf die ein Widerspruch gestützt sei, als Markeninhaberin eine andere Gesellschaft als die angebe, die den Widerspruch erhoben habe, der Widerspruch auf der Grundlage der Annahme zulässig, dass die ältere Marke vor Erhebung des Widerspruchs auf die Widersprechende übertragen worden sei. Die gleiche Vermutung müsse im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Widerspruchsabteilung gelten.

Das HABM tritt diesem Vorbringen entgegen.

Würdigung durch das Gericht

Anders als dann, wenn die Übertragung vor Erhebung des Widerspruchs stattgefunden hat, muss das HABM in den Fällen, in denen die geltend gemachte Marke nach der Erhebung des Widerspruchs und vor dem Erlass der endgültigen Entscheidung durch das HABM übertragen worden ist, für den Schutz der Rechte des Beteiligten, der ursprünglich den Widerspruch erhoben oder die Marke angemeldet hat, Sorge tragen, da die Zulassung des Erwerbers der Marke darauf zielt, im Hinblick auf den ursprünglichen Widersprechenden oder Anmelder ein Verfahren zu beenden, das dieser eingeleitet hat. Im Übrigen muss sich die Beschwerdekammer vergewissern, dass der Beschwerdeführer zur Anfechtung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung berechtigt ist (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 28. Juni 2005, Canali Ireland/HABM -Canal Jean [CANAL JEAN CO. NEW YORK], T‑301/03, Slg. 2005, II‑2479, Randnrn. 19 und 20). Daher ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin zum einen festzustellen, dass die geltend gemachte Richtlinie des HABM nicht auf die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung entsprechend angewandt werden kann, und zum anderen, dass die Beschwerdekammer rechtlich befugt war, die Beschwerdeberechtigung der Klägerin zu prüfen.

Demgemäß ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der in Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 sowie weiteren einschlägigen Bestimmungen gewährleisteten Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung

Vorbringen der Parteien

Die Klägerin rügt, dass die angefochtene Entscheidung zum einen unter Verletzung ihrer Verteidigungsrechte ergangen sei, da sie auf eine Auslegung des Übertragungsvertrags gestützt worden sei, zu der sie nicht habe Stellung nehmen können, und dass zum anderen der Erlass der Entscheidung weitere einschlägige Bestimmungen verletze, so Regel 31 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1), weil ihr nicht Gelegenheit gegeben worden sei, die Mängel des Nachweises für die Übertragung des älteren Rechts zu beheben.

Das HABM meint, dass die Beschwerdekammer die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht habe verletzen können, da diese nicht Beteiligte am Verfahren vor der Widerspruchsabteilung gewesen sei. Die Klägerin habe ihren Antrag, als eine solche Beteiligte behandelt zu werden, erst nach dem 10. August 2007 und damit nach dem Tag gestellt, mit dem das Widerspruchsverfahren wegen des Ablaufs der letzten Fristverlängerung für die Einreichung von Nachweisen für das Bestehen, die Gültigkeit und den Umfang des geltend gemachten älteren Rechts geendet habe, auch wenn die den Widerspruch zurückweisende Entscheidung erst einige Monate später ergangen sei. Überdies habe die Klägerin keinen geeigneten Nachweis dafür eingereicht, dass das zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachte ältere Recht auf sie übertragen worden sei. Die Beschwerdekammer habe auch nicht gegen Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 oder andere einschlägige Bestimmungen verstoßen, da das HABM die Beteiligten zur Behebung festgestellter Mängel nur auffordern könne,  solange das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

Selbst wenn die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt worden sein sollten, könne dies jedenfalls nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen, da die Klägerin auch dann, wenn sie um Äußerung zum Fristablauf und zum Abschluss des Widerspruchsverfahrensersucht worden wäre, kein anderes Ergebnis als die Zurückweisung des Widerspruchs und die Unzulässigkeit der Beschwerde hätte erzielen können.

Würdigung durch das Gericht

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer ihre Beschwerde nicht als unzulässig hätte zurückweisen dürfen, ohne ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den Zweifeln am ausreichenden Beweiswert der von ihr eingereichten Nachweise für ihren Erwerb des den Widerspruch stützenden Rechts zu äußern.

Nach Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 teilt im Fall einer Übertragung von Gemeinschaftsmarken oder Gemeinschaftsmarkenanmeldungen das HABM, wenn die für die Eintragung des Rechtsübergangs vorgeschriebenen Voraussetzungen, darunter die obligatorische Einreichung der Unterlagen, aus denen sich der Rechtsübergang ergibt, nicht erfüllt sind, „den Mangel“ dem Antragsteller mit und weist, wenn „der Mangel nicht innerhalb einer vom [HABM] festgelegten Frist beseitigt“ wird, „den Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs zurück“.

In Ermangelung einer Rechtsvorschrift, die den Nachweis für die Übertragung eines zur Stützung eines Widerspruchs geltend gemachten älteren nationalen Rechts regelt, sind die Richtlinien des HABM – die dieses grundsätzlich zu beachten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Mai 2009, Jurado Hermanos/HABM [JURADO], T‑410/07, Slg. 2009, II‑1345, Randnr. 20) – insoweit den Bestimmungen der Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 nachgebildet. So ist in Kapitel 1 („Verfahrensfragen“) des Teils C („Das Widerspruchsverfahren“) dieser Richtlinien, das im vorliegenden Fall – wie die Klägerin im Rahmen ihres dritten Klagegrundes vorgetragen hat – anwendbar ist, vorgesehen, dass dann, wenn der neue Inhaber des älteren nationalen Rechts „das [HABM] über die Übertragung informiert, aber keine (ausreichenden) Nachweise vorlegt, … das Widerspruchsverfahren ausgesetzt werden [muss] und dem neuen Inhaber … zwei Monate gegeben [werden], um die Übertragung nachzuweisen“ (Punkt E.VIII.1.3.1). Diese Übertragung der Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 auf den Übergang der Rechte an nationalen Marken ist nicht zu beanstanden, da in den Fällen, in denen das nationale Recht kein Verfahren für die Eintragung der Übertragung des Eigentums an eingetragenen Marken vorsieht, die von der Widerspruchsabteilung oder der Beschwerdekammer vorgenommene Prüfung, ob die Übertragung der Widerspruchsmarke tatsächlich stattgefunden hat, im Wesentlichen die gleiche ist wie die, welche die zuständige Dienststelle des HABM bei der Prüfung von Anträgen auf Übertragung von Gemeinschaftsmarken vornimmt. Auch wenn dieses Verfahren im Übrigen ausdrücklich eingetragene nationale Marken betrifft, ist es auf die Übertragung nicht eingetragener nationaler Marken entsprechend anzuwenden, da die Art der vom HABM vorzunehmenden Prüfung die gleiche ist.

Schließlich sind nach Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 die Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar.

Im vorliegenden Fall entschied die Beschwerdekammer, dass die Klägerin nicht habe belegen können, dass sie Inhaberin des älteren Rechts sei, und dass sie folglich nicht ihre Beteiligtenstellung im Widerspruchsverfahren nachgewiesen habe und nicht zur Anfechtung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung berechtigt gewesen sei. Die Beschwerdekammer gab jedoch unter Verstoß gegen die vorgenannten Bestimmungen der Klägerin nicht Gelegenheit, ergänzende Nachweise für die Übertragung des älteren Rechts vorzulegen, das die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerdeberechtigung geltend machte.

Das Vorbringen des HABM, diese Verfahrensweise der Beschwerdekammer sei rechtmäßig gewesen, weil die Klägerin ihren Eintritt in das Verfahren anstelle der ursprünglichen Widersprechendenerst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens beantragt habe, kann nicht durchgreifen. Selbst wenn nämlich der vom Erwerber der älteren nationalen Marke zwischen dem Abschluss der Untersuchungsphase des Widerspruchsverfahrens und dem Erlass der Entscheidung der Widerspruchsabteilung gestellte Antrag auf Eintritt in das Verfahren keinen Erfolg haben könnte oder sogar, ohne ausdrücklich als unzulässig zurückgewiesen zu werden, gänzlich unbeachtet bleiben dürfte, kann dies dem genannten Erwerber nicht das Recht nehmen, eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung einzulegen. Denn als Inhaber der zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten Marke ist der Erwerber notwendig zur Anfechtung der das Widerspruchsverfahren abschließenden Entscheidung berechtigt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil CANAL JEAN CO. NEW YORK, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnrn. 18 und 19), und zwar unabhängig davon, ob er vor der Widerspruchsabteilung einen Antrag auf Eintritt in das Verfahren gestellt hat und ob dieser Antrag zulässig war. Die Beschwerdekammer muss sich zwar vergewissern, dass der Erwerber tatsächlich Inhaber der älteren Marke ist, sie muss diese Prüfung jedoch unter Einhaltung der geltenden Verfahrensvorschriften, darunter der Richtlinien des HABM, durchführen.

Ebenso wenig vermag das Vorbringen des HABM durchzugreifen, die Klägerin habe keinen geeigneten Nachweis dafür vorgelegt, dass das für den Widerspruch angeführte ältere Recht auf sie übertragen worden sei. Mit ihrer Rüge macht die Klägerin nämlich gerade geltend, dass ihr die Beschwerdekammer Gelegenheit hätte geben müssen, sich zur Auslegung der eingereichten Nachweise zu äußern oder deren Unzulänglichkeit zu beheben.

Unter diesen Umständen ist das weitere Vorbringen des HABM zu prüfen, dass im vorliegenden Fall der Rechtsverstoß der Beschwerdekammer nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könne, da er sich nicht auf deren Inhalt ausgewirkt habe. Das HABM meint, der Widerspruch hätte in jedem Fall bereits deshalb zurückgewiesen werden müssen, weil es die ursprüngliche Widersprechende versäumt habe, Nachweise für das Bestehen des den Widerspruch stützenden älteren Rechts einzureichen.

Zwar zieht nach der Rechtsprechung ein Verfahrensverstoß die Aufhebung eines Rechtsakts nur dann nach sich, wenn nachgewiesen ist, dass dieser Rechtsakt ohne den Verstoß einen anderen Inhalt hätte haben können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 5. März 2003, Staelen/Parlament, T‑24/01, Slg. ÖD 2003, I‑A-79 und II‑423, Randnr. 53). Im vorliegenden Fall wurde jedoch mit der angefochtenen Entscheidung die Beschwerde der Klägerin als unzulässig zurückgewiesen, ohne dass über die Begründetheit ihres Vorbringens zu der Entscheidung befunden wurde, mit der die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zurückgewiesen hatte. Unter diesen Umständen ist das Argument des HABM unerheblich, dass diese den Widerspruch zurückweisende Entscheidung offensichtlich ordnungsgemäß gewesen sei. Es lässt sich nicht bestreiten, dass eine Entscheidung, mit der die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen wird, nicht den gleichen Inhalt wie eine Entscheidung in der Sache hat. Im Übrigen kann das Gericht nicht unmittelbar die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung prüfen und damit Argumente würdigen, die von der Beschwerdekammer nicht behandelt wurden, um zu ermitteln, ob der Verstoß gegen Verfahrensregeln durch die Beschwerdekammer Einfluss auf die endgültige Zurückweisung des Widerspruchs haben konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. März 2009, Kaul/HABM – Bayer [ARCOL], T‑402/07, Slg. 2009, II‑737, Randnrn. 47 und 49).

Folglich greift der vorliegende Klagegrund, soweit er die angefochtene Entscheidung betrifft, durch, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die Verteidigungsrechte der Klägerin unabhängig von den vorgenannten Bestimmungen verletzt wurden.

Hinsichtlich der sich hieraus ergebenden Konsequenzen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in erster Linie im Wesentlichen begehrt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ihre Beschwerde zulässig ist, sowie hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Selbst wenn man annimmt, dass die Abänderungsbefugnis für das Gericht die Möglichkeit einschließt, eine Entscheidung zu erlassen, die der der Beschwerdekammer entgegengesetzt ist, kann das Gericht jedoch im vorliegenden Fall den Rechtsverstoß der Beschwerdekammer nicht beheben. Es kann nämlich nicht in ordnungsgemäßer Weise die Klägerin auffordern, ergänzende Argumente und Nachweise dafür vorzubringen, dass das den Widerspruch stützende ältere Recht auf sie übertragen wurde, und im Licht dieser neuen Gesichtspunkte über die Zulässigkeit der Beschwerde vor der Beschwerdekammer entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213, Randnr. 54, und des Gerichts vom 6. März 2003, DaimlerChrysler/HABM Kühlergrill], T‑128/01, Slg. 2003, II‑701, Randnr. 18). Unter dieser Umständen ist, ohne dass der vierte Klagegrund geprüft zu werden braucht, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Antrag, sie abzuändern, zurückzuweisen.

Kosten

Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM mit seinen Anträgen im Wesentlichen unterlegen ist, die Klägerin jedoch nicht beantragt hat, ihm die Kosten aufzuerlegen, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 21. Januar 2009 (Sache R 551/2008‑1) wird aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

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