Webseitensperrungen bleiben weiterhin „letztes Mittel“

18. November 2022
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Der BGH sprach sich in seinem Urteil über die von Verlagen geforderte DNS-Sperrung (Domain-Name-System-Sperre) von Webseiten, die wissenschaftliche Artikel und Bücher veröffentlichen, an denen sie keine Nutzungerechte haben, weiterhin für den Grundsatz aus, dass dies das letzte Mittel sei.

Was ist passiert?

Betreiber von weltweit führenden Wissenschaftsverlagen aus Deutschland, USA und Großbritannien klagten gegen die Deutsche Telekom. Dabei verlangten die Klägerinnen von der Telekom die Sperrung der Webseiten „LibGen“ und „Sci-Hub“ (Domain-Name-System-Sperre, kurz DNS-Sperre), da auf diesen wissenschaftliche Artikel und Bücher zugänglich seien sollen, an denen die Klägerinnen jedoch die ausschließlichen Nutzungerecht haben.

In den Vorinstanzen kamen die Gerichte zu verschiedenen Ergebnissen. Während das LG München der Klage stattgab, mit der Begründung, dass bezüglich alternativer Maßnahmen keine zu strengen Voraussetzungen zu stellen seien und eine Gefahr von Sperrungen legaler Inhalte in diesem Fall nicht gegeben sei, entschied das Berufungsgericht, dass die Klägerinnen nicht alle ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hätten, auf anderem Wege gegen die Rechtsverletzungen vorzugehen. Sie hätten sich an den Host-Provider selbst wenden sollen und bei diesem Auskunft über die Betreiber von „LibGen“ und „Sci-Hub“ verlangen sollen, um dann direkt gegen diese vorzugehen.

Entscheidung des BGH

Der BGH bestätigte im Ergebnis die Beurteilung des OLG München.

Prinzipiell bleibt die DNS-Sperre das letzte Mittel. Keine andere Möglichkeit zur Verfolgung seiner Rechte im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG besteht, wenn die zumutbaren Versuche gegen die Rechtsverletzer selbst vorzugehen gescheitert sind oder gar keine Erfolgschancen bestehen. Welche Maßnahmen davor ergriffen werden müssen, ist vom Einzelfall abhängig.

Der BGH kritisierte jedoch, das OLG sei nicht darauf eingegangen, ob für die Verlage in Schweden, wo der Host-Provider ansässig ist, ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz möglich gewesen wäre. Denn ob dies möglich war oder nicht, sei entscheidend, da den Rechteinhabern keine Maßnahmen auferlegt werden dürften, die zu einer unzumutbaren zeitlichen Verzögerung der Anspruchsdurchsetzung führe.

Das Berufungsurteil sei aber dennoch richtig, denn, so der BGH, es wäre den Klägerinnen zumindest in Deutschland im Wege der einstweiligen Verfügung möglich gewesen Auskunftsansprüche gegen den schwedischen Host-Provider durchzusetzen.

Der BGH bleibt dadurch bei seiner bisherigen Rechtsprechung, dass Access-Provider, in diesem Fall die Telekom, nur subsidiär haften. Weiterhin lässt sich erkennen, dass der BGH dem Zeitfaktor große Bedeutung beimisst. Sollte ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Betreiber der Webseite oder den Host-Provider nicht möglich sein oder misslingen, könnte eine Netzsperre also unter Umständen möglich sein.

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