Klausel „Widerrufsfrist beginnt frühestens mit Erhalt in Textform“ ist unzulässig
Eigener Leitsatz:
Die Belehrung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung“ ist zwar insoweit zutreffend, als die Frist jedenfalls nicht vor dem Erhalt einer in Textform erfolgten Widerrufsbelehrung beginnt, sie ist aber falsch, weil nach § 312d Abs. 2 S. 1 BGB die Frist bei der hier streitigen Lieferung von Waren nicht vor dem Tages ihres Eingangs beim Empfänger beginnt. Die verwendete Formulierung informiert damit unzutreffend über diesen wesentlichen Punkt, weil beim Verbraucher der Eindruck entstehen könnte, schon die zum Beispiel in einer Bestätigungs-E-Mail enthaltene Widerrufsbelehrung setze den Lauf der Widerrufsfrist in Gang.
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 30.10.2007
Az.: I-20 U 107/07
Tenor:
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 5. Juni 2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal abgeändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter An-drohung eines Ordnungsgeldes bis zu einem Betrag von 250.000,00 €, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft
oder Ordnungshaft bis zu drei Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher bei eBay zur Abgabe von Annahmeerklärungen für Aloe-Vera-Produkte aufzufordern, wenn unter Verwendung der gesetzlich vorgeschriebenen Widerrufsbelehrung darauf hingewiesen wird, dass die Frist frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung beginnt, insbesondere wenn dies geschieht, wie es im März 2007 bei ebay unter der Artikelnummer … geschehen ist.
Die Kosten des Verfahrens über den Erlass einer einstweiligen Verfügung trägt der Antragsgegner.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Antragsgegner vertreibt gewerblich u.a. über das Internetportal ebay Aloe-Vera-Produkte. Er belehrte in seinen Angeboten unter Verwendung des Musters gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV online über das bestehende Widerrufsrecht. Mit Anwaltsschreiben vom 17.01.2007 mahnte der Antragsteller diese Belehrung hinsichtlich der Angabe des Fristbeginns ab. Die beanstandete Belehrung lautete „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. In der Abmahnung hieß es wörtlich:
„Diese Art der Belehrung ist rechtsfehlerhaft.
Zwar sieht das Gesetz in § 355 Abs. 2 BGB vor, dass die Widerrufsfrist mit Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform beginnt. Diese Vorschrift ist allerdings im Zusammenhang mit § 312 d Abs. 2 BGB zu lesen. Nach § 312 d Abs. 2 beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Warenlieferungen nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. § 187 BGB wiederum bestimmt, dass dann, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf des Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, die Frist am Tag nach Eintritt des Ereignisses beginnt.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Widerrufsfrist am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung und der Ware beginnt.
Somit weichen Sie inhaltlich in Ihrer Widerrufsbelehrung von den zwingenden gesetzlichen Vorschriften der §§ 357, 355, 312c, 312d BGB ab. Da alle Paragrafen letztlich ebenfalls dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, verstoßen Sie im Ergebnis auch gegen § 4 Nr. 11 UWG.
Nach alledem steht fest, dass Ihre Angebote ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen.
Dieser Auffassung hat sich im Ergebnis auch das Kammergericht Berlin (KG Berlin vom 05.12.2006, AZ 5 W 295/06) angeschlossen.“
Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die bei der Akte befindliche Abschrift, Anlage 3 zur Antragsschrift vom 05.04.2007 (GA 26 ff.), Bezug genommen. Der Antragsgegner gab unter dem 24.01.2007 eine modifizierte Unterlassungserklärung ab, in der er sich verpflichtete,
„es zukünftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes auf dem Online-Marktplatz eBay Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Artikel aus dem Sortiment Aloe-Vera-Produkte zu offerieren und hierbei im Rahmen der Widerrufsbelehrung für Verbraucher hinsichtlich des Fristbeginns der Widerrufsfrist mit folgender Formulierung zu informieren:
„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“,
insbesondere wenn dies erfolgt; wie in dem eBay-Angebot zur Artikelnummer … geschehen, …“
Daraufhin änderte der Antragsgegner die Widerrufsbelehrung ab und verwendete hinsichtlich des Fristbeginns folgende Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung“.
Der Antragssteller, der diese Belehrung ebenfalls für unzulässig und wettbewerbswidrig hält, mahnte den Antragsgegner mit Schreiben vom 05.03.2007 ab, in dem es wiederum wörtlich hieß:
„Diese Art der Belehrung ist rechtsfehlerhaft.
Zwar sieht das Gesetz in § 355 Abs. 2 BGB vor, dass die Widerrufsfrist mit Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform beginnt. Diese Vorschrift ist allerdings im Zusammenhang mit § 312 d Abs. 2 BGB zu lesen. Nach § 312 d Abs. 2 beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Warenlieferungen nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. § 187 BGB wiederum bestimmt, dass dann, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf des Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, die Frist am Tag nach Eintritt des Ereignisses beginnt.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Widerrufsfrist am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung und der Ware beginnt.
Somit weichen Sie inhaltlich in Ihrer Widerrufsbelehrung von den zwingenden gesetzlichen Vorschriften der §§ 357, 355, 312c, 312d BGB ab. Da alle Paragrafen letztlich ebenfalls dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, verstoßen Sie im Ergebnis auch gegen § 4 Nr. 11 UWG.
Nach alledem steht fest, dass Ihre Angebote wiederum ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen.
Dieser Auffassung hat sich im Ergebnis auch das Kammergericht Berlin (KG Berlin vom 05.12.2006, AZ 5 W 295/06) angeschlossen.“ (Hervorhebung durch den Senat.)
Die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich dieser Formulierung gab der Antragsgegner nicht ab.
Der Antragsteller hat behauptet, er stehe mit seinem Online-Shop „V.-B.“ in unmittelbarem Wettbewerb, da auch er Aloe-Vera-Produkte vertreibe. Er hat die Ansicht vertreten, die Belehrung sei hinsichtlich des Fristbeginns unrichtig, weil nicht darauf hingewiesen werde, dass die Frist erst nach Erhalt der Ware zu laufen beginne. Die verwendet Belehrung stelle einen Verstoß gegen § 312c BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV dar.
Der Antragsteller hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahin beantragt,
dem Antragsgegner zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher bei ebay zur Abgabe von Annahmeerklärungen für Aloe-Vera-Produkte aufzufordern, wenn unter Verwendung der gesetzlich vorgeschriebenen Widerrufsbelehrung darauf hingewiesen wird, dass die Frist frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung beginnt, insbesondere wenn dies geschieht, wie im März 2007 bei ebay unter der Artikelnummer … geschehen ist;
und dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung die gesetzlichen Ordnungsmittel anzudrohen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Verwendung der Musterbelehrung sei nicht wettbewerbswidrig. Er habe die erste Abmahnung zum Anlass genommen, die Belehrung den Mindestanforderungen der vom Antragsteller selber in Bezug genommenen Entscheidung des Kammergerichts anzupassen; dies könne der Antragsteller ihm nicht zum Vorwurf machen. Die Rechtslage über die „richtige“ Belehrung sei unübersichtlich und umstritten.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 05.06.2007, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Die Kammer hat dahin stehen lassen, ob der Prozessführungsbefugnis § 8 Abs. 4 UWG entgegenstehe, denn der Antragsteller verstoße jedenfalls gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Der Antragsgegner habe darauf vertrauen dürfen, dass der Antragsgegner die neue Klausel unbeanstandet lasse, weil die Rechtslage unübersichtlich sei und der Antragsgegner nur die Wahl zwischen einer unvollständigen und einer unverständlichen Belehrung habe. In der vom Antragsteller akzeptierten modifizierten Unterlassungserklärung werde aber nur der Erhalt der Widerrufsbelehrung problematisiert, was der Antragsgegner habe dahin verstehen dürfen, dass sich der Antragssteller mit der Korrektur nur dieses Punktes zufrieden gegeben werde.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 11.06.2007 zugestellt worden ist, hat der Antragssteller mit am 25.06.2007 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese sogleich begründet.
Der Antragsteller macht unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages geltend, die Abmahnung sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil er zunächst ein konkretes Verhalten abgemahnt habe. Hinsichtlich diesen Verhaltens habe der Antragsgegner durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt. Bei Überprüfung, ob sich der Antragsgegner hieran halte, habe der Antragsteller festgestellt, dass die Belehrung zwar keinen Verstoß gegen das Vertragsstrafeversprechen, aber einen erneuten Verstoß darstelle. Diesen habe er mit der ersten Abmahnung nicht abmahnen können, weil er noch nicht begangen war. Der Antragsgegner könne sich nicht darauf berufen, er werde die neue Formulierung nicht beanstanden, weil das Kammergericht in der von ihm zitierten Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass im Falle von Warenlieferungen anders zu belehren sei, als es selber als Mindestvoraussetzung für erforderlich halte. Dies gelte zumal deshalb, weil er auf diese Rechtslage schon in der ersten Abmahnung hingewiesen habe.
Der Antragsteller beantragt,
das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 05.06.2007 abzuändern und im Wege der einstweiligen Verfügung
1. dem Antragsgegner zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher bei ebay zur Abgabe von Annahmeerklärungen für Aloe-Vera-Produkte aufzufordern, wenn unter Verwendung der gesetzlich vorgeschriebenen Widerrufsbelehrung darauf hingewiesen wird, dass die Frist frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung beginnt, insbesondere wenn dies geschieht, wie es im März 2007 bei ebay unter der Artikelnummer … geschehen ist;
2. dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu drei Monaten anzudrohen, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 EUR, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf.
Der Antragsgegner beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, nachdem der Antragsteller sich ausdrücklich auf die Entscheidung des Kammergerichts bezogen habe und er den Wortlaut dieser Entscheidung angepasst habe, könne sich der Antragsteller nicht auf die Fehlerhaftigkeit dieser Belehrung berufen. Die Rechtsprechung zur Widerrufsbelehrung sei unübersichtlich und uneinheitlich. Im Übrigen sei auch die Angabe des Fristbeginns mit dem Erhalt der Ware unzureichend, weil die Frist auch nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gem. § 312c Abs. 2 BGB beginne.
II.
Die zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch der Sache nach Erfolg, denn die beantragte einstweilige Verfügung ist zu erlassen.
(1) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist weder gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig, noch steht ihm der vom Landgericht bejahte Einwand widersprüchlichen Verhaltens entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches nach § 8 Abs. 1 UWG ist nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist indessen nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen. Indiz für einen Missbrauch ist es, wenn dem Anspruchsberechtigten schonendere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung zu Gebote stehen (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rn. 4.10).
Nach allgemeiner Meinung muss der Verletzte die Kenntnisse über die Rechtsverletzungen in einer konkreten Verletzungsform grundsätzlich ausschöpfen, also in Abmahnung bzw. Verfügungsantrag für den Gegner erkennbar machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sonst der Verletzer dazu gebracht wird, Aufwendungen zu tätigen, um die Verletzungsform dem Angriff des Verletzten anzupassen, nur um dann erneut aufgrund eines anderen rechtlichen Gesichtspunktes zur Änderung derselben Verletzungsform gezwungen zu werden, obwohl dieser rechtliche Gesichtspunkt dem Verletzten von Anbeginn bekannt gewesen ist (OLG Hamburg, Beschl. v. 15.02.1996, 3 U 6/96, NJWE-WettbR 1996, 183, 183 = WRP 1996, 579; Urt. v. 31.10.1988, 3 U 151/88 – Protecton, GRUR 1989, 133; Urt. v. 05.07.1984, 3 U 46/84 – Gewinnzahlen II. GRUR 1984, 826; OLG München, Urt. v. 18.12.1997, 29 U 3017/97, NJWE-WettbR 1998, 211, 211). Werden hingegen verschiedene Unterlassungsansprüche schrittweise im Sinne einer „Salami-Taktik“ geltend gemacht, indiziert das einen Rechtsmissbrauch.
Dies ist hier aber nicht der Fall. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners hat dieser zu keinem Zeitpunkt Veranlassung gehabt, anzunehmen, der Antragsteller wolle es bei einer ersten Beanstandung bewenden lassen und werde jede beliebige Abänderung der Widerrufsbelehrung hinnehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Der Antragsteller hat bereits bei der zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages führenden ersten Abmahnung unter Nennung der konkreten Rechtsvorschriften sich nicht auf die bloße Beanstandung beschränkt, sondern ausdrücklich dargelegt, dass nach seiner Auffassung die Widerrufsfrist am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung und der Ware beginne, und dass aus diesem Grunde die Belehrung des Antragsgegners fehlerhaft sei. Die von dem Antragsgegner so in den Mittelpunkt gerückte Entscheidung des Kammergerichts, in der die Frage nach dem Erhalt der Ware nicht problematisiert wird, ist lediglich nebenbei erwähnt durch den Hinweis, das Kammergericht habe sich der Ansicht des Antragstellers angeschlossen. Die Abmahnung war demnach keineswegs so formuliert, dass der Antragsteller sich mit einer Änderung der Formulierung entsprechend der vom Kammergericht als Mindestvoraussetzungen genannten Angaben zufrieden geben würde, sondern hat – mit näherer Begründung – hervorgehoben, dass der Fristbeginn neben dem Erhalt einer Widerrufsbelehrung in Textform bei Warenlieferungen auch den Erhalt der Ware voraussetzt. Der Antragsteller hat sich demnach nicht zunächst einen Punkt aus der Widerrufsbelehrung herausgegriffen und nunmehr einen anderen, sondern er hat darauf hingewiesen, dass die Änderung der Widerrufsbelehrung nach seiner Rechtsansicht immer noch unzureichend ist, obwohl er auf die seiner Ansicht nach erforderliche Belehrung bereits in der ursprünglichen Abmahnung eingegangen ist. Er muss sich daher nicht den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens machen lassen.
(2) Im Ergebnis aus den gleichen Gründen scheitert die Geltendmachung auch nicht daran, dass sich der Antragsteller den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens gefallen lassen müsste. Der Antragsteller wurde durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung insoweit klaglos gestellt, als der seinerzeit allein bestehende Unterlassungsanspruch bestand. Dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens hätte er sich ausgesetzt, wenn er die angebotene Unterlassungserklärung nicht angenommen hätte. Wie bereits ausgeführt, hat er damit aber keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, er werde jede Änderung der Widerrufsbelehrung akzeptieren, so dass der Antragsgegner eben gerade keine Veranlassung hatte, anzunehmen, die von ihm geänderte Widerrufsbelehrung werde unbeanstandet bleiben. Dies schon deshalb nicht, weil der Antragssteller die nunmehr geltend gemachte Unterlassung ausdrücklich hervorgehoben hat, indem er bereits in der ersten Abmahnung ausführte:
„Zwar sieht das Gesetz in § 355 Abs. 2 BGB vor, dass die Widerrufsfrist mit Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform beginnt. Diese Vorschrift ist allerdings im Zusammenhang mit § 312 d Abs. 2 BGB zu lesen. Nach § 312 d Abs. 2 beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Warenlieferungen nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. § 187 BGB wiederum bestimmt, dass dann, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf des Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, die Frist am Tag nach Eintritt des Ereignisses beginnt.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Widerrufsfrist am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung und der Ware beginnt.“
Damit hat der Antragssteller sogar den Schwerpunkt seiner Erläuterungen darauf gelegt, dass die Widerrufsfrist nicht vor Erhalt der Ware beginnt, und nicht – wie der Antragsgegner meint – darauf, dass Voraussetzung für den Fristbeginn ein gesonderter Erhalt der Belehrung in Textform sei.
(3) Der Verfügungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 312c Abs. 1 BGB 1 Nr. 10 BGB-InfoVO ist auch begründet.
a) Der Antragsgegner bestreitet in der Berufungsinstanz nicht mehr, dass zwischen ihm und dem Antragsteller ein Wettbewerbsverhältnis besteht; jedenfalls hat der Antragsteller durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung und von drei Angebotsausdrucken ausreichend glaubhaft gemacht, dass er gewerblich unter der Bezeichnung „V.-B.“ ebenso wie der Antragsgegner mit Aloe-Vera-Produkten handelt.
Er ist somit unmittelbarer Wettbewerber des Antragsgegners und somit gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktiv legitimiert.
b) Die Belehrung über das Widerrufsrecht durch den Antragsgegner ist unrichtig und damit gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG eine unlautere Wettbewerbshandlung.
aa) Dass es sich bei den Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen und die hierzu geschaffenen Informationspflichten um Vorschriften handelt, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, ist zu Recht zwischen den Parteien außer Streit.
bb) Die vom Antragsteller beanstandete Belehrung verstößt gegen die Bestimmung der §§ 312c Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 1 Nr. 10 BGB-InfoV.
Nach dieser Bestimmung muss der Unternehmer beim Fernabsatz dem Verbraucher Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts, sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist und die Rechtsfolgen des Widerrufs zur Verfügung stellen. Zu den Bedingungen, über die danach zu informieren ist, gehört vor allem eine klare Information über den Beginn, die Dauer und die Berechnung der Widerrufsfrist (Wendehorst in MüKo-BGB, 5. Aufl., § 312c Rn. 41).
Die vom Antragsgegner verwendete Belehrung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung“ ist zwar insoweit zutreffend, als die Frist jedenfalls nicht vor dem Erhalt einer in Textform erfolgten Widerrufsbelehrung beginnt, sie ist aber falsch, weil nach § 312d Abs. 2 S. 1 BGB die Frist bei der hier streitigen Lieferung von Waren nicht vor dem Tages ihres Eingangs beim Empfänger beginnt. Die verwendete Formulierung informiert damit unzutreffend über diesen wesentlichen Punkt, weil beim Verbraucher der Eindruck entstehen könnte, schon die zum Beispiel in einer Bestätigungs-E-Mail enthaltene Widerrufsbelehrung setze den Lauf der Widerrufsfrist in Gang.
cc) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Rechtsprechung des Kammergerichts folgend die Belehrung in ebay-Angeboten der Textform nicht entspricht, denn diese Frage betrifft die Dauer der Widerrufsfrist und die Frage, ob eine gesonderte Belehrung erforderlich ist (vgl. hierzu neben den von den Parteien zitierten Entscheidungen des KG und des OLG Hamburg die Übersichten bei Föhlisch, MMR 2007, 139 ff. und Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169 ff.), denn insoweit beanstandet der Antragsteller die Widerrufsbelehrung nicht (mehr). Er beanstandet allein das Fehlen des Hinweises darauf, dass die Widerrufsfrist frühestens mit Erhalt der Ware beginnt, was vollkommen unabhängig davon der Fall ist, in welcher Form im Einzelnen zu belehren ist und ob die Wiedergabe auf der Internetseite von ebay entgegen der Ansicht des KG die Textform erfüllt (so z.B. Roggenkamp, jurisPR-ITR 1/2007 Anm. 4 zu KG, Beschl. v. 05.12.2006, 5 W 295/06; LG Paderborn, Urt. v. 28.11.2006, 6 O 70/06, MMR 2007, 191).
dd) Ebenso wenig bedarf es der Entscheidung, ob demjenigen, der das Muster gem. Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV verwendet, die Bestimmung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV zugute kommt. Dies wird z.T. in Frage gestellt, weil § 14 BGB-InfoV nichtig sein soll, oder jedenfalls, weil § 14 Abs. 1 eine Mitteilung in Textform voraussetze, welche nach Ansicht des KG bei der Belehrung auf der Angebotsseite von ebay nicht erfüllt ist.
Jedenfalls setzt die Vermutungswirkung voraus, dass das Muster insgesamt vollständig und unverändert übernommen wird. Gerade die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist hat der Antragsgegner aber gegenüber dem Muster verändert, wenn auch nur geringfügig. Damit hat er aber – unabhängig von der Wirksamkeit der Vorschrift des § 14 BGB-InfoV – selber die Verantwortung für eine richtige und vollständige Information zumindest in Bezug auf den Fristbeginn übernommen.
ee) Entgegen der Ansicht des Antragsgegners wird er hierdurch auch nicht zu einer unverständlichen Belehrung veranlasst. Er muss nämlich nur über die im konkreten Fall relevanten Regelungen informieren (Wendehorst in MüKo-BGB, 5. Aufl., § 312c Rn. 41). Zwar weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass neben dem Erhalt der Ware auch die Informationspflichten nach § 315c Abs. 2 BGB in Textform erfüllt werden müssen, also namentlich eventuelle Allgemeine Geschäftbedingungen u.a.. Ein gesonderter Hinweis hierauf ist aber entbehrlich, denn nach § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB hat diese Information ohnehin spätestens bis zur Lieferung der Ware zu erfolgen, so dass – da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsgegner seine entsprechenden Pflichten verletzt – der Erhalt der Ware den Fristbeginn markiert.
c) Schließlich kann sich der Antragsgegner auch nicht darauf berufen, dass die Rechtslage unklar oder umstritten wäre. Selbst wenn es anderweitige Entscheidungen gäbe, nach denen die von ihm gewählte Belehrung zulässig wäre, würde sein Vertrauen hierauf ihn unter Umständen vor Schadensersatzansprüchen bewahren, hinsichtlich des allein in Rede stehenden Unterlassungsanspruches ist dies hingegen irrelevant (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.18; vgl. auch BGH, Urt. v. 20.10.2005, I ZR 10/03 – Betonstahl, GRUR 2006, 82 ff. Tz. 21 und 30).
d) Die unrichtige Belehrung ist auch wettbewerblich relevant, denn sie ist geeignet, Verbraucher an der Ausübung ihres Widerrufsrechtes zu hindern und dem Antragsgegner hierdurch einen Vorsprung im Wettbewerb gegenüber seinen ordnungsgemäß belehrenden Wettbewerbern zu verschaffen.
(4) Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor, denn dieser wird nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er ausnahmsweise fehlt.
(5) Die Androhung der Ordnungsmittel hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.
(6) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO. Da gegen Urteile des Berufungsgerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren die Revision ausgeschlossen ist (§ 542 Abs. 2 ZPO) bedarf es keiner Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit.