Offensichtlich unberechtigte Abmahnungen können einen (seinerseits abmahnfähigen) Wettbewerbsverstoß darstellen

02. November 2007
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Eigener Leitsatz:

Im vom Landgericht Frankfurt zu entscheidenden Fall hatte einer unserer Mandanten eine Abmahnung aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung erhalten. In der vom gegnerischen Rechtsanwalt vorformulierten Unterlassungserklärung wurde unser Mandant jedoch zur Unterwerfung hinsichtlich einer Vielzahl weiterer – von ihm nicht begangener und auch in der Abmahnung selbst nicht gerügter – Wettbewerbsverstöße aufgefordert. Der abmahnende Unternehmer hat dadurch seinerseits wettbewerbswidrig gehandelt. Soweit eine Abmahnung – wie vorliegend – offensichtlich unberechtigt ist und weitere unlautere Umstände hinzutreten, der Abmahnende beispielsweise Kenntnis der mangelnden Berechtigung hat oder die Abmahnung irreführende Angaben enthält, liegt eine unlautere Mitbewerberbehinderung und somit ein Wettbewerbsverstoß vor.

Des weiteren handelte das abmahnende Unternehmen auch durch Verwendung von zahlreichen unzulässigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen wettbewerbswidrig, was ihm vom Landgericht Frankfurt ebenfalls untersagt wurde.

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 02.11.2007

Az.: 3-11 O 154/07

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

– Antragsteller –

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt Hagen Hild, Konrad-Adenauer-Allee 55, 86150 Augsburg –

g e g e n

1) …

– Antragsgegnerin zu 1) –

2) …

– Antragsgegner zu 2) –

3) …

– Antragsgegner zu 3) –

hat die 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main

auf den in Abschrift beigefügten Antrag vom 19.10.2007 nebst 7 Anlagen in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30.10.2007

durch Vorsitzende Richterin …

am 02.11.2007 b e s c h l o s s e n:

Den Antragsgegnern wird im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und durch die Vorsitzende allein – bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1) zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

1. im geschäftlichen Verkehr die Firma …, Inhaber … …, zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bezüglich der Einhaltung der Informationspflichten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1-9, Nr. 11, Nr. 12 BGB-InfoV aufzufordern, sofern derartige Verstöße nicht vorliegen, wie in Anlage FV 5 erfolgt;

2. im geschäftlichen Verkehr im Rahmen von Verkäufen von Unterhaltungselektronik über die Webseite www…..de in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Formulierungen zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese zu berufen:

a.) „Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer jeweiligen aktuellen Fassung zum Zeitpunkt der Bestellung gelten auch für zukünftige Bestellungen, auch wenn sie nicht nochmals ausdrücklich vereinbart Bestellungen werden.“

b.) „… GmbH ist berechtigt, dieses Angebot innerhalb eines Zeitraums von sieben Kalendertagen mit Zusendung einer Auftragsbestätigung oder Zusendung der bestellten Ware anzunehmen.“

c.) „Angaben über die Lieferfristen sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich und schriftlich zugesagt  wurde.“

d.) „Jede Lieferung steht unter dem Vorbehalt, dass … GmbH selbst rechtzeitig und ordnungsgemäß beliefert wird; eselten die folgenden Absätze.“

e.) „Offensichtliche Mängel hat der Kunde unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Lieferung, schriftlich mitzuteilen.“

f.) „Bei Kauf einer gebrauchten Sache verjähren die Ansprüche des Kunden bei Mängeln mit Ablauf von einem Jahr ab Erhalt der Ware.“

3. im geschäftlichen Verkehr im Rahmen von Verkäufen von Unterhaltungselektronik über die Webseite www.ebay.de in der gesetzlichen Widerrufsbelehrung wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Formulierungen zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf „Sie diese zu berufen: „Sie sind an Ihre Erklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages nicht mehr gebunden, wenn Sie  sie binnen einer Frist von 2 Wochen nach Eingang der ersten Sendung widerrufen.“, sofern kein Hinweis darauf erfolgt dass die Frist zusätzlich zum Erhalt der Ware erst mit Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform beginnt;

4. im geschäftlichen Verkehr im Rahmen von Verkäufen von Unterhaltungselektronik über die Webseite www.ebay.de in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese zu berufen:

a.) „Abweichungen bedürfen der schriftlichen Bestätigung durch uns.“

b.) „Es kommen die am Tage der Lieferung gültigen Preise zur Anwendung.“

c.) „Wir behalten ur das Recht vor, unsere Preise angemessen zu ändern, wenn nach Abschluss des Vertrages Kostensenkungen oder Erhöhungen, insbesondere aufgrund von Materialpreissteigerungen oder Zollerhöhungen eintreten; diese werden wir dem Kunden auf Verlangen nachweisen.“

d.) „Lieferfristen wern von uns nach bestem Ermessen angegeben und soweit wie möglich eingehalten. Entschädigungsansprüche wegen Nicht Erfüllung oder Überschreitung des vereinbarten Liefertermins auch nach Ablauf einer Nachfrist können nicht geltend gemacht werden.“

e.) „Die Gefahr geht auf den Besteller über, auch dann, wenn frachtfreie Lieferung vereinbart worden ist.“

f.) „Der Besteller hat bei Empfang der Ware offensichtliche Fehlmengen und Beschädigungen sofort auf dem Frachtbrief zu vermerken. Verdeckte Mängel sind innerhalb von 7 Tagen schriftlich beim Beförderunguntenehmen zu reklamieren.“

g.) „Gelieferte Waren oder erbrachte Leistungen, die innerhalb der Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf Betriebsdauer einen Sachmangel aufweisen, dessen Ursache bereits zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs vorhanden war, bessern wir nach unserer Wahl unentgeltlich nach oder liefern bzw. erbringen sie neu.“

h.) „Sachmängel müssen uns unverzüglich schriftlich angezeigt werden.“

Der Antragsgegner hat die Kosten des Eilverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf € 28.000,00 festgesetzt.

Der Beschluss beruht auf den §§ 3, 4 Nr. 10, Nr. 11, 8 I, III Nr. 1, 14 II UWG, §§ 305, 305b, 307 I, 308 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4, 309 Nr. 7 a), b), Nr. 8 b) ee), 355 II, 439, 447, 474 II, 475 I, II BGB, §§ 3, 32, 91, 890, 935 ff. ZPO.

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