Kontaktformular als Adresse

19. September 2007
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Leitsatz:

Das Bereitstellen eines Kontaktformulars im Impressum einer Internetseite ist keine Adresse der elektronischen Post und genügt nicht den Anforderungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG.

LG Essen

Urteil vom 19.09.2007

Az.: 44 O 79/07

Im Namen des Volkes

hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2007 durch …

für Recht erkannt:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Essen vom 03.08.2007 (Aktenzeichen: 44 O 79/07) ist zum Entscheidungstenor 1 b) erledigt, soweit es die Herausgabe und Verteilung in Dorsten betrifft.

Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung zum Entscheidungstenor 1 b) und 1 c) bestätigt.

Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien geben konkurrierend Anzeigenblätter heraus. Der Verfügungsbeklagte vertreibt an Sonntagen die Anzeigenblätter X und Y. Ferner unterhält er die Webseiten… und … .

In der Ausgabe der Zeitung “ …aktuell“ vom 14.07.2007 gab der Verfügungsbeklagte im Zusammenhang mit einer Werbung für ein Buch „Queen Mary 2“ (Bl.24 d.A.) an, das Buch sei auch über „seine“ Geschäftsstelle zu beziehen. Das ist nicht der Sitz der Verfügungsbeklagten, sondern der Verfügungsklägerin.

Die Verfügungsbeklagte wirbt um Anzeigenkunden in der aus Bl 23 d.A. ersichtlichen Gestaltungsweise.

Auf seiner Webseite machte der Verfügungsbeklagte im Impressum am 12.07.2007 die aus Bl. 18 d.A. ersichtlichen Angaben. Diese Internetseite wurde inzwischen umgestaltet. Der Verfügungsbeklagte stellt sich im Impressum nun wie aus Bl. 94 d.A. ersichtlich dar.

Die Verfügungsklägerin erachtete das Verhalten des Verfügungsbeklagten als wettbewerbswidrig. Auf Antrag der Verfügungsklägerin erließ das Landgericht Essen vom 03.08.2007 eine einstweilige Verfügung, zu deren Einzelheiten auf Bl. 54 d.A. verwiesen wird.

Gegen diese einstweilige Verfügung richtet sich der Verfügungsbeklagte mit Teil-Widerspruch. Soweit es den Unterlasungstenor I a) betrifft, hat er die einstweilige Verfügung mit dem Widerspruch nicht angegriffen.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2007 hat die Verfügungsklägerin das in

I b) der einstweiligen Verfügung vom 03.08.2007 aufgeführte Unterlassungsbegehren für erledigt erklärt, soweit es um die Verteilung von Printmedien in E. geht.

Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, dass die einstweilige Verfügung im Übrigen aufrechtzuerhalten sei. Der Verfügungsbeklagte werbe irreführend damit, dass die Sonntagsblätter auch in X. verteilt würden, obwohl dies – unstreitig – nicht der Fall sei.

Auf seinen Webseiten werde nicht in einer § 5 des Telemediengesetzes genügenden Weise über die Rechtsform, den Unternehmensinhaber und über die E-mail-Anschrift informiert.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

zum Unterlassungstenor 1 b) der einstweiligen Verfügung vom 03.08.2007 hinsichtlich der Verteilung in E. eine Erledigung des Rechts- streits festzustellen und die einstweilige Verfügung im Übrigen zu bestätigen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 03.08.2007 – soweit mit dem Teil-Widerspruch angegriffen – aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass durch seine Werbung bei potentiellen Anzeigenkunden nicht der irreführende Eindruck erweckt werde, dass eine Verteilung der Anzeigenblätter auch in X. erfolge.

Vielmehr werde durch die Zusatzanmerkung in der Preisliste, dass im Rahmen von Umstrukturierungen und Gebietserweiterungen zur Zeit nicht alle aufgeführten Ausgaben „belegbar“ seien, ausreichend klargestellt, dass es in X. nicht zu einer Verteilung komme. Die Internetseite genüge auch den Anforderungen des § 5 Telemediengesetzes.

Entscheidungsgründe

Gemäß dem Antrag des Verfügungsklägers wird festgestellt, dass die einstweilige Verfügung vom 03.08.2007 zum Entscheidungstenor 1 b) erledigt ist, soweit es die Herausgabe und Verteilung in E. betrifft.Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung zum Entscheidungstenor 1 b) und 1 c) gemäß §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO bestätigt.

I. Der Verfügungskläger kann gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 UWG verlangen, dass der Verfügungsbeklagte nicht länger die Behauptung aufstellt, seine Sonntagsblätter wurden auch in X. herausgegeben und verteilt. Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne der §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, soweit es um das konkurrierende Werben um Anzeigenkunden geht.

Der Verfügungsbeklagte wirbt irreführend damit, dass es auch zu einer Verteilung seiner Anzeigenblätter in X. komme. In seiner maßgeblichen Werbung (Bl.23 d.A.) wird im unteren Bereich der Seite zeichnerischdargestellt, in welchen Gebieten es zu einer Verteilung des Anzeigenblattes kommt. Die Verteilungsbereiche werden dabei mit Ortsnamen umschrieben oder zusammengefasst. Unter anderem wird in der grafischen Darstellung ausgeführt, es gebe einen Verteilungsbereich Ost Vest – OE/ in welchem eine Auflage von 42.500 Stück verteilt werde. Diese Werbung wird durch den schriftlichen Zusatz verstärkt: „Wir kommen an“. Der interessierte Inserent findet auf der gleichen Seite im oberen Teil eine Zusammenfassung der Verteilungsbereiche. In dieser Zusammenfassung wird erneut ein Bereich „Ost Vest“ erwähnt, in welchem eine Auflage von 42.000 Stück verteilt werden soll. Der durchschnittliche Inserent muss diese Angaben so verstehen, dass es in dieser Position um die Verteilung im Bereich Ost-Vest gehen soll, zu welchen im unteren grafischen Teil der Werbung ebenfalls eine Verteilung von 42.500 Stück angekündigt worden ist.

Zwar hat der Verfügungsbeklagte in seiner Werbung unter die Preisliste einen ergänzenden Zusatz gesetzt, dass im Rahmen von Umstrukturierungen und Gebietserweiterungen zur Zeit nicht alle aufgeführten Ausgaben „belegbar“ seien, und deshalb der aktuelle Stand erfragt werden solle.

Der Hinweis ist aber sprachlich missverständlich und stellt für den unbefangenen Leser nicht ohne Weiteres klar, dass es tatsächlich nicht zu einer Verteilung im Bereich kommt. Der Hinweis kann nämlich auch so verstanden werden, dass die Angaben zur Auflagenstärke nicht verbindlich gemacht werden sollen, und es deshalb einer Nachfrage bedürfe. Die Klarstellung nimmt im Übrigen auch nicht – wie geboten gewesen wäre – am Blickfang teil.

Der Verfügungsbeklagte stellt somit eine irreführende Angabe im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG über den Verteilungsbereich des Anzeigenblattes auf. Die gemäß § 3 UWG vorgenommene Gesamtabwägung ergibt dabei nicht, dass das Werbeverhalten des Verfügungsbeklagten ausnahmsweise nicht als hinreichend wettbewerbsrelevant zu beurteilen und daher vom Verfügungskläger hinzunehmen ist.

III. Der Verfügungskläger kann ferner gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 1, 4 Nr. 11, 3 UWG i.V. m. § 5 Abs.1 Nummer 1, Nummer 2 des Telemediengesetzes die in 1 c) der einstweiligen Verfügung aufgeführten Unterlassung verlangen:

Die Regelungen des § 5 des Telemediengesetzes sind im Interesse des Verbrauchers erlassene Schutzvorschriften, die das Marktverhalten regeln sollen. Eine Verletzung dieser Vorschrift indiziert deshalb gemäß den §§ 4 Nr. 11, 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG das Vorliegen wettbewerbswidrigen Verhaltens.

Der Verfügungsbeklagte hat im Juli 2007 die gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 des Telemediengesetzes nicht ausreichend beachtet. Wie der Ausdruck seiner Internetseite zum Impressum (Bl.60 d.A.) zeigt, hat der Verfügungsbeklagte im Impressum nicht auf die Rechtsform des Unternehmens hingewiesen und auch den Unternehmensinhaber nicht benannt. Ihm kann insoweit nicht beigepflichtet werden, dass den Angaben des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG schon deshalb genügt sei, weil im Impressum sein Name als „Verlagsleiter“ erwähnt wird. Ein „Verlagsleiter“ ist rechtlich nämlich nicht zwingend zugleich Inhaber des Unternehmens. Verlagsleiter kann vielmehr auch ein angestellter Bediensteter eines im Verlagswesen tätigen Unternehmens sein. Der Bezeichnung als „H- Verlag“ lässt sich weiterhin auch nicht entnehmen, in welcher Rechtsform der Verlag betrieben wird.

Im Juli 2007 genügte die Gestaltung der Internetseiten auch den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG nicht. Es fehlte die notwendige Angabe der E-mail-Adresse, über die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglicht werden soll.

Dem Verfügungsbeklagten ist nicht darin zuzustimmen, dass die aus der Druckansicht (Bl.95 d.A.) ersichtliche Gestaltung den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG genügt. Zwar zeigt die Druckansicht, dass über den Menuepunkt „Kontakt“ eine Seite aufgerufen werden kann, die im oberen Bereich ein Eingabefeld enthält, in welche ein Interessent seinen Namen, seine eigene E-mail-Anschrift und eine Telefonnummer eintragen soll. Die Kammer geht auch davon aus, dass nach erfolgtem Eintrag über das Feld „Abschicken“ dann eine Verbindung zum Verfügungsbeklagten hergestellt wird. Eine solche Gestaltung genügt den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG indessen nicht. Dieser verlangt nicht nur technische Vorrichtungen, durch die faktisch eine Verbindung hergestellt wird, sondern „Angaben“, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen. Dies ist typischerweise die E-mail-Anschrift. Dem Interessenten muss es auch möglich sein, ohne vorheriges Ausfüllen eines Kontaktformulars zu erkennen, auf welche Weise ein elektronischer Kontakt mit dem Verfügungsbeklagten möglich ist. Diesen Anforderungen genügte die Gestaltung der Internetseite nicht.

Die Wiederholungsgefahr ist nicht ganz oder teilweise dadurch weggefallen, dass der Verfügungsbeklagte den Inhalt seiner Internetseite inzwischen umgestaltet hat und in der Rubrik „Impressum“ nun weitergehende Angaben (Bl.94 d.A.) macht. Die Änderung des tatsächlichen Verhaltens lässt die indizierte Wiederholungsgefahr regelmäßig nicht entfallen.

Hierzu wäre die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung notwendig gewesen. Hier kommt hinzu, dass der Verfügungsbeklagte rechtlich weiterhin die Auffassung vertritt, schon die ursprüngliche Gestaltung wäre in vollem Umfang gesetzeskonform gewesen. Dann lässt sich nicht ausschließen, dass der Verfügungsbeklagte in Zukunft als unnötig bewertete Pflichtangaben möglicherweise wieder von der Internetseite löscht.

Die gemäß § 3 UWG durchgeführte Gesamtabwägung ergibt, dass das Verhalten des Verfügungsbeklagten ausreichend wettbewerbsrelevant ist und als unlauter unterlassen werden muss.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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