Schadensersatz bei verspäteter Domainanmeldung

31. August 2004
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Eigener Leitsatz

1. Ein Internet-Service-Provider hat die Pflicht Domainnamen unverzüglich anzumelden.

2. Ergibt sich aus den Vertragsbedingungen, dass die Domain binnen eines Arbeitstages angemeldet wird, verletzt der Provider seine Pflicht, wenn er eine im Verlauf des Freitags eingehende Anmeldung erst am Montag vornimmt.

3. Der Provider muss den Kunden im Rahmen des Schadensersatzes so stellen, wie er stehen würde, wenn der Provider ordnungsgemäß erfüllt hätte. Ist die Domain zwischenzeitlich von einem Dritten registriert, gehören hierzu die Kosten der Umprogrammierung und die Kosten für einen eventuellen Erwerb der Domain.

Landgericht Görlitz

Urteil vom 31.08.2004

Az.: 1 O 127/03

In dem Verfahren (…)

w e g e n Schadensersatz

erlässt das Landgericht Görlitz – 1. Zivilkammer – durch Richter am Landgericht als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2004 folgendes

Urteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 EUR nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Anmeldung einer Internetdomain geltend.

Am Freitag, den 8.11.2002 bestellte der Zeuge A., Inhaber der Firma, die Domain bei der Firma des Beklagten.

Zwischen den Parteien besteht Streit, ob der Zeuge zur Bestellung für die Kläger bevollmächtigt war.

Gegenstand der Beauftragung des Beklagten war die Anmietung eines Pakets, bei dem der Beklagte dem Kläger Speicherplatz auf seinen Computern zur freien Verfügung überlassen sollte. Darin enthalten waren weiterhin die Einrichtung und Unterhaltung einer Domain, eine bestimmte Menge an Datentransfer pro Monat sowie mehrere E-Mail-Adressen. Zur Realisierung dieser Leistungen sollte dem Kläger ein Zugang (Account) zu den Computern des Beklagten eingerichtet und mit entsprechendem Speicherplatz unterlegt werden.

Auf der Webseite des Beklagten, auf welcher unter Ziffer 6 der Bestellvorgang beschrieben wird, teilt die Beklagte ihren Kunden mit, dass die bestellte Domain nach Prüfung der Daten innerhalb eines Tages freigeschaltet werde, vgl. K2 = Bl. 6 d.A.

Noch am gleichen Tage, am 8.11.2002 um 15.28 Uhr, erhielt der Kläger eine Auftragsbestätigung des Beklagten (Anl. K3 = Bl. 7 d.A.).

Zur Registrierung der Domain und nach Überprüfung der Adresse des Klägers schickte der Beklagte die Anfrage noch am 8.11.2002 an, dem Mitglied, mit dem der Beklagte zusammenarbeitet. Von dort erhielt der Beklagte um 19.09 Uhr eine Warnmitteilung und um 20.31 Uhr eine Fehlermeldung. Die Auswertung dieser Meldungen nahm der Beklagte an dem darauf folgenden Montag, dem 11.11.2002 vor. Bei dem erneuten Anmeldeversuch stellte der Beklagte dann fest, dass der gewünschte Domainname schon vergeben war. Dieser hatte sich zwischenzeitlich der Zeuge B. reservieren lassen.

Der Kläger behauptet, der Zeuge A. sei zur Beauftragung des Beklagten vom Kläger bevollmächtigt gewesen; dies sei dem Beklagten auch bekannt gewesen. Der Kläger ist der Ansicht, dass es eine Hauptleistungspflicht gewesen sei, die Anmeldung der vom Kläger gewünschten Domain umgehend, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern, der Registrierungsstelle weiterzuleiten. Der Kläger behauptet ferner, dass ihm auf Grund der verspäteten Anmeldung der Domain ein Schaden i.H.v. 1.736,00 EUR entstanden sei. Es handelt sich hierbei um unnütze Programmierungskosten i.H.v. 344,00 EUR, 1.220,00 EUR für die Einrichtung der Ersatzdomain sowie 172,00 EUR für die Beantragung der Ersatzdomain. Wegen weiterer Einzelheiten der behaupteten Schadenspositionen wird insoweit auf die Rechnung des Zeugen A. v. 18.12.2002 , Anl. K10 = Bl. 38 d.A. verwiesen.

Darüber hinaus behauptet der Beklagte, dass ihm ein Schaden insoweit entstanden sei, dass er 14.000,00 EUR aufwenden müsste, um die streitgegenständliche Domain vom Zeugen B. käuflich zu erwerben.

Von dieser Schadensposition macht der Kläger lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 3.764,00 EUR geltend.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.500,00 EUR nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 08.12.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage anzuweisen.

Er meint, dass ihm hinsichtlich der nicht erfolgten Anmeldung der Domain für den Kläger keine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last gelegt werden könne. Die Beantragung der Domain sei keine vertragliche Hauptpflicht gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben, durch Vernehmung der Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 16.03.2004 (Bl. 136 ff. d.A.) und vom 13.07.2004 (Bl. 153 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Zwischen den Parteien ist ein Vertrag zu Stande gekommen. Der Kläger hat mit dem Beklagten einen Vertrag über die Anmietung eines Pakets mit Webspace abgeschlossen, zu dem auch die Einrichtung der Domain gehört. Das Gericht neigt vorliegend dazu, dass zwischen den Parteien ein Vertrag eigener Art zu Stande gekommen ist, der sowohl mietvertragliche als auch werkvertragliche Elemente enthält. Letztendlich kann vorliegend die Frage des Vertragstypus im Rahmen dieses Rechtsstreits offen bleiben.

Der Zeuge A. war zur Bestellung und Abschluss des betreffenden Vertrags auch bevollmächtigt, § 164 Abs. 1 BGB. Das Bestreiten der Vertretungsmacht ist vor dem Hintergrund der von den Parteien eingereichten Anlagen widersprüchlich, denn der Beklagte hat noch am 11.11.2002 dem Kläger die Rechnung für die von ihm erbrachten Leistungen zugesandt. Daraus folgt, dass die Stellvertretung durch den Zeugen gegenüber dem Beklagten auch offen gelegt worden ist, da sonst die Rechnungslegung an den Kläger nicht nachvollziehbar ist.

Selbst wenn der Zeuge A. keine Vollmacht zum Abschluss des Vertrags hatte, ist spätestens mit Klageerhebung ein Handeln ohne Vertretungsmacht des Zeugen A. durch den Kläger gem. § 177 Abs. 1 BGB genehmigt worden.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Pflichtverletzung des Beklagten ist darin begründet, dass der Beklagte die Anmeldung der streitgegenständlichen Domain nur zögerlich bearbeitet hat, sodass zwischenzeitlich die Domain auf den Zeugen B. angemeldet worden ist.

Der Beklagte hatte sich verpflichtet, für den Kläger den Domainnamen anzumelden. Aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, dass der Kläger den Beklagten mit der Erbringung eines „Leistungspakets“ beauftragt hat, namentlich die Bereitstellung von Speicherplatz, Verbindungen sowie Postverkehr für eine Homepage zur Aufnahme von Internetaktivitäten durch den Kläger. In diesem Paket war auch die Anmeldung der gewünschten Internetdomain bei der Registrierungsbehörde enthalten. Dies ergibt sich aus den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag, Anl. K3 = Bl. 7 d.A. Dort ist ausdrücklich ausgeführt: „Nach Prüfung Ihrer Angaben wird die Domain durch uns beantragt.“ Daraus ergibt sich, dass sich der Beklagte verpflichtet hat, den vom Kläger gewünschten Domainnamen bei der Registrierungsbehörde anzumelden. Diese Pflicht – wobei offen bleiben kann, ob es sich hierbei um eine vertragliche Neben- oder um eine Hauptpflicht handelt – hat der Beklagte durch seine verspätete Anmeldung verletzt. Der Beklagte hat in seiner Auftragsbestätigung zugesagt, dass der Account in der Regel innerhalb eines Arbeitstags freigeschaltet sei, was der Durchschnittskunde nur so auffassen kann, dass ihm zu diesem Zeitpunkt auch die ihm gewünschte Domain zur Verfügung steht (vgl. Anl. K2 = Bl. 6d.A.). Diese vom Beklagten selbst eingegangene Verpflichtung hat dieser nicht erfüllt. Bei einem derartig schnelllebigen Medium wie dem Internet, bei dem bestimmte Domainnamen sehr begehrt sind, ist ein unverzügliches Anmelden erforderlich, um zu vermeiden, dass sich andere Interessenten die Domain reservieren lassen. Dem hat der Beklagte auch selbst Rechnung getragen, als dass er in seiner Auftragsbestätigung selbst zusagt, den Account innerhalb eines Tages freizuschalten.

Die Pflichtverletzung des Beklagte besteht darin, dass er zwar die Anfrage am 8.11.2002 dem Vergabestellen-Mitglied geschickt hat, die von dort eingegangenen Warnmitteilungen bzw. Fehlermitteilungen um 19.09 Uhr und 20.31 Uhr aber erst am 11.8.2002, dem darauf folgenden Montag ausgewertet und die Anmeldung wiederholt hat. Dieses Verhalten steht im Widerspruch zur Auftragsbestätigung des Beklagten, wonach der Account innerhalb eines Arbeitstags freigeschaltet sei. Auf Grund dessen hätte der Beklagte mit der wiederholten Anmeldung der Domain nicht bis zum darauf folgenden Montag zuwarten dürfen, sondern spätestens am Sonnabend, der auch ein Arbeitstag ist, die Anmeldung wiederholen müssen.

Aus dem Umstand, dass die Domain in der Regel innerhalb von 2 Werktagen weltweit erreichbar sei, lässt sich nicht zugunsten des Beklagten entnehmen. Dass die Domain innerhalb von 2 Tagen weltweit erreichbar ist, besagt nicht, dass sich der Beklagte 2 Tage mit der Anmeldung Zeit lassen darf.

Nach alledem hat der Beklagte auf Grund fahrlässigen Verhaltens (§ 276 BGB) seine vertragliche Verpflichtung verletzt, unverzüglich die Domain bei der Registrierungsbehörde anzumelden.

Rechtsfolge ist, dass der Beklagte dem Kläger Schadensersatz, gerichtet auf Ersatz des positiven Interesses, leisten muss. Danach hat der Beklagte den Kläger so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Beklagte ordnungsgemäß erfüllt hätte.

a) Zunächst sind dem Kläger 1.736,00 EUR Programmierkosten entstanden, die nicht entstanden wären, wenn der Beklagte seine vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hätte. Diese Kosten sind angefallen zwecks Beantragung der Ersatzdomain. Diese Kosten wären nicht entstanden, wenn der Beklagte seine vertragliche Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt hätte.

Vorliegend sind die Kosten in Höhe von 344,00 EUR für die Klärung der Sachlage, 1.220,00 EUR für die Einrichtung der Ersatzdomain sowie 172,00 EUR für die Beantragung der Ersatzdomain erstattungsfähig. Dass diese Kosten angefallen sind, ergibt sich aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen. Dieser bekundete im Rahmen seiner Vernehmung unter Verweis auf die Anl. K 10 = Bl. 38 d.A., dass für die Einrichtung der Ersatzdomain 1.220,00 EUR sowie für die Beantragung der Ersatzdomain 172,00 EUR angefallen seien. Darüber hinaus waren noch 4 Stunden erforderlich um zu klären, weshalb der Account nicht aufzurufen gewesen sei. Diese Arbeiten seien mit insgesamt 344,00 EUR dem Kläger in Rechnung gestellt worden.

Der Zeuge bestätigte insgesamt glaubhaft, dass er die Arbeiten, wie sie in der Rechnung vom 18.12.2002 aufgeführt sind, erbracht hat.

Die Bekundungen des Zeugen wurden durch den Zeugen bestätigt, der sich allerdings an Details der Arbeiten nicht erinnern konnte.

Nach alledem kann der Kläger vom Beklagten den Ersatz der insoweit angefallenen 1.736,00 EUR verlangen.

b) Darüber hinaus steht dem Kläger der im Wege der Teilklage geltend gemachte Betrag in Höhe von 3.764,00 EUR zu.

Der Kläger muss 14.000 EUR aufwenden, um vom Zeugen die streitgegenständliche Domain zu erwerben. Diese Kosten wären nicht angefallen, wenn der Beklagte seine vertragliche Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt hätte.

Dieser – vom Zeugen verlangte – Preis ist auch als angemessen anzusehen. Der insgesamt glaubhafte Zeuge bekundete, dass es Angebote von anderer Seite gegeben habe, die Domain für 25.000,00 EUR abzukaufen. Insgesamt habe es 4 Kaufangebote gegeben. Daraus folgt aber auch, dass es für die streitgegenständliche Domain einen Markt gibt, auf welchem diese Domain für 25.000,00 EUR gehandelt wird. Daraus folgt aber auch, dass der Betrag in Höhe von 14.000,00 EUR als Verkaufspreis für die Domain sich jedenfalls nicht über dem gängigen Marktpreis für die Domain bewegt, so dass dieser Kaufpreis als angemessen anzusehen ist. Es handelt sich hierbei um eine erstattungsfähige Schadensposition.

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB. Die darüber hinaus beantragten Zinsen konnten nicht zuerkannt werden, da die Voraussetzungen des § 286 Abs. 2 nicht vom Kläger dargetan wurden. Daher konnten nur Zinsen ab Rechtshängigkeit zuerkannt werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 ZPO.

Streitwert: 5.500,00 EUR

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