Lockvogelwerbung verneint – Media Markt gewinnt Prozess gegen Verbraucherzentrale Bundesverband

11. Februar 2008
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Eigener Leitsatz:

Der Verbaucherzentrale Bundesverband ist mit seiner Klage gegen Media-Markt am Landgericht Ingolstadt gescheitert. Die Verbraucherschützer warfen der Elekronikmarktkette irreführende Lockvogelwerbung vor. Media-Markt hatte zum Jahresbeginn 2006 einen DVD-Spieler für 19 Euro angeboten. Viele Kunden gingen aber leer aus. Die Märkte seien überrannt worden, obwohl sie aureichend bevorratet waren, urteilte das Landgericht Ingolstadt.

Landgericht Ingolstadt

Pressemitteilung 02/2008 zum Urteil vom 11.02.2008

1. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände ./. die Firma Media-Saturn-Holding GmbH wegen Lockvogelangeboten ohne ausreichende Bevorratung.

2. Widerklage der Beklagten mit dem Ziel, dem Kläger die Verbreitung seiner Presseerklärung vom 23.04.2007 zu untersagen.

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1. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat vor dem Landgericht Ingolstadt die Media-Saturn-Holding GmbH wegen einer zum Jahreswechsel 2005/2006 bundesweit verbreiteten Werbung unter dem Motto „Die Beste Elf des Jahres“, wonach insgesamt 11 Produkte mit besonders günstigen Preisen in Media Märkten verkauft werden sollten, auf Unterlassung verklagt. Die Klage wird auf die Behauptung gestützt, als Nr. 2 dieser 11 Produkte sei für einen DVD-Player „slimline“ zum Preis von 19,00 € geworben worden, welcher am 02.01.2006 in allen Media Märkten erhältlich sein sollte. Trotz dieser Werbung sei dieser DVD-Player in verschiedenen Media Märkten im gesamten Bundesgebiet bereits unmittelbar nach Geschäftsöffnung nicht mehr erhältlich gewesen. Teilweise sei Kunden bereits kurz nach Geschäftsöffnung mitgeteilt worden, dass dieser DVD-Player ausverkauft sei.

Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ingolstadt hat die Klage am 11.02.2008 abgewiesen. Die Media Märkte haben sich bei der Bevorratung für die Verkaufsaktion zum 02.01.2006 an den Verkaufszahlen für die Werbeaktion zum 03.01.2005 „Heute zahlt Deutschland keine Mehrwertsteuer – alles 16 % billiger“ orientiert. Ausgehend von diesen Verkaufszahlen haben sie für den 02.01.2006 den DVD-Player jeweils mit einer Stückzahl bevorratet, welche deutlich über den Verkaufszahlen am 03.01.2005 lag. So waren am 03.01.2005 von den knapp 200 Media Märkten in Deutschland zusammen insgesamt 24.669 DVD-Player verkauft worden. Für die Verkaufsaktion am 02.01.2006 wurden unstreitig insgesamt 194.800 DVD-Player bestellt und ausgeliefert. Mit dieser Bevorratung haben die Media Märkte auf die zu erwartende Nachfrage entsprechend einer sorgfältigen kaufmännischen Planung angemessen reagiert. Dasselbe gilt für die elf vom Kläger einzeln angeführten Media Märkte in Berlin-Gropiusstadt, Berlin-Neukölln, Göttingen, Münster, Recklinghausen, Hannover-Vahrenheide, Saarlouis, Trier, Minden, Hamburg-Altona und Hamburg-Nedderfeld. Auch diese Media Märkte haben sich für die Verkaufsaktion am 02.01.2006 an den Verkaufszahlen der vorangegangenen äußerst erfolgreichen Werbeaktion zum 03.01.2005 orientiert und den DVD-Player „Slimline“ in einer Stückzahl zum Verkauf angeboten, die deutlich über der Anzahl der verkauften DVD-Player am 03.01.2005 lag. Die Bevorratung dieser elf Media Märkte entsprach damit einer sorgfältigen kaufmännischen Planung. Damit, dass die einzelnen Media Märkte bei Geschäftsöffnung förmlich überrannt werden und der DVD-Player „Slimline“ trotz einer angemessenen Bevorratung bereits nach kurzer Zeit vergriffen war, mussten die Media Märkte nicht rechnen.

Das Landgericht ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass eine hinreichende Bevorratung vorlag und ein Wettbewerbsverstoß nach § 5 Abs. 5 UWG nicht gegeben ist. Folglich wurde die Frage, ob die Beklagte als Holdinggesellschaft auch für eine unzureichende Bevorratung ihrer zum Konzern gehörenden, aber rechtlich selbständigen Media Märkte wettbewerbsrechtlich haftet, ausdrücklich offen gelassen.

Soweit der Kläger der Beklagten mit einem Hilfsantrag verbieten wollte, für Artikel der Unterhaltungselektronik zu werben, wenn Mitarbeiter einzelner Media Märkte Verbrauchern gegenüber erklären, das Gerät sei nicht mehr erhältlich, obwohl tatsächlich noch Geräte im Lager vorhanden seien, wurde die Klage ebenfalls abgewiesen, da die Beklagte als Holdinggesellschaft jedenfalls für ein individuelles, nicht planmäßiges Fehlverhalten irgendeines namentlich nicht benannten Mitarbeiters irgendeines Media Markts in Deutschland nicht ohne weiteres wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden kann.

2. Der Widerklage der Beklagten gegen den Kläger hat die Kammer teilweise stattgegeben. Die Beklagte hatte mit der Widerklage begehrt, dem Kläger die Verbreitung seiner Presseerklärung vom 23.04.2007 zu untersagen, weil in dieser Presseerklärung neben der Information zum gegenständlichen Verfahren die Behauptung aufgestellt worden sei, bei der Werbeaktion zum Jahreswechsel 2004/2005 „Am 03.01. zahlt Deutschland keine Mehrwertsteuer – alles 16 % billiger“ habe es sich um eine bundesweit irreführende Lockvogelwerbung gehandelt. Die Kammer hat hierzu festgestellt, dass es sich bei den Behauptungen „Bei einer Werbeaktion zum Jahreswechsel 2004/2005 ‚Am 03.01. zahlt Deutschland keine Mehrwertsteuer’ habe es sich um eine bundesweit irreführende Werbeaktion gehandelt“ und „Wenn aus einer bundesweit irreführenden Werbeaktion lediglich ein Urteil übrig bleibt“ nach dem Gesamtinhalt der Presseerklärung um Tatsachenbehauptungen handelt. Der Kläger hat nämlich in der Presseerklärung zum Ausdruck gebracht, dass die Irreführung darin bestehen soll, dass im Vorfeld der Werbeaktion der Preis für einige Produkte bewusst hoch gesetzt worden sei.

Die Kammer ist insoweit zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Tatsachenbehauptungen unwahr sind. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung kann es zwar in 10 – 15 Media Märkten in Bezug auf einzelne Produkte eine irreführende Lockvogelwerbung gegeben haben. Dies rechtfertigt es aber nicht, von einer bundesweit irreführenden Lockvogelwerbung zu sprechen. Dementsprechend hat die Kammer dem Kläger die Verbreitung der angeführten Tatsachenbehauptungen untersagt. Den Antrag der Beklagten, dem Kläger nicht nur die Verbreitung einzelner Tatsachenbehauptungen, sondern die Verbreitung der gesamten Presseerklärung vom 23.04.2007 zu untersagen, hat die Kammer nicht stattgegeben, weil die Presseerklärung zahlreiche Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen enthält, welche ohne weiteres rechtlich zulässig sind.

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