Löschung einer Markeneintragung wegen bösgläubiger Anmeldung

17. Dezember 2007
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Leitsatz:

Das Bundespatentgericht hat beschlossen, dass eine Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht wird, wenn sie bösgläubig angemeldet worden ist. Das ist der Fall, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist.

Bundespatentgericht

Urteil vom 17.12.2007

Az.: 25 W (pat) 76/05

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 300 85 094 (S 41/03 Lö)

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2007 unter Mitwirkung …

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Die am 20. November 2000 angemeldete Marke 300 85 094

Flixotide

ist am 13. März 2001 für „Pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Humanarzneimittel“ in das Register eingetragen worden.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom 19. Februar 2003 die vollständige Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F. (nunmehr §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 Markengesetz), da die Marke bösgläubig angemeldet worden sei.

Die Antragsgegnerin (= Beschwerdegegnerin) habe die Marke „FLIXOTIDE“ als sog. „Hinterhaltsmarke“ angemeldet. Die Antragstellerin (= Beschwerdeführerin) habe die Marke „FLIXOTIDE“ in verschiedenen Ländern der Europäischen Union (ohne Deutschland) und auch außerhalb der EU angemeldet und für ein pharmazeutisches Präparat zur Behandlung von Asthma benutzt. In Deutschland werde die Marke der Antragstellerin aufgrund des Imports und Vertriebs von Präparaten mit der Markenbezeichnung „FLIXOTIDE“ durch Parallelimporteure benutzt. Die Antragsgegnerin habe sich den guten Ruf der Marke aneignen oder sie auf unlautere, nicht zu billigende Weise verwerten wollen. Die Antragsgegnerin melde systematisch solche Marken pharmazeutischer Unternehmen im eigenem Namen an, die nur im Ausland benutzt werden, um vom guten Ruf dieser Marken in Deutschland zu profitieren. Darüber hinaus lasse das bisherige Handeln der Antragsgegnerin keinen anderen Schluss als die unlautere „Verwertung“ der Marken zu, denn ein wirkliches Interesse der Antragsgegnerin, unter diesen Marken pharmazeutische Produkte zu vertreiben, sei nicht ersichtlich. Eine Veräußerung oder Lizenzierung der Marke an Parallelimporteure sei sinnlos, da diese eine solche Lizenzierung oder einen solchen Erwerb aufgrund des nach der Rechtsprechung des EuGH berechtigten Parallelimports nicht nötig haben, es sei denn, die Antragsgegnerin würde nach erfolgreicher Durchsetzung
der angegriffenen Marke die Parallelimporteure mit einer Verhinderung des Parallelimports unter der Marke „FLIXOTIDE“ „erpressen“, um so eine Lizenznahme oder einen Erwerb zu erzwingen. Eine derartige Absicht könne im Hinblick auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs in der EU nur als bösgläubig und sittenwidrig bewertet werden. Bei der Verwendung unterschiedlicher Marken im EU-Bereich spielten für die Antragstellerin ausschließlich markenrechtliche Gründe (ältere Drittrechte) oder nationale sprachliche Akzeptanz (z. B. negativer Sinngehalt eines Markennamens) eine Rolle.

Dem der Beschwerdegegnerin am 31. März 2003 zugestellten Löschungsantrag hat diese mit einer beim DPMA am 11. April 2003 eingegangenen Eingabe widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 8. September 2004 den Löschungsantrag zurückgewiesen und entschieden, dass Kosten weder auferlegt noch erstattet werden.

Die angegriffene Marke sei nicht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG (a. F.) bösgläubig angemeldet worden. Die Antragsgegnerin habe zwar eine Vielzahl von Marken angemeldet, jedoch – abweichend von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BGH GRUR 2001, 242 Classe E zugrunde lag – nur in den Klassen 5 und 10. Auch sei kein eigener Geschäftsbetrieb im Sinne einer Produktionsstätte erforderlich. Die Verwertung und der Handel mit Marken sei nicht unlauter.

Ein Erheben von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen durch die Antragsgegnerin sei nicht nachgewiesen worden. Eine in der Anhörung vorgetragene Vermutung späterer Forderungen sei für die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht ausreichend. Das wirtschaftliche Verwerten und Handeln mit Marken widerspreche keinen gesetzlichen Vorschriften und auch keinen kaufmännischen Gepflogenheiten. Da die Antragstellerin aus rein wirtschaftlichen Gründen, nämlich der Umgehung der hohen Arzneimittelpreise in Deutschland, die Zwei-Marken-Strategie betreibe und gar nicht beabsichtige, ihre Marken „Flixotide“ in Deutschland zu benutzen, handle es sich bei der Anmeldung durch die Antragsgegnerin nicht um eine Sperrmarke. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin die Marke angemeldet hätte, um der Antragstellerin zu schaden, sondern die Antragsgegnerin habe gezielt in Deutschland nicht benutze (und daher wegen Verfalls löschungsreife) Marken ermittelt und für sich selbst angemeldet. In diesem Verhalten sei nichts Rechtsmissbräuchliches zu entdecken.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben mit dem Antrag (sinngemäß),

den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. September 2004 aufzuheben und die Marke 300 85 094 zu löschen. Außerdem regt sie an, gegebenenfalls die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Ferner regt sie an,

gegebenenfalls das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens 25 W (pat) 224/03 – IVADAL – auszusetzen.

Die angegriffene Marke sei aufgrund von Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 50 MarkenG zu löschen. Zum einen sei die Antragsgegnerin bei der Anmeldung der Marke bösgläubig gewesen und zum andern sei die Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden.

Das absolute Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG, das in der mündlichen Verhandlung vor dem DPMA am 22. Juni 2004 vorgetragen worden sei, sei nicht berücksichtigt worden. Dieses Schutzhindernis habe bei der Anmeldung bestanden und bestehe faktisch noch fort. Der Löschungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG sei nicht neu. Es handele sich nur um einen anderen, von denselben Tatsachen getragenen rechtlichen Gesichtspunkt. Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) sei die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der wirksamen Bestandteile unterscheide. Das von der Beschwerdeführerin hergestellte und im EU Ausland unter der Marke „FLIXOTIDE“ vertriebene Präparat mit dem Wirkstoff „Fluticasone“ werde von mehreren Parallelimporteuren seit Anfang 2000 unter eigenen Zulassungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland vertrieben. Für diesen Wirkstoff habe bis 2001 Patentschutz bestanden und die 10-jährige Schutzfrist gemäß § 24a AMG sei erst im März 2004 abgelaufen. Das DPMA hätte die Marke nicht registrieren dürfen, bzw. zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung die Löschung verfügen müssen. Der von der Beschwerdeführerin hergestellte Wirkstoff Fluticasone stehe Dritten nicht zur Verfügung, da er nicht als Ware von der Beschwerdeführerin vertrieben werde. Der Löschungsgrund bestehe daher weiter. Das Interesse von Generikaherstellern an einer Lizenznahme oder an einem Erwerb der streitbefangenen Marke sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, denn er würde sich dem Vorwurf der Irreführung aussetzen. Die Benutzung der angegriffenen Marke sei nach dem Arzneimittelgesetz im
öffentlichen Interesse zu versagen.

Dies sei auch für die Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin von Bedeutung. Soweit der vorliegende Fall sich von den Umständen der „Classe E“ Entscheidung unterscheide, sei dies nicht relevant. Bei der gezielten Anmeldung von Marken international tätiger Unternehmen, die umfangreich im Ausland benutzt werden, sei die Anmeldung für eine Klasse anstatt für eine Vielzahl von Waren kein geeignetes Kriterium für die Frage der Bösgläubigkeit. Ohne Rücksicht auf die Arzneimittelsicherheit und die Interessen der medizinischen und pharmazeutischen Fachkreise sowie der Patienten verfolge die Beschwerdegegnerin nur ihre eigenen unlauteren Interessen. Da keine echte Benutzungsmöglichkeit bestehe, könne von keinem ernsthaften Benutzungswillen die Rede sein. Die Marke FLIXOTIDE sei in Deutschland auf dem Markt. Außerdem sei eine Benutzung der Auslandsmarke im Bereich der EU ebenso zu berücksichtigen wie eine Benutzung in Deutschland. Insoweit werde eine Vorlage an den EuGH angeregt. Es sei zwingend davon auszugehen, dass die Anmeldung und Registrierung der angegriffenen Marke und vergleichbarer Marken vorwiegend zu dem Zweck erfolgt sei, die Parallelimporteure an der Weiterverwendung der Auslandsmarke FLIXOTIDE in Deutschland zu hindern, bzw. den Erwerb oder die Lizenznahme dieser Marke zu erzwingen, obwohl die Parallelimporteure aufgrund der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung diese Marke ohne Behinderung und Zahlung irgendwelcher Vergütungen in Deutschland benutzen könnten. Jedenfalls sei von einer „Beweislastumkehr“ auszugehen. Außerdem werde die Beschwerdeführerin daran gehindert, das von ihr entwickelte Präparat auch in Deutschland unter der streitbefangenen Marke zu vertreiben.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie befasse sich mit dem Erwerb und der wirtschaftlichen Verwertung von Marken für pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Humanarzneimittel, so z. B mit der Lizenzierung bzw. dem Verkauf von Arzneimittelmarken u. a. an Hersteller von pharmazeutischen Erzeugnissen. Die Anmeldung der Marke „Flixotide“ sei nicht bösgläubig. Es handle sich nicht um eine Sperrmarke. Wegen der Zwei-Marken-Strategie habe die Antragstellerin die im Ausland benutze Marke „Flixotide“ im Inland bewusst nicht benutzt. Die Beschwerdegegnerin musste nicht damit rechnen, dass die Beschwerdeführerin die angegriffene Bezeichnung auch in Deutschland benutzen will, da diese hier eine andere Marke (Flutide) benutze. Die Marken 1186082 „FLIXOTIDE“ sowie DD 649375 „FLIXOTIDE“ der Antragstellerin seien vielmehr gelöscht worden. Das Interesse der Beschwerdeführerin, ihr Präparat in Deutschland unter der Marke „Flixotide“ vertreiben zu können, sei nicht schutzwürdig. Die Beschwerdegegnerin habe auch keine Verbietungsrechte gegenüber Parallelimporteure ausgeübt. Es liege keine Spekulationsmarke vor.

Sie selbst sei eine Markenagentur und es fehle ihr nicht der Wille, die Marke Dritten zur Verfügung zu stellen. Sie habe die Marke auch nicht für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldet, sondern nur für Waren der Klassen 5 und 10. Soweit die Beschwerdeführerin ihren Löschungsantrag auf § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG stütze, sei dies eine Erweiterung. Sollte der Senat den erweiterten Antrag als sachdienlich ansehen, wird um Zurückverweisung an das DPMA gebeten, da sonst eine Instanz verloren ginge. Außerdem sei § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG nur auf ersichtliche Fälle beschränkt. Es bestünde eine Vielzahl von Verwertungsmöglichkeiten ohne gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG zu verstoßen, z. B. Verkauf an Parallelimporteure oder an andere Pharmaunternehmen.

Außerdem sei die Marke auch für nichtzulassungspflichtige Präparate eingetragen und könne insoweit benutzt werden, ohne dass § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG tangiert werde. Es liege kein Grund vor, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 10 Markengesetz wird eine Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie bösgläubig angemeldet worden ist. Der Begriff der Bösgläubigkeit geht zurück auf Art. 3 Abs. 2 lit. d. MarkenRichtl., der nach der bis 31. Mai 2004 gültigen Rechtslage durch § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F. umgesetzt wurde und nunmehr durch § 8 Abs. 2 Nr. 10, § 50 Abs. 1 MarkenG umgesetzt ist.

Eine bösgläubige Markenanmeldung ist anzunehmen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist (vgl. BGH GRUR 2005, 581 – The Colour of Elégance; GRUR 1998, 412, – Analgin; GRUR 1998, 1034, – Makalu; GRUR 2000, 1032, – EQUI 2000; GRUR 2003, 428, – BIG BERTHA). Davon kann bei der in Rede stehenden Marke nicht ausgegangen werden, da insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte vorhanden sind. Es besteht kein Grund für die Annahme der Beschwerdeführerin, es sei von einer „Beweislastumkehr“ auszugehen und die Beschwerdegegnerin müsse beweisen, dass sie bei der Anmeldung nicht bösgläubig gewesen sei.

Die Bösgläubigkeit/Sittenwidrigkeit muss bereits zum Anmeldezeitpunkt gegeben sein, so dass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob eine solche erst für die spätere Rechtsausübung im konkreten Einzelfall festgestellt werden könnte. Eine entsprechende Differenzierung hat auch der Bundesgerichtshof in der „Classe E“- Entscheidung (GRUR 2001, 242) vorgenommen.

Der Anmelder eines Kennzeichens handelt nicht zwangsläufig unlauter, wenn er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für gleiche Waren im Inland benutzt, ohne hierfür einen Kennzeichenschutz erworben zu haben, sondern es müssen auf Seiten des Anmelders besondere Umstände vorliegen, welche die Erwirkung der Zeicheneintragung als sittenwidrig im Sinne der genannten Vorschriften erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2005, 581 – The Colour of Elégance). Erst recht gilt dies für Marken, die lediglich im Ausland benutzt werden. Aus dem Territorialitätsprinzip folgt, dass eine Marke im Inland benutzt sein muss und daher Auslandsmarken bzw. Benutzungen einer Marke im Ausland nicht einer im Inland benutzten Marke gleichgestellt werden müssen.

Die Beschwerdeführerin hat die Marke „Flixotide“ im Inland nicht benutzt, sondern nur im Ausland (innerhalb und außerhalb der EU). In Deutschland wird das entsprechende Präparat unter der Marke „Flutide“ vertrieben. Die Marke 1186082 „FLIXOTIDE“ der Antragstellerin ist wegen fehlender Benutzung gelöscht worden und die Löschung der Marke DD 649375 „FLIXOTIDE“ hat die Antragstellerin selbst veranlasst.

Ein bösgläubiger Markenerwerb kann darin liegen, dass ein Anmelder in Kenntnis eines im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren anmeldet, mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 435). Eine Auslandsbenutzung kann allenfalls in Ausnahmefällen (z. B. bei Marken mit Weltgeltung) einen schutzwürdigen Besitzstand darstellen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 437).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Ein von inländischen Besitzständen unabhängiger rechtsmissbräuchlicher Markeneinsatz kann sich zwar auch im Hin blick auf ausländische Tatbestände ergeben. Das gilt insbesondere für deutsche Markenanmeldungen, mit denen das Eindringen ausländischer Kennzeichen auf dem inländischen Markt behindert werden soll, was in erster Linie bei einer im Ausland bereits intensiv benutzten Marke, aber auch bei einer erst geplanten Auslandsbenutzung wettbewerbswidrig sein kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 442). Es gibt jedoch keine Anzeichen dafür, dass die Beschwerdegegnerin mit der Markenanmeldung beabsichtigte, die Beschwerdeführerin vom Einsatz der Marke auf dem deutschen Markt abzuhalten. Eine entsprechende wettbewerbswidrige Sperrabsicht ist nicht erkennbar, da nichts darauf hindeutet, dass die Beschwerdeführerin die im Ausland geschützte Marke in Zukunft auf dem deutschen Markt einsetzen will. Die bloße Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin eines Tages ihre Marken auf dem europäischen Markt vereinheitlichen wollen könnte, reicht nicht aus, eine Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin zu unterstellen, da das Offenlassen solcher Optionen nicht generell unter Schutz steht.

Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegnerin wettbewerbswidrig Parallelimporteure behindern wollte. Es ist zwar möglich, dass auch Parallelimporteure von der Markeneintragung betroffen sind, wenn die im Ausland mit dem fraglichen Zeichen gekennzeichnete Waren unter dieser Bezeichnung nach Deutschland importiert werden sollen und die Beschwerdegegnerin das Recht an dieser Marke im Inland hat. Um auf eine wettbewerbswidrige Behinderungsabsicht im Zeitpunkt der Anmeldung zu schließen, müssten jedoch hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, dass die Beschwerdegegnerin tatsächlich wettbewerbswidrig gegen Parallelimporteure vorgehen wollte. Solche Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich.

Soweit die Beschwerdegegnerin systematisch Arzneimittelmarken angemeldet hat, die für Arzneimittel im Ausland von der Beschwerdeführerin oder anderen Arzneimittelfirmen benutzt werden, welche im Inland unter einer anderen Bezeichnung vertrieben werden (sogenannte Zwei-Marken-Strategie), kann darin allein noch nicht auf eine Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin bei der Anmeldung geschlossen werden. Ein solches Verhalten zeigt zwar, dass nicht rein zufällig Auslandsmarken Dritter im Inland angemeldet wurden, sondern dass davon auszugehen ist, dass die Beschwerdegegnerin in Kenntnis der Auslandsmarken handelte.

Jedoch ist es weder grundsätzlich bösgläubig, eine lediglich im Ausland von einem anderen zur Kennzeichnung benutzte Marke im Inland anzumelden, wenn keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Anmeldung als Sperrmarke dienen sollte, um einen Wettbewerber vom Markt fernzuhalten, noch weist ein systematisches Vorgehen per se auf eine Bösgläubigkeit hin.

Im vorliegenden Fall geht es auch nicht um eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Geltendmachung einer Eintragung, sondern darum, ob bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke Bösgläubigkeit vorlag.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin liegt auch kein Löschungsgrund im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG vor.

Es kann hier dahinstehen, ob es sich insoweit um eine Erweiterung der Löschungsgründe handelt, da im ursprünglichen Löschungsantrag vom 19. Februar 2003 zwar geltend gemacht wurde, dass die Anmelderin bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F.), nicht aber dass die Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a. F.), oder ob der Löschungsantrag im Beschwerdeverfahren lediglich auf eine weitere Anspruchsgrundlage gestützt wird und es sich nur um einen anderen, von denselben Tatsachen getragenen rechtlichen Gesichtspunkt handelt.

Selbst wenn es sich um eine Erweiterung des ursprünglichen Löschungsantrags handeln sollte, so ist eine solche Erweiterung gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 263 ZPO als sachdienlich anzusehen (Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 54 Rdn. 4).

Eine Löschung wegen Verstoßes nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG i. V. m. § 25 AMG kommt jedoch schon deshalb nicht in Betracht, da die Benutzung der Marke nicht in allen Fällen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz 8. Aufl. § 8 Rdn. 418) nach Arzneimittelrecht versagt werden kann. So könnte z. B. die Marke an Parallelimporteure lizenziert werden, welche die Marke „Flixotide“ in Deutschland benutzen können, ohne gegen Vorschriften des Arzneimittelrechts zu verstoßen. Zudem ist die angegriffene Marke nicht nur für zulassungspflichtige Arzneimittel eingetragen, sondern für „Pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Humanarzneimittel“. Auch das von der Antragstellerin eingereichte Schreiben des Bundesinstituts für Arzneimittel
und Medizinprodukte vom 7. März 2005 belegt nicht, dass eine Benutzung der Bezeichnung „Flixotide“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG i. V. m. § 25 AMG ausgeschlossen ist, sondern zeigt nur auf, welche Voraussetzungen unter Umständen dafür erfüllt sein müssen.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zugelassen.

Der Senat sieht keinen Anlass für eine von der Beschwerdeführerin angeregte Vorlage der Sache gemäß Art. 234 EG an den EuGH zum Zwecke der Vorabentscheidung.

Für eine Aussetzung dieses Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens 25 W (pat) 224/03 – IVADA – bestand kein Anlass. Die Anhängigkeit eines Parallelverfahrens beim Bundesgerichtshof rechtfertigt eine Aussetzung grundsätzlich nicht (BGH GRUR 2005, 615 – Aussetzung wegen Parallelverfahrens).

I.

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