Netflix in Zugzwang

06. Mai 2020
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Fernbedienung Netflix Urteil des KG Berlin vom 20.12.2019, Az.: 5 U 24/19

Das Berufungsurteil des Kammergerichts Berlin bestätigt, was zuvor das Landgericht entschied. Die Beschriftung des Bestellbuttons des Streaming-Dienstleisters Netflix verstößt gegen geltendes Verbraucherschutzrecht. Die Formulierung „Mitgliedschaft beginnen kostenpflichtig nach Gratismonat“ sei im Geschäftskontakt mit Verbrauchern zu missverständlich. Ebenfalls bestätigt wurde die Unwirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel in der AGB des Anbieters. Eine solche sei nur wirksam, wenn der Verbraucher nicht unangemessen benachteiligt würde und eine gewisse Transparenz gewahrt bleibe.

Kammergericht Berlin

Urteil vom 20.12.2019

Az.: 5 U 24/19

 

In dem Rechtsstreit
(…), vertreten durch (…),

Berufungskläger und Kläger,

gegen

Netflix International B.V., gesetzlich vertreten durch (…)

Berufungsbeklagte und Beklagte,

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts , Elßholzstraße 30 -33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung am 20. Dezember 2019

durch die Richterin (…) am Kammergericht für Recht erkannt:

als Einzelrichterin

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Februar 2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin – 52 O 92/“18 -geändert:

Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an dem gesetzlichen Vertreter der
-Beklagten, zu unterlassen,
a)
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Abschluss eines entgeltpflichtigen Abovertrages über Streamingdienste im elektronischen Geschäftsverkehr den Bestellbutton nicht mit den Worten „kostenpflichtig bestellen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu beschriften, wenn dies geschieht, wie nachfolgend abgebildet:

[Abbildung]

b)
in Bezug auf Aboverträge über Streamingdienste, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemei11e Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„(Nutzungsbedingungen , Abschnitt 3.4., Änderungen am Preis und Abo-Angebot.) Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“.

2.
an die Klägerin 200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 24. Juli 2018 zu zahlen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtss.treits beider Instanzen zu tragen.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers wegen der Unterlassungsverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.500,- € abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor. Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten wird weiter nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers wegen der Zahlungsverpflichtung und der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen und 25 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland.
Die Beklagte betriebt einen Online-Streaming-Dienst unter der Adresse www.n(…).de.
Den Prozess, der dem Verbraucher die Nutzung des Dienstleistungsangebots der Beklagten ermöglicht, gestaltete die Beklagte so, dass der Verbraucher seine auf den Abschluss eines entgeltpflichtigen Vertrages mit der Beklagten gerichtete Willenserklärung durch Betätigung des im Tenor dieses Urteils unter 1. 1 . a) eingeblendeten Buttons abgab.
Die Beklagte verwendete die als Anlage K2 zur Klageschrift vorgelegten „Netflix ­ Nutzungsbedingungen.
Der Kläger mahnt die Beklagte mit Schreiben vom 19. Dezember. 2017 ab. in dem er Verstöße der Beklagten gegen § 312j Abs. 3 BGB (Bestellbutton) sowie gegen § 308 Nr. 4 BGB
(Leistungsänderungsvorbehalt) und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB {Preisanpassungsklausel} beanstandete.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen.
1.
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten. zu unterlassen,
a)

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Abschluss eines entgeltpflichtigen Abovertrages über Streamingdienste im elektronischen Geschäftsverkehr den Bestellbutton nicht mit den Worten „kostenpflichtig bestellen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu beschriften, wenn dies geschieht, wie in der Klageschrift nachfolgend abgebildet,
b)
in Bezug auf Aboverträge über Streamingdienste, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„(Nutzungsbedingungen,. Abschnitt 3.4., Änderungen am Preis und Abo-Angebot.) Unser Abo-Angebot und· die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“.

2.
an den Kläger 200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 24. Juli 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem am 14. Februar 2019 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es wird insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen, und zwar auch hinsichtlich des weitergehenden erstinstanzlichen Vortrages der Parteien.

Der Kläger wendet sich mit der Berufung teilweise gegen dieses Urteil. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das am 14. Februar 2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin – 52 0 92/18 – .zu ändern und die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten , zu unterlassen,
a)
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Abschluss eines entgeltpflichtigen Abovertrages über Streamingdienste im elektronischen Geschäftsverkehr den Bestellbutton nicht mit den Worten „kostenpflichtig bestellen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu beschriften, wenn dies geschieht, wie in der Klageschrift nachfolgend abgebildet,
b)
in Bezug auf Aboverträge über Streamingdienste, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„(Nutzungsbedingungen , Abschnitt 3.4., Änderungen am Preis und Abo-Angebot.) Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix -Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“.

2.
an den Kläger 200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 24. Juli 2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Abschluss eines entgeltpflichtigen Abovertrages über Streamingdienste im elektronischen Geschäftsverkehr den Bestellbutton nicht mit den Worten „kostenpflichtig bestellen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu beschriften, wenn dies geschieht wie im Tenor dieses Urteils unter 1. 1 . a) wiedergegeben (§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, §§ 3, .3a UWG i.V m. § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB).

a)
§ 312j Abs, 3 BGB ist eine gesetzliche Vorschrift zur Regelung des Marktverhaltens im Sinrne des§ 3a UWG (vgl. OLG Hamm WRP 2014 , 330; OLG Köln WRP 2016, 497; OLG Köln WRP 2017, 225)
Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie) und regelt daher die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern wie insbesondere die in diesem Verhältnis bestehenden Informationspflichten abschließend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen derartige nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 3a UWG nur noch insoweit begründen, als die betreffenden aufgestellten Informationspflichten eine Grundlage im Unionsrecht haben. (BGH GRUR 2010, 852 – Gallardo Spyder, Rn 15; BGH GRUR 2012, 842 – Neue Personenkraftwagen 1, Rn 15)
Unionsrechtliche Grundlage des § 312j Abs. 3 BGB ist Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Par1aments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Verbraucherrechterichtlinie).

b)
Bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung
des Unternehmers zum Gegenstand hat, hat der Unternehmer die Bestellsituation nicht nur so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet (§ 312 Abs. 3 Satz 1 BGB). Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist diese Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist(§ 312j Abs . 2 Satz 2 BGB).

aa)
Dem genügt die beanstandete Beschriftung „Mitgliedschaft beginnen kostenpflichtig nach Gratismonat“ nicht.
Man kann darüber diskutieren, ob eine Beschriftung mit den Wörtern „Mitgliedschaft beginnen kostenpflichtig“ in dieser oder anderer Reihenfolge den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ entspricht, wenn die Bestellung darauf gerichtet ist, dass der Verbraucher einen unbefristeten Vertrag mit einem Anbieter schließt, der es ermöglicht, Filme über intemetfähige Fernseher, Computer oder andere Geräte zu streamen.

Die Beklagte hält sich jedenfalls nicht an die Vorgaben des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB, wenn sie dieser Beschriftung einen Hinweis auf einen Gratismonat hinzufügt (vgl. Wendehorst in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl., § 312j. Rn 27).
Die Wortfolge „nach Gratismonat“ setzt weder den erforderlichen Hinweis awf das Auslösen des Bestellvorgangs noch den notwendigen Hinweis auf die damit einhergehende Begründung einer Zahlungspflicht um.
Nach dem unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes darf die Schaltfläche aber mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein.
Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verbraucherrechterichtlinie, den § 312j Abs . 3 Satz BGB umsetzt, schreibt vor, die Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist.
Im Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verbraucherrechterichtlinie kommt letztlich noch deutlicher zum Ausdruck, dass der Verbraucher durch die Beschriftung der Schaltfläche allein darüber informiert werden soll, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist und Erweiterungen des Informationstexts zu unterbleiben haben. Werbung mit einem Gratismonat ist auf der Schaltfläche mithin nicht zulässig.
Maßgeblich für die Beurteilung der beanstandeten Beschriftung sind – um es noch einmal zu betonen – im Gesetzeswortlaut jeweils die Wendungen „mit nichts anderem als den Wörtern“ bzw. „ausschließlich mit den Worten“.

bb)
Nur dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Zielen, die Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verbraucherrechterichtlinie und§ 312j Abs. 3 Satz 2 BGB verfolgen.

aaa)
In Erwägungsgrund 39 der Verbraucherrechterichtlinie heißt es, es sei wichtig, sicherzustellen, dass Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, den Zeitpunkt erkennen, zu dem sie gegenüber dem Unternehmer eine Zahlungsverpflichtung eingehen. Aus diesem Grunde solle die Aufmerksamkeit der Verbraucher durch eine unmissverständliche Formulierung auf die Tatsache gelenkt werden, dass die Abgabe der Bestellung eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer zur Folge hat.
Werbung, die angebotenen Leistungen im ersten Monat unentgeltlich in Anspruch nehmen zu können, ist schon aufgrund ihrer Anlockwirkung geeignet, den Verbraucher von der Tatsache abzulenken, dass die Betätigung des Bestellbuttons eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten begründet.
Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – durch die Gliederung des Informationstexts auf der Schaltfläche die Werbung mit dem „Gratismonat“ (zentrierte Alleinstellung in der dritten Zeile) in den Blickfang gestellt wird.

bbb)
Auch der Bundesgesetzgeber hat die Verpflichtung, dass die Schaltfläche neben den Wörtern
„zahlungspflichtig bestellen“ bzw. einer entsprechend unmissverständlichen Formulierung mit keinen weiteren Zusätzen versehen werden darf, damit begründet, dass der Verbraucher nicht durch ergänzenden Text von der entscheidenden Information abgelenkt werden soll (BT-
Orucksache OS 17n 745, Seite 12).

ccc)
Der „Leitfaden der GD Justiz zur Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der im Internet auch in deutscher Fassung vorgehalten wird, enthält auf Seite 40 zum einen Beispiele für zulässige Formulierungen wie „Jetzt kaufen“,
„Jetzt zahlen“ oder „Kauf bestätigen“ und Beispiele für unzulässige Formulierungen wie
„Anmelden“, „Bestätigen“ oder „Jetzt bestellen“ sowie den Rat, unnötig lange Formulierungen, hinter denen sich die eigentliche Mitteilung über die Zahlungsverpflichtung verbergen kann, zu vermeiden.
Unabhängig davon, dass dieser Leitfaden nicht rechtsverbindlich und lediglich als Orientierungshilfe gedacht ist, enthält er keine Stellungnahme der Generaldirektion Justiz zu der Frage, ob und gegebenenfalls welche Informationen, die über die vorgeschlagenen zulässigen Formulierungen hinausgehen, auf der Schaltfläche vorgehalten werden dürfen, insbesondere keine Stellungnahme zu einer Werbung mit Preisnachlässen.

CC)
Der Standpunkt der Beklagten, eine Beschriftung des Buttons mit „zahlungspflichtig bestellen“ wäre im angesichts ihrer Preisgestaltung, nach der der Verbraucher im ersten Monat der Inanspruchnahme der Dienstleistungen kein Entgelt zu zahlen habe, irreführend und unrichtig, ist nicht zu folgen.
Es ist der Beklagten unbenommen, den Verbraucher außerhalb des Buttons darauf hinzuweisen, dass der erste Monat nichts kostet.
Der Versuch der Beklagten, aus dem im Gesetz enthaltenen Vorschlag einer zulässigen Beschriftung, Erwägungsgrund 39 der Verbraucherrechterichtlinie und dem Inhalt des oben unter bb) ccc) behandelten Leitfadens herzuleiten, dass es darum geht, den Verbraucher über die Höhe des Entgelts für die erste Abrechnungsperiode bzw. die Fälligkeit der ersten Zahlung zu informieren, überzeugt nicht.
Wie § 312j Abs . 3 Satz 1 BGB und Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verbraucherrechtrichtlinie zu entnehmen ist, geht es um die Vorgabe, die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet.

§ 312j Abs. 3 Satz 1 BGB und Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verbraucherrechterichtlinie wollen den Verbraucher nicht vor einer Intransparenz der Preisgestaltung oder gar der Überwaschung bewahren , weniger zahlen zu müssen als erwartet, sondern sicherstellen, dass der Verbraucher sich bewusst ist, bei der Betätigung des Buttons eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, sie bezwecken den Schutz des Verbrauchers vor Kosten- und Abfallen (vgl. Maume in: BeckOK BGB , Stand 1. November 2019, § 312j, Rn 20a; Wendehorst in: Münchener Kommenta,r BGB, 8. Aufl., § 312j, Rn 1; Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 312j BGB, Rn 1).

c)
Ein Grund, das Verbot auf die Seite n(…).com zu beschränken, ist nicht ersichtlich.
Die von einer konkreten Verletzungshandlung ausgehende Wiederholungsgefahr besteht nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, so dass bei der Formulierung des Unterlassungsantrages Verallgemeinerungen zulässig sind, wenn in ihnen das Charakteristische der konkreten Vertetzungsform aus der begangenen Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (vgl. Köhler in:
öhter /Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Au fl., § 12, Rn 2.44, m.w.N.).
Das Charakteristische der konkreten Verletzungsform besteht in der Beschriftung der Bestellfläche und nicht in der Verwendung einer bestimmten Webseite.
Die Befürchtung der Beklagten, das Verbot könnte auch Fälle, erfassen, in denen Dritte die Gestaltungshoheit über den Bestellbutton haben, ist nicht recht nachzuvollziehen, da der Beklagten die Verwendung der beanstandeten Gestaltung untersagt wird.

2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Unterlassung, in Bezug auf Aboverträge über Streamingdienste, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„(Nutzungsbedingungen, Abschnitt 3.4., Änderungen am Preis und Abo-Angebot) Unser Abo- Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tag vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“.

(§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, §§ 3, 3a UWB i.V.m. § 307 Abs. 1 BGB).

a)
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Diese Bestimmung ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Sie dient auch der Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in deutsches Recht. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG ist eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zurm Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragrspartner verursacht. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Halbs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG sehen die Mitgliedstaaten vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest. (vgl: BGH GRUR 2016, 716 – Flugpreise, Rn 21)

b)
Die im Unterlassungsantrag wiedergegebene Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit sie eine Preisänderung ermöglicht.

aa)
Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, sind Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich unwirksam (vgl. auch BGH NJW 2008, 360, Rn 10).
Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird jedoch nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann. (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 10)
Diesen Anforderungen wird die beanstandete Preisanpassungsklausel der Beklagten offensichtlich nicht gerecht.

bb)
Die Klausel verstößt zum einen gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot.
So ist eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Pay-TV-Senders, in der die Preisanpassung von einer Erhöhung der Kosten für die Bereitstellung des Programms abhängig gemacht worden ist, als zu unbestimmt angesehen worden, weil sie weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Preiserhöhung näher geregelt hatte. Insbesondere seien damit die Kostenelemente und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Abonnementpreises nicht offen gelegt worden. Für den Verbraucher sei deshalb weder vorhersehbar, in welchen Bereichen Kostenänderungen auftreten können, noch habe er eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen. (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 11)
Die beanstandete Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist noch weniger bestimmt. Sie nennt keinerlei Faktoren, von denen eine Preisanpassung abhängig sein soll, sondern stellt diese vollständig in das Belieben der Beklagten.

cc)
Zum anderen führt die Klausel deshalb auch nach ihrem Inhalt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers.
So ist die oben angesprochenen Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Pay­ TV-Senders für unzulässig erklärt worden, weil sie Preiserhöhungen nicht auf den Umfang der Kostensteigerung begrenzt und sogar dann gestattet hat, wenn der Anstieg eines Kostenfaktors durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird. Somit ermögliche die Bestimmung der dortigen Beklagten, die Preise ohne jede Begrenzung zu erhöhen und nicht nur insgesamt gestiegene Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Gerade eine solche Verschiebung des vertraglichen Gleichgewichts durch einen praktisch unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum wolle § 307 BGB verhindern: (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 12)
Die hier zu beurteilende Klausel eröffnet der Beklagten einen unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum.

dd)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Bekiagten wird die Unangemessenheit der Preisanpassungsklausel nicht dadurch kompensiert, dass dem Vertragspartner der Beklagten in den „Netflix-Nutzungsbestimmunge“ nunter Nummer 3.3 die Möglichkeit eingeräumt wird, die sogenannte „Netflix-Mitgliedschaft, also das Vertragsverhältnis mit der Beklagten, jederzeit zu kündigen.
Wenn eine Konkretisierung der Anpassungsmaßstäbe wegen der Besonderheit der Vertragsbeziehung auf unüberwindbare Schwierigkeiten stößt, kann zwar im Einzelfall ein angemessener Interessenausgleich dadurch erreicht werden, dass dem Vertragspartner ab einem bestimmten Umfang der Preissteigerung ein Kündigungsrecht eingeräumt wird (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 13).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Beklagte keine Anpassungsmaßstäbe angibt.
Die Beklagte hat aber auch nicht nachvollziehbar dargetan, dass die Kostenelemente und die Maßstäbe, nach denen Änderungen ihrer Kosten zu einer Erhöhung der Preise führen sollen, noch nicht einmal in Grundzügen dargelegt werden können. Allein deshalb, weil für die Preisgestaltung zahlreiche Faktoren maßgebend sein können, ist es nicht unmöglich, einen Preisänderungsvorbehalt für den Kunden verständlich zu formulieren. Dem steht auch nicht der von der Beklagten geltend gemachte Umstand entgegen, dass sie ihre Leistungen auf einem sehr dynamischen Markt anbietet und auf dessen weitere Entwicklungen mit ihrer Preisgestaltung reagieren muss. An die Konkretisierung der einzelnen Tatbestände wäre kein allzu strenger Maßstab anzulegen, wenn die Komplexität und die Dynamik des betroffenen Marktes einer näheren Eingrenzung entgegenstünden. (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 13)
Im Übrigen kann die Beklagte auf Veränderungen der Marktverhältnisse auch mit einer ordentlichen Kündigung der unbefristet eingegangenen Vertragsverhältnisse reagieren (vgl. BGH NJW 200a: 360, Rn 13).
Die Beklagte will in anderem Zusammenhang. § 621 Nr. 3 BGB heranziehen, nach dem bei Dienstverhältnissen, in denen die Vergütung nach Monaten bemessen ist, grundsätzlich eine Kündigung spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats zulässig ist.
Von dem Risiko, sich nach einer ordentlichen Kündigung mit einem neuen Angebot dem
Wettbewerb stellen zu müssen, kann die Beklagte sich nicht auf Kosten ihrer Vertragspartner befreien (vgl. BGH NJW 2008, 360, Rn 13). Nach einer Veränderung der Marktverhältnisse und einer ordentlichen Kündigung wäre die Beklagte auf der Grundlage von § 621 Nr. 3 BGB jedenfalls nicht mehr als sieben Wochen an die Vertragsverhältnisse zu den bestehenden Bedingungen gebunden. Die Beklagte über diesen Zeitraum an ihre ursprüngliche Kalkulation gebunden zu halten, erscheint schon deshalb nicht unangemessen, weil die Netflix-Nutzungsbegingungen ohnehin eine Frist von mindestens 30 Tagen von der Ankündigung der Preisänderung bis zu deren Inkrafttreten vorsehen.

ee)
Es trifft zu, dass der Verbraucher sich angesichts der von der Beklagten gestellten Bedingungen durch echtzeitige Ausübung des ihm zustehenden Kündigungsrechts einer Preiserhöhung entziehen kann, weil seine Kündigung das Vertragsverhältnis beendet, bevor die Preisanpassung in Kraft tritt.
Es trifft aber nicht zu, dass in dieser Konstellation jedwede Benachteiligung des Verbrauchers ausgeschlossen ist.
Die Beklagte nimmt dem Verbraucher die Möglichkeit, die Zulässigkeit einer von bestimmten Kriterien abhängigen Preiserhöhung überprüfen zu lassen und damit auch die Möglichkeit, die Beklagte zu einer Fortsetzung des unbefristeten Dauerschuldverhältnisses zu den ursprünglich vereinbarten Bedingungen zumindest bis zum Wirksamwerden einer von der Beklagten erklärten ordentlichen Kündigung zu zwingen.

3.
Es kann danach dahinstehen, ob die Klausel, die Gegenstand des Unterlassungsantrages zu 2) ist, auch unwirksam ist, soweit die Beklagte danach berechtigt ist, Änderungen am „Abo-Angebot“ vorzunehmen.
Beanstandet der Kläger eine Klausel Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter mehreren Gesichtspunkten, übertässt er es bei einem Erfolg der Klage dem Gericht zu bestimmen, auf welchen Aspekt das Unterlassungsgebot gestützt wird (vgl. BGH GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser, Rn 24).

Eine kumulative Klagehäufung, mit der die Klausel unter mehreren Aspekten gesondert angegriffen wird, hat der Kläger nicht vorgenommen (vgl. BGH GRUR 2013, 401 – Biomineralwasse, rRn 25). Dies hat er jedenfalls mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2019 klargestellt.

4.
Dementsprechend hat der Kläger gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erstattung der Abmahrtkosten, 200,-. €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins sei dem 24. Juli 2018 (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, §§ 291, 288 Abs. 2 BGB).

C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf§ 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Entscheidung folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, und sie beruht auf den besonderen Umständen des vorliegenden Falles.

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