Online-Glücksspiel bleibt zunächst verboten

23. August 2019
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Handy mit Glücksspiel auf dem Bildschirm, daneben fallen Pokerchips herunter Beschluss des OVG Schleswig-Holstein vom 03.07.2019, Az.: 4 MB 14/19

Das Veranstalten bzw. Anbieten von Online-Glücksspielen bleibt in Schleswig-Holstein auch weiterhin verboten. Ein auf Malta ansässiger Anbieter von Online-Glücksspiel hatte gegen das bestehende Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrages geklagt und unter anderem eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit bemängelt. Dem konnte das OVG jedoch nicht folgen. Es konnte insbesondere keinen Beleg dafür erkennen, dass die Risiken von Online-Glücksspiel überschätzt werden.

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein

Beschluss vom 03.07.2019

Az.: 4 MB 14/19

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 12. Kammer – vom 28. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine juristische Person privaten Rechts mit Sitz auf Malta. Sie verfügt dort nach ihrem eigenen Vortrag über eine Lizenz, Online-Spiele Services anzubieten und zu betreiben einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Casino, Poker und Sportwetten. Sie wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 15. Februar 2018, gestützt auf §9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3des Staatsvertrages für das Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV), in Schleswig-Holstein in Kraft getreten aufgrund des Zustimmungsgesetzes vom 8. Februar 2013 (GVOBl.Schl.-H. S. 51). Mit Ziffer 1 der Verfügung wurde der Antragstellerin untersagt, selbst oder durch Dritte im Internet unter der Domain „www.netbet.de“ Online-Casino-Spiele als öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV in Schleswig-Holstein zu veranstalten oder zu vermitteln; um welche Online-Casino-Spiele es sich handelt, wird in der Begründung näher ausgeführt. Gemäß Ziffer 2 ist die Anordnung zu Ziffer 1 innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe zu erfüllen; die Umsetzung ist nach Ziffer 3 zeitgleich schriftlich mitzuteilen. Mit Ziffer 4 drohte der Antragsgegner der Antragstellerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 ein Zwangsgeld in Höhe von
10.000,- Euro an.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (12 A 183/18) gegen die Untersagungsverfügung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vollumfänglich als unbegründet abgelehnt
(Beschl. v. 28.01.2019 – 12 B 38/18 -, juris). Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, das allein der Prüfung des Senats unterliegt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt im Ergebnis keine abweichende Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hat dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Untersagung im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung (§ 80 Abs. 5 VwGO) den Vorrang eingeräumt, weil die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig sei und der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV entschieden habe, dass Widerspruch und Klage gegen Anordnungen nach § 9 Abs. 1 GlüStV keine aufschiebende Wirkung zukommt.

1. Der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte, der Rechtsprechung des Senats entsprechende Prüfungsmaßstab wird von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Für den Fall, dass sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lässt, ergeht die Entscheidung aufgrund einer weiteren Interessenabwägung, bei der die jeweils eintretenden Folgen einer stattgebenden bzw. ablehnenden Eilentscheidung gegenüberzustellen sind.Zu betrachten sind insoweit die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, die Klage im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall, dass der Antrag abgelehnt, seine gegen die Verfügung erhobene Klage indes Erfolg hat. Dabei bedarf es wegen des vorläufigen Charakters des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO keiner umfassenden Aufklärung der möglicherweise eintretenden Nachteile. Vielmehr ist jeweils die Richtigkeit des Vorbringens desjenigen zu unterstellen, dessen Position gerade betrachtet wird, es sei denn, die Unrichtigkeit des jeweiligen Vorbringens ist ohne weiteres erkennbar (std. Rspr. seit Beschl. v. 06.08.1991 – 4 M 109/91 -, juris Rn. 3 f.; vgl. auch Beschl. v. 11.04.2011 – 4 MB 14/11 -, juris Rn. 12 und v. 24.03.2011 – 4 MB 11/11 -, juris Rn. 16). Im Rahmen dieser Folgenbetrachtung ist es im Übrigen unerheblich, ob die aufschiebende Wirkung durch Gesetz oder durch behördliche Anordnung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Auch im Fall einer gesetzlichen Vollziehungsanordnung ist bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens dem öffentlichen Vollziehungsinteresse nicht von vorneherein ein höheres Gewicht beizumessen (Beschl. des Senats v. 06.08.1991 – 4 M 109/91 -, juris Rn. 5; vgl. auch OVG Schleswig, Beschl. v. 04.05.2015 – 2 MB 1/15 -, juris Rn. 6).

Bei dieser Ausgangslage bleibt der Beschwerde der Erfolg versagt, da die gebotene Interessenabwägung auf jeden Fall zu Ungunsten der Antragstellerin ausfällt. Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung vermag der Senat nicht festzustellen, dass sich die angefochtene Untersagungsverfügung als offensichtlich rechtswidrig darstellt. Vom Beschwerdevorbringen ausgehend könnte bestenfalls angenommen werden, dass die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren 12 A 183/18 als offen erscheinen (2.). Im Rahmen der in diesem Fall vorzunehmenden weiteren Interessenabwägung unter Berücksichtigung der jeweils eintretenden Folgen wäre dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Untersagungsverfügung ebenfalls der Vorrang einzuräumen (3.).

2. Eine ohne Weiteres erkennbare Rechtswidrigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung vom 15. Februar 2018 ist nicht gegeben. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund des Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV kann die Glücksspielaufsicht des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen.

a. Offensichtliche Zweifel an der vom Verwaltungsgericht angenommenen Bestimmtheit (§ 108 Abs. 1 LVwG) von Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung ergeben sich nicht. Die Auslegung behördlicher Regelungen erfolgt nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 14 zu § 37 Abs. 1 VwVfG). Hiervon ausgehend ist ausreichend klar erkennbar, was der Antragstellerin aufgegeben wird bzw. was sie zu unterlassen hat. Ob die Antragstellerin gegenwärtig tatsächlich – selbst oder durch Dritte – als Vermittlerin auftritt, ist nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Frage der Bestimmtheit (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/18 -, juris Rn. 31). Mit den diesbezüglichen Ausführungen setzt sich die Antragstellerin nicht auseinander (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Im Übrigen kann die sachkundige Antragstellerin der Verfügung unzweideutig entnehmen, welche Handlungen untersagt werden und ihr Verhalten daran ausrichten. In der Beschwerdeschrift erläutert sie selbst, was unter einer „Vermittlung“ in Abgrenzung zur „Veranstaltung“ im glücksspielrechtlichen Kontext zu verstehen ist.

Dass der Antragsgegner seine Verfügung in Bezug auf das Gebot, auch die „Vermittlung“ von Glücksspielen zu unterlassen, nicht weiter begründet hat, ergibt keinen relevanten Begründungsmangel i.S.d. § 109 Abs. 1 LVwG. Die Anforderungen an die Mitteilung der „wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe“ und damit an die Begründungstiefe hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 39 Rn. 21). Vorliegend handelt es sich um eine weitere Tatbestandsvariante der angeführten Rechtsgrundlage, für die im Übrigen dieselben rechtlichen Verbotsnormen und Erwägungen wie für das „Veranstalten“ verbotener Glücksspiele gelten. Von der Antragstellerin ungerügt geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass es bei der Untersagung des Vermittelns darum geht, das bestehende Verbot effektiv umzusetzen und insbesondere zu verhindern, dass die Antragstellerin das Verbot der Veranstaltung von Online-Glücksspielen durch eine Umstrukturierung und / oder die Zwischenschaltung von Dritten umgeht (Beschl. v. 28.01.2019 – 12 B 38/18 -, juris Rn. 66 unter Verweis auf OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.06.2018 – 11 LB 237/16 -, juris Rn.79, 92). Wegen des Gleichlaufs erscheint deshalb eine gesonderte Begründung entbehrlich; die Verfügung geht insoweit auch nicht „ins Leere“.

Im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit rügt die Beschwerde weiter, dass der in der Untersagungsverfügung enthaltene Verweis auf das Geolokalisationsverfahren zwecks möglicher Beschränkung auf das Gebiet Schleswig-Holsteins unrechtmäßig sei, denn die Anwendung dieses Verfahrens sei wegen rechtlicher Hindernisse unzumutbar und deshalb unverhältnismäßig. Dies jedoch ist eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit. Das Verwaltungsgericht hingegen hat sich mit der Frage befasst, ob die Verfügung deshalb an einer mangelnden Bestimmtheit leide, weil der Antragsgegner keine verbindlichen Vorgaben dazu gemacht habe, in welcher Form die Antragstellerin dem Verbot nachzukommen habe. Eine klare Mittelvorgabe sei verzichtbar, wenn es aus Verhältnismäßigkeitsgründen sachgerecht erscheine, die Wahl des Mittels bei mehreren Möglichkeiten in das Belieben des Adressaten zu legen. Der Einsatz eines Geolokalisationsverfahrens werde nur beispielhaft genannt (Beschl. v. 28.01.2019 – 12 B 38/18 -, juris Rn. 50). Damit setzt sich die Beschwerde wiederum nicht auseinander.Besondere Anforderungen an die Bestimmtheit ergeben sich insoweit auch nicht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/18 -, juris Rn. 32).

b. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die in Ziffer 1 bis 3 getroffenen Verfügungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV liegen vor. Die Vorschrift ermächtigt die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 27). Zutreffend und von der Beschwerde unbeanstandet geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Antragstellerin in Schleswig-Holstein öffentliches Glücksspiel i.S.d. § 3 Abs. 1 und 2 GlüStV veranstaltet und dass dies unerlaubt geschieht, weil die Antragstellerin nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis verfügt. Eine Anerkennung der von staatlichen Stellen in Malta erteilten Konzession hat nicht zu erfolgen. Insbesondere das europarechtliche Diskriminierungsverbot gebietet dies nicht (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 – 8 C 15/09 -, juris Rn. 64 und Beschl. v. 25.10.2015 – 8 B 36/14 -, juris Rn. 26). Schließlich könnte der Antragstellerin die erforderliche landesrechtliche Erlaubnis in Hinblick auf das unionsrechtskonforme Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden. Auch dieses kann ihr entgegengehalten werden.

c. Ob die der Untersagungsverfügung vom 15. Februar 2018 zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen aus dem Glücksspielstaatsvertrag verfassungswidrig sind, hat der Senat nicht zu prüfen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Die Antragstellerin macht Eingangs ihrer Beschwerdebegründung (S. 5) zwar geltend, dass das Verwaltungsgericht dies fehlerhafterweise verneint habe, führt hierzu jedoch nichts weiter aus, so dass es insoweit schon an der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Darlegung und Auseinandersetzung fehlt.

d. Die Antragstellerin rügt weiter, dass die Rechtsgrundlagen wegen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV gemeinschaftsrechtswidrig seien, weil sie den unionsrechtlichen Anforderungen an eine kohärente Ausgestaltung der Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nicht (mehr) gerecht würden. Dies habe das Verwaltungsgericht verkannt.

Eine unionsrechtliche Inkohärenz des Erlaubnisvorbehaltes und des Internetverbotes (§ 4 Abs. 1 und 4 GlüStV) ist im Rahmen summarischer Prüfung jedoch nicht ohne Weiteres erkennbar. Das Kohärenzgebot hat in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den staatlichen Glücksspielmonopolen eine Konkretisierung erfahren (BVerwG, Urt. v. 20.03.2013 – 8 C 10/12 -, juris Rn. 54), die auf die Rechtfertigung anderer glücksspielrechtlicher Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit übertragbar ist (BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 – 8 C 5/10 -, juris Rn. 35). Generell verlangt es weder eine Uniformität der glücksspielrechtlichen Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Für einen dem Unionsrecht insgesamt verpflichteten föderalen Staat bedeutet dies horizontal betrachtet, dass nicht alle Arten von Glücksspielen in der gleichen Weise geregelt werden müssen (BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 – 8 C 5/10 -, juris Rn. 35) und dass die Bundesländer nicht verpflichtet sind, bestehende Zuständigkeiten stets identisch oder abgestimmt auszuüben (OVG Saarlouis, Beschl. v. 19.05.2017 – 1 B 164/17 -, juris Rn. 67 m.w.N.). Vertikal betrachtet sind aber sämtliche Behörden eines Bundeslandes und die Bundesbehörden zur Koordinierung und Zusammenarbeit verpflichtet (EuGH, Urt. v. 12.06.2014 – C-156/13 -, juris Rn. 35, Urt. v. 08.09.2010 – C-46/08 – juris Rn. 70).

Maßgeblich ist grundsätzlich eine Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 39 m.w.N.). In rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht (Hartmann, Kohärenz im Glücksspielrecht, EuZW 2014, 814, 815) ist einerseits zu fordern, dass Beschränkungen wie der Erlaubnisvorbehalt und das Internetverbot – gegebenenfalls auch glücksspielartübergreifend (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2013 – 8 C 10/12 -, juris Rn. 39 ff.) – an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sind (sog. Binnenkohärenz). Andererseits dürfen diese Regelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik – auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind (BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 – 8 C 5/10 -, juris Rn. 35) – in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchpotential in einer Weise konterkariert werden, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (sog. intersektorale Kohärenz). Demgegenüber sind die Mitgliedstaaten nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden „Gesamtkohärenz“ (vgl. zu den Begrifflichkeiten: BVerwG, Urt. v. 20.03.2013 – 8 C 10/12 -, juris Rn. 31 f., 51 ff.; Hartmann, a.a.O.) glücksspielrechtlicher Maßnahmen verpflichtet (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 41 m.w.N.). Für die unionsrechtliche Verhältnismäßigkeit kommt es des Weiteren nicht nur auf die Zielsetzung der restriktiven Regelung im Moment ihres Erlasses an, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (BVerwG a.a.O. Rn. 43). Die Regelung muss also auch nach ihrem Erlass dem Anliegen entsprechen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (EuGH, Urt. v. 30.06.2016 – C-464/15 – juris Rn. 34, 37).

(1) Darlegungen zur Unionsrechtwidrigkeit speziell des Erlaubnisvorbehaltes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV enthält die Beschwerdebegründung entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht. Der Senat geht deshalb mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass § 4 Abs. 1 GlüStV nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Geklärt ist, dass es sich beim Erlaubnisvorbehalt um eine nicht monopolbezogene Regelung handelt, die der präventiven Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen sowie den legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung dient (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 – 8 B 36/14 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/18 -, juris Rn. 40 m.w.N.). Auch das Urteil des EuGH vom 4. Februar 2016 (Az. C-336/14 in juris) steht dem nicht entgegen (BVerwG, Beschl. v. 07.11.2018 – 8 B 29/18 -, juris Rn. 14).

Entsprechend ist anzunehmen, dass der Erlaubnisvorbehalt auch unabhängig vom Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV Bestand hat und der Antragstellerin entgegengehalten werden kann. Das Erlaubnisverfahren ermöglicht die präventive Prüfung, ob die in § 3 Abs. 1 GlüÄndStV AGSH näher bezeichneten Anforderungen wie z.B. der erforderlichen Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Sachkunde des Veranstalters oder des Jugend- und Spielerschutzes beachtet werden. Das Unionsrecht verlangt selbst bei angenommener Rechtswidrigkeit eines Monopols bzw. hier des Internetverbots keine Öffnung des Marktes ohne präventive Kontrolle. Auch ein Anspruch auf Duldung der unerlaubten Tätigkeit ergäbe sich daraus nicht. Dies gilt auch unabhängig von der Frage strafrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten im Falle des Verstoßes gegen den Erlaubnisvorbehalt (vgl. OVG Lüneburg a.a.O. Rn. 41-43 m.w.N.). Im Übrigen bestehen keine Zweifel, dass die gesetzlichen Anforderungen an die Erlaubnis hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend sind und dass sie im Hinblick auf die damit verfolgten Ziele des § 1 Satz 1 GlüStV verhältnismäßig und angemessen sind.

(2) Aus dem vertieften Beschwerdevorbringen zum Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine schon im summarischen Verfahren erkennbare Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dieser Regelung. Sowohl der Senat als auch das Bundesverwaltungsgericht hatten bislang keine Zweifel an deren Bestand, insbesondere an deren Kohärenz (Senat, Urt. v. 23.03.2017 – 4 LB 2/16 -, juris Rn. 35 ff.; BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 41 ff.). Ob diese Rechtsprechung weiterhin gelten kann (so Wittig/Hagenbruch, EuZW 2018, 631, 634) oder aufgrund aktueller Entwicklungen zu ändern ist (so Kubiciel, NVwZ 2018, 841, 844, 846), muss letztlich der Prüfung im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens vorbehalten bleiben; eine andere als die bisherige Einschätzung drängt sich vorliegend jedoch nicht auf.

(a) Die – vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen – rechtlichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zur unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung des Internetverbots stellt die Antragstellerin nicht in Frage. Sie meint allerdings, dass das Bundesverwaltungsgericht den eigenen Vorgaben nicht im angemessenen Umfang nachgekommen sei. Es habe sich auf die Ziele beschränkt, die in den amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag enthalten seien, statt auch die Entwicklung der Umstände nach Erlass des Glücksspielstaatsvertrages 2012 in den Blick zu nehmen, unter denen die streitigen Rechtsvorschriften durchgeführt würden.

(aa) Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass Glücksspiele im Internet wegen der damit einhergehenden Eigenheiten im Vergleich zum stationären Glücksspiel spezifische und größere Gefahren für die in § 1 Satz 1 GlüStV niedergelegten Gemeinwohlziele mit sich bringen (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 31 f. m.w.N.). Diese Einschätzung steht mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang (Urt. v. 28.02.2018 – C-3/17 -, juris, Rn. 41 m.w.N.). Anhand der Darlegungen der Antragstellerin vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass heute aufgrund aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse etwas Anderes gelten müsste.

Die zitierte Feststellung aus der Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahre 2017, wonach die Teilnahme an Internet-Casinospielen im Jahr 2017 zwar leicht gestiegen, insgesamt aber auf sehr niedrigem Niveau verblieben sei, trifft zur Frage der besonderen Gefährlichkeit des Vertriebsweges Internet schon keine Aussage. Die Studie wurde dem Senat im Übrigen nicht vorgelegt. Lt. OVG Lüneburg spricht sie eher für als gegen die unionsrechtliche Verhältnismäßigkeit des Internetverbots (Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/18 -, juris Rn. 65). In der beigebrachten Meta-Studie von Lischer wird die BZgA-Studie zitiert (Das Gefährdungspotential von Internet-Glücksspielen und Möglichkeiten des Spielerschutzes, ZfWG Sonderbeilage 5/2018, S. 2 ff., GA Bl. 220 ff.). Eine verlässliche Aussage über die Gefährlichkeit speziell von Glücksspielen im Internet ergibt sich daraus aber nicht. Online-Glücksspiele sollen überhaupt erst in jüngerer Zeit eine größere Verbreitung erfahren haben, so dass das exakte Ausmaß der Sucht bei Online-Glücksspielen noch unklar sei und es noch einige Zeit dauern werde, bis sich im Zusammenhang mit diesen Spielen auftretende Probleme „epidemiologisch niederschlagen“ würden. Die Prävalenzen seien gegenwärtig noch schwankend (Lischer a.a.O. S. 9). Laut BZgA sei die Nutzung von Casino-Spielen im Internet durch problematische oder pathologische Spieler in den vergangenen Jahren zwar moderater ausgefallen als jene von z.B. Geldspielautomaten, doch habe sich die Nutzung der verschiedenen Arten von Casino-Spielen durch problematische Spieler in der letzten Erhebung angeglichen (Lischer a.a.O. S. 10). Demgegenüber weist der Fachverband Glücksspielsucht e.V. in einer Stellungnahme gegenüber dem Schleswig-Holsteinischen Landtag vom 23. April 2019 unter Bezugnahme auf Erkenntnisse der BZgA-Studie darauf hin, dass der Anteil mindestens problematisch Glücksspielender in dem kleinen Teilnehmerfeld an Online-Casinospielen auffallend hoch sei (lt. Studie liege der Anteil bei 26,9%; damit würde er im Vergleich zu anderen Spielarten die größte Gruppe bilden). Gerade diese Kombination von geringer Teilnahmeprävalenz und hohem Anteil problematisch Glücksspielender sei eines der Anzeichen für ein riskantes Glücksspiel (LT-Umdr. 19/2353 S. 2 mit Abb. 2). Auf dieser Basis kann auch der zitierten Aussage, dass Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren weit häufiger an Automatenspielen teilnähmen als an Internet-Casinospielen, keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden. Der Anteil der Teilnehmer an Internet-Casinospielen in dieser Altersgruppe ist jedenfalls von 0,1 im Jahre 2013 auf 0,3 im Jahre 2017 gestiegen (s. Tab. 41 auf S. 14 des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 26.02.2019, GA Bl. 193).

Einen überzeugenden Beleg dafür, dass die Risiken von Online-Casinospielen nicht stärker ausgeprägt seien als jene vergleichbarer Spiele im stationären Bereich, liefert auch die zitierte Lischer-Studie (a.a.O.) nicht. Mit dem Antragsgegner ist festzustellen, dass sie überwiegend nur Fragestellungen aufwirft, aber keine abschließenden Schlussfolgerungen trifft. In Bezug auf die Technologie des Internets bedürfe es weiterer Forschungsarbeiten, um neue Spielerschutzmaßnahmen zu entwickeln (S. 9: internationale und nationale Befundlage zur Prävalenz von glücksspielbedingten Problemen bei Online-Spielen; S. 12: Analyse von Verhaltensdaten und diagnostische Früherkennungssysteme zum Zwecke des Spielerschutzes). Der mehrfache Hinweis auf die technischen Möglichkeiten des Internet-Angebots besagt auch noch nichts über deren tatsächlichen Einsatz. Im Jahre 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht zwar erwogen, technikgestützte Authentifizierungs- und Identifizierungssysteme als alternative Maßnahmen anzuerkennen, dies aber nicht weiterverfolgt, weil der Beschwerdeführerin des dortigen Verfahrens die Implementierung solcher Maßnahmen zu aufwändig und teuer erschien (BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 -, juris Rn. 48). Auch der Verweis auf die Möglichkeit der Vereinbarung von Spielbeschränkungen oder -sperren überzeugt nicht. Eine solche Vereinbarung kann nur auf Freiwilligkeit beruhen (Lischer a.a.O. S. 12 f.) und wird daher allenfalls von Personen genutzt werden, denen ihr problematisches Spielverhalten bereits bewusst ist. Sofern der Abschluss entsprechender Vereinbarungen also überhaupt angeboten wird, dürfte ein solches Angebot insbesondere im Bereich der Prävention und des Jugendschutzes kaum Wirkung entfalten. Insgesamt wirkt diese Studie daher spekulativ und wenig überzeugend (so schon OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019,- 11 LB 497/18 -, juris Rn. 69).

Dessen ungeachtet gibt es aus dem Bereich der Suchtprävention und -bekämpfung durchaus anderslautende Stellungnahmen (vgl. nur die aktuell eingeholten Stellungnahmen zum Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Abgeordneten des SSW – Entwurf eines Gesetzes zur Übergangsregelung für Online-Casinospiele v. 13.03.2019, LT-Drs. 19/1343, z.B. LT-Umdr. 19/2325, 2327, 2336, 2353 und 2354). Eine isolierte Heranziehung der Lischer-Studie würde sich schließlich auch deshalb verbieten, weil es sich bei ihr offenbar um eine Auftragsstudie aus der Glücksspielbranche handelt. In der Veröffentlichung ist angegeben, dass sie im Mai 2018 durch Tipico Services Ltd. gefördert worden ist.

(bb) Zum anderen steht die Kohärenz des Internetverbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV zur Verfolgung legitimer Gemeinwohlziele auch deshalb nicht in Zweifel, weil sich der Gesetzgeber entschlossen hat, den Vertriebsweg des Internets für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten kontrolliert zuzulassen (§ 4 Abs. 5, § 27 Abs. 2 GlüStV). Nach der bisherigen Rechtsprechung widerspricht die kontrollierte Zulassung dieser Spiele nicht einer konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Insbesondere bezieht sich die Zulassung auf Spiele, die nach Einschätzung des Gesetzgebers als weniger gefährlich anzusehen sind. Die ausnahmsweise Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 5 GlüStV ist im Übrigen an strenge Voraussetzungen gebunden, die dem jeweils spezifischen Gefährdungspotential, insbesondere bei Bestehen besonderer Suchtanreize, Rechnung trägt. Bei hoher Ereignisfrequenz („schnelle Wiederholung“) ist eine Erlaubniserteilung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 (auch i.V.m. § 10a Abs. 4) GlüStV gerade ausgeschlossen. Dies gilt auch für Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz. Für Sportwetten gilt darüber hinaus nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten. Die partielle und streng regulierte Öffnung des Internets für Sportwetten hat ausdrücklich Experimentiercharakter (s. § 10a Abs. 1 und 4 GlüStV). Insoweit soll gerade erst noch geprüft werden, ob sich die Ziele des Glücksspielvertrages auf diese Weise besser verwirklichen lassen (Senat, Urt. v. 23.03.2017 – 4 LB 2/16 -, juris Rn. 37; BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 40-43 m.w.N.).Allein der Umstand, dass von verschiedenen Arten von Glücksspielen einige dem Internetverbot unterliegen und andere nicht, stellt die Geeignetheit eines Internetverbots deshalb noch nicht in Frage.

Dem tritt die Antragstellerin nicht überzeugend entgegen. Sie meint, dass sich die Beibehaltung des Internetverbotes für Casino-Spiele nicht mit einer höheren Ereignisfrequenz (als bei Sportwetten) rechtfertigen lasse. Ganz im Gegenteil seien Sportwetten schneller platzierbar und parallel möglich, während etwa beim Poker die Spielentscheidungen der anderen Mitspieler abgewartet werden müssten. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil Online-Spielen als solchen eine ständige Verfügbarkeit – jederzeit und an jedem Ort – zu eigen ist mit der Folge, dass eine Teilnahme an mehreren Spielen gleichzeitig möglich ist. Auch etwaige Wartezeiten beim Poker lassen sich durch paralleles Spielen überbrücken. Im Übrigen ist die Zeit zwischen Einsatz, Spielausgang und nächstem Einsatz gerade bei Casinospielen typischerweise eng getaktet, so dass diese Angebote aufgrund der schnellen Spielabfolge und der Möglichkeit zum Spielen rund um die Uhr ein erhöhtes Suchtpotenzial beinhalten. Dass auch Sportwetten wegen ihrer hohen Ereignisfrequenz und des Anreizes, eine verlorene Wette durch eine weitere zu kompensieren, ein hohes Suchtpotential haben, wird vom Gesetzgeber nicht in Frage gestellt. Vielmehr ist der Ausschluss besonderer Suchtanreize durch schnelle Wiederholung in § 4 Abs. 5 Nr. 3 (auch i.V.m. § 10a Abs. 4) GlüStV gerade auf Lotterie- und Wettangebote zugeschnitten (amtl. Erl. S. 19 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 66). Zur Begründung der anderslautenden Angebotsregelung für Casinospiele verweist der Gesetzgeber außerdem nicht nur auf deren herausragendes Suchtpotential, sondern auch auf die hohe Manipulationsanfälligkeit und ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 59).

(b) Weiter macht die Antragstellerin geltend, dass das Verwaltungsgericht die in Schleswig-Holstein seit Mitte 2018 vorgenommene Liberalisierung im Bereich der Sportwetten durch das Angebot von Übergangsregelungen auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV – als Quasi-Genehmigung neben § 10a GlüStV – nicht ausreichend berücksichtigt habe und verweist insoweit auf das im Internet veröffentlichte Angebot des Antragsgegners „Übergangsregelung für die Veranstaltung und den Vertrieb von Sportwetten in Schleswig-Holstein auf Grundlage des § 9 Glücksspielstaatsvertrag“ (unter https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/G/gluecksspiel/uebergangsregelung.html, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2019).

Eine ohne weiteres erkennbare Inkohärenz des Internetverbotes nach § 4 Abs. 4 GlüStV ergibt sich daraus nicht. Wie soeben zu II.1.d.(2)(a)(bb) ausgeführt, stellt allein der Umstand, dass von verschiedenen Arten von Glücksspielen einige dem Internetverbot unterliegen und andere nicht, die Geeignetheit eines Internetverbots noch nicht in Frage. Zwar weist die Antragstellerin zutreffend darauf hin, dass dieses Alternativ-Angebot nach dem offenbaren Scheitern des Konzessionsverfahrens gemäß § 10a GlüStV (dazu etwa Krewer, ZfWG 2015, 485 ff; Wormit, NVwZ 2017, 281, 282; OVG Münster, Urt. v. 23.01.2017 – 4 A 3244/06 -, juris Rn. 44, anschl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2018 – 8 B 12/17 -, juris) nicht mit einem Experimentiercharakter begründet werden kann. Allerdings legt sie damit noch nicht dar, dass dieses Angebot als gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in einem anderen Glücksspielbereich die einschränkende Regelung des Internetverbotes sektorübergreifend konterkarieren könnte (zu diesem Maßstab: BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 -, juris Rn. 41). Ob der Antragstellerin ein Anspruch auf Gleichbehandlung zusteht, ist an dieser Stelle nicht erheblich. Überzeugende Darlegungen zur Vergleichbarkeit des übergangsweise ermöglichten Online-Angebots von Sportwetten mit Online-Casino und -Poker erfolgen im Übrigen nicht und sind in Anbetracht der Ausführungen unter II.2.d.(2)(a)(bb) auch nicht ersichtlich.

Ob das Angebot den unionsrechtlichen Anforderungen an ein diskriminierungsfreies und transparentes Verfahren entspricht (dazu etwa VGH Kassel, Beschl. v. 16.10.2015 – 8 B 1028/15 – und v. 29.05.2017 – 8 B 2744/16 -, beide in juris) hat der Senat nicht zu entscheiden.

(c) Die Antragstellerin weist weiter darauf hin, dass der Markt für Online-Spiele seit Verabschiedung des Glücksspielstaatsvertrages 2012 allein von 2013 bis 2015 um 46% gewachsen sei; 98% der Einsätze entfielen auf illegale Online-Glücksspiele. Laut Jahresreport der Glücksspielbehörden 2016 weise der nichtregulierte Markt einen Umsatzanstieg von 13% auf, im regulierten Markt hingegen nur um 4%. Dies zeige, dass das Internetverbot nicht geeignet sei, die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages in systematischer und kohärenter Weise zu verfolgen. Die angestrebte Kanalisierung der Spieler zu legalen Angeboten sei nicht eingetreten.

Der Senat lässt dahinstehen, ob dieses Vorbringen nicht schon deshalb zurückzuweisen ist, weil die Antragstellerin den fehlenden Erfolg bei der Eindämmung des Schwarzmarktes als Argument gegen die hier streitgegenständliche Untersagung nutzt, selbst aber zu der beschriebenen faktischen Expansion des Schwarzmarktes beiträgt, indem sie entgegen nationalem Recht Online-Glücksspiel veranstaltet und damit die angestrebte Kanalisierung der Spieler zu legalen Angeboten ihrerseits erschwert.

Jedenfalls stellt dieses Vorbringen das gesetzliche Verbot als solches nicht in Frage. Dass der Online-Schwarzmarkt trotz der in Schleswig-Holstein bis Anfang 2013 praktizieren Lockerungen und trotz des aktuell geltenden Verbotes weiter wächst, ist eine Frage des Vollzuges. Die staatliche Vollzugspolitik wiederum ist nach der Rechtsprechung des EuGH in die gebotene Kohärenzbetrachtung im Rahmen der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen. Damit soll vermieden werden, dass ein Mitgliedstaat zwar einen abgestimmten und damit kohärenten Regelungsrahmen schafft, die vorgegebenen Ziele jedoch durch Untätigkeit der zuständigen Verwaltungsbehörden unterläuft. Dabei bedarf es aber nicht der Prüfung der Kohärenz jeder einzelnen Durchführungsmaßnahme. Maßgeblich ist vielmehr, ob strukturelle Vollzugsdefizite vorliegen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/18 -, juris Rn. 74 m.w.N.). Derartige Defizite legt die Beschwerde nicht dar. Sie setzt sich insbesondere nicht mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur abgestimmten kohärenten Verwaltungspraxis der Länder (Beschl. v. 28.01.2019 – 12 B 38/18 -, juris Rn. 65) auseinander, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Dass der Antragsgegner demgegenüber willkürlich agiert, weil er dem zwischen den Ländern vereinbarten Vorgehen zuwiderhandelt und/oder den im regulären Gang der Verwaltung festgestellten Gesetzesverstößen nicht nachginge, behauptet sie nicht. Das vorliegende Verfahren spricht auch eher dagegen als dafür. Unwidersprochen macht der Antragsgegner geltend, dass er gegen verschiedene Unternehmen vorgegangen sei, die wie die Antragstellerin über keine Genehmigung verfügten. Mehrere Unternehmen hätten daraufhin ihr Angebot für Schleswig-Holstein eingestellt.

Aus dem Bestehen rein praktischer Probleme in der Umsetzung des gesetzlichen Verbotes kann ebenso wenig auf ein strukturelles Vollzugsdefizit geschlossen werden wie darauf, dass die Norm deshalb verfassungsrechtlich nicht geeignet wäre (dazu BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/17 -, juris Rn. 40 a.E.). Gerade im Internet und den dadurch gegebenen technischen Möglichkeiten wird es immer auch illegale Formen des Glücksspiels geben, die nicht völlig unterbunden werden können. Aus der technischen und ökonomischen Entwicklung folgende Vollzugshindernisse machen jedoch eine prinzipiell geeignete Organisation staatlicher Gemeinwohlverfolgung nicht ungeeignet (BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 – 1 BvR 1054/01 -, juris Rn. 114; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 – 8 C 15/09 -, juris Rn. 29 zur Durchsetzung eines staatlichen Monopols).

Der Umstand, dass die Regierungen einiger Länder für die Zeit nach Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrages am 30. Juni 2021 (s. § 35 Abs. 2 GlüStV) andere Regulierungskonzepte verfolgen, ist ebenfalls kein überzeugender Beleg für die Ungeeignetheit des derzeit geltenden Internetverbotes bzw. für strukturelle Vollzugsdefizite. So streben die Regierungsfraktionen Schleswig-Holsteins langfristig eine regulatorische Gleichbehandlung von Online-Sportwetten einerseits und Online-Casino und -Pokerspielen andererseits an, indem der Spielerschutz durch eine (nur) qualitativ begrenzte Konzessionierung gestärkt wird (LT-Drs. 19/165 und LT-Drs. 19/1343 S. 3). Dieses Vorhaben ist Ausdruck dessen, dass es den Ländern freisteht, zwischen verschiedenen Regulierungskonzepten zu wählen und zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Tätigkeit im Bereich des Glücksspiels durch ihrerseits geeignete Maßnahmen liberalisiert werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 28.02.2018 – C-3/17 -, juris, Rn. 26, 28 ff.). Am Beispiel der Antragstellerin ist allerdings zu ersehen, dass selbst eine kontrollierte Zulassung von Online-Casinospielen die Entwicklung eines parallelen Schwarzmarktes nicht verhindert. Laut einem Redebeitrag des Abg. Harms (SSW) zur LT-Drs. 19/1343 soll das illegale Online-Spiel in den Jahren von 2014 bis 2017 – also während einer Zeit, für die in Schleswig-Holstein eine Genehmigung hätte beantragt werden können – um 300% gestiegen sein: “Es hat sich vervielfacht, obwohl es ein legales Angebot gab“ (PlPr 19/60 S. 4618).

Die Fraktionen begründen ihren Vorstoß damit, dass Online-Glücksspiele nicht (mehr) wirksam zu unterbinden seien. Wissenschaftliche Belege gibt es dazu, soweit ersichtlich, noch nicht. Unverkennbar wird eine kontrollierte Zulassung von Casino- und Lottospielen in der Politik auch deshalb präferiert, um die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages auf einem für das Land lukrativeren Wege sicherzustellen, indem zugleich Steuern und Abgaben generiert und der Landeshaushalt um die Förderung der Suchthilfe entlastet wird (vgl. Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Hessen, LT-Drs. Hessen 19/5796 S. 2; für Schleswig-Holstein: Redebeiträge in der zweiten Lesung der LT-Drs. 19/1343, PlPr 19/60 S. 4612 ff.). Dies mag als willkommener Nebeneffekt zulässig sein, belegt aber keinesfalls die Inkohärenz des Internetverbotes. Im Übrigen weist das OVG Lüneburg auf eine von mehreren Bundesländern finanzierte Studie der Universität Hamburg hin, „bei der die verschiedenen Regulierungsansätze in Europa bezüglich des Online-Glücksspiels erst noch miteinander verglichen werden sollen. Im Rahmen des Vergleichs soll eine sozio-ökonomische Analyse der Glücksspielmärkte einschließlich etwaiger Wanderungsbewegungen erfolgen sowie aufgezeigt werden, welche Folgen und Herausforderungen die jeweilige Regulierung für Aufsicht, Vollzug, Spielerschutz und Suchtprävention hat. Mit dieser Studie sollen diejenigen Fragen beantwortet werden, die im Evaluationsbericht offengeblieben sind. Die Endfassung des Berichts soll zum Projektende im Dezember 2019 vorgelegt werden“ (OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/18 -, juris Rn. 68). Bis zum Vorliegen hinreichend belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Suchtpotenzial und den damit verbundenen Suchtgefahren sind die Länder nicht gehindert, nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages präventiv restriktive Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 – 8 C 15/09 -, juris Rn. 72 ff. m.w.N.) bzw. aufrechtzuerhalten, sondern vielmehr verpflichtet, geltendes Recht zu vollziehen.

Insofern bestehen keine Zweifel, dass der Antragsgegner während der bestehenden Bindung des Landes an den Glücksspielstaatsvertrag weiterhin bestrebt ist, die illegalen Glücksspielangebote zu kontrollieren und hin zu legalen Bereichen zu kanalisieren. Dies gilt auch in Bezug auf das am 16. Mai 2019 vom Landtag verabschiedete Gesetz, wonach die in Schleswig-Holstein bis Anfang 2013 erteilten (und mittlerweile abgelaufenen) Genehmigungen bis zur Erteilung einer sonstigen Erlaubnis …, längstens bis zum 30. Juni 2021 weiterhin als erteilt gelten. Diese Regelung gilt ausdrücklich nur für eine Übergangszeit und betrifft lediglich diejenigen Anbieter, denen – anders als die Antragstellerin – bereits einmal eine Erlaubnis erteilt worden ist. Aus der Antwort des Antragsgegners auf eine Kleine Anfrage vom 18. März 2019 (LT-Drs. 19/1326 S. 3) ergibt sich, dass die Aufsichtsbehörde auf das Auslaufen der Genehmigungen sehr wohl zu reagieren beabsichtigte. Die Inhaber der auslaufenden Genehmigungen hätten Verlängerungsanträge gestellt, woraufhin ihnen mitgeteilt worden sei, dass Verlängerungen auf der Grundlage des bestehenden Gesetzes nicht erfolgen könnten und der Spielbetrieb deshalb einzustellen sei. Aufgrund des am 13. März 2019 eingebrachten Gesetzentwurfs (LT-Drs. 19/1343) habe man entschieden, bis zur Beendigung des Gesetzgebungsverfahrens von weiteren Maßnahmen abzusehen. Sollte aufgrund geänderter Rechtslage eine Neuerteilung in Frage kommen, werde u.a. zu prüfen sein, ob das nach Ablauf der Genehmigung fortgesetzte Angebot und die Täuschung der Spieler über dessen Legalität Auswirkungen auf die anzustellende Prognose zur Zuverlässigkeit habe. Darüber hinaus begründet der Antragsgegner seine vorübergehende Untätigkeit gegenüber den Inhabern von Alt-Genehmigungen im vorliegenden Verfahren damit, dass eine Untersagung der bislang durch Genehmigung regulierten Geschäftstätigkeit des Spielbetriebs nur von vorübergehender Art (gewesen) wäre und deshalb als unverhältnismäßig erscheine.

Der Innenminister des Landes sieht in der Stärkung des Vollzugs zur Durchsetzung des Verbotes zwar keine Lösung, weil das illegale Online-Glücksspiel trotz verstärkter Vollzugserfolge zunehme. Dennoch versichert er, dass die Glücksspielaufsicht parallel zur Kontrolle der Genehmigungsinhaber „selbstverständlich weiter gegen illegale Anbieter ohne schleswig-holsteinische Lizenz vorgehen“ werde (Stellungnahme zum Gesetzentwurf, LT-Umdr. 19/2389). Von einer faktischen Duldung bzw. eines teilweise bereits eingestellten Vollzuges kann unter diesen Umständen keine Rede sein; erst recht nicht von einem Unterlaufen der mit dem gesetzlichen Verbot verfolgten Ziele im Sinne eines strukturellen Vollzugsdefizits.

e. Offensichtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung bestehen schließlich auch nicht auf der Rechtsfolgenseite.

(1) Die Rüge der Unzumutbarkeit bzw. rechtlichen Unmöglichkeit der Umsetzung der Untersagungsverfügung durch Einsatz eines Geolokalisationsverfahrens hat in materiell-rechtlicher Hinsicht schon deshalb keinen Erfolg, weil es der Antragstellerin selbst überlassen bleibt, auf welche Weise sie dem Verbot nachkommt. Auf die Frage der rechtlichen oder technischen Realisierbarkeit einer auf das Gebiet Schleswig-Holstein beschränkten Abschaltung kommt es nicht an. Selbst wenn die Untersagungsverfügung durch andere Maßnahmen nur bundesweit befolgt werden könnte, wäre die damit verbundene Beeinträchtigung nicht unzumutbar. Denn die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet ist nach § 4 Abs. 4 GlüStV ohnehin in sämtlichen Bundesländern verboten. Angesichts dessen besteht im gesamten Bundesgebiet kein rechtlich schützenswertes Interesse an der Veranstaltung und Vermittlung für öffentliches Glücksspiel im Internet (vgl. schon BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 – 8 C 5/10 -, juris Rn. 16; OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.03.2017 – 11 ME 236/16 -, juris Rn. 41 und Beschl. v. 18.06.2018 – 11 LA 237/16 -, juris Rn. 77). Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde behauptet, dass ihr andere Mittel zur Befolgung der Verfügung in verhältnismäßiger und gesetzmäßiger Weise nicht zur Verfügung stünden, legt sie dies nicht näher dar, so dass sich ein Eingehen darauf gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erübrigt. Es erscheint auch nicht nachvollziehbar, warum es etwa nicht möglich sein sollte, sich gegebenenfalls auf eine Sperrung oder Löschung der Internetseite mit der Top-Level-Domain „.de“ zu beschränken. Dass die Untersagung des Veranstaltens (und Vermittelns) von Online-Glücksspielen in Schleswig-Holstein zu einem weltweit geltenden Verbot führen würde, hat die Antragstellerin in der Antragsschrift zwar noch behauptet, trägt dies in der Beschwerdeinstanz aber nicht mehr vor; hiervon dürfte auch keine Rede sein.

Im Übrigen wird mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen sein, dass der Hinweis auf die seit dem 3. Dezember 2018 geltende Verordnung (EU) 2018/302 nicht verfängt. Das Diskriminierungsverbot des Geoblocking aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung gilt gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung dann nicht, wenn die Beschränkung oder Sperrung erforderlich ist, um Unionsrecht oder unionsrechtskonformen mitgliedstaatlichem Recht zu genügen (zur konkreten Umsetzung vgl. Paschke/Halder, jurisPR-ITR 22/2018 Anm. 2 unter B.II.1.c). Zweifel an der Unionsrechtkonformität des Internetverbots bestehen gegenwärtig jedoch nicht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019 – 11 LB 497/19 -, juris Rn. 72).

(2) In Bezug auf die gebotene Ermessensbetätigung meint die Antragstellerin, dass der Antragsgegner die Eignung und Erforderlichkeit der Untersagung nicht ausreichend geprüft habe und dass das Verwaltungsgericht dazu nicht ausreichend Stellung bezogen habe, weil es nur ausführe, dass die Untersagung geeignet sei, die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen und nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sei. Der diesbezügliche Vortrag der Beschwerde stellt die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses letztlich nicht in Frage. Wegen der Geeignetheit der Maßnahme verweist die Antragstellerin auf die von ihr vorgetragenen Argumente zur fehlenden Unionsrechtskonformität des Internetverbotes, die nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Insoweit kann auf die Begründung unter II.2.d.(2)(a) bis (c) verwiesen werden. Die aufgezeigten aktuellen Entwicklungen stellen, wie ausgeführt, die Kohärenz des gesetzlichen Internetverbots nicht in Frage und mussten deshalb auch keinen Anlass geben, die Eignung der Untersagung von Online-Casino-Spielen zur Erreichung der glücksspielrechtlichen Ziele in Frage zu stellen.

Ohne Erfolg bleibt auch der Verweis auf behauptete mildere Mittel zur Erreichung des Regulierungsziels. Statt einer vollständigen Untersagung hätte es nach Auffassung der Antragstellerin gereicht, konkrete Anforderungen an das Angebot zu stellen, so, wie der Antragsgegner es Anbietern von Online-Sportwetten seit Mitte 2018 ermögliche, Quasi-Lizenzen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV zu erhalten. Dass die vom Online-Poker und -Casino ausgehenden Gefahren als umfassender eingeschätzt werden und es außerdem für Online-Sportwetten bereits strenge Regelungen gibt, wurde bereits ausgeführt. Eine Vergleichbarkeit der hier gegeneinander gestellten Glücksspielarten kann deshalb nicht angenommen werden [s.o. II.2.d.(2)(b)] mit der Folge, dass auch die Erteilung einer „Quasi-Lizenz“ oder Übergangsregelung für die Antragstellerin nicht in Erwägung zu ziehen war.

Für die Antragstellerin sei weiter nicht ersichtlich, warum die bis Anfang 2013 erteilten und mittlerweile ausgelaufenen Glücksspiel-Lizenzen per Gesetz verlängert würden, andere Anbieter, die die materiellen Anforderungen einer Lizenz nach dem Gesetz erfüllten, aber kein Online-Casino anbieten dürften. Deren Angebot sei zumindest zu dulden. Gäbe es die Möglichkeit der Liberalisierung, würde sich die Antragstellerin hierum bemühen. Hierzu weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass sich die Antragstellerin auf die (am 16. Mai 2019 verabschiedete) gesetzliche Übergangsregelung nicht berufen kann, weil sie mangels früherer Genehmigung nicht in den Adressatenkreis fällt. Eine Duldung unerlaubter Glücksspielangebote kommt wegen des bestehenden Erlaubnisvorbehaltes von vornherein nicht in Betracht. Erlaubt wäre das Online-Casinoangebot der Antragstellerin selbst dann nicht, wenn man zu ihren Gunsten annähme, dass das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV tatsächlich unionsrechtswidrig und unanwendbar wäre [s.o. II.2.d.(1)].Der Glücksspielstaatvertrag enthält gegenwärtig kein entsprechendes Regelungssystem, so dass die Erteilung einer solchen Erlaubnis den Zielen des § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV von vornherein zuwiderliefe.

In zeitlicher Hinsicht ist die angefochtene Untersagung auch nicht obsolet und deshalb unverhältnismäßig. Änderungen zu Gunsten der Antragstellerin stehen nicht unmittelbar bevor. Wenn die Antragstellerin von einer (erneuten) Liberalisierung spricht, zu der es „in naher Zukunft erkennbar“ komme und diese Entwicklung zeige, dass die Marktöffnung „kurz bevorstehe“, bezieht sie sich auf einen Zeitpunkt nach Auslaufen des aktuellen Glücksspielstaatsvertrages am 30. Juni 2021 (s. § 35 Abs. 2 GlüStV) und damit auf einen Zeitraum von noch mindestens zwei Jahren. Dass sich die Länder bis dahin auf eine unionsrechtskonforme Liberalisierung im Sinne der schleswig-holsteinischen Regierungsfraktionen einigen werden, ist gegenwärtig noch Spekulation. Im Übrigen gibt der Antragsgegner zu Recht zu bedenken, dass völlig offen bleibt, ob die Antragstellerin die dann zu stellenden Anforderungen erfüllen würde.

f. Bedenken gegen die Höhe des in Ziffer 4 der Untersagungsverfügung angedrohten Zwangsgeldes von 10.000,- Euro und gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts wirft die Beschwerde nicht auf. Sie begnügt sich mit einer wortgleichen Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages, so dass sich schon aufgrund der Regelungen in § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO ein näheres Eingehen darauf erübrigt. Im Übrigen sei angemerkt, dass § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GlüStV neben den allgemeinen Rechtsgrundlagen der §§ 236, 237 LVwG spezielle Vorgaben für die Bemessung des Zwangsgeldes macht und es danach Wesentlich auf das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Vornahme oder dem Unterbleiben der in Rede stehenden Handlung ankommt. Dies hat der Antragsgegner richtig erkannt. Erkenntnisse oder auch nur Erkenntnismöglichkeiten zu den insoweit maßgeblichen Umsatz- bzw. Gewinnerwartungen der auf Malta ansässigen und in Schleswig-Holstein unerlaubt tätigen Antragstellerin bestehen nicht und werden von ihr auch nicht benannt.

3. Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum besonderen Vollziehungsinteresse, insbesondere zur Übertragbarkeit der zitierten Entscheidung des OVG Münster (Beschl. v. 13.11.2014 – 13 B 827/14 – Rn. 10) setzt sich die Antragstellerin ebenfalls nicht auseinander. Vielmehr wiederholt sie auch hier nur ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Bei einer (allenfalls) offenen Rechtslage geht die vorzunehmende weitere Interessenabwägung nach dem unter II.1. entwickelten Maßstab zulasten der Antragstellerin aus, ohne dass insoweit eine weitere Aufklärung zu erfolgen hätte. Die Nachteile, die entstünden, wenn die aufschiebende Wirkung angeordnet würde, dem Rechtsbehelf in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre, überwiegen die erkennbaren Folgen, die aufseiten der Antragstellerin einträten, wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte. Unabänderliche Konsequenzen infolge der sofortigen Vollziehbarkeit oder eine ernsthafte existenzielle Bedrohung der Antragstellerin sind weder ersichtlich noch vorgetragen, so dass für die Antragstellerin allein wirtschaftliche Interessen an den Einnahmen aus der Veranstaltung von – nach derzeitiger Rechtslage – unerlaubten Glücksspielen im Internet streiten könnten. Die gegen die Veranstaltung unerlaubter Glücksspiele sprechenden, in § 1 Satz 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages sind als Allgemeinwohlbelange von einigem Gewicht einzuordnen und überwiegen demgegenüber (vgl. Beschl. des Senats v. 04.08.2010 – 4 MB 36/10 -, juris Rn. 14 m.w.N.).

Eine Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin wäre im Übrigen selbst dann rechtlich zulässig, wenn ein Unionsrechtsverstoß zumindest für möglich gehalten würde und die Rechtslage daher als offen einzustufen wäre. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf eine unionsrechtswidrige Norm nationalen Rechts zwar auch nicht übergangsweise weiter angewandt werden (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 – C-409/06 -, juris). Allerdings stünde die Unionsrechtswidrigkeit im vorliegenden Fall gerade noch nicht fest. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist auf den Fall bezogen, dass das nationale Gericht im Hauptsacheverfahren entsprechende Feststellungen gemacht hat. Eine gemeinschaftsrechtliche Vorgabe für die Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die einer Aussetzung der Vollziehung wegen faktischer Verschaffung einer weiteren „Übergangszeit“ entgegenstünde, ergibt sich daraus nicht (Beschl. des Senats v. 24.03.2011 – 4 MB 11/11 -, juris Rn. 15).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

 

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