Streitwert bei Verletzung von Impressumspflichten bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren mit 15.000 EUR zu bemessen

23. August 2007
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Eigener Leitsatz:

Streitwerte von 15.000 € bei einer Verletzung von Hinweispflichten beim Widerrufs- und Rückgaberecht, sowie bei der Verletzung von Impressumspflichten beim Fernabsatzhandel sind bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren bei Wettbewerbsprozessen anzusetzen.

Oberlandesgericht Stuttgart

Urteil vom 23.08.2007

Az.: 2 W 46/07

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellervertreter wird der Streitwertbeschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hechingen vom 27.06.2007 unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde geändert.

2. Der Streitwert wird festgesetzt auf 15.000,00 EUR.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht gefordert.

Entscheidungsgründe:

I.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Bei einer auf Höherfestsetzung gerichteten Streitwertbeschwerde ist eine Beschwer nicht in der Person der Partei, hier der Antragstellerin, sondern nur in der ihrer Prozessbevollmächtigten gegeben. Diese haben denn auch richtigerweise selbst ( „wir“  ) Beschwerde eingelegt.

2. Die Beteiligten, insbesondere die Antragstellervertreter, gehen unter Bezug auf von ihnen vorgelegte obergerichtliche Entscheidungen von Streitwertbemessungsgrundsätzen aus, welche auch der Senat in ständiger Rechtsprechung teilt. Allerdings erscheinen die von den Antragstellervertretern vorgelegten Entscheidungen jenseits der dort enthaltenen allgemeinen Bemessungsgrundsätze nur eingeschränkt tauglich für eine Übertragung auf den vorliegenden Fall, weil in jenen Beschlüssen der hier konkret in Rede stehende Verstoß der vorgelegten Entscheidung nicht verlässlich entnommen werden kann oder so nicht gegeben war (OLG Frankfurt B. v. 09.05.2006 – 25 W 37/06 [dort nur auf den nicht überlieferten landgerichtlichen Tenor Bezug genommen, nach welchem es ersichtlich um die Beanstandung der Art und Weise ging, wie jener Antragsgegner auf der Handelsplattform eBay von ihm vertriebene Ware anbot – Streitwertfestsetzung: 25.000,00 EUR]; KG B. v. 14.11.2006 – 5 W 254/06 [dort nicht erfolgte Hinweise auf zusätzlich erhobene Liefer- und Versandkosten sowie sonstige Preisbestandteile in Internet-Werbung – Streitwertfestsetzung: 5.000,00 EUR]; OLG Hamm – 4 W 19/07 [kein Hinweis in eBay-Angebot auf Versandkosten] – Streitwertfestsetzung: 10.000,00 EUR).

3. Mit dem OLG Frankfurt a.a.O. und dem KG a.a.O. ist zum einen davon auszugehen, dass der eigenen Wertangabe eines Antragstellers in der Antragsschrift, also zu einem Zeitpunkt, als er noch mit vollem eigenem Kostenrisiko rechnen musste, eine gewisse Indizwirkung zukommt. Die Geschäftssitze der Beteiligten liegen zwar sehr weit auseinander, sodass unmittelbare geschäftliche Berührungspunkte nur wenig zu erkennen sein mögen (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt B. v. 17.08.2006 – 6 W 117/06). Andererseits ist das vom Antragsgegner gewählte Medium überregional ausgelegt und auch das von ihm konkret unterbreitete Angebot (leicht versendbare Zubehörteile) auch auf den (zumindest) bundesdeutschen Markt ausgerichtet. Zwar mögen das Fehlen der Anbieterdaten und der fehlende Hinweis auf ein Widerrufs- und Rückgaberecht als solche nicht geeignet sein, die Kaufentscheidung zu Gunsten des Verletzers und zum Nachteil seiner sich gesetzestreu verhaltenden Konkurrenten zu beeinflussen, da sie erst im Falle einer Vertragsstörung Bedeutung erlangen (vgl. hierzu OLG Frankfurt a.a.O. 6 W 117/06). Doch geht es bei den hier betroffenen Normen (§ 6 TDG und § 312 c BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Nr. 10 BGB – InfoVO) weniger um Irreführung im Sinne einer Anlockung zur Befassung mit dem Angebot, sondern allgemein um die Sicherung von Verbraucherschutzrechten in der Abwicklung von solchermaßen zu Stande gekommenen Geschäftskontakten. Da auch der Frage, welchen konkreten Gewinn der Antragsgegner aus seiner beanstandeten Werbung gezogen hat, nur untergeordnete Bedeutung für die Streitwertbemessung zukommt, zudem in Wettbewerbsprozessen nach der Rechtsprechung des Senats im Verfügungsverfahren in der Regel kein Streitwertabschlag im Verhältnis zum korrespondierendem Hauptsacheverfahren zu geschehen hat und auch der erkennbare Unternehmenszuschnitt der Beteiligten, insbesondere derjenige der Antragstellerin, nicht als unterdurchschnittlich eingestuft werden kann, sieht der Senat kein durchgreifendes Hindernis, den vom BGH selbst zu Grunde gelegten Streitwert in seinem für die hier betroffene Grundfrage (Hinweisanforderung) als Leitentscheidung einzustufenden Revisionsurteil ZIP 2006, 2041 – Anbieterkennzeichnung im Internet  mit 15.000,00 EUR auch hier heranzuziehen.

4. Diese Wertbemessung bedarf auch keiner Korrektur im Hinblick auf die von Amts wegen zu beachtende (vgl. Senat B. v. 22.08.2005 – 2 W 25/05) Vorschrift des § 12 Abs. 4 UWG. Für eine untragbare Belastung ist jedoch weder etwas dargetan noch sonst ersichtlich. Gegen den Streitwertminderungstatbestand der einfach gelagerten Sache spricht in der Regel, wenn verschiedene Einwendungen erhoben werden (Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, WettbewerbsR, 25. Aufl. [2007], § 25 UWG, 5.22; KG B. v. 14.11.2006 – 5 W 254/06 [I 5 b]). So liegt der Fall hier. Er hat zum einen eine nicht unterdurchschnittliche rechtliche Aufbereitung notwendig gemacht. Der anwaltliche Schriftsatz, mit welchem die Abmahnung durch die Antragstellerin zurückgewiesen worden ist, enthielt zudem etliche rechtliche und tatsächliche Einwendungen, welche zu einer weiteren, vertiefenden Befassung und Auseinandersetzung aufgerufen haben. Dies steht der Anwendung des § 12 Abs. 4 UWG entgegen.

II.
Eine Kostenentscheidung ist nicht gefordert (§ 68 Abs. 3 GKG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde, ungeachtet der Frage ihrer Statthaftigkeit, liegen jedenfalls nicht vor.

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