Unternehmensinhaber haftet für irreführende Werbung seines Werbepartners

19. September 2016
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Wegweiser in Industriegebiet zeigt Richtung Werbeagentur Urteil des LG Karlsruhe vom 30.01.2014, Az.: 15 O 101/13 KfH IV

Ein kommerzieller Anbieter (sog. Merchant) haftet für rechtswidrige Werbeaussagen, die von beauftragten Werbeagenturen und Internet-Werbepartnern (sog. Affiliates) verwendet werden, sodass der Unterlassungsanspruch im Sinne einer Erfolgshaftung auch gegen den Inhaber des Unternehmens zu richten ist. Dabei ist es ausreichend, dass dieser auf die Tätigkeit der beauftragten Agentur einen bestimmenden Einfluss hätte nehmen können.

Landgericht Karlsruhe

Urteil vom 30.01.2014

Az.: 15 O 101/13 KfH IV

 

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Gerät „H C“ mit der Angabe zu werben,

1. „Das einzigartige Gerät aus den USA. Schmerzlinderung jetzt bestellen!“

2. „Sie fühlen sich verspannt? Sie leiden unter Nackenschmerzen, Entzündungen oder Schmerzen in Gelenken? Gönnen Sie sich oder Ihren Patienten Entspannung und erholsame Wohlfühl-Momente. Das H C ist ein handliches, tragbares Gerät, welches Sie jederzeit problemlos auf Reisen, im Auto und in die Praxis mitnahmen können. Das H C vereint vier verschiedene Wirkmechanismen. Das handliche, tragbare Gerät beinhaltet einen Soft-Laser, sichtbares Rotlicht, Infrarotstrahlung und ein statisches Magnetfeld. Es ist als einziges Lasergerät in den USA zur Schmerzbehandlung für den Heimgebrauch zugelassen.“

sofern dies geschieht wie in Anlage K 2 wiedergegeben.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2013 zu zahlen.

III.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. I des Tenors jedoch nur gegen Leistung einer Sicherheit i.H.v. 3.000,00 EUR. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen Ziff. II des Tenors durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der klagende Verein (im folgenden: Kläger) macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Der Kläger ist ein eigetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Achtung darauf, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Die Beklagte handelt mit medizinische Produkten. Die Beklagte vertreibt u.a. das Produkt „H C“, ein Gerät, welches mit einem Soft-Laser, Rotlicht, Infrarotstrahlung und einem Magnetfeld arbeitet. Die Beklagte bezieht das Gerät von einem Dritten, der … GmbH.

Am 04.06.2013 fand sich auf der Plattform amazon.de eine Werbung für das streitgegenständliche Produkt mit folgendem Inhalt:

„Das einzigartige Gerät aus den USA. Schmerzlinderung jetzt bestellen! www…..de/hc“.

Klickte man auf den dortigen Werbelink, gelangte man zu einer weiteren Werbung unter der Domain der Beklagten …, welche u.a. den folgenden Inhalt hatte:

„Sie fühlen sich verspannt? Sie leiden an Nackenschmerzen, Entzündungen oder Schmerzen in Gelenken? Gönnen Sie sich oder Ihren Patienten Entspannung und erholsame Wohlfühl-Momente. Das H C ist ein handliches, tragbares Gerät, welches Sie jederzeit problemlos auf Reisen, im Auto und in die Praxis mitnehmen können. Das H C vereint vier verschiedene Wirkmechanismen. Das handliche, tragbare Gerät beinhaltet einen Soft-Laser, sichtbares Rotlicht, Infrarotstrahlung und ein statisches Magnetfeld. Es ist als einziges Lasergerät in den USA zur Schmerzbehandlung für den Heimgebrauch zugelassen.“

Mit Schreiben vom 18.06.2013 hielt der Kläger der Beklagten hinsichtlich der zweitgenannten Werbung wettbewerbswidriges Verhalten vor (Irreführung über eine tatsächlich nicht vorhandene schmerzlindernde Wirkung des Produkts) und forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte weigerte sich.

Der Kläger trägt vor, die erstgenannte Werbeaussage werde dahin verstanden, dass das beworbene Gerät bei bestimmungsgemäßem Einsatz in der Lage sei, eine Schmerzlinderung bezüglich Schmerzen des Stütz- und Bewegungsapparats herbeizuführen. Auch mit der zweitgenannten Aussage werde ein schmerzlindernde Wirkung behauptet. Hierzu sei das Gerät jedoch nicht in der Lage. Im Hinblick auf sämtliche dargestellte Wirkmechanismen fehlten wissenschaftliche Nachweise. Die diesbezüglichen Aussagen seien daher weit übertrieben und irreführend im Sinne der §§ 3,4 Nr. 11, 5 UWG, 3 HWG, 4 Abs. 2 MPG.

Der Kläger beantragt:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Gerät „H C“ mit der Angabe zu werben,

3. „Das einzigartige Gerät aus den USA. Schmerzlinderung jetzt bestellen!“

4. „Sie fühlen sich verspannt? Sie leiden unter Nackenschmerzen, Entzündungen oder Schmerzen in Gelenken? Gönnen Sie sich oder Ihren Patienten Entspannung und erholsame Wohlfühl-Momente. Das H C ist ein handliches, tragbares Gerät, welches Sie jederzeit problemlos auf Reisen, im Auto und in die Praxis mitnahmen können. Das H C vereint vier verschiedene Wirkmechanismen. Das handliche, tragbare Gerät beinhaltet einen Soft-Laser, sichtbares Rotlicht, Infrarotstrahlung und ein statisches Magnetfeld. Es ist als einziges Lasergerät in den USA zur Schmerzbehandlung für den Heimgebrauch zugelassen.“

sofern dies geschieht wie in Anlage K 2 wiedergegeben.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit  Zustellung der Klage zu zahlen

Die Beklagte beantragt:

Klagabweisung.

Die Beklagte bestreitet im Hinblick auf die Werbeaussage gemäß dem Klagantrag Ziff. 1 die Passivlegitimation. Die Beklagte habe für die streitgegenständliche Internetwerbung einen externen Dienstleister beauftragt, nämlich die …. Die … sei im Rahmen des Affiliate-Marketings für die Beklagte tätig und schalte auf vielen Webseiten und Internetforen Werbung für die Beklagte mit entsprechender Verlinkung auf die Webseiten der Beklagten. Die … habe dabei genaue Textvorgaben von der Beklagten und habe sich bisher immer an die Testvorgaben der Beklagten gehalten. Die Beklagte als Händlerin lasse sich die entsprechenden Werbetexte wiederum von ihren Lieferanten geben. Der streitgegenständliche Text („Schmerzlinderung jetzt bestellen….“) stamme weder von der Beklagten noch von deren Lieferantin. Die … habe den Text vielmehr eigenmächtig formuliert und sich dabei absprachewidrig nicht an die Vorgaben der Beklagten gehalten. Die Beklagte habe den Text auch nicht nachträglich autorisiert, vielmehr von ihm erst durch die Klageschrift Kenntnis erlangt. Anschließend habe sie ihn (unstreitig) sofort löschen lassen. Bei dem Text handele es sich um einen erstmaligen Textfehler der … und um ein bisher einmaliges Ereignis. Der Text sei der Beklagten hiernach weder als Täterin noch als Störerin anzulasten. Die Beklagte sei nicht Täterin, da sie nicht selbst gehandelt habe. Der Text sei der Beklagten auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen. In Frage komme dies nur dann, wenn die Beklagte in irgendeiner Weise willentlich oder adäquat kausal zu der Störung beigetragen und insbesondere ihrer Prüfpflicht nicht nachgekommen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Für die Beklagte sei die Verwendung dieses Textes nicht vorhersehbar gewesen.

Auch ein Anspruch gemäß dem Klagantrag Ziff. 2 bestehe nicht:

Das HWG finde keine Anwendung. Bei dem streitgegenständlichen Produkt handele es sich zwar um ein Medizinprodukt. Das HWG komme hierauf jedoch nur zur Anwendung, soweit sich die Werbung auf gesundheitliche Zwecke im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG beziehe. Die Klägerin stelle offenbar darauf ab, dass in der Werbeaussage gem. Klagantrag Ziff. 2 eine Schmerzlinderung suggeriert werde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Hinsichtlich der Wirkungsaussage heiße es lediglich „Gönnen Sie sich oder Ihren Patienten Entspannung und erholsame Wohlfühl-Momente“. Es werde also weder das Erkennen noch das Beseitigen krankhafter Zustände in Aussicht gestellt. Auch ein „Lindern“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG werde nicht aus Wirkungsaussage angeführt. Die streitgegenständliche Wirkungsaussage sei vielmehr dem wog. Wellness-Bereich außerhalb des HWG zuzuordnen. Der Begriff „Linderung“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG werde allgemein als „Herabsetzung der Störungen“ definiert. „Entspannung“ und „Wohlfühl-Momente“ seien keine Herabsetzung der Störungen wie z.B. Schmerzzustände. Eine Schmerzlinderung werde somit gerade nicht als Wirkungsaussage behauptet.

Selbst wenn man in die Werbeaussage gem. Klagantrag Ziff. 2 eine schmerzlindernde Wirkung hineininterpretiere, sei das HWG nicht anwendbar. Ebenso wie bei Produkten mit sich überschneidender Zweckbestimmung (Heilzwecke/andere Zwecke) auf die überwiegende Zweckbestimmung abzustellen sei, fielen Wirkungsaussagen nicht unter den Anwendungsbereich des HWG, wenn deren überwiegende Zweckbestimmung gesundheitserhaltend/-fördernd oder therapiebegleitend/-unterstützend sei. Im vorliegenden Fall sei die überwiegende Zweckbestimmung außerhalb des HWG anzusiedeln, nämlich verdeutlicht durch die Worte „Entspannung“ und „Wohlfühl-Momente“.

Selbst wenn von einer Anwendbarkeit des HWG auszugehen sein sollte, liege jedenfalls keine Irreführung i.S.d. § 3 HWG vor, da dem Gerät keine therapeutische Wirksamkeit bzw. Wirkung beigelegt werde.

Auch an einer Irreführung im Sinne von § 4 Abs. 2 MPG bzw. § 5 UWG fehle es hiernach. Die heilenden bzw. schmerzlindernden Effekte des Gerätes seien zwar in der Tat streitig. Seine Benutzung habe aber den beworbenen Effekt der „Entspannung“ und der „Wohlfühl-Momente“. Weitere Wirkungsaussagen habe die Beklagte nicht gemacht, hierauf vielmehr bewusst verzichtet.

Die Werbeaussage betreffend die Zulassung des Gerätes in den USA sei nicht zu beanstanden, da (unstreitig) zutreffend.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Michael Tron. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19.12.2013 verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Die Prozessführungsbefugnis folgt (von der Beklagten nicht beanstandet) aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die gestellten Anträge sind genügend bestimmt.

II

Die Klage hat in der Sache Erfolg.
1.

Der Kläger kann aus § 8 Abs. 1, Abs. 2 UWG Unterlassung der Werbung gem. Klagantrag Ziff. 1 verlangen. Es handelt sich um eine irreführende Werbung, für die die Klägerin verantwortlich ist.

a)

Die Klägerin ist als Verband i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG Berechtigte des geltend gemachten Anspruchs (zur „Doppelnatur“ der Vorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vgl. Köhler-Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 8 Rdn. 3.9).

b)

Bei der streitgegenständlichen Werbung handelt es sich um eine nach § 3 i.V.m. §§ 4 Nr. 11, 5 UWG, 3 S. 2 Nr. 1 HWG, 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 MPG unzulässige geschäftliche Handlung. Die Werbung ist irreführend im  Sinne dieser Bestimmungen.

Nach § 3 S. 1 HWG ist eine irreführende Werbung (u.a. für Medizinprodukte) unzulässig. Nach § 3 S. 2 Nr. 1 HWG liegt eine Irreführung dann vor, wenn Medizinprodukten eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Nach § 4 Abs. 2 S. 1  MPG ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt u.a. dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben (§ 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 MPG). Sowohl § 3 HWG als auch § 4 MPG sind Marktverhaltensregeln i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG (Köhler-Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdn. 11.133 sowie Rdn. 11.125 i.V.m. Rdn. 11. 118).

Die streitgegenständliche Werbung gem. dem Klagantrag Ziff. 1 ist irreführend i.S.d. genannten Bestimmungen des HWG und des MPG sowie i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG. Die Formulierung „Schmerzlinderung jetzt bestellen“ enthält die Aussage, das Gerät sei zur Schmerzlinderung geeignet. Die Klägerin hat vorgetragen, dies sei wissenschaftlich nicht erwiesen und auch nicht der Fall. Selbst die Beklagte hat eingeräumt, dass die schmerzlindernden Effekte des Gerätes „streitig“ sind. Es kann offen bleiben, ob erwiesenermaßen keine schmerzlindernde Wirkung vorliegt oder ob dies lediglich „streitig“ ist. Selbst im letzteren Falle verbietet sich die Bewerbung dieses Umstandes (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdn. 4.183). Darauf, ob sich der Werbung (wie der Kläger vorträgt) entnehmen lässt, dass es um Schmerzen des Stütz- und  Bewegungsapparats geht, oder ob undifferenziert Schmerzen aller Art gemeint sind, kommt es nicht an (die Werbeaussage enthält zur Art der Schmerzen keine Angaben).

c)

Die Beklagte ist Verpflichtete des Unterlassungsanspruch (§ 8 Abs. 2 UWG).

Nach § 8 Abs. 2 UWG richtet sich der Unterlassungsanspruch für den Fall, dass die Zuwiderhandlung in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen wird, auch gegen den Inhaber des Unternehmens. Die Vorschrift begründet einen selbständigen Unterlassungsanspruch des Verletzten gegen den Unternehmensinhaber, und zwar im Sinne einer Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit (Köhler-Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdn. 2.32 f.). Beauftragter im Sinne der Bestimmung ist jeder, der ohne Mitarbeiter zu sein, für das Unternehmen eines anderen auf Grund eines vertraglichen oder anderen Rechtsverhältnisses tätig ist. Er muss (allerdings) in die betriebliche Organisation dergestalt eingegliedert sein, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Unternehmensinhaber zu Gute kommt, andererseits dem Unternehmensinhaber ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf die beanstandete Tätigkeit eingeräumt ist. Unerheblich ist, dass der Beauftragte die Tätigkeit nur gelegentlich oder vorübergehend ausübt, dass er auch noch für andere Unternehmer tätig ist oder dass er selbst ein selbständiger Unternehmer ist. Darauf, ob der Unternehmensinhaber auf die Tätigkeit, in deren Bereich die Verletzungshandlung fällt, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss nehmen kann, kommt es nicht an, zumal er ihn sich auf Grund des Rechtsverhältnisses sichern könnte und müsste. Als Beauftragte in diesem Sinne kommen u.a. Werbeagenturen und Affiliates (= Internet-Werbepartner) in Betracht (vgl. zum Ganzen Köhler-Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdn. 2.41 ff.).

Die von der Beklagten nach deren Vortrag beauftragte … ist nach diesen Grundsätzen Beauftragte i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG. Darauf, ob die … die Werbung entgegen einer gesetzten Vorgabe geschaltet hat und dies unvorhersehbar erstmals geschehen ist, kommt es aufgrund der in § 8 Abs. 2 UWG geregelten Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit (s.o.) nicht an. Es reicht aus, dass die Beklagte auf die Tätigkeit der Agentur einen bestimmenden Einfluss hätte nehmen können.

Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des BGH GRUR 1990, 1039 ff „Anzeigenauftrag“, auf welche die Beklagte sich für die von ihr vertretene Gegenauffassung gestützt hat.

Gegenstand der Entscheidung des BGH „Anzeigenauftrag“ war die Haftung eines Anzeigenkunden für das Verhalten eines Zeitungsunternehmens. Dieses hat der BGH nicht als Beauftragten des Kunden i.S.d. § 13 Abs. 4 UWG (a.F.) angesehen. Der BGH hat die Haftung jedoch nicht aus denjenigen Gründen abgelehnt, welche die Beklagte im vorliegenden Fall geltend macht (nicht vorhersehbares Abweichen von einer genauen Textvorgabe), sondern aus anderen Gründen, die sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen lassen. Der BGH hat ausgeführt, es sei grundsätzlich erforderlich, dass einerseits der Beauftragte im Rahmen der vom Betriebsinhaber bzw. seine Unternehmen ausgeübten gewerblichen Tätigkeit bleibe und dass andererseits der bestimmende Einfluss, den die Betriebsleitung auf die Handlungen des Dritten nehmen können muss, auf vertraglichen oder anderen Beziehungen beruhe, die eine gewisse, wenngleich in weitem Sinne zu verstehende, Zugehörigkeit des Dritten zu dem betrieblichen Organismus begründe. Das Vorliegen beider genannter Voraussetzungen sei im zu entscheidenden Fall zu verneinen: Zur normalen Tätigkeit eines mit dem Vertrieb von Waren befassten Unternehmens gehöre zwar die Werbung für diese Waren, jedoch regelmäßig nicht in der Weise, dass das Unternehmen die einzelnen erforderlichen Maßnahmen selbst ausführe; es gebe solche Maßnahmen vielmehr jedenfalls im Regelfalls an Dritte weiter, die sie entgeltlich ausführten. Auch am Merkmal der – im weitesten Sinne verstandenen – Einbindung in den betrieblichen Organismus des Auftraggebers fehle es.

Der BGH hat jedoch zu der erstgenannten Voraussetzung (Verbleib im Rahmen der ausgeübten gewerblichen Tätigkeit) ausdrücklich ergänzt, dass eine Werbeagentur sehr wohl als Beauftragte i.S.d. § 13 Abs. 4 UWG in Betracht komme. Auch im Hinblick auf die zweitgenannte Voraussetzung (Einbindung in den betrieblichen Organismus) bestehen nach den oben wieder gegebenen Grundsätzen bei einer Werbeagentur keine Bedenken.

Die weiteren von der Beklagten für ihre Auffassung herangezogenen Entscheidungen LG Stuttgart, Urteil vom 29.05.2013, 13 S 200/12 (zitiert nach Juris) sowie BGH GRUR 2012, 82 („Auftragsbestätigung“) betreffen anders gelagerte Sachverhalte, die sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen lassen.

Nicht mehr entscheidend war nach alledem auch die Aussage des Zeugen …, welchen die Beklagte zum Beweise ihres Vortrags hinsichtlich der Beauftragung der … benannt hat. Nur ergänzend ist hiernach darauf hinzuweisen, dass die Beklagte der … nach den Angaben des Zeugen … gerade nicht wörtlich vorgegeben hat, wie sie für das streitgegenständliche Gerät werben sollte.

d)

Es besteht Wiederholungsgefahr. Die – zu vermutende – Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden (Köhler-Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdn. 1.33, 1.38), die jedoch nicht vorliegt.

Irrelevant ist dabei, dass der Kläger die Beklagte im Hinblick auf die Werbung gem. Klagantrag Ziff. 1 entgegen der Sollvorschrift des § 12 Abs. 1 UWG nicht vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat. § 12 Abs. 1 UWG begründet keine Rechtspflicht zur Abmahnung, sondern führt allein zu Kostennachteilen für den (hier nicht vorliegenden) Fall, dass der Anspruchsgegner den Anspruch im gerichtlichen Verfahren sofort anerkennt (vgl. Köhler-Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdn. 1.7 f.).
2.

Der Kläger kann aus § 8 Abs. 1, Abs. 2 UWG Unterlassung der Werbung gem. Klagantrag Ziff. 2 verlangen. Auch diese Werbung ist irreführend.

a)

Die Werbung stellt eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung dar. Dabei kann dahin stehen, ob aufgrund der Erwägungen der Beklagten das HWG anwendbar ist. Die Werbung ist jedenfalls nach § 4 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1 MPG i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG sowie nach § 5 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 UWG unzulässig.

Die streitgegenständliche Werbung enthält entgegen der Auffassung der Beklagten die Aussage, das Gerät „H C“ habe eine schmerzlindernde Wirkung.

Bei der Prüfung, ob eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistung verstanden haben will. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (Köhler-Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdn. 2.67).

Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Werbung nicht nur dahin verstehen, dass das Gerät Entspannung und Wohlfühl-Momente bietet, sondern auch dahin, dass es schmerzlindernde Wirkung hat:

Die Werbung richtet sich in den beiden einleitenden Sätzen an Personen, die sich „verspannt“ fühlen oder an näher bezeichneten Schmerzen leiden. Sie fährt fort mit der Empfehlung, sich „Entspannung und erholsame „Wohlfühl-Momente“ zu gönnen. Es folgt eine Beschreibung der äußeren Gestalt des Gerätes („handliches, tragbares Gerät“) sowie von vier Wirkmechanismen (Soft-Laser, sichtbares Rotlicht, Infrarotstrahlung, statische Magnetfeld). Die Werbung schließt mit dem Hinweis, das Gerät sei als einziges Lasergerät in den USA zur Schmerzbehandlung für den Heimgebrauch zugelassen. Aus dem letztgenannten Satz entnehmen die angesprochenen Verkehrskreise, dass das Gerät zu Behandlung der weiter oben im einzelnen bezeichneten Schmerzen geeignet ist. Dies wird zwar nicht ausdrücklich behauptet (etwa mit einer Formulierung „das Gerät ist zur Behandlung von Nackenschmerzen, Entzündungen oder Schmerzen in Gelenken geeignet“), ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang. Die Aussage, das Gerät sei „zur Schmerzbehandlung“ zugelassen, beinhaltet die Aussage, es diene hierzu und sei hierzu geeignet. Die Benennung einzelner konkreter Schmerzen in der Einleitung der Werbung beantwortet für die Verkehrskreise die Frage, zur Behandlung welcher Schmerzen das Gerät geeignet sei (nicht zur Behandlung irgendwelcher Schmerzen, sondern der Schmerzen, welche in der Werbung aufgeführt sind). In dieser Weise werden die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung verstehen. Darauf, ob die Beklagte dies selbst so verstand oder ein solches Verständnis bei den angesprochenen Kreisen wecken wollte, kommt es nach den oben ausgeführten Grundsätzen nicht an.

Die Werbung erschöpft sich hiernach keineswegs in der Aussage, das Gerät biete „Entspannung und erholsame Wohlfühl-Momente“. Sie behauptet vielmehr zusätzlich ein schmerzlindernde Wirkung.

Eine schmerzlindernde Wirkung des Geräts ist jedoch selbst nach dem Vortrag der Beklagten „streitig“ (s.o.). Die hierauf gerichtete Aussage ist damit irreführend.

b)

Zur Frage der Aktivlegitimation und zur Wiederholungsgefahr gelten die Ausführungen oben Ziff. 1 sinngemäß. Ihre Passivlegitimation hat die Beklagte im Hinblick auf den Klagantrag Ziff. 2 nicht in Zweifel gezogen.
3.

Der Zahlungsanspruch des Klägers gem. Klagantrag Ziff. II folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Beklagte hat den geltend gemachten Betrag der Höhe nach nicht in Zweifel gezogen.

Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Ziff. 11, 709, 711 ZPO. Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.

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