4.000 Euro Preisvorteil kann irreführend sein

16. Februar 2012
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Eigener Leitsatz:

Es liegt eine irreführende Werbung vor, wenn mit einer Preisersparnis geworben wird und die Bezugsgröße nicht angegeben wird.

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 15.12.2011

Az.: I-4 31/11

Tenor:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtmittels wird auf die Berufung der Klägerin das am 02. Dezember 2010 verkündete Urteil der III. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund teilweise ab-geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwi-derhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, unter Angabe eines bezifferten Preisvorteils zu werben, ohne die konkrete Bezugsgröße dieses Preisvorteils in der Werbung anzugeben, wie geschehen gemäß Anlage K 8 zur Klageschrift.

Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass es im Übrigen bei der Verurteilung im landgerichtlichen Urteil bleibt.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden gegeneinander auf-gehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein von Gewerbetreibenden und deren Verbänden zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs auf dem Gebiet des Kraftfahrzeuggewerbes, der satzungsgemäß die Einhaltung von Wettbewerbsbestimmungen überwacht und Wettbewerbsverstöße verfolgt.

Die Beklagte betreibt –auch über verschiedene Internetseiten- einen Einzelhandel mit neuen und gebrauchten Kraftfahrzeugen.

Soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung veröffentlichte die Beklagte in der Ausgabe des Stadt-Anzeigers Z1 vom 28. Februar 2010 eine Anzeige, in der sie ankündigte: "Aktionsmodelle 19 % vom Listenpreis" (Anlage K 7). Weiter bewarb die Beklagte auf der Internetseite *Internetadresse* ein Kfz-Finanzierungsgeschäft betreffend das Modell Golf Trendline 1.4 Liter 59 kW mit einem bezifferten Preisvorteil von 4.000,00 €, ohne die Bezugsgröße für den beworbenen Preisvorteil anzugeben (Anlage K 8).

Der Kläger hat die Werbung unter Hinweis auf den nicht genauer beschriebenen Listenpreis ebenso wie die Werbung mit dem Preisvorteil ohne Hinweis auf die Bezugsgröße für irreführend gehalten.

Die Beklagte hat sich auch insoweit gegen die Klage verteidigt. Sie hat die Klage schon für unzulässig gehalten, weil aus dem Antrag durch den Zusatz "und/oder" nicht ersichtlich sei, ob die Beklagte die Verletzungshandlungen kumulativ oder alternativ unterlassen sollte. In der Sache hat die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers bestritten und gemeint, die Bezugnahme auf den Listenpreis sei nicht irreführend. Sie hat ausgeführt, ein durchschnittlich aufmerksamer und interessierter Kaufinteressent wisse, dass es sich bei dem für den Preisnachlass in Bezug genommenen Listenpreis um die Preisempfehlung des Herstellers handele.

Das Landgericht hat die Beklagte wegen eines anderen gerügten Wettbewerbsverstoßes, um den es im Berufungsverfahren nicht mehr geht, zur Unterlassung verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig. Aus dem Klageantrag und der ebenfalls zu berücksichtigenden Begründung ergebe sich eindeutig, dass die Verbote kumulativ und auch alternativ ausgesprochen werden sollten. Der Kläger sei auch aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, weil der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. und dessen Landesverbände seine Mitglieder seien. Für eine Berechtigung i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG reiche es aus, dass über diese Verbände beim Kläger Mitbewerber der Beklagten mittelbar zugehörig wären. Die Klage sei allerdings unbegründet, soweit der Kläger eine Werbung mit einem Rabatt von 19 % vom Listenpreis bei bestimmten Aktionsmodellen und eine andere Werbung mit einem bezifferten Preisvorteil von 4.000,00 € für wettbewerbswidrig halte. Die Beklagte berufe sich auch für den vorliegenden Fall zu Recht auf das Senatsurteil vom 27. Mai 2008 (4 U 14 / 08). Diese Entscheidung beziehe sich zwar auf die Werbung eines Vermittlers von Kraftfahrzeugen, sei aber auch auf einen autorisierten Markenbetrieb wie den der Beklagten anzuwenden. Ein durchschnittlich aufmerksamer, informierter und verständiger Verbraucher sehe als Bezugsgröße bei der Werbung der Beklagten auch hier keinen eigenen Händlerpreis. Auf solche Händlerpreise würden nämlich üblicherweise keine Rabatte gewährt, sondern diese stellten den Endpreis des Händlers nach einer gleichfalls üblichen Rabattgewährung dar. Der Begriff des Listenpreises weise bei der Werbung mit dem prozentualen Rabatt eindeutig auf den vom Hersteller üblicherweise geforderten Preis hin. Auch bei dem mit 4.000,00 € bezifferten Preisvorteil für den Golf Trendline gehe der Verbraucher verständiger Weise davon aus, dass Bezugsgröße der Listenpreis des Herstellers sei, zumal der Endpreis mit 15.940,– € exakt angegeben worden sei.

Der Kläger greift das Urteil mit der Berufung an. Er vertritt weiterhin die Meinung, dass die Beklagte auch im Hinblick auf die beiden noch streitgegenständlichen Werbeaussagen irreführend geworben habe. Er weist darauf hin, dass der Listenpreis in der Kfz-Branche nicht als feststehender Begriff existiere. Bezugsgröße für den üblicherweise geforderten Preis sei in dieser Branche die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Der vom Hersteller für Markenware empfohlene Preis werde üblicherweise im Rahmen der Hauspreisermittlung vom Händler unterschritten. Demgegenüber bezeichne der Listenpreis einen mehrdeutigen Preis, der für ein Produkt in einer Liste aufgeführt werde. Darunter könnte sowohl die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers als auch ein Festpreis oder ein früherer eigener Händlerpreis verstanden werden. Dem entsprechend lasse die Werbung der Beklagten nicht erkennen, worauf sich der dort im Hinblick auf die 19 % Rabatt in Bezug genommene Listenpreis beziehe. Für den Verbraucher habe es aber einen anderen Stellenwert, wenn eine Preisreduzierung auf einen früheren Hauspreis des Händlers bezogen werden könne. Es komme hinzu, dass die Formulierung "Aktionsmodelle" offen lasse, ob es sich um Neufahrzeuge handele. Die von der Beklagten angesprochene Senatsentscheidung betreffe keinen vergleichbaren Fall, weil es dort um ein Angebot von Vermittlern im Internet gegangen sei, bei denen der Verbraucher nicht habe annehmen können, dass ein früherer eigener Listenpreis als Bezugsgröße in Betracht komme. Soweit das Landgericht in Bezug auf die Werbung mit dem bezifferten Preisvorteil von 4.000,– € gleichfalls auf den Listenpreis als Bezugsgröße geschlossen habe, sei ein Ansatz dafür nicht erkennbar. Es werde insoweit überhaupt keine Bezugsgröße in Zusammenhang mit diesem Preisvorteil angesprochen. Wenn die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers gemeint gewesen sei, hätte die Beklagte sie auch als Bezugsgröße angeben müssen, damit der Verbraucher die vermeintliche Preisgünstigkeit im Rahmen eines Preisvergleiches hätte überprüfen können. Der Preisvorteil wäre zudem auch dann nicht gegeben, wenn er sich zwar auf die Preisempfehlung des Herstellers beziehe, die Beklagte einen solchen Preis aber zu keiner Zeit als eigenen Preis fordere oder gefordert habe.

Im Hinblick auf seine Mitglieder behauptet der Kläger:

Unmittelbare Mitglieder seien der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK) mit 40.000 Mitgliedern (Anlage BB 5 Bl.189), der Verband des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen e.V. (Anlage BB 3 Bl.187) und der Volkswagen- und Audi-Händlerverband e.V. (Anlage BB 6 Bl.206).

Mittelbar, nämlich über den Verband des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen sei auch die Kraftfahrzeuginnung Hamm-Unna Mitglied. Deren Mitglieder seien die W GmbH in V, das Autohaus I2 & Co. GmbH in Z1, die K GmbH & Co. KG Kfz-KG in V, das Autohaus K2 GmbH & Co. in V, das Autohaus L GmbH in Z1, das Autohaus L2 in Z1, das Autohaus L3 in V, die N GmbH in V, die P GmbH in Z1, die S GmbH in Z1, die X2 GmbH & Co. KG in Z1 sowie die Autohaus X GmbH & Co. KG in Z1.

Der Volkswagen und Audi Händlerverband habe im örtlichen Bereich von Z1 fünf Mitglieder, darunter die Beklagte, die Q GmbH & Co., die L GmbH und die I GmbH.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Kraftfahrzeuge unter Bezugnahme auf den Listenpreis zu bewerben,

ohne darauf hinzuweisen, ob es sich hierbei um die unverbindliche

Preisempfehlung des Herstellers oder einen eigenen Listenpreis

handelt, wie geschehen gemäß Anlage K 7 zur Klageschrift

oder unter Angabe eines bezifferten Preisvorteils zu werben, ohne die

konkrete Bezugsgröße dieses Preisvorteils in der Werbung anzugeben,

wie geschehen gemäß Anlage K 8 zur Klageschrift.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise, nämlich unter der Bedingung, dass die gegnerische

Berufung in vollem Umfang zurückgewiesen werde,

unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung

des LG Dortmund vom 02.12.2010 die Klage vollständig abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die hilfsweise eingelegte Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Sie meint, dass die Werbemaßnahmen der Anlagen K 7 und K 8 zur Klageschrift nicht wettbewerbswidrig seien. Bei der Werbeanzeige der Anlage K 7 läge kein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG vor. Insoweit bezieht sich die Beklagte erneut auf die vom Senat in einem früheren Fall zugrunde gelegte Verbrauchervorstellung, der Listenpreis entspreche bei solchen Angeboten der unverbindlichen Preisempfehlung des jeweiligen Kfz-Herstellers. Die Verbraucher könnten deshalb die Werbeaussage auch nicht anders verstehen, als dass ein Nachlass von 19 % vom empfohlenen Herstellerpreis angeboten werde. Das angenommene Verbraucherverständnis bestehe auch unabhängig davon, ob die Endkunden ein Fahrzeug von einem niedergelassenen Kfz-Händler oder einem Internethändler erwerben wollten. Der neue Vortrag, dass die Formulierung "Aktionsmodelle" nicht erkennen lasse, ob es sich um Neufahrzeuge handele, sei bereits gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Unabhängig davon sei er aber auch nicht richtig, weil von einem "Modell" begrifflich nur gesprochen werde, wenn mehrere identische Exemplare desselben Fahrzeugs gekauft werden könnten. Das sei aber nur bei Neuwagen möglich.

Auch die Internetwerbung gemäß der Anlage K 8 sei nicht irreführend. Auch insoweit sei für die Verbraucher der Listenpreis als Bezugsgröße erkennbar. Selbst wenn man aber insofern anderer Ansicht wäre, läge keine mehrdeutige, sondern allenfalls eine unklare Werbeaussage vor. Diese verstoße nicht gegen § 5 UWG. Die Gefahr, dass der Verbraucher den Preisvorteil von 4.000,– € auf einen eigenen, vormals von der Beklagten selbst verlangten Preis beziehe, bestehe nicht. Mit einer solchen Art der Irreführung mache der Kläger zudem eine neue Verletzungsverhandlung geltend. Insoweit erhebt die Beklagte ausdrücklich die Einrede der Verjährung. Schließlich komme insoweit auch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG in Betracht, weil die Bedingungen für den Erwerb des beworbenen Fahrzeuges bekannt seien.

Die Beklagte rügt weiterhin die fehlende Aktivlegitimation des Klägers. Sie bestreitet, dass der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe Mitglied des Klägers sei. Außerdem bestreitet sie, dass der Verband des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen unmittelbar oder mittelbar über den Zentralverband Mitglied des Klägers sei. Sie bestreitet ebenso, dass die Kraftfahrzeuginnung Hamm-Unna und der Volkswagen und Audi Händlerverband mittelbar oder unmittelbar Mitglieder des Klägers seien. Im Übrigen meint die Beklagte, auch ein Dachverband gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG müsse nachweisen, dass konkrete Wettbewerber des in Anspruch Genommenen zu seinen unmittelbaren oder mittelbaren Mitgliedern zählten. Sie bestreitet in diesem Zusammenhang, dass die vom Kläger genannten 13 Betriebe Mitglieder der Kraftfahrzeuginnung Hamm-Unna seien und dass die drei genannten Betriebe Mitglieder des Volkswagen und Audi Händlerverbandes seien.

Der Senat hat über die streitige Frage, wer zu den Mitgliedern des Klägers gehört, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.

II.
Die Berufung ist teilweise begründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung auch im Hinblick auf die weiter zwischen den Parteien strittige Werbeangabe der Anlage 8 noch zusteht. Im Übrigen, nämlich im Hinblick auf die Werbeangabe der Anlage 7, ist die Berufung unbegründet.

1) Der Klageantrag ist im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht (mehr) zu beanstanden. Nunmehr ist durch den Verzicht auf die und/oder-Verknüpfung klargestellt, dass die Verstöße nur alternativ jeder für sich verboten werden sollen, weil es sich um unterschiedliche Werbeangaben in verschiedenen Medien gehandelt hat. Dem hat das Landgericht im Übrigen im Hinblick auf den früheren Antrag mit der Verurteilung nur wegen eines der drei beantragten Verbote schon Rechnung getragen. Außerdem hat der Kläger auch jeweils die konkreten Verletzungshandlungen in den Antrag einzubezogen. Im Hinblick auf die Werbeangabe in der Anlage K8 ist allerdings von Anfang an zum Gegenstand des Antrags gemacht worden, dass die Bezugsgröße für den Preisvorteil nicht angegeben worden ist. Damit war und ist auch die Irreführung Gegenstand des Antrags, dass die Verbraucher annehmen können, der Preisvorteil beziehe sich auf einen früheren Preis des jeweiligen Händlers. Die von der Beklagten insoweit erhobene Einrede der Verjährung kann schon deshalb keinen Erfolg haben.

2) Dem Kläger steht hier ein weiterer Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG zu. Zwar liegt im Hinblick auf die Werbeangabe in der Anlage K 7 keine Irreführung der angesprochenen Verbraucher vor. Die Beklagte hat aber mit der beanstandeten Werbemaßnahme im Internet, wie sie sich aus der Anlage K 8 ergibt, relevante irreführende Angaben über den Preis gemacht.

a) Aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergibt sich auch die Aktivlegitimation des Klägers, die die Beklagte in Frage gestellt hat. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne dieser Vorschrift. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass zu den unmittelbaren Mitgliedern des Klägers der ZDK, dessen Landesverband Nordrhein-Westfalen und der Volkswagen und Audi Händlerverband gehören. Die Zeugin T hat glaubhaft bekundet, dass diese Verbände einmal im Jahr eine von ihr geschriebene Rechnung über den Mitgliedsbeitrag zugesandt erhalten, die sie auch bezahlen. Das spricht eindeutig für ihre Mitgliedschaft. Es kommt hinzu, dass der Hauptgeschäftsführer Dr. L4 des ZDK die Mitgliedschaft des Zentralverbandes und der Hauptgeschäftsführer Q2 des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen die Mitgliedschaft dieses Vereins beim Kläger jeweils mit Schreiben vom 2. September 2011 (Anlagen BB 3 und BB 5) bestätigt haben. Gleiches gilt für den Volkswagen und Audi Händlerverband, der nach der Bestätigung seines Vorsitzenden M ebenfalls ein Mitglied des Klägers ist. Über diese im Kraftfahrzeuggewerbe einflussreichen unmittelbaren Mitglieder verfügt der Kläger mittelbar über eine ausreichende Zahl von Mitgliedern, die auf demselben räumlichen und sachlichen Markt wie die Beklagte im Raum Hamm-Unna tätig und damit Mitbewerber der Beklagten sind, die auch selbst zu diesen mittelbaren Mitgliedern zählt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht der Senat auch davon aus, dass die Kraftfahrzeuginnung Hamm-Unna mittelbares Mitglied des Klägers ist, weil sie wie die allermeisten Innungen Mitglied des Verbandes des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen ist. Das hat die Zeugin T aufgrund der ständigen Betriebspraxis der letzten Jahre ebenso bestätigt wie der Hauptgeschäftsgeführer Q2 des Landesverbandes in der Anlage BB 3. Damit ist auszuschließen, dass es sich bei den beiden Innungen, die nach der Aussage der Zeugin T als absolute Ausnahmen nicht mehr zum Landesverband gehören, ausgerechnet auch um die Innung Hamm-Unna handeln könnte. Zu dieser Innung zählen nach der Bestätigung ihres Hauptgeschäftsführers H auch verschiedene Betriebe aus Z1. Die Zeugin T hat zusätzlich bekundet, dass sie sich die aktuelle Mitgliederliste im Internet, auf die der Hauptgeschäftsführer H in der Bestätigung verwiesen hatte, ausgedruckt hat. Unter den im Ausdruck erscheinenden Betrieben waren dann auch etwa die Autohäuser L, L2, P und X2, und zwar neben verschiedenen anderen Betrieben aus V. Bereits damit ergibt sich eine ausreichende mittelbare Verbandszugehörigkeit von Mitbewerbern der Beklagten, weil auch der die Mitgliedschaft vermittelnde Landesverband und die die Mitgliedschaft weiterhin vermittelnde Innung ihrerseits den Zweck verfolgen, gewerbliche und berufliche Interessen ihrer Mitglieder zu fördern (vgl. Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 29. Auflage, § 8 UWG Rdn. 3.43).

Es kommt die weitere mittelbare Verbandszugehörigkeit der Autohäuser Q, L und I über den Volkswagen und Audi Händlerverband hinzu, die unmittelbare Wettbewerber der Beklagten in Z1 sind. Der Senat ist nach der Beweisaufnahme von der Zugehörigkeit dieser Betriebe zum Volkswagen und Audi Händlerverband überzeugt. Die Zeugin T hat bekundet, dass sie mit dem Händlerverband Kontakt aufgenommen habe und ihr von maßgeblicher Seite mitgeteilt worden sei, dass der Händlerverband in Z1 fünf Mitglieder habe, ohne sie namentlich zu nennen. Aus dem Internet ergab sich dann für die Zeugin T angesichts der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in diesem Händlerverband zwingend, dass neben den beiden Betrieben der Beklagten nur die genannten drei Autohäuser die weiteren Mitglieder sein konnten. Das hat den Senat überzeugt, zumal die Beklagte trotz Ortskenntnis nicht Anderes vortragen konnte. Berücksichtigt man dann noch, dass der seit 1982 aktive Kläger nach Größe, Marktbedeutung und wirtschaftlichem Gewicht sicherlich repräsentativ genug erscheint, um im Interesse seiner obigen Mitglieder Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, besteht für den Senat an seiner Klageberechtigung kein Zweifel.

b) Die Ankündigung der Beklagten im Stadt-Anzeiger Z1, den Käufern bei Aktionsmodellen 19 % vom Listenpreis zu schenken, ist als Verkaufswerbung ebenso eine geschäftliche Handlung wie die Internetwerbung mit dem Preisvorteil von 4.000, €, den sich die angesprochenen Verbraucher nicht entgehen lassen sollen.

c) In der Bezugnahme auf den Listenpreis im Rahmen der angekündigten Rabattgewährung von 19 % ist aber keine Irreführung der Verbraucher in Form einer Täuschung über die Grundlagen des Preises und des beworbenen Preisvorteils zu sehen. Als Listenpreis oder Katalogpreis kann der Durchschnittsverbraucher im Allgemeinen einen gebundener oder empfohlenen Herstellerpreis oder auch den früheren eigenen Preis des Händlers verstehen (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 5 Rdn. 7.60). Bei einer Bezugnahme auf einen solchen "Listenpreis" kann deshalb eine Irreführung gegeben sein, wenn nicht klargestellt ist, ob damit eine Preisliste des Herstellers oder eine eigene Preisliste gemeint ist (Fezer/Peifer, UWG, 2. Auflage, § 5 Rdn. 359; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Auflage, § 5 Rdn. 76). Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Verbraucher in einer bestimmten Branche mit dem Begriff "Listenpreis" etwas ganz Bestimmtes verbinden. Dazu hat der Senat (Urteil vom 27.05.2008 –4 U 14 / 08 = BecksRS 2010, 07441) im Hinblick auf das Kraftfahrzeuggewerbe ausgeführt, den angesprochenen Verkehrskreisen sei auch ohne gesonderten Hinweis klar, dass die Listenpreise der Automobilhersteller unverbindlich seien und dass die jeweiligen Autohändler darauf stets Rabatte in unterschiedlicher Höhe gewährten. Gerade die damals betroffenen Vermittler der entsprechenden Autoverkäufe im Internet lebten davon, dass den interessierten Käufern besonders hohe Rabatte, bezogen auf die Listenpreise der Hersteller, angeboten würden. Deshalb komme auch keiner der Interessenten auf die Idee, dass es sich hier um einen früheren Preis des Werbenden als Vermittler handeln könnte. Nichts Anderes kann auch im Hinblick auf den vorliegenden Fall, in dem kein bloßer Vermittler von Autoverkäufen sondern ein Vertragshändler betroffen ist, der zweigleisig in seinem Autohandelsgeschäft und im Internet Fahrzeuge vertreibt, gelten. Insoweit ist von einer einheitlichen Verbrauchervorstellung auszugehen. Denn die Änderung der Vertriebsformen und der Wettbewerb über die unterschiedliche Rabattgewährung und die dadurch geänderte Preisgestaltung beeinflussen die Vorstellung der Verbraucher immer mehr. Zudem findet der Begriff "Listenpreis" in den Augen der Fahrzeugkäufer eine Entsprechung darin, dass die Kfz-Hersteller jedenfalls ganz in der Regel in ihren Werbematerialien, die die jeweiligen Fahrzeuge ausführlich beschreiben, die den Händlern unverbindlich empfohlenen Preise je nach Modell und Ausstattung regelrecht "aufzulisten" pflegen. Dagegen listen die einzelnen Händler ihre Hauspreise, die sich meist auf ein konkretes Modell beziehen, in der Regel nicht auf, sondern bilden sie aktuell und ändern sie auch nach Angebot und Nachfrage. Die individuellen Hauspreise haben lediglich gemeinsam, dass sie nicht unerheblich unter den Preisempfehlungen der Hersteller liegen. Das weiß der durchschnittlich informierte Verbraucher, der gerade beim Kauf eines Neuwagens die Angebote und Preise der Händler situationsbedingt besonders aufmerksam wahrnimmt und vergleicht. Der Senat kann das allgemeine Verkehrsverständnis auch ohne sachverständige Hilfe selbst beurteilen, weil er selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt und auch auf Grund seines Erfahrungswissens über die erforderliche Sachkunde verfügt. Das stellt auch der Kläger nicht in Frage, auch wenn er meint, dass in der Kfz-Branche der "Listenpreis" kein feststehender Begriff sei und auch hier so verstanden werde wie allgemein üblich. Damit setzt der Kläger aber nur sein Verständnis an die Stelle des vom Senat anders beurteilten Verständnisses der angesprochenen Verbraucher, auf das es entscheidend ankommt.

Soweit nunmehr eine Verletzungshandlung zusätzlich darin gesehen werden soll, dass der Begriff "Aktionsmodelle" nicht erkennen lasse, um welche Art von Fahrzeugen es sich handelt, ist darin ein neuer Vortrag zu sehen, der zudem einen anderen Streitgegenstand betrifft. Mit diesem Vorbringen kann der Kläger schon nach den Vorschriften der §§ 531 Abs. 2, 533 ZPO in zweiter Instanz nicht mehr gehört werden.

d) Etwas anderes gilt aber in Zusammenhang mit der Bewerbung des Preisvorteils von 4.000,– €. Insoweit geht es um eine Werbung der Beklagten mit einer Preisersparnis. Beanstandet wird dabei zu Recht, dass die Bezugsgröße für diese Preisersparnis nicht genannt wird. Bereits dadurch wird die Gefahr der Irreführung begründet, weil der Verbraucher von einer falschen Bezugsgröße ausgehen und dadurch einer Fehlvorstellung erliegen kann. Der angesprochene Verbraucher versteht hier den erwähnten Preisvorteil angesichts der oben zugrunde gelegten Verbrauchervorstellung dahin, dass es empfohlene Herstellerpreise gibt, die fest sind, und dass darauf von den Händlern Preisnachlässe in unterschiedlicher Höhe in Form von Hauspreisen gewährt werden. Wird ihm ein Preisvorteil im Rahmen eines konkreten Händlerangebots in der Form der konkret angegriffenen Werbung von 4.000,– € schmackhaft gemacht, erscheint ihm die Aussage möglicherweise mehrdeutig. Er kann davon ausgehen, dass sich die Ersparnis auch hier auf den empfohlenen Herstellerpreis und somit auf den Listenpreis bezieht. Da in dieser Werbung aber an keiner Stelle auf den Listenpreis Bezug genommen wird, kann aber jedenfalls ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen durchschnittlich informierten Verbraucher auch annehmen, die Ersparnis beziehe sich auf einen ungenannten Händlerpreis, der tatsächlich zuvor schon verlangt worden ist. Es ist nämlich nicht so, dass der Listenpreis auch ohne seine Erwähnung in der Vorstellung aller Verbraucher zu jeder Zeit mitschwingt. Es kommt hinzu, dass nur ein solcher Nachlass vom früher verlangten Händlerpreis auch ein Preisvorteil von 4.000,– € im wahrsten Sinne des Wortes gewesen wäre, während der Listenpreis nach der Verbrauchervorstellung regelmäßig nicht ohne einen Rabatt zur Preisgrundlage gemacht wird, so dass dann der echte Preisvorteil geringer wäre. Es wäre für die Beklagte auch ein Leichtes gewesen, diese Gefahr der Irreführung durch die erneute Bezugnahme auf den Listenpreis zu vermeiden. Gerade bei einem solchen bezifferten Preisvorteil ist es auch nicht so, dass die Verbraucher sich ohne Angabe eines Bezuges überhaupt keine Vorstellung davon machen, worauf sich der Preisvorteil denn nun bezieht. Darauf kommt es für sie angesichts des gerade auch über den Preis betriebenen starken Wettbewerbs vielmehr besonders an.

e) Die mögliche Fehlvorstellung ist auch wettbewerbsrechtlich relevant, weil sie ohne Weiteres eine etwaige Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflussen kann.

f) Ein Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 4 UWG besteht dagegen nicht. Nach dieser Vorschrift muss klar und verständlich nur über die Bedingungen der Inanspruchnahme informiert werden. Darunter sind die Voraussetzungen zu verstehen, die der Verbraucher erfüllen muss, um den angekündigten Preisvorteil erlangen zu können. Es geht gerade nicht um den Wert des Preisvorteils oder den üblichen Preis der zu erwerbenden Ware.

3) Über die zulässige bedingte Anschlussberufung bedarf es keiner Entscheidung, da die Bedingung, dass die Berufung insgesamt wegen fehlender Aktivlegitimation des Klägers zurückgewiesen würde, nicht eingetreten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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