Abmahnung wegen Werbung ohne MwSt. – Spende an gemeinnützige Organisation kein mögliches Vertragsstrafeversprechen

28. März 2014
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Urteil des LG Köln vom 22.08.2013, Az.: 33 O 292/12

1. Einem Vertragsstrafeversprechen fehlt es an Ernstlichkeit, wenn der Gläubiger die Vertragsstrafe spenden soll. Durch diese Auflage ist das Versprechen gerade nicht uneingeschränkt – und genügt damit nicht den strengen Anforderungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr.

2. Auch der Hersteller von Produkten, der nie direkt an Endverbraucher, sondern nur an Zwischenhändler verkauft, darf in seiner Werbung keine netto-Preise ausschildern.

Landgericht Köln

Urteil vom 22.08.2013

Az.: 33 O 292/12

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

I.
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben mit einem Netto-Preis zu werben:

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2.
an den Kläger 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 08.01.2013 zu zahlen.

II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,– € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Bei dem Kläger handelt es sich um einen gerichtsbekannten Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Die Beklagte stellt Fahrzeuge der Marke … her und betreibt die Internetseite „……de“. Dort bewarb sie wie im Tenor wiedergegeben die Fahrzeuge … und … mit Nettopreisen ohne Mehrwertsteuer.

Der Kläger meint, diese Werbung verstoße gegen die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG iVm 1 PAngV bzw. gegen die §§ 3, 5a UWG, da der Netto-Preis ohne Mehrwertsteuer ausgelobt werde und damit nicht der geforderte Endpreis.

Mit Schreiben vom 16.04.2012 (Anlage 1 zur Klageschrift – Bl. 15 ff. d.A.) mahnte der Kläger die Beklagten wegen dieser Preiswerbung ab.

Diese gab unter dem 02.05.2012 die als Anlage 2 zur Klageschrift zur Akte gereichte Unterlassungserklärung (Bl. 19 f. d.A.) ab, wobei nach dem sog. neuen Hamburger Brauch eine Vertragsstrafe mit der Maßgabe versprochen wurde, „dass die Wettbewerbszentrale die Vertragsstrafe in voller Höhe als Spende an die Stiftung Deutsche Krebshilfe weiterreicht“.

Der Kläger wies dieses Vertragsstrafenversprechen wegen Zweifeln an der Ernstlichkeit zurück.

In der Folge gab die Beklagte unter dem 22.11.2012 ein erneutes Vertragsstrafenversprechen ab (Anlage 6 zur Klageschrift – Bl. 36 ff. d.A.), wobei nunmehr eine bezifferte Vertragsstrafe „verbunden mit der Maßgabe, dass die Wettbewerbszentrale die Vertragsstrafe in voller Höhe als Spende an eine andere gemeinnützige Organisation ihrer Wahl weiterreicht“, versprochen wurde.

Der Kläger hält auch diese Erklärung nicht für annahmefähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Klägers wird Bezug genommen auf die Seiten 8 ff. der Klageschrift (Bl. 8 ff. d.A.) und seinen Schriftsatz vom 18.03.2013 (Bl. 77 ff. dA).

Der Kläger beantragt,

– wie erkannt -.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, als Herstellerin, die kein Endkundengeschäft betreibe, sei sie bei der beanstandeten Werbung nicht an die Regeln der Preisangabenverordnung gebunden. Eine Irreführung durch Unterlassen sei nicht gegeben. Sie meint ferner, dass es möglich sein müsse, eine die Wiederholungsgefahr ausschließende Unterlassungserklärung abzugeben, die die gleichen Folgen herbeiführe wie ein gerichtlicher Unterlassungstitel, bei dessen Vollstreckung ein entsprechendes Ordnungsgeld ebenfalls nicht dem Gläubiger zufließe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf die Klageerwiderung (Bl. 59 ff. d.A.) und ihren Schriftsatz vom 11.07.2013 (Bl. 95 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Ansprüche des Klägers auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten folgen im tenorierten Umfang aus den §§ 3, 4 Nr. 11, 8, 12 UWG, 1 PAngV.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung der Preiswerbung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen, da die Beklagte damit § 3 UWG zuwidergehandelt hat.

Danach sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, die geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt gemäß § 4 Nr. 11 UWG insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Marktteilnehmer sind neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind.

Durch die von dem Kläger beanstandete Preiswerbung hat die Beklagte gegen die Marktverhaltensregel des § 1 PAngV verstoßen.

Danach muss der Anbieter von Waren in der Preiswerbung gegenüber Letztverbrauchern den Endpreis einschließlich der Mehrwertsteuer angeben.

Dies hat die Beklagte verbotswidrig nicht getan, indem sie in der beanstandeten Werbung unstreitig Nettopreise angegeben hat.

Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass sie als Herstellerin kein Endverbrauchergeschäft betreibe und für ihre Werbung die entsprechende Vorschrift der PAngV nicht gelte. Denn § 1 PAngV erfasst auch eine Werbeanzeige, die zwar vom Hersteller stammt, die aber aus Sicht der angesprochenen Verbraucher als eine Werbung erscheint, mit der sich ein „Anbieter“ von Waren an sie wendet (so BGH GRUR 1990, 1022, 1023 – Importeurswerbung). Dies ist vorliegend der Fall: So richte sich die Bewerbung nach ihrer Art bei dem … ausschließlich, bei dem … jedenfalls auch an Endverbraucher. Zugleich wird in beiden Werbungen eine Suche nach dem … Partner vor Ort eröffnet. Hinzu kommt, dass an keiner Stelle deutlich gemacht wird, dass es sich bei der Preisangabe um die Preisempfehlung des Herstellers handeln soll. D.h. die angesprochenen Verbraucher können und müssen ohne weiteres davon ausgehen, dass die beworbenen Fahrzeuge zu den benannten Preisen bei den über die Suchmaske zu ermittelnden Händlern zum Verkauf angeboten werden.

Die durch den Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr.11 UWG, 1 PAngV begründete Wiederholungsgefahr ist nicht durch die unter dem 22.11.2012 angebotene Unterlassungsverpflichtungserklärung entfallen.

An die Beseitigung der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Verletzer die durch einen Wettbewerbsverstoß begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur dadurch ausräumen, dass er gegenüber dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs eine uneingeschränkte, bedingungslose und durch ein Vertragsstrafeversprechen angemessen zu sichernde Unterlassungsverpflichtung eingeht. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann angenommen werden, dass der Verletzer die beanstandete Wettbewerbshandlung künftig auch ohne Unterlassungsurteil nicht mehr wiederholen wird (so OLG Brandenburg WRP 2000, 427 f.).

An der erforderlichen Ernsthaftigkeit der Unterwerfungserklärung fehlt es vorliegend, da der Kläger verpflichtet sein soll, die Vertragsstrafe an eine andere gemeinnützige Einrichtung weiter zu reichen. Die Kammer nimmt insofern Bezug auf die Ausführungen im Urteil des Landgerichts Köln vom 22.08.2012 – 84 O 104/12 – (Anlage 5 zur Klageschrift – Bl. 29 ff. d.A.), die sie sich zu eigen macht. Soweit dort auf das Prozessrisiko des Klägers im Falle der Vertragsstrafenklage abgehoben wird und auf die nicht zu tolerierende Zielsetzung, die Arbeit des Klägers zu erschweren und diesen zu „düpieren“, abgestellt wird, gelten diese Ausführungen auch in der vorliegenden Fallgestaltung entsprechend. Hinzu kommt, dass das von der Beklagten vorgeschlagene „Vertragsstrafenmodell“ die geradezu absurde Konsequenz hat, dass der Kläger beispielsweise die Vertragsstrafe ohne weiteres an einen anderen gemeinnützigen Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG weiterreichen könnte, der dann mit dem Geld die gleichen aus Sicht der Beklagten mglw. mehr oder weniger sinnvollen Aufgaben und Arbeiten finanzieren könnte. Weshalb dies dem Kläger zumutbar sein soll und welchen Sinn dies haben soll, erschließt sich der Kammer auch deshalb nicht, weil die Beklagte nicht einen objektiven Grund dafür angegeben hat, weshalb es ihr unzumutbar ist (siehe dazu auch OLG Köln WRP 2012, 221 ff.), dass der wirtschaftliche Erfolg einer verwirkten Vertragsstrafe dem Kläger zugutekommen soll. Die Frage, ob dieser Grund nachvollziehbar wäre, stellt sich daher erst gar nicht.

Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten in der zuerkannten Höhe folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: EUR 21.000.–

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