Verkaufspreis eines Neuwagens muss Überführungskosten beinhalten
Europäischer Gerichtshof
Urteil vom 07.07.2016
Az.: C-476/14
In der Rechtssache C‑476/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. September 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Oktober 2014, in dem Verfahren
Citroën Commerce GmbH
gegen
Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter und sowie der Richterinnen und ,
Generalanwalt:
Kanzler:
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Citroën Commerce GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte und ,
– der Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. (ZLW), vertreten durch Rechtsanwältin ,
– der ungarischen Regierung, vertreten durch als Bevollmächtigte,
– der österreichischen Regierung, vertreten durch als Bevollmächtigten,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch und als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Dezember 2015
folgendes
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. 1998, L 80, S. 27) sowie von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22, Berichtigung ABl. 2009, L 253, S. 18).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Citroën Commerce GmbH und der Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. (ZLW) wegen einer von Citroën Commerce geschalteten Werbung für Kraftfahrzeuge.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 98/6
Die Erwägungsgründe 6 und 12 der Richtlinie 98/6 lauten:
„(6) … Die Verpflichtung, den Verkaufspreis … anzugeben, trägt merklich zur Verbesserung der Verbraucherinformation bei, da sie den Verbrauchern auf einfachste Weise optimale Möglichkeiten bietet, die Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen und somit anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen.
…
(12) Eine Regelung auf Gemeinschaftsebene stellt eine einheitliche und transparente Information zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicher …“
Art. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Diese Richtlinie regelt die Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit bei Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden; dadurch soll für eine bessere Unterrichtung der Verbraucher gesorgt und ein Preisvergleich erleichtert werden.“
Art. 2 der Richtlinie sieht vor:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) ‚Verkaufspreis‘ den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt;
b) ‚Preis je Maßeinheit‘ den Endpreis, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt, für ein Kilogramm, einen Liter, einen Meter, einen Quadratmeter oder einen Kubikmeter des Erzeugnisses oder eine einzige andere Mengeneinheit, die beim Verkauf spezifischer Erzeugnisse in dem betreffenden Mitgliedstaat allgemein verwendet wird und üblich ist;
…
d) ‚Händler‘ jede natürliche oder juristische Person, die unter ihre kommerzielle oder berufliche Tätigkeit fallende Erzeugnisse verkauft oder zum Verkauf anbietet;
e) ‚Verbraucher‘ jede natürliche Person, die ein Erzeugnis für Zwecke kauft, die nicht im Zusammenhang mit ihrer kommerziellen oder beruflichen Tätigkeit stehen.“
Art. 3 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Bei den in Artikel 1 bezeichneten Erzeugnissen sind der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit anzugeben, wobei für die Angabe des Preises je Maßeinheit die Bestimmungen von Artikel 5 gelten. Der Preis je Maßeinheit muss nicht angegeben werden, wenn er mit dem Verkaufspreis identisch ist.
…
(4) Bei jeglicher Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse gemäß Artikel 1 genannt wird, ist vorbehaltlich des Artikels 5 auch der Preis je Maßeinheit anzugeben.“
In Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/6 heißt es:
„Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. …“
Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie lautet:
„Von der Pflicht zur Angabe des Preises je Maßeinheit können die Mitgliedstaaten Erzeugnisse ausnehmen, bei denen eine solche Angabe aufgrund der Beschaffenheit oder Zweckbestimmung der Erzeugnisse nicht sinnvoll oder geeignet wäre, zu Verwechslungen zu führen.“
Art. 10 der Richtlinie sieht vor:
„Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht, unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach dem Vertrag für die Unterrichtung der Verbraucher und den Preisvergleich günstigere Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten.“
Richtlinie 2005/29
In den Erwägungsgründen 6 und 10 der Richtlinie 2005/29 heißt es:
„(6) Die vorliegende Richtlinie gleicht … die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken einschließlich der unlauteren Werbung an, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher unmittelbar und dadurch die wirtschaftlichen Interessen rechtmäßig handelnder Mitbewerber mittelbar schädigen. …
…
(10) … Diese Richtlinie gilt … nur insoweit, als keine spezifischen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorliegen, die spezielle Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, wie etwa Informationsanforderungen oder Regeln darüber, wie dem Verbraucher Informationen zu vermitteln sind. Sie bietet den Verbrauchern in den Fällen Schutz, in denen es keine spezifischen sektoralen Vorschriften auf Gemeinschaftsebene gibt, und untersagt es Gewerbetreibenden, eine Fehlvorstellung von der Art ihrer Produkte zu wecken …“
Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) ‚Verbraucher‘ jede natürliche Person, die im Geschäftsverkehr im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;
b) ‚Gewerbetreibender‘ jede natürliche oder juristische Person, die im Geschäftsverkehr im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden handelt;
…
d) ‚Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern‘ (nachstehend auch ‚Geschäftspraktiken‘ genannt) jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt;
e) ‚wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers‘ die Anwendung einer Geschäftspraxis, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte;
…
i) ‚Aufforderung zum Kauf‘ jede kommerzielle Kommunikation, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen;
…
k) ‚geschäftliche Entscheidung‘ jede Entscheidung eines Verbraucher[s] darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen, eine Zahlung insgesamt oder teilweise leisten, ein Produkt behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit dem Produkt ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher beschließt, tätig zu werden oder ein Tätigwerden zu unterlassen;
…“
Art. 3 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Diese Richtlinie gilt für unlautere Geschäftspraktiken im Sinne des Artikels 5 von Unternehmen gegenüber Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts.
…
(4) Kollidieren die Bestimmungen dieser Richtlinie mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, so gehen die Letzteren vor und sind für diese besonderen Aspekte maßgebend.
…“
13 Art. 5 („Verbot unlauterer Geschäftspraktiken“) der Richtlinie bestimmt:
„(1) Unlautere Geschäftspraktiken sind verboten.
(2) Eine Geschäftspraxis ist unlauter, wenn
a) sie den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht
und
b) sie in Bezug auf das jeweilige Produkt das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht oder an den sie sich richtet[,] oder des durchschnittlichen Mitglieds einer Gruppe von Verbrauchern, wenn sich eine Geschäftspraxis an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, wesentlich beeinflusst oder dazu geeignet ist, es wesentlich zu beeinflussen.
…
(4) Unlautere Geschäftspraktiken sind insbesondere solche, die
a) irreführend im Sinne der Artikel 6 und 7 [sind]
…“
Art. 7 der Richtlinie 2005/29 sieht vor:
„(1) Eine Geschäftspraxis gilt als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.
…
(4) Im Falle der Aufforderung zum Kauf gelten folgende Informationen als wesentlich, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben:
…
c) der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht‑, Liefer‑ oder Zustellkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzliche Kosten anfallen können;
…“
Deutsches Recht
Durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. 2004 I, S. 1414, im Folgenden: UWG) wurde die Richtlinie 2005/29 in das deutsche Recht umgesetzt.
Wer als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 der Preisangabenverordnung (BGBl. 1985 I, S. 580, im Folgenden: PAngV) die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Citroën Commerce ließ in der Ausgabe vom 30. März 2011 der Nürnberger Nachrichten eine Werbeanzeige für ein Kraftfahrzeug der Marke Citroën veröffentlichen, die folgende Angaben enthielt: „z. B. Citroën C4 VTI 120 Exclusive: 21 800 [Euro]1“, „Maximaler Preisvorteil: 6 170 [Euro]1“. Die hochgestellte „1“ verwies auf folgenden Text im unteren Bereich der Anzeige: „Preis zuzüglich Überführung in Höhe von 790 [Euro]. Privatkundenangebot gültig für alle Citroën C 4 … bis Bestellung 10.04.2011 …“. Der vom Kunden beim Erwerb eines solchen Fahrzeugs zu entrichtende Gesamtpreis einschließlich der Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Verkäufer war in dieser Werbung nicht angegeben.
Die ZLW erhob beim Landgericht Köln (Deutschland) Klage gegen Citroën Commerce auf Unterlassung dieser Werbung, da diese nicht den Endpreis einschließlich der Überführungskosten enthalte.
Mit Urteil vom 11. Januar 2012 gab das Landgericht Köln der Klage statt.
Citroën Commerce legte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Köln (Deutschland) ein. Mit Urteil vom 21. September 2012 wies dieses die Berufung zurück.
Sowohl das Landgericht Köln als auch das Oberlandesgericht Köln waren der Auffassung, dass die fragliche Werbung wegen der fehlenden Angabe des Endpreises gegen die Bestimmungen des UWG und der PAngV verstoße.
Citroën Commerce legte gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln Revision beim Bundesgerichtshof (Deutschland) ein.
Das vorlegende Gericht führt aus, dass der Verkehr die Kosten der Überführung eines Fahrzeugs vom Hersteller zum Verkäufer nicht als zusätzliche Kosten, sondern als Bestandteil des Endpreises des Fahrzeugs auffasse. Die gesonderte Angabe dieser Kosten sei nur zulässig, wenn der Verbraucher wählen könne, ob er das Fahrzeug beim Hersteller selbst abhole oder den Wagen an den Händler liefern lasse, oder wenn die Höhe der Kosten nicht im Voraus angegeben werden könne, weil die Höhe der Überführungskosten im Einzelfall unterschiedlich sei. Diese Voraussetzungen seien im Ausgangsverfahren nicht erfüllt.
Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Stellt eine Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des dafür zu zahlenden Preises ein Anbieten im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/6 dar?
Falls die erste Frage zu bejahen ist:
2. Muss der bei einem Anbieten im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/6 gemäß den Art. 1 und 3 Abs. 1 Satz 1 anzugebende Verkaufspreis auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?
Falls die erste oder die zweite Frage zu verneinen ist:
3. Muss der bei einer Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29 gemäß deren Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 anzugebende „Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben“ bei einem Kraftfahrzeug auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?
Zu den Vorlagefragen
Mit seinen Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6 sowie Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen sind, dass die vom Verbraucher zu tragenden Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler in dem in einer Werbung eines Gewerbetreibenden angegebenen Verkaufspreis dieses Fahrzeugs enthalten sein müssen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 98/6 nach ihrem Art. 1 die Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit bei Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, regelt und dass dadurch für eine bessere Unterrichtung der Verbraucher gesorgt und ein Preisvergleich erleichtert werden soll.
Wie aus ihrem zwölften Erwägungsgrund hervorgeht, soll diese Richtlinie insoweit eine einheitliche und transparente Information zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicherstellen.
Um diese Einheitlichkeit und Transparenz der Preisinformation sicherzustellen, schreibt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6 vor, dass der Verkaufspreis aller Erzeugnisse, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, anzugeben ist, wobei dieser Verkaufspreis nach Art. 2 Buchst. a dieser Richtlinie als Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt, definiert ist.
Die Anwendbarkeit der Richtlinie 98/6 hinsichtlich bestimmter Aspekte von Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse genannt wird, ergibt sich aus Art. 3 Abs. 4 dieser Richtlinie.
Zwar sieht diese Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung zur Angabe des Verkaufspreises vor, jedoch kann eine Werbung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in der sowohl die Besonderheiten des beworbenen Erzeugnisses als auch ein Preis, der aus der Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers dem Verkaufspreis dieses Erzeugnisses gleichkommt, sowie ein Datum, bis zu dem das an Privatkunden gerichtete „Angebot“ gültig bleibt, genannt sind, von einem solchen Verbraucher als Angebot des Gewerbetreibenden, das Erzeugnis zu den in dieser Werbung genannten Konditionen zu verkaufen, aufgefasst werden. In einem solchen Fall muss der so angegebene Preis den Anforderungen der Richtlinie 98/6 genügen.
Insbesondere muss dieser Preis der Verkaufspreis des betreffenden Erzeugnisses, d. h. sein Endpreis im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6 sein. Der Endpreis ermöglicht es dem Verbraucher, den in einer Werbung angegebenen Preis zu beurteilen und mit dem Preis anderer ähnlicher Erzeugnisse zu vergleichen und somit, gemäß dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 98/6, anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen.
Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle in Rn. 30 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Zwar hat der Gerichtshof im Urteil vom 10. Juli 2014, Kommission/Belgien (C‑421/12, EU:C:2014:2064, Rn. 59), darauf hingewiesen, dass Gegenstand der Richtlinie 98/6 der Schutz der Verbraucher nicht bei der Angabe der Preise im Allgemeinen oder hinsichtlich der wirtschaftlichen Realität der Ankündigung von Preisermäßigungen ist, sondern bei der Preisangabe von Waren unter Bezugnahme auf unterschiedliche Maßeinheiten.
Mit diesem Hinweis hat der Gerichtshof jedoch lediglich das Vorbringen des Königreichs Belgien beantwortet, mit dem dargetan werden sollte, dass die belgische Regelung, nach der Ankündigungen von Preisermäßigungen bestimmte zeitliche Vorgaben erfüllen müssen, in den Geltungsbereich der Richtlinie 98/6 falle.
Diese Frage unterscheidet sich aber offenkundig von der Frage, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist, in der bestimmt werden soll, welche Bestandteile in die Angabe des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6 aufzunehmen sind.
Hinsichtlich dieser Bestandteile ist darauf hinzuweisen, dass der Verkaufspreis die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließen und darüber hinaus allgemein den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge darstellen muss.
Als Endpreis muss der Verkaufspreis notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden (vgl. entsprechend Urteil vom 18. September 2014, Vueling Airlines, C‑487/12, EU:C:2014:2232, Rn. 36).
Verlangt der Händler, der das Erzeugnis verkauft, dass der Verbraucher die Kosten der Überführung dieses Erzeugnisses vom Hersteller an diesen Händler trägt, und sind diese – im Übrigen feststehenden – Kosten infolgedessen obligatorisch vom Verbraucher zu tragen, stellen sie einen Bestandteil des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6 dar.
Dies gilt insbesondere, wenn sich der Verbraucher in Geschäftsräume des Händlers begibt, um ein Kraftfahrzeug in Besitz zu nehmen, das er bei diesem Händler gekauft hat und das in einem anderen Betrieb hergestellt wurde. In einem solchen Fall sind die Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller an den Händler üblicherweise vom Verbraucher zu tragen.
Diese für den Verbraucher obligatorischen Überführungskosten sind von den zusätzlichen Kosten für den Transport oder die Lieferung des gekauften Erzeugnisses an den vom Verbraucher gewählten Ort zu unterscheiden, da diese zusätzlichen Kosten nicht als unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises angesehen werden können.
Liegt die in Rn. 30 des vorliegenden Urteils genannte Situation vor, muss daher der Preis eines Erzeugnisses, das Verbrauchern von einem Händler zum Verkauf angeboten wird, in der Werbung für dieses Erzeugnis die Kosten der Überführung des Erzeugnisses vom Hersteller an den Händler enthalten, wenn diese Kosten obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind.
Zur Anwendbarkeit der Richtlinie 2005/29 ergibt sich aus Art. 3 Abs. 4 dieser Richtlinie, dass, wenn die Bestimmungen dieser Richtlinie mit anderen Rechtsvorschriften der Union kollidieren, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, Letztere vorgehen und für diese besonderen Aspekte maßgebend sind.
Zwar gilt die Richtlinie 2005/29 nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für unlautere Geschäftspraktiken im Sinne von Art. 5 dieser Richtlinie von Unternehmen gegenüber Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts. In Art. 2 Buchst. d der Richtlinie werden Geschäftspraktiken definiert als „jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt“ (vgl. Urteil vom 16. Juli 2015, Abcur, C‑544/13 und C‑545/13, EU:C:2015:481, Rn. 73).
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 98/6 besondere Aspekte im Sinne von Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29 der gegebenenfalls als unlauter einzustufenden Geschäftspraktiken in den Beziehungen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern regelt, insbesondere solche, die mit der Angabe des Verkaufspreises von Erzeugnissen in Verkaufsangeboten und in der Werbung im Zusammenhang stehen.
Da der Aspekt des Verkaufspreises, der in einer Werbung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden angegeben ist, durch die Richtlinie 98/6 geregelt wird, kann die Richtlinie 2005/29 hinsichtlich dieses Aspekts nicht zur Anwendung kommen.
Daher bedarf es keiner Auslegung von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29.
Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 3 der Richtlinie 98/6 in Verbindung mit deren Art. 1 und Art. 2 Buchst. a dahin auszulegen ist, dass die vom Verbraucher zu tragenden Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler in dem in einer Werbung eines Gewerbetreibenden angegebenen Verkaufspreis dieses Fahrzeugs enthalten sein müssen, wenn diese Werbung unter Berücksichtigung sämtlicher ihrer Merkmale aus der Sicht des Verbrauchers als ein für dieses Fahrzeug geltendes Angebot aufzufassen ist. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse in Verbindung mit Art. 1 und Art. 2 Buchst. a dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die vom Verbraucher zu tragenden Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler in dem in einer Werbung eines Gewerbetreibenden angegebenen Verkaufspreis dieses Fahrzeugs enthalten sein müssen, wenn diese Werbung unter Berücksichtigung sämtlicher ihrer Merkmale aus der Sicht des Verbrauchers als ein für dieses Fahrzeug geltendes Angebot aufzufassen ist. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle diese Voraussetzungen erfüllt sind.