Werbung mit „CE/TÜV/GS-geprüft“ ist irreführend

15. April 2016
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
1694 mal gelesen
0 Shares
Kennzeichnungspflicht Zeichen Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.02.2016, Az.: I-15 U 58/15

Bei der CE-Kennzeichnung handelt es sich um kein Prüfzeichen, sondern um ein reines Verwaltungszeichen mit dem der Hersteller zum Ausdruck bringt, dass sein Produkt den gesetzlichen Sicherheitsmindestanforderungen genügt. Aufgrund der Unklarheit über die Bedeutung des Zeichens in Verbraucherkreisen besteht eine gesteigerte Irreführungsgefahr dahingehend, dass der Verbraucher annimmt, es handle sich hierbei um eine besondere geprüfte Produkteigenschaft. Dies gilt umso mehr, wenn „CE“ in unmittelbarer Nähe zu echten Prüfsiegeln wie „TÜV“ und „GS“ platziert wird. Eine Irreführung ist stets dann anzunehmen, wenn mit der Aussage „CE-geprüft“ geworben wird.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 25.02.2016

Az.: I-15 U 58/15

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger ist der älteste Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte bietet im Internet u.a. Einrichtungsgegenstände an.

Die Parteien streiten über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit der im Tenor eingeblendeten Werbung der Beklagten (siehe auch Blatt 4 GA) für einen Elektro-Wecker auf der Internetplattform X., und zwar konkret hinsichtlich der dort u.a. enthaltenen Angabe „Inkl. Netzteil: CE/TÜV/GS-geprüft“.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr.1 ZPO auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Wuppertal (Blatt 111 ff. GA) Bezug genommen, mit dem es den Erlass eines Versäumnisurteils gegen die Beklagte abgelehnt sowie die auf Unterlassung und den Ersatz vorgerichtlicher Kosten gerichtete Klage abgewiesen hat. Die Klageschrift ist der Beklagten am 12.08.2015 zugestellt worden.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung macht der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Standpunktes im Wesentlichen geltend: Die beanstandete Werbung sei irreführend. Durch den Zusatz „-geprüft“ sowie die Erwähnung des Hinweises „CE“ im unmittelbaren Zusammenhang mit den Hinweisen „TÜV“ und „GS“ werde beim Verbraucher die irrige Vorstellung geweckt, auch hinter dem Hinweis „CE“ verberge sich ein Prüfzeichen, mit dem ein unabhängiger Dritter die Qualität des beworbenen Produkts bescheinigt habe und das Produkt neben „TÜV“ und „GS“ über ein zusätzliches besonderes Qualitätssiegel verfüge. In Wahrheit handele es sich – insoweit unstreitig –  bei der CE-Kennzeichnung jedoch um ein reines Verwaltungszeichen, mit dem der Hersteller gemäß seiner gesetzlichen Pflicht selbst erkläre, dass das von ihm hergestellte Produkt den gesetzlichen Sicherheitsmindestanforderungen genüge.

Der Kläger beantragt,

wie vom Senat erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Klage sei zu Recht in Anwendung des § 331 Abs. 2 Hs. 2 ZPO abgewiesen worden. Das Adjektiv „geprüft“ sei in der streitgegenständlichen Werbung lediglich auf „GS“ bezogen. Dies komme durch die zwischen den übrigen Subjekten (scil.: „CE“ und „TÜV“) befindlichen Schrägstriche zum Ausdruck. Die deutsche Grammatik kenne kein stärkeres Trennungszeichen. Für den Durchschnittsverbraucher sei der Schrägstrich sogar stärker trennend als ein Punkt. Zudem habe das Landgericht zutreffend auf Folgendes abgestellt: Wenn es ihr (der Beklagten) wirklich um eine Darstellung des Weckers als „CE-geprüft“ gegangen wäre, hätte sie die Internet-Werbung in suchmaschinenoptimierter Weise mit der Fassung „CE-/TÜV-/GS-geprüft“ eingestellt. Die streitgegenständliche Fassung sei das Gegenteil der Fassung „TÜV, CE und GS geprüft“; eine Vergleichbarkeit sei auch nicht mit „TÜV GS CE“ gegeben. Ohnehin beziehe sich die Werbung – unstreitig – auf ein bloßes Zubehörteil (das Netzteil), so dass die Kaufentscheidung des Verbrauchers letztlich gar nicht beeinflusst werde. Die Angabe „CE“ werde nicht als für die Wertsteigerung relevant empfunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung hat Erfolg. Das angefochtene Urteil ist abzuändern und den Klageanträgen stattzugeben.

1.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Das angefochtene Urteil ist ein sog. unechtes Versäumnisurteil (vgl. § 331 Abs. 2 Hs. 2 ZPO), gegen das nicht etwa der Rechtsbehelf des Einspruchs (§ 338 ZPO), sondern das Rechtsmittel der Berufung (§ 511 ZPO) statthaft ist (vgl. nur Zöller/Herget, ZPO, 30. A, vor § 330 Rn 11).

2.

Die Berufung ist begründet, da dem Kläger sowohl der geltend gemachte Unterlassungsanspruch als auch der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten zusteht.

a)

Für die rechtliche Bewertung des Rechtsstreits ist mangels einer Übergangsbestimmung auf das UWG in der Fassung des 2. Änderungsgesetzes (Gesetz v. 02.12.2015 (BGBl. I S. 2158)), welches seit dem 10.12.2015 in Kraft steht, abzustellen (vgl. Senat, Urteil v. 21.01.2016, I-15 U 28/15 m.w.N.).

b)

Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG.

aa)

Die Aktivlegitimation des Klägers für die Geltendmachung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Hiergegen hat die Beklagte zu Recht nichts erinnert.

bb)

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG bedarf es einer irreführenden geschäftlichen Handlung. Die Irreführung kann ausweislich § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG u.a. mittels unwahrer oder sonst zur Täuschung geeigneter Angaben über die Beschaffenheit (u.a. also die Qualität) der Ware erfolgen.

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob eine Angabe irreführend ist, ist die Auffassung der Verkehrskreise (das Verkehrsverständnis), an die sich die Werbung richtet (Empfängerhorizont) und deren Entschließung sie beeinflussen soll (st. Rspr. seit BGHZ 13, 244, 253 = GRUR 1955, 38, 40 – Cupresa). Die Verkehrsauffassung entscheidet u.a. darüber, welcher Sinn der Angabe zukommt, ob sie die Gefahr einer Irreführung begründet und relevant ist. Die streitgegenständliche Werbung der Beklagten richtet sich an alle (Privat-)Kunden, die potentiell Interesse an einem solchen Wecker haben. Da die Senatsmitglieder ebenfalls zu diesen Verkehrskreisen zählen, können sie die maßgebliche Verkehrsauffassung selbst beurteilen (vgl. BGH GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft; GRUR 2012, 215 Rn. 14 – Zertifizierter Testamentsvollstrecker).

Für die Bewertung als irreführend ist allein entscheidend, welche Vorstellung die Angabe beim verständigen Durchschnittsverbraucher hervorruft und ob dieser Eindruck mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Richtig i.S.v. § 5 UWG ist eine Angabe nur dann, wenn sie aus der Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen, situationsbedingt aufmerksamen Verbrauchers mit dem übereinstimmt, was die umworbenen Verkehrskreise ihr entnehmen (st. Rspr. des BGH, vgl. statt aller GRUR 2010, 936 Rn. 10 – Espressomaschine), wobei es auf den Gesamteindruck ankommt, den die Angabe nach dem (Text- oder graphischen) Zusammenhang, in den sie gestellt ist, vermittelt.

Die Anwendung vorstehender Grundsätze führt zu der Feststellung, dass die Art und Weise der hier in Rede stehenden Werbungsgestaltung der Beklagten die erforderliche Eignung aufweist, relevante Teile der Verkehrskreise in die Irre zu führen. Hinweise auf eine (amtliche) Prüfung bzw. Zulassung eines Produkts sind irreführend, wenn diese in Wirklichkeit nicht oder nicht in der behaupteten Form vorliegt, was insbesondere bei einer verfehlten Verwendung des TÜV-Prüfzeichens, des GS-Zeichens oder des CE-Zeichens gegeben sein kann (Busche, in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2. A., 2014, § 5 Rn. 346).

(1)

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu vergegenwärtigen, dass CE-Zeichen (mögen sie nach Europäischen Richtlinien oder nach Maßgabe des nationalen Rechts gefordert sein) vom Hersteller auf bestimmten Produkten anzubringen sind, wobei Art. 30 Verordnung (EG) Nr. 765/2008 vom 09.07.2008 die allgemeinen Grundsätze zur CE-Kennzeichnung festlegt. Mit der Anbringung einer CE-Kennzeichnung bringt der Hersteller des Produkts zum Ausdruck, dass er die Verantwortung für die Konformität des Produkts mit allen in den einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft enthaltenen und für deren Anbringung geltenden Anforderungen übernimmt (Art. 30 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 765/2008). Demnach ist das CE-Kennzeichen gerade kein Prüfzeichen im klassischen Sinne, sondern eine reine Herstellererklärung in Bezug auf die Einhaltung der relevanten Sicherheitsstandards, die nicht der Regelung der Nr. 2 im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG unterfällt (Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, 3. A., 2013, § 3 Rn. 7, § 5 Rn. 267; Ohly/Sosnitza, UWG, 6. A., 2014, Kommentar Anhang (zu § 3 Abs. 3) Rn. 9). Nur wenn ausnahmsweise (was in Bezug auf das Produkt der Beklagten unstreitig nicht der Fall ist) eine unabhängige Prüfung durch eine behördlich anerkannte Stelle stattgefunden hat und darauf mittels einer entsprechenden Prüfnummer hingewiesen wird, stellt selbst das „CE“-Zeichen ein Prüfsiegel dar (Busche, a.a.O., § 5 Rn. 346). Im Gegensatz dazu stellt das amtlich bekannt gemachte GS-Zeichen („Geprüfte Sicherheit“) stets ein echtes Gütesiegel dar, weil es durch einen Dritten (scil.: die sog. GS-Stelle) zuerkannt wird, der zuvor eine Prüfung durchgeführt hat (Hoeren/Ernstscheider MMR 2004, 507, 512; Weidert, a.a.O., § 5 Rn. 269).

Hinsichtlich des CE-Zeichens, dessen zutreffende Bedeutung in Verbraucherkreisen weithin (selbst unter Juristen) unklar ist (vgl. dazu Klindt, in: Anm. zu OLG Frankfurt EWiR 2000, 1171 [LS], a.a.O, S. 1171 f.), besteht daher eine besonders hohe Gefahr der Irreführung des Durchschnittsverbrauchers, weil mit derartigen Werbeangaben eine – objektiv nicht vorhandene – (ggf. staatliche) Autorität in Anspruch genommen zu werden droht, die beim Durchschnittsverbraucher regelmäßig „Eindruck schindet“ (vgl. Busche, a.a.O., § 5 Rn. 346). Diese grundsätzliche Gefahr hat auch die Europäische Kommission ausweislich S. 49 der Richtlinie über die CE-Kennzeichnung (Anlage K 15) erkannt, wo betont wird, dass die (für alle Produkte gleichermaßen geltende) Kennzeichnung gerade nicht kommerziellen Zwecken dienen soll.

Zwar darf selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden, dass die Anbringung eines CE-Zeichens einer gesetzlichen Verpflichtung (hier: aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 ProdSG) entspricht. Demzufolge darf allein aus der Anbringung des CE-Zeichens als solcher keine Irreführung unter dem Aspekt des „Werbens mit einer Selbstverständlichkeit“ hergeleitet werden (vgl. OLG Frankfurt EWiR 2000, 1171 [LS] mit Anm Klindt; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rn. 2.120). Von dieser das „ob“ betreffenden Frage ist allerdings jene nach dem „wie“ der Kennzeichnung strikt zu unterscheiden. In Bezug auf die Art und Weise der Anbringung sind in Anbetracht der zuvor geschilderten gesteigerten Irreführungsgefahr im Zusammenhang mit dem CE-Zeichen höchste Anforderungen zu stellen. Der Hersteller bzw. Werbende hat tunlichst alles zu unterlassen, was über den rein gesetzlich geschuldeten Hinweis hinausgeht.

Zweifelsohne wird der Bereich der zulässigen Art und Weise der Anbringung des CE-Zeichens jedenfalls dann verlassen, wenn mit der ausdrücklichen Aussage „CE-geprüft“ geworben wird (vgl. OLG Frankfurt, Urteil v. 21.06.2012, Az. 6 U 24/11 (Anlage K 10); LG Darmstadt, Urteil v. 19.02.2010, Az. 15 O 327/09 = WRP 2010, 1190 (LS); LG Landau, Urteil v. 06.11.2013 – HK O 16/13 = BeckRS 2014, 00569). Darüber hinaus ist nach Auffassung des Senats allerdings mit Blick auf die erwähnten besonderen Irreführungsgefahren jedwedes „Beiwerk“ zur allein geforderten „neutralen“ Anbringung des CE-Zeichens zu unterlassen, das geeignet ist, irrige Vorstellungen des Durchschnittsverbrauchers betreffend die Natur des CE-Zeichens hervorzurufen bzw. noch zu verstärken. Vorstehende Maxime wird jedenfalls auch dann missachtet, wenn in einer Werbung das CE-Zeichen in unmittelbarem textlichem, graphischen pp. Zusammenhang mit echten Prüfsiegeln abgedruckt wird. Denn eine solche Darstellungsform insinuiert, dass auch das CE-Zeichen ein Beleg für durch Dritte geprüfte Qualität sei. Zwar ist dem Publikum bekannt, dass bei der Prüfung von Gütesiegeln nicht notwendig eine staatliche Überwachung erfolgt, sondern diese vielfach auch von privaten Institutionen vergeben werden (vgl. BGH, GRUR 2013, 401 Rn. 45 – Biomineralwasser). Die Eignung zur Irreführung folgt daher vorliegend zwar nicht aus der konkludenten Vorspiegelung einer amtlichen Prüfung, jedoch aus dem Umstand, dass vom Durchschnittsverbraucher aufgrund der engen räumlichen Nähe zu den echten Prüfsiegeln „GS“ und „TÜV“ auch in Bezug auf das CE-Zeichen eine objektiv nicht gegebene Prüfung durch (mehr oder weniger unabhängige) Dritte vorausgesetzt wird.

Gemäß § 7 Abs. 5 ProdSG darf nach der CE-Kennzeichnung (und gegebenenfalls nach der Kennnummer) zwar ein Piktogramm oder ein anderes Zeichen stehen, das auf ein besonderes Risiko oder eine besondere Verwendung hinweist. Um solche Risikohinweise handelt es sich bei „TÜV“ und „GS“ indes eindeutig nicht.

(2)

Aus dem zuvor Ausgeführten folgt, dass es bereits aus grundsätzlichen Erwägungen irreführend ist, eine CE-Kennzeichnung in unmittelbarer Nähe zu in der Werbung enthaltenen Hinweisen auf echte Prüfsiegel anzubringen. Damit ist einer Differenzierung danach, ob zwischen dem CE-Zeichen und den in derselben Textzeile erwähnten echten Prüfsiegeln überhaupt kein (z.B. „CE TÜV GS“) Trennungszeichen oder ein Punkt oder – wie hier – ein Schrägstrich befindlich ist, von vornherein die Grundlage entzogen. Dies gilt bereits vor dem Hintergrund, dass der Durchschnittsverbraucher beim Betrachten der Werbung derart analysierende Überlegungen gar nicht anstellen wird. Die Werbeangaben einschließlich der hier streitgegenständlichen Textzeile (letztere bestehend aus bloß drei Worten und drei Buchstabenkombinationen) sind überschaubar, so dass der Verbraucher diese bei einmaliger Lektüre schnell erfasst und sich daher nur kurzzeitig mit ihnen beschäftigt, ohne tiefgehende grammatikalische und/oder orthographische Überlegungen anzustellen. Eine solche Darstellungsweise begründet daher die hohe und nicht hinzunehmende Gefahr, dass der Verbraucher irrig annimmt, (auch) das CE-Zeichen belege eine besondere, durch fachkundige Dritte bestätigte Produkteigenschaft im Vergleich zu Konkurrenzprodukten. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob das „CE“ in der streitgegenständlichen Werbung mit der ausdrücklich abgedruckten Vokabel „geprüft“ (bei korrekter grammatikalischer / orthographischer Interpretation) sprachlich verknüpft ist oder nicht.

Soweit das Landgericht demgegenüber befunden hat, es entlaste die Beklagte, dass das „-geprüft“ (nur) bei „GS“ hinzugefügt sei, so dass der Verbraucher den Umkehrschluss ziehe, dem CE-Zeichen liege keine Prüfung zugrunde, überzeugt dies (abgesehen von den zuvor erläuterten grundsätzlichen Erwägungen) nicht. Bei dieser Lesart wäre der Zusatz „-geprüft“ (die Ansicht des Landgerichts zugrunde gelegt) dann auch nicht auf „TÜV“ bezogen, obwohl der Verbraucher davon ausgeht, dass einer „Zulassung durch den TÜV“ eine wie auch immer geartete Prüfung vorausgeht. Zweitens bedeutet „GS“ ausformuliert „Geprüfte Sicherheit“, so dass der Zusatz in Bezug auf „GS“ redundant wäre.

(3)

Die von der Beklagten sowohl erst- (Blatt 95 f GA) als auch zweitinstanzlich (Blatt 166 GA) in Bezug genommene Rechtsprechung trägt ihre gegenteilige Rechtsauffassung ebenfalls nicht. Sämtliche Entscheidungen (mit Ausnahme jener des LG Bielefeld, die letztlich durch Anerkenntnisurteil des OLG Hamm abgeändert wurde, s. Anlage K 10) betreffen nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich vorgeschriebene „CE“-Kennzeichnung aufgrund ihrer konkreten Gestaltung irreführend ist. Es geht vielmehr entweder um Fragen des Rechtsbruchtatbestandes im Zusammenhang mit zu Unrecht angebrachten / unterlassenen Kennzeichnungen oder um kaufrechtliche Probleme; die hier interessierende Rechtsfrage ist in allen Fällen nicht einmal inzident von Belang. Dass das Unterlassen einer (hier: gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 ProdSG) gesetzlich vorgeschriebenen CE-Kennzeichnung nach § 3a UWG n.F. bzw. § 4 Nr. 11 UWG a.F. unlauter ist (so zutreffend OLG Düsseldorf, Urteil v. 11.02.2014, Az. I-20 U 188/13), trägt keineswegs den von der Beklagten offenbar gezogenen Umkehrschluss, die gesetzliche Kennzeichnungspflicht gewähre zugleich einen vollständigen Dispens vom Irreführungsverbot. Etwaige Werbehinweise auf das CE-Zeichen müssen vielmehr stets so erfolgen, dass die Suggestion einer Ähnlichkeit des CE-Zeichens mit echten Prüfsiegeln vermieden wird.

(4)

Der Hinweis der Beklagten, dass sie ihren Internet-Werbeauftritt unter dem Aspekt der „suchmaschinenorientierten“ Werbung ganz anders gestaltet hätte, wenn es ihr tatsächlich darum gegangen wäre, das „-geprüft“ auch auf das CE-Zeichen zu beziehen, verfängt nicht. Auf solche subjektiven Momente kommt es – wie oben erläutert – nicht an.

cc)

Die Spürbarkeitsklausel gemäß § 3 Abs. 1 UWG a.F. ist durch das einleitend genannte Änderungsgesetz gestrichen worden. Stattdessen normiert § 5 UWG nunmehr eine eigens geregelte „Abnehmerrelevanz“ (vgl. Ohly, GRUR 2016, 1, 3 f.).

Sowohl die Anforderungen an die Spürbarkeit nach § 3 Abs. 1 UWG a.F. als auch die „Abnehmerrelevanz“ nach § 5 UWG n.F. („…geeignet sein muss, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“) sind gegeben. Bzgl. § 5 UWG n.F. kann insoweit zunächst auf das oben unter bb) Ausgeführte verwiesen werden.

Bzgl. § 3 Abs. 1 UWG a.F. gilt (vgl. zu „CE-geprüft“ z.B. LG Landau, a.a.O., m.w.N.), dass eine unlautere Irreführung in Bezug auf die Produktqualität im Zusammenhang mit einem CE-Zeichen geeignet ist, die Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers spürbar zu beeinträchtigen; irreführende Angaben überschreiten regelmäßig die Spürbarkeitsgrenze (vgl. BGH GRUR 2009, 888 Rn. 18 – Thermoroll). Unschädlich ist insbesondere, dass der Hinweis auf das CE-Zeichen „nur“ auf das Netzteil bezogen ist. Bei diesem Bauteil handelt es sich nämlich um einen wichtigen Baustein des Gesamtprodukts, auf den der Verbraucher gerade unter Sicherheitsaspekten großen Wert legt.

dd)

Da das beanstandete Verhalten nach alledem nach dem UWG a.F. und n.F. verboten war (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, Urteil v. 21.01.2016, Az. 15 U 28/15 m.w.N.), folgt aus der unstreitigen Zuwiderhandlung die notwendige Wiederholungsgefahr.

c)

Der Anspruch des Klägers auf Erstattung von Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Bei einem Verband zur Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen besteht nur ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.98). Die geltend gemachte Pauschale ist nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Klägers der Höhe nach angemessen.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

d)

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis zu EUR 12.500,- gemäß der nicht angegriffenen Festsetzung des Landgerichts für die erste Instanz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a