Wortspiel als Marke

25. März 2009
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Eigener Leitsatz:

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Mehrwortzeichen oder Begriffskombinationen, wie Wortspiele oder Redewendungen, ist insbesondere auf die Geläufigkeit einer Redewendung im Zusammenhang mit den einzutragenden Waren und Dienstleistungen abzustellen.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 03.03.2009

Az.: 33 W (pat) 72/07

Beschluss

In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 58 070.5 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 3. März 2009 unter Mitwirkung … beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

Die Anmeldung der Wortmarke

Da blüh ich auf

für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 20, 31 und 35 ist mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 5. März 2007 nach §§ 37 Abs. 1, 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen worden, nämlich für die Waren und Dienstleistungen „land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Blumenzwiebeln; Bäume; Einzelhandelsdienstleistungen
eines Gartencenters, insbesondere mit den vorgenannten Waren und mit chemischen Erzeugnissen für den Gartenbau; Fungizide, Herbizide, Insektizide und Mittel zur Bekämpfung von Parasiten; chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten und forstwirtschaftliche Zwecke; Düngemittel; Mittel gegen das Keimen von Gemüsepflanzen; Mittel zur Regulierung des Pflanzenwachstums; Präparate von Spurenelementen für Pflanzen; Mittel zur Erzeugung von Blattglanz für Pflanzen; Blumenerde; Mittel zum Haltbarmachen von Blumen“.

Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Unter der
Wortfolge „Da blüh ich auf“ werde der Verkehr die Aussage verstehen, dass die so gekennzeichneten Waren selbst besser blühten bzw. mit ihrer Hilfe Pflanzen zum besseren Blühen gebracht würden. Auch die zurückgewiesenen Einzelhandelsdienstleistungen würden mit der Anmeldemarke dahingehend bezeichnet, dass sie
sich diesem Zweck unterordneten.

Die personifizierte Aussage „Da blüh ich auf“ gebe nur einen Sachhinweis, nicht aber einen betrieblichen Herkunftshinweis. Derartige Slogans, mit denen das Gefühl der Verbraucher angesprochen werde, seien in der Pflanzenwerbung üblich. Hierfür nennt die Markenstelle verschiedene Beispiele aus dem Internet-Verzeichnis www.slogans.de. Bei der Anmeldemarke handele es sich nur um eine werbemäßige Anpreisung. Zudem stelle sie eine längere Wortfolge dar, die sich in sachbezogenen Anpreisungen allgemeiner Art erschöpfe. Ihr fehle damit jegliche Unterscheidungskraft. Die Frage des Bestehens eines  Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG könne somit dahingestellt bleiben.

Für die nicht von der Zurückweisung betroffenen Waren bestehe hingegen nur ein mittelbarer thematischer oder inhaltlicher Bezug zu blühenden Pflanzen, so dass die Marke insoweit schutzfähig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass der angemeldeten Marke im Hinblick auf die zu den Anforderungen an die Unterscheidungskraft ergangene Rechtsprechung
nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Zu Unrecht habe die Markenstelle unterstellt, dass der Verkehr die angemeldete Wortfolge
dahingehend verstehen werde, dass die zurückgewiesenen Waren selbst besser blühten, mit ihrer Hilfe Pflanzen zum besseren Blühen gebracht oder die zurückgewiesenen Dienstleistungen sich diesen Zwecken unterordnen würden. Auch gehe die Markenstelle zu Unrecht davon aus, dass personifizierte Werbeslogans
grundsätzlich nicht eintragbar seien. Für diese Annahme gebe es keinen Erfahrungssatz.

Bei der Anmeldemarke handele es sich nicht um einen solchen personifizierten Slogan, denn es sei unwahrscheinlich, dass der Verkehr die Wortfolge als „sprechende Pflanze“ verstehe. Vielmehr sei das „Aufblühen“ als Metapher insbesondere für eine menschliche Regung geläufig. Sie werde daher rein personenbezogen verstanden. Dies habe sich auch durch die von der Anmelderin vorgenommene Google-Recherche bestätigt, bei der außer den auf die Anmelderin
hinweisenden Treffern nur solche auffindbar gewesen seien, in denen Personen die Wortfolge ausgesprochen und dabei auf sich bezogen hätten. Der Verkehr
werde sie daher nicht mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in Verbindung bringen oder sie als Produktversprechen begreifen, sondern sie
personenbezogen verstehen. Bei der Verknüpfung zu den Waren oder Dienstleistungen erkenne er die Originalität und den Sprachwitz der Wortfolge, das „Aha-Erlebnis“, das die Wortfolge zu einem betrieblichen Herkunftshinweis mache.

Zudem könne ein etwaiges Produktversprechen im Sinne des besseren Blühens für die Einzelhandelsdienstleistungen eines Gartencenters und die Waren „Mittel
gegen das Keimen von Gemüsepflanzen, Mittel zur Regulierung des Pflanzenwachstums, Mittel zur Erzeugung von Blattglanz für Pflanzen“ keine beschreibende
Bedeutung haben, da ein Gartencenter Blumen nicht besser blühen lasse und die Waren ein Blühen gerade verhindern sollten bzw. (Blattganzerzeugungsmittel)
das Blühen gar nicht beeinflussen könne. Ergänzend verweist die Anmelderin auf die Entscheidung BGH GRUR 2005, 417 – BerlinCard. Insgesamt werde die
angemeldete Wortfolge nicht als Produktversprechen im Sinne eines besseren Blühens verstanden und erfülle auch die Kriterien der Kürze, gewissen Originalität
und Prägnanz einer Wortfolge sowie deren Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit.

Im Übrigen bestehe an der Marke auch kein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da Marken wie „Da blüh ich auf“ keine Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben könnten.

Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die zur Eintragung angemeldete Bezeichnung weist für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht die für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH
GRUR 2002, 804 Nr. 35 – Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr. 30, 48 – Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten
Waren oder Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Nr. 24 – SAT.2).

Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke, auch und gerade von Mehrwortzeichen oder Begriffskombinationen, ist auf die Wahrnehmung in ihrer Gesamtheit durch die angesprochenen Verkehrskreise abzustellen (s. Urteil des EuGH vom 16.9.2004, C-329/02 P – SAT.2, Rdn. 24; GRUR 2004, 943), und zwar
auf das Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (s. Urteil des EuGH vom 16.7.1998,
C-210/96 – 6-Korn-Eier/Gut Springenheide, Rdn. 31; GRUR Int. 1998, 795). Durch die in der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen werden sowohl das allgemeine Publikum als auch Fachverkehrskreise auf dem Gebiet des Gartenbaus, der Pflanzenzüchtung und damit verbundener Waren und Handelsdienstleistungen
angesprochen.

Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge „Da blüh ich auf“, ebenso wie bei ihrer unverkürzten Variante „Da blühe ich auf“, um eine geläufige Redewendung der deutschen Sprache handelt. Mit der Umschreibung „aufblühen“ wird ein „aufleben, eine positive Stimmung bzw. der Gewinn einer lebensbejahenden Haltung“ ausgedrückt (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl.). Dementsprechend häufig war für den Senat die
Verwendung im Internet belegbar, z. B.: http://.streiflicht.wordpress.com/…: „… Ich liebe es, mich mit Kunst zu befassen und in Museen und Galerien bildender
und angewandter Kunst zu gehen. Ja, da blühe ich auf. …“; www.dateme.ch: „Meer, Strand und Sonne! Da blühe ich auf! Klar mag ich…“;
www.cluburlaub.de/robinson-club.php: „Es ist die Leichtigkeit, die in den Robinson Clubs flirrend in der Luft liegt. Da blühe ich auf und genieße das Leben in all seinen Facetten.“;  www.bundestag.de/cgibin/druck.pl: „… Die Lieblingsthemen der Abgeordneten sind Kultur und Bauen. „Da blühe ich auf, da fallen mir Bilder auf, da stöbere ich in meinen Bücherschrank, um einen richtig guten Aufhänger zu finden.“.
Zudem ließen sich bei der Senatsrecherche zahlreiche Hinweise darauf finden, dass der Begriff „Aufblühen“ auch in Zusammenhang mit Garten und Pflanzen als
personifizierte Aussage (d. h. aus der Sicht des dabei „aufblühenden“ Kunden bzw. Gärtners) verwendet wird, etwa: www.lehrbetriebe-basel.ch/fuer_kunden/gaertnerei.php: „Gärtnerei – wir blühen auf“; www.paulsen-rosen.de: „Rosen von Paulsen – da blühe ich auf“;
www.hunterreport.de/web/cms/ausgaben/080302/ammerland/pdf/10014.pdf: „“Da blüh´ ich auf!“ ist das passende Motto der Ausstellung. Zu sehen ist die gesamte
Bandbreite frühlingsblühender Gartenpflanzen …“; www.ute-schock.de/presse.html: „Heilkräuter sind mein Hobby – da blühe ich auf.“; www.focus.de/schule/familie/freizeit…: „Kleine Gärtner blühen auf Naturkunde – Mit eigenen Beeten oder Balkonkästen erleben Kinder eine
Abenteuerreise ins Reich der Flora und Fauna“.

Auch andere sprachliche Variationen, in denen das „Aufblühen“ in Zusammenhang mit Gärten und Pflanzen herausgestellt wird, waren belegbar (z. B. „Flühtmann
… Und Ihr Garten blüht auf.“; „Eine Terrasse blüht auf“; „Unsere Stadt blüht auf“; „IGA 2003 – Rostock blüht auf“).

Zwar mag bei der angemeldeten Marke insoweit ein Wortspiel vorliegen, als die allgemeine Redewendung „Da blüh(e) ich auf“, die eigentlich ein Aufleben der
Person bezeichnet, hier in Zusammenhang mit Pflanzen und Gärten verwendet wird, wo es um das Blühen von Pflanzen geht. Wie das Ergebnis der Senatsrecherche
zeigt, ist das Wortspiel aber durchaus bekannt und wird häufig – auch in der Werbung – von unterschiedlichen Anbietern in Zusammenhang mit Pflanzen
und Gärten verwendet. Damit fehlt der angemeldeten Marke für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen, die sich allesamt auf Blumen und Pflanzen
bzw. ihre Aufzucht und Pflege beziehen, die Eignung, diese Waren und Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden.

Dies gilt auch für die in der Beschwerdebegründung namentlich genannten Einzelhandelsdienstleistungen eines Gartencenters sowie für die Waren „Mittel gegen
das Keimen von Gemüsepflanzen, Mittel zur Regulierung des Pflanzenwachstums, Mittel zur Erzeugung von Blattglanz für Pflanzen“. Zwar fördern solche Waren
und Dienstleistungen nicht unmittelbar das Blühen von Pflanzen. Als auf Garten- und Pflanzenpflege gerichtete Waren und Dienstleistungen geben sie jedoch
genauso gut einerseits dem Kunden die Möglichkeit zum persönlichen Aufblühen, wie sie auch früher oder später zum Blühen von Pflanzen beitragen bzw. dieses
planbar machen. Lediglich bei Mitteln zur Erzeugung von Blattglanz für Pflanzen kann kein unmittelbarer Bezug zur Blüte von Pflanzen hergestellt werden, jedoch ein mittelbarer dergestalt, als diese Mittel die Wirkung und den Effekt des Blühens durch eine glänzende und spiegelnde Umgebung unterstützen. Insoweit ist der sachliche Zusammenhang mit dem Blühen von Pflanzen aber immer noch so eng, dass die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung fehlt (vgl. BGH, GRUR 2005, 417 – BerlinCard; Senatsentscheidung GRUR 2008,1005 – DeutschlandCard), zumal auch der durch die Marke suggerierte Aspekt des aufblühenden Kunden weiterhin sinnvoll mit der Anmeldemarke ausgedrückt wird.

Dabei kann es offen bleiben, ob die Waren „Mittel gegen das Keimen von Gemüsepflanzen; Mittel zur Regulierung des Pflanzenwachstums; Mittel zur Erzeugung
von Blattglanz für Pflanzen“ überhaupt als Warenbegriffe angemeldet sind (hierfür spricht allerdings die Trennung mittels Strichpunkt von den vorhergehenden Waren und Dienstleistungsbegriffen, insbesondere dem vorangehenden Begriff „Einzelhandelsdienstleistungen eine Gartencenters, insbesondere mit den vorgenannten Waren und mit chemischen Erzeugnissen für den Gartenbau; …“; auch die Anmelderin scheint nach dem Inhalt ihrer Beschwerdebegründung insoweit
von Waren auszugehen) oder ob sie nur als Spezifizierung des als solchen zu unbestimmten Einzelhandels-Dienstleistungsbegriffs dienen sollen, wofür die Einordnung der o. g. Warenbegriffe unter die Dienstleistungsklasse 35 durch die Anmelderin spricht (vgl. Verzeichnis der Waren/Dienstleistungen als Anlage zur Anmeldung vom 18. September 2006). Denn bei jeder möglichen Auslegung des betroffenen Teils des Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisses fehlt aus den o. g. Gründen die Unterscheidungskraft, so dass eine vorherige Klärung nicht erforderlich war.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

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