Keine Haftung des Domain-Parking-Anbieters und des Admin-C, Urteil des LG Düsseldorf vom 03.09.2008, Az.: 2a O 40/04

31. März 2009
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Eigener Leitsatz:

Es ist einem Domainparking-Platform-Inhaber unzumutbar, ihm Prüfungspflichten zur Verhinderung einer Rechtsverletzung Dritter auf seinen Seiten aufzuerlegen, da durch den entstehenden Aufwand sein gesamtes Geschäftsmodell zum Erliegen käme. Schließlich müsste er jegliche Verlinkung auf den einzelnen von ihm geparkten Domains auf eventuelle Markenrechtsverletzungen überprüfen. Dies gilt erst recht für den administrativen Ansprechpartner für die eingetragenen Domains, da dieser nicht mehr Pflichten hat als der Domaininhaber selbst. Folglich haften beide nur dann, wenn sie aufgrund einer Abmahnung nicht reagieren und somit eine eventuelle Rechtsverletzung zumindest mit bedingtem Vorsatz zuließen.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 03.09.2008

Az.: 2a O 40/08

Tenor:    

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist,

a) es zu unterlassen, die Einstellung der Internet-Domain www.X.de unter gleichzeitiger Beifügung von Immobilienangeboten auf der Internet-Seite www.X.de zu ermöglichen;

b) die Kosten der Inanspruchnahme der X Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 4. Januar 2008 zu übernehmen.2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.641,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 8.5.2008 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die X mit Sitz in Washington ist u.a. Inhaberin der Domains www.X.de und www.X.de . Der Kläger ist freier Mitarbeiter der X und als administrativer Ansprechpartner der X für diese Domains registriert.

Die X ist ein Internet-Dienstleister, deren Geschäftsmodell u.a. das sog. Domain-Parking ist. Es ermöglicht Kunden, von ihnen nicht genutzte Domains auf der Plattform der X zu parken, dort zum Verkauf anzubieten und zur Adressierung von Werbung einzusetzen. Auf den mit solchen Domains adressierten Seiten wird Werbung angezeigt, die zu dem Gegenstand der Domain passt, und mit dem diesbezüglichen Angebot eines Dritten verlinkt.

Die Beklagte ist im Bereich der Immobilienentwicklung tätig. Sie entwickelt derzeit ein großes Wohngebiet in Köln-Widdersdorf, welches unter der Internetdomain www.X.de beworben wird. Die Beklagte ist Inhaberin der Wortmarke "X", die u.a. für Immobilienwesen geschützt ist.

Im Jahre 2007 erlangte die Beklagte Kenntnis von einer Domain www.X.de, welche bei der X geparkt war. Unter dieser Domain fanden sich Anzeigen für Dessous und Reisen sowie auf der linken Seite u.a. Links, die auf Immobilienangebote in Köln verwiesen.

Mit Schreiben vom 4.1.2008 mahnte die Beklagte den Kläger wegen der Verwendung der Domain X.de zur Adressierung einer Anzeigenseite ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Inhalts auf, dass er es unterlassen solle, die Einstellung der Internetdomain www.X.de unter gleichzeitiger Beifügung von Immobilienangeboten auf der Internetseite www.X.de zu ermöglichen. Des Weiteren forderte sie ihn zur Übernahme der für die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr auf der Grundlage eines Streitwertes von 50.000,00 € auf. Der Kläger überprüfte daraufhin, ob die Domain in der von der Beklagten gerügten Art und Weise verwendet wurde und stellte fest, dass das Domain-Parking beendet war. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.1.2008 forderte der Kläger die Beklagte auf, auf die geltend gemachten Ansprüche zu verzichten.

Die Parteien streiten nunmehr im Rahmen einer negativen Feststellungsklage über die Rechtsfrage, ob dem Kläger als administrativem Ansprechpartner Prüfungspflichten bezüglich etwaiger Verstöße gegen Rechte Dritter durch auf einer Internetplattform geparkte Domains obliegen. Des Weiteren verlangt der Kläger die ihm durch die Abwehr des Abmahnschreibens entstandenen Kosten ersetzt.

Der Kläger ist der Ansicht, eine Haftung seinerseits sei nicht gegeben. Es liege schon keine Verwechslungsgefahr vor, da die Domain X.de für Werbung, nämlich ein Anzeigenportal, verwendet worden sei, und nicht für Baumaterialien und Immobilienwesen. Im Übrigen behauptet er, keinerlei Einfluss darauf zu haben, welche Werbeanzeigen auf dem mit X.de adressierten Portal angezeigt worden seien. Er ist im Übrigen der Auffassung, eine Haftung seinerseits scheitere daran, dass die Domain www.X.de auch gar nicht auf der Domain www.X.de verwendet worden sei, sondern auf der Domain www.X.com. Hierauf hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 30.7.2008 ausdrücklich hingewiesen und dadurch seinen Vortrag auf Seiten 5 und 9 der Klageschrift ergänzt.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist,

a. es zu unterlassen, die Einstellung der Internet-Domain www.X.de unter gleichzeitiger Beifügung von Immobilienangeboten auf der Internet-Seite www.X.de zu ermöglichen;

b. die Kosten der Inanspruchnahme der X Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 4. Januar 2008 zu übernehmen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.902,80 € nebst Verzugszinsen hieraus seit Klageerhebung nach einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Inhaber der X, Herr X, sei als Domaingrabber bereits in Erscheinung getreten. Inhaber der Domain X.de sei eine Virtual Services Corporation mit Sitz in Nassau, Bahamas, gewesen. Diese Gesellschaft diene lediglich als "Versteckvehikel" der X. Sie behauptet weiter, wenn eine Domain bei der X geparkt werde, werde sie automatisch auf deren deutsche Internetdomain www.X.de umgeleitet.

Sie ist der Ansicht, der Kläger hafte als AdminC als Störer für die aus ihrer Sicht vorliegende Markenverletzung sowie der unzulässigen Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG. Den Kläger treffe als allein verfügbaren Ansprechpartner im Inland eine besondere Verpflichtung zur Überwachung der unter der Internet-Domain abgewickelten Vorgänge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist mit Ausnahme eines geringen Teils des geltend gemachten Zahlungsbetrages begründet.

I.

Die Beklagte hat keinen Anspruch gegen den Kläger auf Abgabe einer Unterlassungserklärung hinsichtlich der Einstellung der Domain www.X.de unter Beifügung von Immobilienangeboten auf der Internetseite www.X.de in der durch das Abmahnschreiben vom 4.1.2008 geforderten Art und Weise. Auch ein Zahlungsanspruch bezüglich der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten steht der Beklagten nicht zu.

Die negative Feststellungsklage ist zulässig, da die Beklagte der Aufforderung des Klägers, auf die geltend gemachten Ansprüche zu verzichten, nicht nachgekommen ist und dadurch zum Ausdruck gebracht hat, sich sowohl des Unterlassungsanspruchs als auch des Zahlungsanspruchs weiter zu berühmen.

Der seitens des Beklagten gegenüber dem Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand nicht, so dass die auf negative Feststellung gerichtete Klage auch begründet ist.

Dahingestellt bleiben kann, ob vorliegend eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr gegeben ist. Denn jedenfalls haftet der Kläger für eine Markenverletzung unter der Domain www.X.de nicht deshalb, weil er es ermöglicht hätte, dass diese Domain unter gleichzeitiger Beifügung von Immobilienangeboten auf der Internetseite www.X.de eingestellt war.

Denn die Beklagte hat zum einen weder in ihrem Abmahnschreiben vom 4.1.2008 noch im vorliegenden Klageverfahren vorgetragen, dass die Domain überhaupt auf der Internetplattform www.X.de geparkt war. Sie hat lediglich ausgeführt, die Domain sei auf der Internetseite der X geparkt worden, ohne diese genau zu bezeichnen. Dies wäre allerdings erforderlich gewesen, da die X unstreitig Inhaberin mehrerer Domains ist.

Soweit die Beklagte behauptet, die bei der X geparkte Domain sei automatisch auf die deutsche Internetdomain www.X.de umgeleitet worden, führt auch dies nicht dazu, dass der gegenüber dem Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet wäre. Zwar ist der Kläger auch administrativer Ansprechpartner der Domain www.X.de . Der geltend gemachte Anspruch war aber allein und ausdrücklich darauf gerichtet, dass sich der Kläger zur Unterlassung verpflichten sollte, die Einstellung auf der Internetseite www.X.de zu ermöglichen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte vorgetragen hat, die Inhaberin der Domain www.X.de habe lediglich als "Versteckvehikel" der X gedient. Die rechtliche Relevanz dieses Vortrags konnte auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht ermittelt werden. Dies gilt gleichermaßen für den Vortrag, der Inhaber der X sei bereits als Domaingrabber in Erscheinung getreten.

Unabhängig davon, dass die Handlung, deren Unterlassung die Beklagte gefordert hat, von dem Kläger also gar nicht begangen wurde, scheitert eine Haftung des Klägers aber auch aus anderen Gründen.

Die Kammer hat mit Urteil vom 28.11.2007 (GRUR-RR 2008, 122 mit zust. Anmerkung Luckhaus, GRUR-RR 2008, 113 f.) in einer vergleichbaren Fallkonstellation, in der allerdings nicht der administrative Ansprechpartner, sondern der Inhaber der Internetplattform selbst in Anspruch genommen wurde, bereits entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch als Täter oder Gehilfe einer Markenrechtsverletzung aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG deshalb nicht besteht, weil die Inhaberin der Internetplattform die Beklagtenmarke bzw. ein ähnliches Zeichen nicht selbst im geschäftlichen Verkehr genutzt hat und ein zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Haupttat nicht vorliegt. Auch eine Haftung als Störer hat die Kammer nicht als gegeben erachtet. Denn als Störer haftet derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer einer Verletzungshandlung zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zu dem Verstoß gegen das Recht eines anderen beigetragen hat, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der Handlung hatte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil die Prüfungspflichten für den Plattformbetreiber zur Verhinderung einer Rechtsverletzung das gesamte Geschäftsmodell zum Erliegen brächten und damit nicht zumutbar sind. Denn er müsste für jeden Fall der Verlinkung auf jeder einzelnen bei ihm geparkten Domain prüfen, ob gerade durch die konkrete Verknüpfung einer Domain mit bestimmten Werbeangeboten eine Markenrechtsverletzung entsteht. Daher wird der Plattformbetreiber erst dann zum Störer, wenn er auf ein entsprechendes Abmahn- oder Hinweisschreiben nicht reagiert.

Wenn aber selbst der Inhaber der Domain, auf der sich die Werbeplattform befindet, und damit der Betreiber der Plattform nicht als Störer zu qualifizieren ist, gilt dies erst recht für denjenigen, der lediglich als administrativer Ansprechpartner für diese Domain eingetragen ist, so dass es auch unerheblich ist, ob der Kläger der alleinige Mitarbeiter der X in Deutschland ist oder nicht. Denn dieser kann nicht mehr Pflichten haben als dem Domaininhaber selbst obliegen. Vorliegend hat der Kläger nach Erhalt des Abmahnschreibens sofort überprüft, ob die streitgegenständliche Domain auf der Plattform geparkt und mit den beanstandeten Anzeigen verlinkt war. Dabei hat er festgestellt, dass die Domain nicht auf der Seite geparkt war, so dass eine Haftung als Störer auch nicht deshalb in Betracht kommt, weil er auf das Schreiben nichts unternommen hätte.

Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Beklagte vermutet, der Kläger müsse selbst irgendeinen Beitrag im Zusammenhang mit der Bestückung der Website mit Immobilienwerbung geleistet haben. Ihr Vortrag, aus dem Domainnamen www.X.de allein ergebe sich nicht, dass diese sich auf ein Immobilienangebot beziehe, vielmehr bedürfe es hierzu eines Blickes auf die Internetseite selbst, führt nicht zu der zwingenden Annahme, dass es für die Platzierung von Werbung für andere Immobilienangebote auch tatsächlich der entsprechenden Einsichtnahme einer natürlichen Person bedarf. Vielmehr ist angesichts der Vielzahl der geparkten Domains ohne weiteres davon auszugehen, dass dies – soweit die Keywords nicht ohnehin von dem die Domain einstellenden Domaininhaber angegeben werden – mit Hilfe eines automatisierten Systems geschieht, wie der Kammer im Übrigen aus Rechtsstreitigkeiten mit einem deutschen Domainparkingportal bekannt ist.

Ein Anspruch der Beklagten ergibt sich schon mangels Haftung als Störer auch nicht aus § 4 Nr. 10 UWG. Im Übrigen liegt eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern nicht vor, weil die Beklagte weder zu der X noch zu dem Kläger in einem Wettbewerbsverhältnis steht.

Da die Abmahnung demzufolge unbegründet war, ist der Kläger auch nicht zum Ersatz der Abmahnkosten verpflichtet, so dass die Feststellungsklage auch insoweit begründet ist.

II.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch darauf, dass diese die ihm entstandenen Anwaltskosten für die Abwehr des Abmahnschreibens ersetzt. Ein Anspruch ergibt sich insoweit aus § 678 BGB. Die Abmahnung war wie dargelegt unbegründet und widersprach damit dem Willen des abgemahnten Klägers. Die Beklagte hat auch fahrlässig gehandelt, da dies für sie erkennbar war, ohne dass es auf das Problem, ob der administrative Ansprechpartner einer Domain, auf der sich eine Internetplattform befindet, dafür haftet, dass unter einer auf der Plattform geparkten Domain Rechte Dritter verletzt werden. Denn unter der Domain, für die der Kläger als administrativer Ansprechpartner eingetragen war, ist die streitgegenständliche Markenverletzung nicht begangen worden.

Der Anspruch besteht allerdings nur in Höhe von 1.641,96 €. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer ist in markenrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig nur der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr gerechtfertigt. Es handelte sich vorliegend auch nicht um eine außergewöhnlich schwierige Angelegenheit, da zur Abwehr des Anspruchs der Hinweis darauf, dass die abgemahnte Handlung tatsächlich gar nicht begangen worden war, ausgereicht hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 €

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