Finger weg von Glücksspielen
Eigener Leitsatz:
Das im Glückspielstaatsvertrag verankerte Verbot, im Internet öffentliche Glücksspiele anzubieten, ist mit dem deutschen Verfassungsrecht sowie mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar. Folglich verstößt derjenige, der im Internet die Möglichkeit schafft, zu festen Gewinnquoten Sportwetten einzugehen, zum einen gegen § 4 des Glückspielstaatsvertrages. Zum anderen ist dieses Verhalten nach § 4 Nr. 11 UWG gleichsam wettbewerbswidrig.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urteil vom 04.06.2009
Az.: 6 U 261/07
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet im Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten ohne behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Wettvertrages mit der Beklagten zu 1) oder mit der Beklagten zu 2), wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen der Beklagten zu 1) gemäß Ziff. 1 ab dem 01.01.2008 entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Umsätze sie seit dem 01.01.2008 durch Handlungen der Beklagten zu 1) gemäß Ziff. 1 erzielt haben.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 30% und die Beklagten 70% zu tragen.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10 Mio. EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte zu 1) unterhält einen Internetauftritt unter „www…de“, über den Sportwetten zu festen Gewinnquoten angeboten werden. Die Beklagte zu 1) vermittelt den Abschluss von Sportwetten an die in Gibraltar ansässige Beklagte zu 2), die zugleich Inhaberin der von der Beklagten zu 1) genutzten Domain „www…de“ ist. Die Klägerin, die A mbH („…“), nimmt die Beklagten zu 1) und 2) sowie den Geschäftsführer der letzteren, den Beklagten zu 3), wegen des Anbietens und Bewerbens von Sportwetten im Bundesland Hessen wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.
Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 571 ff. d.A.) Bezug genommen. Zur näheren Konkretisierung des von der Klägerin erstinstanzlich beanstandeten Internetauftritts wird auf die Anlagen K 2 (Bl. 11 ff. d.A.) und K8 (AGB) sowie auf S. 21 und 96 ff. des Schriftsatzes der Klägerin vom 04.09.2007 (Bl. 193, 268 ff. d.A.) verwiesen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in dem Gebiet des Landes Hessen Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, anzubieten oder zu bewerben,
2. den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, anzudrohen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist oder zukünftig entstehen wird, dass die Beklagte zu 1) im Gebiet des Landes Hessen ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten veranstaltet, angeboten oder beworben hat oder zukünftig veranstaltet, anbietet oder bewirbt,
4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Umsätze sie dadurch erzielt hat, dass sie Sportwetten von Teilnehmern innerhalb des Gebietes des Landes Hessen angenommen hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 I, IV StGB und § 5 I des Gesetzes über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen nicht zu. Zwar seien die Parteien Wettbewerber. Die Beklagte zu 1) verfüge jedoch mit der ihrem Inhaber aufgrund des damaligen Gewerbegesetzes der DDR erteilten Gewerbegenehmigung des Rates des Kreises B vom 11.04.1990 (Anlage B 25) über eine auch im Lande Hessen wirksame Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen. Auch die Beklagte zu 2) handele als Inhaberin einer entsprechenden Genehmigung der Regierung von Gibraltar (Anlagen B 35, 36; zu den zugrunde liegenden Lizenzverträgen vgl. Anlagen B 39, 40 = Bl. 469 ff. d.A.) beim Angebot ihrer Sportwetten in Hessen rechtmäßig. Jedenfalls handelten die Beklagten nicht wettbewerbsrechtlich unlauter, solange sie über die erwähnten Genehmigungen verfügten und die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung im Anschluss an die Entscheidungen des EuGH in den Sachen „Gambelli“ und „Placanica“ nicht abschließend geklärt sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Zum 01.01.2008 sind der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag, GlüStV) und das Hessische Glücksspielgesetz in Kraft getreten; zugleich ist das Gesetz über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen aufgehoben worden. Auch nach dem 01.01.2008 bieten die Beklagten zu 1) und 2) im Internet, wie dargestellt über „www…de“, – auch für Wettinteressenten, die sich in Hessen aufhalten – den Abschluss bzw. die Vermittlung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten an; insoweit wird auf die Abbildungen in der Berufungsbegründung (dort Seite 8 ff. / Bl. 668 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie stützt ihr Begehren jetzt auch auf das gesetzliche Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 IV GlüStV. Die Klägerin hat zunächst angekündigt, die erstinstanzlichen Anträge erneut zu stellen. In der Berufungsverhandlung hat sie die Klageanträge modifiziert; Auskunfts- und Schadensersatzansprüche für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags macht sie nicht mehr geltend.
Unter Zurücknahme der weitergehenden Berufung beantragt die Klägerin nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in dem Gebiet des Landes Hessen über das Internet Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, anzubieten und/oder zu bewerben,
Hilfsweise:
die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet im Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten ohne behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Wettvertrages mit der Beklagten zu 1) oder mit der Beklagten zu 2), wenn dies geschieht wie wiedergegeben in den Einblendungen auf Seiten 8-10 der Berufungsbegründung vom 04.03.2008 (Bl. 668 – 670 d.A.),
2. den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, anzudrohen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen der Beklagten zu 1) gemäß Antrag 1. ab dem 01.01.2008 entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.
4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Umsätze sie seit dem 01.01.2008 durch Handlungen gemäß Ziff. 1 des Klageantrags erzielt haben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
sowie vorsorglich für den Unterliegensfall den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung gemäß § 712 I ZPO ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden, wobei den Beklagten gestattet werden möge, die Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft zu leisten.
Die Beklagten treten der Berufung entgegen und verteidigen das angefochtene Urteil. Sie sind der Auffassung, dass die Klage einschließlich des Unterlassungsanspruchs allenfalls dann begründet sein könne, wenn das von der Klägerin beanstandete Verhalten schon nach dem bis zur Klageabweisung durch das Landgericht geltenden Recht wettbewerbswidrig gewesen wäre. Soweit sich die Klägerin nun auf den Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr stütze, sei die Berufung bereits unzulässig.
Die Beklagten sind weiter der Ansicht, dass der am 01.01.2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag sie an einer Fortsetzung des Veranstaltens und Vermittelns von Sportwetten im Internet rechtlich nicht hindere. Der Glücksspielstaatsvertrag könne das beantragte Unterlassungsgebot nicht rechtfertigen, weil sowohl das dort (u.a.) für Sportwetten normierte staatliche Glücksspielmonopol als auch das Verbot der Vermittlung und Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 IV GlüStV) gegen deutsches Verfassungsrecht und europäisches Gemeinschaftsrecht verstießen. Außerdem seien die Bundesländer ihrer EU-rechtlichen Notifizierungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen.
Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde im Übrigen unzulässig in die dem Inhaber der Beklagten zu 1) vom Kreis B erteilte Gewerbegenehmigung eingegriffen, die gemäß Art. 19 des Einigungsvertrages auch für Hessen gelte und das Veranstalten von Sportwetten im Internet mit umfasse. Zumindest dürften die Beklagten auf die Geltung der erteilten Genehmigung vertrauen, so dass ihnen weder ein Verschulden noch wettbewerbswidriges Verhalten angelastet werden könne. Außerdem seien die Klageansprüche verwirkt, da die Beklagten schon seit über sieben Jahren in der jetzt beanstandeten Weise tätig gewesen seien.
Für den Fall, dass die Berufung nicht zurückgewiesen wird, beantragen die Beklagten hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in den verbundenen Verfahren C-316/07, C-358/07, C-360/07, C-409/07 und C-410/07 sowie in der sich aus den Vorlagefragen des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts gemäß Beschluss vom 30.01.2008 ergebenden Rechtssache auszusetzen.
Weiter hilfsweise beantragen die Beklagten, dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen im Verfahren nach Artikel 234 EG zur Vorabentscheidung vorzulegen:
(a) Sind die Artikel 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie z.B. Sportwetten und Lotterien, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen – wie staatlichen Sportwetten und Lotterien – ermuntern und hierfür werben und / oder andere Spiele mit gleichem oder sogar höherem Suchtgefährdungspotential – wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (Pferderennen), Automatenspiele und in Spielbanken – von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?
(b) Ist Artikel 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung entgegensteht, die das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt, wenn diesem Verbot keine Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit vorangegangen ist und auch keine statistischen Daten oder sonstigen Nachweise erbracht wurden, die Rückschlüsse auf die Bedrohlichkeit der durch Internet-Glücksspiele bedingten Risiken zulassen?
(c) Ist Artikel 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung entgegensteht, die einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für das Veranstalten und das Vermitteln von Glücksspielen auch bei Vorliegen der gesetzlich normierten Erteilungsvoraussetzungen in das Ermessen der Erlaubnisbehörde stellt?
(d) Ist Artikel 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung entgegensteht, die das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt, wenn insbesondere gleichzeitig – wenngleich auch nur für eine Übergangsfrist von einem Jahr – die Veranstaltung und Vermittlung im Internet unter Einhaltung von Jugend- und Spielerschutzbestimmungen ermöglicht wird, um zum Zweck eines Verhältnismäßigkeitsausgleichs namentlich zweier gewerblicher Spielvermittler, die bislang ausschließlich im Internet tätig sind, eine Umstellung auf die nach dem Staatsvertrag zugelassenen Vertriebswege zu ermöglichen?
Ferner wenden die Beklagten ein, die Befolgung des – für Hessen – beantragten Verbots sei für sie objektiv unmöglich, zumal sich der Aufenthaltsort eines Spielinteressenten nicht zuverlässig und mit zumutbarem Aufwand feststellen lasse.
Schließlich sind die Beklagten der Ansicht, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche könne die Klägerin berechtigterweise schon deshalb nicht gelten machen, weil sie selbst nicht über eine Genehmigung zum Veranstalten von Sportwetten verfüge.
Vorsorglich begehren die Beklagten Vollstreckungsschutz, da ihnen durch die Vollstreckung eines der Klage stattgebenden Urteils ein nicht zu ersetzender Nachteil drohe. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 01.08.2008 (Seite 69 ff. / Bl. 781 ff. d.A.) und die als Anlage BB 63 vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Herrn C wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. II. Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist insgesamt zulässig. Insbesondere strebt die Klägerin mit ihrer Berufung weiterhin das Ziel an, die durch das angefochtene Urteil bewirkte Beschwer – teilweise – zu beseitigen. Die Klägerin stützt den Unterlassungsanspruch in zweiter Instanz nicht auf den Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr. Vielmehr beruft sie sich weiterhin auf Wiederholungsgefahr. Diese leitet sie inzwischen auch aus dem Sportwettenangebot der Beklagten auf „www…de“ nach dem 01.01.2008 ab, wobei sich dieses Angebot von dem beanstandeten Verhalten der Beklagten vor dem 01.01.2008 nicht in relevanter Form unterscheidet.
Dem Hauptantrag zu Ziff. 1 nebst den hierauf bezogenen Anträgen auf Auskunftserteilung und Schadensersatz war nicht zu entsprechen. Denn dieser Antrag ist nicht hinreichend bestimmt (§ 253 II Nr. 2 ZPO).
Unterlassungsanträge müssen so deutlich gefasst sein, dass nach einem antragsgemäß erlassenen Verbot für den Schuldner kein Zweifel über Inhalt und Umfang der Unterlassungsverpflichtung besteht; insbesondere darf die Entscheidung, was dem Schuldner verboten ist, nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben (vgl. BGH, WRP 2008, 98 – Versandkosten; Tz. 13 ff. m.w.N.). Unterlassungsanträge, die lediglich den Gesetzesinhalt wiederholen, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH WRP 2000, 289 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge).
Im vorliegenden Fall genügen die Begriffe „Veranstalten“ und „Anbieten“ nicht, um die Grenzen des Verbotsumfanges ausreichend deutlich zu machen. Im Vergleich zum Wortlaut des Gesetzes (§ 4 IV GlüStV) wird keine Konkretisierung und Verdeutlichung des angestrebten Verbotes bewirkt. Es erscheint im Gegenteil unklar, inwieweit auch ein bloßes Vermitteln erfasst werden soll. Für ein Verbot nach Maßgabe des § 284 StGB ist der Hauptantrag gleichfalls nicht hinreichend bestimmt, weil ihm nicht zu entnehmen ist, welche konkreten tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die – interpretationsbedürftigen und im Einzelnen umstrittenen – Tatbestandsmerkmale der genannten Strafrechtsnorm zu verwirklichen.
Auch im Hinblick auf das vom Hauptantrag zu Ziff. 1 mit umfasste Werbeverbot fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit. Die im Antrag erkennbare Anlehnung an § 5 III GlüStV schafft nicht die erforderliche Klarheit, zumal eine einschränkende Auslegung der Verbotsnorm in Betracht kommt (vgl. Dietlein/ Hecker/ Ruttig, Glücksspielrecht, § 5 GlüStV, Rn 63). Eine konkrete Verletzungsform, auf die das beantragte Werbeverbot bezogen werden könnte, hat die Klägerin nicht bezeichnet.
Der Hilfsantrag zu Ziff. 1 ist hingegen zulässig. Die hinreichende Bestimmtheit dieses Antrags ergibt sich aus der Einbeziehung der konkreten Verletzungsform, die durch Auszüge aus dem Internetauftritt der Beklagten zu 1) verdeutlicht wird. Charakteristisch für die im Antrag wiedergegebene Verletzungshandlung und somit maßgebend für den Inhalt und Umfang des beantragten Verbots sind folgende Umstände: Es handelt sich um einen frei zugänglichen Internetauftritt der Beklagten zu 1), in dem Sportwetten zu festen Gewinnquoten dergestalt angeboten werden, dass eine Spielteilnahme unmittelbar über das Internet erfolgen kann, wobei Spieler, die sich in Hessen aufhalten, weder durch technische Beschränkungen von einer Spielteilnahme ausgeschlossen, noch durch einen entsprechenden Disclaimer von einer Spielteilnahme abgehalten werden. Bezüglich der Beklagten zu 2) ist der aus den Abbildungen zwar nicht ersichtliche, zwischen den Parteien aber unstreitige und für die Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) grundlegende Umstand wesentlich, dass über die abgebildete Internetseite von der Beklagten zu 1) akquirierte Wettverträge an die Beklagte zu 2) vermittelt werden, so dass der Wettvertrag in diesen Fällen mit der Beklagten zu 2) zustande kommt.
Soweit die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren nun auch auf Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere auf § 4 IV GlüStV, stützt, liegt eine Klageänderung in der Form einer Klageerweiterung vor. Diese Klageänderung ist sachdienlich und damit zulässig (§ 533 Nr. 1 ZPO). Da der Glücksspielstaatsvertrag erst nach der Verkündung des angefochtenen Urteils in Kraft getreten ist, hatte die Klägerin keine Möglichkeit, die Klageanträge schon in erster Instanz auf Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages zu stützen. Es wäre sachwidrig, den vorliegenden Rechtsstreit auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob ein Verstoß gegen § 284 StGB vorliegt, und die Klägerin bezüglich der Frage, ob der im Kern unveränderte Internetauftritt der Beklagten zu 1) – auch – gegen den Glücksspielstaatsvertrag, insbesondere dessen § 4 IV, verstößt, auf einen neuen Rechtsstreit zu verweisen. Die Beklagten hatten im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, sich auf den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 4 IV GlüStV einzustellen und hiergegen zu verteidigen.
Soweit eine Klageänderung (Klageerweiterung) außerdem darin liegen mag, dass die Klägerin in zweiter Instanz aktuellere Abbildungen des Internetauftritts der Beklagten zu 1) einbezogen und zum Gegenstand ihres Hilfsantrags gemacht hat, ist ebenfalls Sachdienlichkeit gegeben. Der Internetauftritt der Beklagten zu 1) hat sich in den für die Beschreibung des Inhalts und des Umfangs des angestrebten Verbots wesentlichen Kriterien nicht verändert.
Der Hilfsantrag zu Ziff. 1 ist auch begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu 1) und 2) aus §§ 3 I, 4 Nr. 11, 8 I, III Nr. 1 UWG i.V.m. § 4 IV GlüStV zu. Ein Wettbewerbsverstoß liegt sowohl nach dem zum 30.12.2008 geänderten UWG (UWG 2008) vor als auch nach dem UWG in der zuvor geltenden Fassung (UWG 2004).
Auf die Rechtslage vor dem 01.01.2008 kommt es im Ergebnis nicht mehr an, weil die Beklagten das beanstandete Verhalten unstreitig nach dem 01.01.2008 fortgesetzt haben und die Klägerin den Unterlassungsanspruch auch hierauf stützt. Letzteres konnte bereits der Berufungsbegründung entnommen werden, in der sich die Klägerin auf Abbildungen des am 27.02.2008 online verfügbaren Sportwettenangebot der Beklagten bezogen und das Bestehen der Wiederholungsgefahr u.a. damit begründet hat, dass die Beklagten ihr Sportwettenangebot nach wie vor im Internet anböten. Aus dem Urteil des OLG München vom 16.10.2008 – 29 U 1669/08 –, auf das sich die Beklagten berufen haben, ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs. In dem dort entschiedenen Fall hatte es die Klägerin offenbar versäumt, ihren Unterlassungsanspruch auch auf nach dem 01.01.2008 begangene Verletzungshandlungen zu stützen.
Die Beklagten sind der Feststellung des Landgerichts, die Parteien stünden bei der Veranstaltung von Sportwetten im Wettbewerb miteinander, nicht entgegengetreten. Nach dem hier vorgetragenen Sach- und Streitstand gibt es keine Grundlage für eine abweichende Einschätzung durch den Senat. Die Beklagten beanstanden zwar, dass die Klägerin keinerlei Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten in Hessen habe, ziehen aber nicht in Zweifel, dass die Klägerin, die sie als ein privatwirtschaftlich geführtes und gewinnorientiertes Unternehmen bezeichnen, faktisch wie eine Veranstalterin agiert.
Die Beklagte zu 1) verstößt gegen § 4 IV GlüStV, indem sie – auch in Hessen – öffentliche Glücksspiele im Internet jedenfalls vermittelt. Bei den von der Beklagten zu 1) angebotenen Sportwetten zu festen Gewinnquoten handelt es sich um Glücksspiele (§ 3 I 3 GlüStV).
Sie sind öffentlich, da über den frei zugänglichen Internetauftritt der Beklagten zu 1) ein größerer, nicht geschlossener Personenkreis die Möglichkeit zur Teilnahme erhält (§ 3 II GlüStV). Die Beklagte zu 1) vermittelt die Sportwetten im Internet, da sie in ihrem Internetauftritt eine Spielteilnahme dergestalt anbietet, dass die Spielteilnahme unmittelbar über das Internet erfolgen kann. Soweit Sportwetten durch die Vermittlung der Beklagten zu 1) mit der Beklagten zu 2) abgeschlossen werden, fungiert letztere als Veranstalterin, wobei sich ihre Tätigkeit auf Hessen erstreckt, weil Teilnehmer, die sich in Hessen aufhalten, mit dem Wissen und Wollen der Beklagten zu 2) die Möglichkeit haben, über das Internet mit der Beklagten zu 2) zu kontrahieren. Im Übrigen handelt die Beklagte zu 1) bei ihrer Vermittlertätigkeit als Beauftragte der Beklagten zu 2) gemäß § 8 II UWG, so dass der durch den einschlägigen Verstoß der Beklagten zu 1) begründete Unterlassungsanspruch auch gegen die Beklagte zu 2) besteht.
Die dem Inhaber der Beklagten zu 1) am 11.04.1990 vom Rat des Kreises B erteilte Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten enthebt die Beklagten nicht der Verpflichtung, das in § 4 IV GlüStV normierte Internetverbot – jedenfalls in Hessen – zu beachten.
Der Glücksspielstaatsvertrag dürfte die von Behörden der DDR vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erteilten Glücksspiel-Konzessionen als solche unberührt gelassen haben. Kann somit unterstellt werden, dass die dem Inhaber der Beklagten zu 1) erteilte Erlaubnis als solche fortbesteht, so befreit diese Erlaubnis die Beklagten jedoch nicht von der Bindung an die für alle Konzessionsinhaber verbindlichen gesetzlichen Regelungen zur Ausübung des Gewerbes. Auch wenn die Gewerbegenehmigung vom 11.04.1990 dahingehend ausgelegt wird, dass sie die Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln gesetzlich zulässiger Internet-Wetten mit enthalte, so wurden die damaligen gesetzlichen Regelungen zu der Art und Weise, in der Sportwetten angeboten werden dürfen, nicht etwa zugunsten der Beklagten zu 1) festgeschrieben. Ein etwaiger Bestandsschutz der Genehmigung besteht nur im Rahmen der allgemein geltenden gesetzlichen Ausübungsregelungen. Das Internet-Verbot gemäß § 4 IV GlüStV gilt daher auch für die Inhaber einer noch zu Zeiten der DDR erteilten Konzession, und zwar unabhängig von der Frage, welchen räumlichen Geltungsbereich die betreffende Erlaubnis hat (in diesem Sinne auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 20.11.2008 – 10 CS 08.2399 – Juris-Rn 72 f.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.04.2009 – 11 ME 399/08 – Juris-Rn 56).
Es kommt hinzu, dass die dem Inhaber der Beklagten zu 1) erteilte Gewerbegenehmigung das Anbieten und Vermitteln von Sportwetten auf dem Gebiet des Landes Hessen, um das es im vorliegenden Rechtsstreit ausschließlich geht, nicht umfasst. Der Senat teilt die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung überwiegend vertretene Auffassung, dass in der DDR erteilte Genehmigungen zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten allenfalls im Gebiet der ehemaligen DDR, nicht jedoch in den westlichen Bundesländern Geltung beanspruchen können.
Insoweit wird auf die einschlägige Entscheidung des BVerwG (Urteil vom 21.06.2006 – 6 C 19/06 – Juris-Rn 51 ff., 54 ff.) verwiesen. Zwar hat das BVerfG das Urteil des BVerwG durch Kammerbeschluss vom 22.11.2007 (1 BvR 2218/06) aufgehoben. Diese Aufhebungsentscheidung gründete indessen darauf, dass die Untersagungsverfügung zu dem vom BVerwG als maßgeblich betrachteten Zeitpunkt (vor der Grundsatzentscheidung des BVerfG vom 28.03.2006) verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen war (BVerfG, a.a.O., Juris-Rn 30). Die Aufhebungsentscheidung bezog sich nicht auf die Aussagen des BVerwG zur Reichweite der DDR-Genehmigungen. Diese Aussagen hält der Senat weiterhin für zutreffend (ebenso Sächsisches OVG, Beschluss vom 12.12.2007 – 3 BS 286/06 – Juris-Rn 18; OVG Hamburg, Beschluss vom 20.11.2008 – 4 Bs 5/08 – Juris-Rn 15; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.04.2009 – 11 ME 399/08 – Juris-Rn 46 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Demgegenüber kann dem Beschluss des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 29.01.2009 – 2 M 151/08 –, auf den sich die Beklagten berufen, nicht entnommen werden, dass die DDR-Genehmigungen bundesweite Geltung hätten. Dort wird lediglich die Ansicht vertreten, dass eine für den Geltungsbereich der DDR erteilte Genehmigung jedenfalls in den neuen Bundesländern fortgelte.
Das BVerwG hatte sich in der genannten Entscheidung vom 21.06.2006 zwar nicht mit Glücksspielen im Internet zu befassen, sondern mit einem Vermittlungsbüro in Bayern. Die Ausführungen zur räumlichen Begrenzung der DDR-Erlaubnis gelten jedoch in gleicher Weise für Wettangebote im Internet. Bei der Frage, an welchem Ort ein über das Internet präsentiertes Glücksspiel veranstaltet oder vermittelt wird, ist darauf abzustellen, wo dem jeweiligen Teilnehmer die Möglichkeit zur Spielbeteiligung eröffnet wird (§ 3 IV GlüStV); maßgebend ist der Ort, an dem sich der Spieler während seiner, über das Internet vermittelten, Teilnahmeerklärung aufhält. Die Beklagten veranstalten und vermitteln dann keine Sportwetten in Hessen, wenn sie die über das Internet verbreitete Teilnahmemöglichkeit den Spielinteressenten, die sich in Hessen aufhalten, nicht eröffnen. Eines bundesweiten Verzichts der Beklagten auf das Internetangebot, der dann zugleich auch Bundesländer erfassen würde, für die die der Beklagten zu 1) erteilte Erlaubnis Geltung hat, bedarf es hierzu nicht (vgl. den Beschluss des Sächsischen OVG vom 12.12.2007 – 3 BS 286/06 – Juris-Rn 20). Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, bei der Frage nach der räumlichen Begrenzung der erteilten Erlaubnis zwischen terrestrischen Wettangeboten und Wettangeboten über das Internet zu differenzieren.
Die Vorschrift des § 4 IV GlüStV ist weder aus formalen Gründen unwirksam bzw. unbeachtlich, noch verstößt sie inhaltlich gegen Verfassungsrecht oder das EU-Gemeinschaftsrecht.
Der Senat folgt nicht dem Einwand der Beklagten, die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages könnten nicht angewandt werden, weil die Bundesländer ihrer EU-rechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen seien.
Es mag zutreffen, dass gesetzliche Glücksspielverbote und -beschränkungen der Notifizierungspflicht gemäß der Richtlinie 98/ 48/ EG (Informationsrichtlinie) unterliegen (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot vom 14.10.08 in der beim EuGH anhängigen Sache C-42/07 Liga Portuguesa, ZfWG 2008, 323 ff., Tz. 150 ff.). Auf die Geltung des Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls in Hessen wirkt sich dies jedoch nicht aus, weil der Glücksspielstaatsvertrag selbst notifiziert wurde und das Hessische Glücksspielgesetz als Ausführungsgesetz mangels eines rechtlich relevanten, vom Staatsvertrag abweichenden Regelungsgehalts selbst nicht notifizierungspflichtig ist (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.08.08 – 7 B 29/08 – Juris-Rn 5 f. m.w.N.; s.a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.03.08 – 6 S 3069/07 – Juris-Rn 10; Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.09.08 – 10 CS 08.1909 – Juris-Rn 11; OVG Hamburg, Beschluss vom 26.09.08 – 4 Bs 96/08 – Juris-Rn 62 ff.).
Den Bundesländern fehlte für das Glücksspielrecht und insbesondere das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns im Internet (§ 4 IV GlüStV) auch nicht die verfassungsrechtliche Regelungskompetenz. Von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 I Nr. 1, 11 GG hat der Bund jedenfalls nicht in der Weise Gebrauch gemacht, dass den Ländern der Erlass der in § 4 IV GlüStV getroffenen Regelung nach Art. 72 I GG verwehrt gewesen wäre (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 928/08, Tz. 25).
Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 IV GlüStV verstößt nicht gegen materielles Verfassungsrecht. Die Beklagten werden durch diese Bestimmung in ihren Grundrechten, insbesondere in ihrer Berufsfreiheit gemäß Art. 12 I GG oder der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG, nicht verletzt.
Auch soweit § 4 IV GlüStV zu einer objektiven Berufswahlbeschränkung führt, ist der darin liegende, gravierende, Grundrechtseingriff gerechtfertigt. Er dient, wie das BVerfG in seinem Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 (1 BvR 928/08) im Einzelnen dargelegt hat, einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, nämlich der Bekämpfung der Glücksspielsucht, und ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen, also insgesamt verhältnismäßig (a.a.O., Tz. 28, 40, 48, 58 f.; vgl. ferner in der Grundsatzentscheidung des BVerfG v. 28.03.2006 – 1 BvR 1054/01 – Tz. 139 sowie den weiteren Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 17.12.2008 – 1 BvR 3409/08). Zu den besonderen Gefahren, die mit einem Glücksspielangebot im Internet verbunden sind hat das BVerfG in der Entscheidung vom 14.10.2008 u.a. folgendes ausgeführt (Tz. 40, 48):
„Das Spielen per Internet ist durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet. Hinzu kommt ein im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes – und möglichen Verlustes von Geld – in den Hintergrund treten zu lassen. Die Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels zu beschneiden, bedeutet, die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen zu erschweren und ihm den Vorgang des Spielens bewusster zu machen. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Hinzu kommt, dass nach wie vor erhebliche Bedenken bestehen, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE 115, 276 <315>). Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel. (…)
Auch hinsichtlich der Erforderlichkeit des Verbots der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) ergeben sich keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist nicht ersichtlich, welche alternativen Maßnahmen in Betracht kämen, um den spezifischen Gefährdungen des Glücksspiels bei der Nutzung dieses Mediums wirksam zu begegnen. Wie bereits angesprochen, können im Internet die Spielverträge bequem und rund um die Uhr von zuhause aus abgeschlossen werden. Die hiermit einhergehenden Effekte der Gewöhnung und Verharmlosung sind systemimmanent, weshalb sie auch nicht durch Beschränkungen oder Auflagen ausgeglichen werden können. Ebenfalls nicht anderweitig zu lösen sind die spezifischen Gefährdungen jugendlicher Spieler. (…)“
Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an, wobei anzumerken ist, dass die Gefährlichkeit von Sportwetten im Internet jedenfalls nicht geringer ist als diejenige von Lotterien im Internet.
Der vorstehend referierten Einschätzung des BVerfG kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass auch bei Internet-Glücksspielen das Spielverhalten sachgerecht reglementiert und kontrolliert werden könne. Soweit der Jugendschutz betroffen ist, ließen sich hinreichend wirksame Kontrollen, die Umgehungs- und Manipulationsmöglichkeiten tatsächlich ausschließen können, allenfalls durch aufwändige technische Maßnahmen realisieren, deren Umsetzung realistischerweise kaum erwartet werden kann (vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 1054/01 – Tz. 48). Auch kann der Gefahr der Spiel- und Wettsucht bei Erwachsenen nicht hinreichend zuverlässig entgegengewirkt werden. Neben der für einen suchtgefährdeten Spieler mangels eines persönlichen Kontakts bestehenden Möglichkeit, die Identitätskontrollen eines Wettanbieters zu unterlaufen, ist hierbei zu berücksichtigen, dass es auf einem für gewerbliche Anbieter, die die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllen, geöffneten Glücksspielmarkt im Internet eine Mehrzahl von Anbietern gäbe, derer sich ein (potentiell) Spielsüchtiger abwechselnd oder gleichzeitig bedienen könnte, was die Wirksamkeit entsprechender Kontrollen zusätzlich in Frage stellen würde.
Der Einwand der Beklagten, das durch § 4 IV GlüStV normierte Internet-Verbot führe nur dazu, dass die Sportwetten-Angebote im Internet illegalen Anbietern, insbesondere aus dem Ausland, überlassen würden, verfängt ebenfalls nicht. Denn derartige Überlegungen können keine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer Verringerung des nach seiner Einschätzung gebotenen Schutzstandards begründen (vgl. BGH, GRUR 2008, 534, Tz. 41 – ueber18.de; s.a. Bayerischer VGH, Urteil vom 18.12.2008 – 10 BV 07.558 – Juris-Rn 120).
Der Anwendung des § 4 IV GlüStV im vorliegenden Fall steht auch nicht der Anwendungsvorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts entgegen. Allerdings kann die Unlauterkeit einer Wettbewerbshandlung (UWG 2004) bzw. geschäftlichen Handlung (UWG 2008) nicht aus einem Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung hergeleitet werden, die mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 438 ff., Tz. 24 – ODDSET). Die Vorschrift des § 4 IV GlüStV verstößt indessen nicht gegen das Gemeinschaftsrecht (Artt. 43, 49 EG). Die gegenteilige Einschätzung der EU-Kommission, die insoweit ein Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2007/4866) gegen die Bundesrepublik Deutschland betreibt, teilt der Senat nicht.
Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit und ggf. der Niederlassungsfreiheit, wie sie hier als Konsequenz des § 4 IV GlüStV unterstellt werden kann, kann durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks zu gewährleisten, die Beschränkung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist, und sie nicht diskriminierend angewandt wird (vgl. EuGH, NJW 2007, 1515 ff., Tz. 49 – Placanica u.a.).
Soweit es um Beschränkungen des Glücksspielmarktes geht, hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses anerkannt, nämlich die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen (vgl. EuGH, NJW 2004, 139 ff., Tz. 67 – Gambelli u.a.; NJW 2007, 1515 ff., Tz. 46 – Placanica u.a., jeweils m.w.N.). In diesem Kontext können die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen rechtfertigen, festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (Urteile Gambelli u. a., Tz. 63, und Placanica u.a., Tz. 47). Es steht den Mitgliedstaaten insofern frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen; die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen müssen allerdings gemäß der Rechtsprechung des EuGH verhältnismäßig sein (Urteil Placanica u.a., Tz. 48). Ein anerkennenswertes Ziel kann darin bestehen, durch Zulassungsbeschränkungen die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (vgl. Urteil Placanica u.a., Tz. 52). In diesem Zusammenhang können auch Beschränkungen der Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer grundsätzlich gerechtfertigt sein; derartige Beschränkungen müssen jedoch in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen (vgl. Urteile Gambelli u. a., Tz. 62 u. 67, und Placanica u.a., Tz. 53).
Die neuere Entscheidung des EuGH vom 13.09.2007 (C-260/04) weicht von diesen Grundsätzen nicht ab (vgl. dort, Tz. 26 ff.). Die Entscheidung betraf bestimmte Modalitäten der Konzessionsvergabe für die Veranstaltung von Pferdewetten, die von der betroffenen (italienischen) Regierung gerade nicht mit dem Ziel einer Verminderung der Wettgelegenheiten gerechtfertigt wurden (a.a.O., Tz. 30 f.).
Die Entscheidung des EuGH im Fall Lindmann vom 13.11.2003 (C-42/02) bezog sich auf eine Vorschrift mit diskriminierendem Charakter, die allenfalls dann zu rechtfertigen gewesen wäre, wenn ein besonderer Zusammenhang zwischen Gefahren, die mit dem Betreiben vom Glücksspielen verbunden sind, und der Teilnahme der Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats an in anderen Mitgliedstaaten veranstalteten Lotterien feststellbar gewesen wäre. Der EuGH hat in der Lindmann-Entscheidung einen solchen Zusammenhang nicht angenommen, weil die ihm übermittelten Akten „kein Element statistischer oder sonstiger Natur“ aufwiesen, das entsprechende Schlussfolgerungen, auch zur Schwere der mit dem Betreiben vom Glücksspielen verbundenen Gefahren, zugelassen hätte. Hieraus kann nach der Einschätzung des Senats indessen nicht abgeleitet werden, dass der EuGH die den Mitgliedsstaaten für Regelungen zur Beschränkung des Glücksspiels nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung (zuletzt der Urteile Gambelli und Placanica) eingeräumte Entscheidungsprärogative generell durch formale Nachweispflichten limitiert habe.
Zur Rechtfertigung des in § 4 IV GlüStV normierten Internetverbots ist es nicht erforderlich, dass der Staat den formalisierten Nachweis einer besonderen Gefährlichkeit des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet durch Vorlage empirischer Belege oder statistischer Nachweise erbringt.
Den Mitgliedsstaaten steht es, wie bereits ausgeführt, frei, das angestrebte Schutzniveau auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen, wobei eine legitime Zielsetzung, deren Berechtigung ihrerseits keiner zusätzlichen Rechtfertigung bedarf, schon darin bestehen kann, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern.
Bei der Verfolgung dieses Ziels ist sodann kohärent und systematisch vorzugehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das gesetzte Ziel durch Beschränkungen der Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer erreicht werden soll.
Dass die Gelegenheiten zum Glücksspiel durch das Internetverbot gemäß § 4 IV GlüStV eingedämmt werden, kann ernsthaft nicht bestritten werden (vgl. zu den Auswirkungen moderner Kommunikationsmittel, insb. des Internet, auf die Bereitschaft zum Glücksspiel auch die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot vom 14.10.2008 in der beim EuGH anhängigen Sache C-42/07 Liga Portuguesa, ZfWG 2008, 323 ff., Tz. 42 ff.). Hierbei konnte der Staat ermessensfehlerfrei davon ausgehen, dass eine besondere Suchtgefährdung durch das Glücksspiel im Internet besteht. Dies hat das BVerfG in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 14.10.2008, auf die an dieser Stelle nochmals Bezug genommen wird, bereits zutreffend dargelegt. Des Weiteren teilt der Senat in vollem Umfang die Einschätzung des Generalanwalts Yves Bot, der in seinen eben erwähnten Schlussanträgen u.a. folgende Ausführungen (dort Tz. 264 ff.) gemacht hat:
„264. Die Frage, die sich stellt, ist daher, ob der Schutz der Verbraucher und der Schutz der öffentlichen Ordnung legitime Gründe für die Beschränkung der freien Wettdienstleistungen im Internet sein können. Anders gesagt, es geht um die Feststellung, ob die Glücks- und Geldspiele im Internet die Verbraucher und die öffentliche Ordnung gefährden können. Meines Erachtens ist diese Frage zu bejahen.
265. Wie ausgeführt verfügen die Mitgliedstaaten bei der Festlegung des Schutzniveaus, das sie in Bezug auf die Glücks- und Geldspiele garantieren wollen, die zu Ausgaben verleiten und mit denen bedeutende Geldbeträge eingenommen werden können, über ein weites Ermessen.
266. Die Glücks und Geldspiele im Internet wie z. B. die Wetten weisen die genannten Merkmale auf. Die Ausweitung des Ausschließlichkeitsrechts von Santa Casa auf die im Internet angebotenen Lotterien und Wetten scheint mir umso mehr gerechtfertigt, als die Gefahren für die Verbraucher und die öffentliche Ordnung meines Erachtens im Hinblick auf die Online-Spiele potenziell bedeutender sind als bei den traditionell angebotenen Spielen.
267. So ist im Hinblick auf die Gefahren für die Verbraucher anerkannt, dass die Risiken übermäßiger Ausgaben und echter Spielsucht im Allgemeinen durch folgende Umstände verstärkt werden: die Kontinuität des Spieleangebots, die Häufigkeit der Gewinne, die von den Gewinnen ausgehende Verlockung oder Anziehungskraft, die Möglichkeit hoher Einsätze, die Möglichkeit der Kreditaufnahme für Spieleinsätze, die Installation von Spielgelegenheiten an Orten, an denen einem Spielimpuls nachgegeben werden kann, und schließlich das Fehlen von Aufklärungskampagnen über die mit dem Spiel verbundenen Gefahren.
268. Festzustellen ist, dass das Spieleangebot im Internet mehrere dieser Risikofaktoren vereint. Zum einen nämlich kann über das Angebot jederzeit verfügt werden, und der Spieler hat ohne Ortswechsel Zugang zum Angebot. Es besteht somit keinerlei räumliche oder zeitliche Schranke mehr zwischen dem Verbraucher und dem Spieleangebot. Überdies ermöglicht das Internet die Vornahme der Spielhandlung in einem Zusammenhang, in dem der Spieler vollständig isoliert ist.
269. Zum anderen erlaubt das Internet dem Spieler in technischer Hinsicht den Zugang zu allen Online-Spieleanbietern. Auch erfordern die Online-Spiele nicht die Herstellung materieller Güter, so dass das Sortiment der angebotenen Spiele sehr umfangreich sein kann. Das Spieleangebot im Internet beläuft sich daher auf ein Vielfaches des Angebots traditioneller Spiele. Zudem können Wirtschaftsteilnehmer im Internet Wetten oder Lottospiele anbieten, bei denen eine sofortige Kenntnis der Ergebnisse möglich ist, so dass die Verbraucher innerhalb kurzer Zeit viele Mal erneut spielen können.
270. Zudem ermöglichen die durch das Internet hergestellten Beziehungen dem Erbringer von Online-Diensten nicht, die Identität des Verbrauchers zu kontrollieren, wie es im Rahmen eines Vertragsabschlusses zwischen physisch anwesenden Personen möglich ist. Die Verbote zum Schutz von Minderjährigen oder von gefährdeten Personen können viel leichter umgangen werden. Die Internet-Beziehungen sind anonym.
271. Schließlich kann dem Spieler ein Kredit für Online-Spiele angeboten werden, und Zahlungen per Internet sind sehr einfach vorzunehmen.
272. Diese verschiedenen Faktoren zusammen zeigen meines Erachtens, dass die Spiele im Internet potenziell eine erhöhte Gefahr für die Verbraucher bedeuten, vor allem für die Minderjährigen und die schwächsten Verbraucher, denen es nicht gelingt, ihre Spielpraxis unter Kontrolle zu bringen.“
Das Internetverbot gemäß § 4 IV GlüStV ist nach alldem geeignet, das mit ihm berechtigterweise verfolgte Ziel einer Verminderung der Glücksspielgelegenheiten durch die Unterbindung einer besonders gefahrenträchtigen Vermarktungsform des Glücksspiels zu erreichen. Es ist zu diesem Zweck auch erforderlich und (i.e.S.) verhältnismäßig. Insoweit wird unter nochmaliger Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG vom 14.10.2008 in vollem Umfang auf die obigen Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit des Internetverbots verwiesen.
Auch der Anforderung des EuGH, dass die Maßnahmen, die zur Erreichung des Schutzziels ergriffen werden, dem Anliegen gerecht werden müssen, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen, ist in dem hier erforderlichen Ausmaß Genüge getan.
Das Kohärenzkriterium dient der Unterbindung einer willkürlichen bzw. rechtsmissbräuchlichen staatlichen Vorgehensweise. Im Bereich des Glücksspielrechts erlangt es besondere Bedeutung, wenn die Berechtigung eines vollständigen oder partiellen staatlichen Glücksspielmonopols auf dem Prüfstand steht oder wenn es um anderweitige Beschränkungen der Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer geht. Der Staat handelt nicht kohärent und systematisch, wenn er – angeblich zur Eindämmung des Glücksspiels – private Anbieter vom Markt ausschließt, um durch Ausnutzung der Spielleidenschaft seiner Bürger selbst finanzielle Vorteile zu erzielen.
Das in § 4 IV GlüStV normierte Internetverbot gilt hingegen nicht nur für private Anbieter, sondern für jedermann, auch den Staat selbst und die weiteren in § 10 II GlüStV definierten Anbieter, denen eine Erlaubnis gemäß § 4 I GlüStV erteilt werden kann. Mag es im Zusammenhang mit einem staatlichen Glücksspielmonopol fraglich erscheinen, ob eine auf alle Erscheinungsformen des Glücksspiels bezogene Gesamtkohärenz zu fordern ist oder ob eine bei sektoraler Betrachtungsweise anzunehmende Kohärenz genügt, so kommt es jedenfalls für die Rechtfertigung des Internetverbots auf eine Gesamtkohärenz nicht an. Insoweit kann ergänzend nochmals auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 14.10.2008 (dort Tz. 302 ff.) verwiesen werden, wobei zu beachten ist, dass es im dortigen Fall nicht um ein vollständiges, auch für den Staat und staatliche Gesellschaften verbindliches Internet-Verbot geht, sondern um die Rechtfertigung eines auf Lotterien und Wetten im Internet bezogenen Monopols. Der Generalanwalt hat zur Rechtfertigung einer auf Internetspiele begrenzten Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit Folgendes ausgeführt:
„302. Dass die genannten Ziele kohärent und systematisch verfolgt werden, wäre nur in Frage gestellt, wenn die portugiesische Regierung den Betrieb von Internetspielen zulassen würde, die mit den Lotterien und Wetten, deren Betrieb Santa Casa vorbehalten ist, vergleichbar sind. Die Frage könnte sich etwa stellen, wenn die Portugiesische Republik den Unternehmen, die eine Konzession für den Betrieb von Kasinospielen besitzen, erlauben würde, im Internet Lotterien anzubieten, die in ihrer Funktionsweise mit den von Santa Casa angebotenen Lotterien vergleichbar sind.
303. Die Frage stellt sich dagegen nicht bei der Entwicklung der Kasinospiele in ihrer traditionellen Form. Die Bedingungen, unter denen diese Form von Glücksspiel praktiziert wird, sind völlig anders als die der Internet-Lotterien und -Wetten. Es genügt die Feststellung, dass die Kasinospiele voraussetzen, dass sich der Spieler physisch an den Öffnungstagen und zu den Öffnungszeiten in ein Spielkasino begibt. Außerdem befinden sich die Spielkasinos in Portugal in genau festgelegten Bezirken.
304. Zwar können auch die Kasinospiele Gefahren für die Verbraucher und die öffentliche Ordnung mit sich bringen. Da sie jedoch auf einer völlig anderen Funktionsweise beruhen als die Online Spiele, liegt die Entscheidung der Portugiesischen Republik, den Betrieb der Kasinospiele über ein Konzessionssystem zu regeln statt den Betrieb Santa Casa zuzuweisen, in ihrem Ermessen.“
Dem schließt sich der Senat an. Infolgedessen kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob Glücksspiele, die außerhalb des Internets angeboten werden, (ebenfalls) in der nach den Zielvorstellungen des Staates gebotenen Weise reglementiert werden. Dementsprechend ist insbesondere nicht näher auf die für das Automatenspiel geltenden Regelungen und deren Lockerung zum 01.01.2006 sowie auf die Regelungen des Spielbankenbetriebs einzugehen.
Offenbleiben kann auch, ob die Bestimmung des § 25 III GlüStV, mit der es dem Land Rheinland-Pfalz gestattet wird, seine Aufgabe nach § 10 I durch ein betrautes (ggf. privates) Unternehmen wahrnehmen zu lassen, eine im Hinblick auf das ansonsten im Glücksspielstaatsvertrag festgeschriebene staatliche Glücksspielmonopol inkohärente Ausnahmeregelung darstellt. Denn ein Regelungswiderspruch zu dem in § 4 IV GlüStV normierten und für die Entscheidung des vorliegenden Falles allein ausschlaggebenden Internetverbot besteht nicht.
Zu konstatieren ist allerdings, dass das Verbot gemäß § 4 IV GlüStV nicht für den Abschluss und das Vermitteln von Pferdewetten gilt. Pferdewetten können auch über das Internet angeboten werden. Hierin liegt eine gewisse Inkonsequenz, die bei wertender Betrachtung den Vorwurf mangelnder Kohärenz der internetbezogenen staatlichen Glücksspielregelungen jedoch nicht rechtfertigt.
Pferdewetten dürfen seit langem aufgrund des Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 08.04.1922 von konzessionierten privaten Buchmachern angeboten werden. Die Sonderstellung der Pferdewetten hat historische Gründe, die Fortgeltung dieser Sonderstellung hat ihre Ursache im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland. Die Existenz dieser Sonderstellung belegt kein willkürliches oder rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Staates zur Förderung seiner eigenen fiskalischen Interessen. Ohnehin machen Pferdewetten nur einen geringen Prozentsatz des Glücksspielmarktes aus; die von ihnen ausgehenden Suchtgefahren treffen nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16.02.2009 – 11 ME 367/08 – Juris-Rn 27). Der Anreizwirkung von Pferdewetten im Internet sind bei lebensnaher Betrachtung im Wesentlichen diejenigen ausgesetzt, die im Bereich der Pferderennen über Kenntnisse verfügen und mit den im Wettangebot genannten Pferden eine auf deren Wettkampfqualitäten bezogene Vorstellung verbinden und die sich deshalb die Fähigkeit zuschreiben, auf den Rennausgang aussichtsreich wetten zu können. Im Unterschied hierzu bedarf die subjektiv so empfundene „Wettkompetenz“ im Bereich der allgemeinen Sportwetten, grundsätzlich keiner besonderen Voraussetzungen, die nur von einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung erfüllt würden. Bei den allgemeinen Sportwetten geht es im Wesentlichen um den Fußballsport und weitere Breitensportarten, durch die sich eine Vielzahl von Personen emotional angesprochen zu Ergebnisprognosen angeregt fühlen. Der Senat verneint daher im Ergebnis trotz der Zulässigkeit online angebotener Pferdewetten einen Verstoß gegen das Kohärenzgebot im Bereich der Internet-Glücksspiele.
Auch die in § 25 VI GlüStV getroffene Übergangsregelung rechtfertigt nicht die Annahme, dass durch das Internetverbot gemäß § 4 IV GlüStV das Kohärenzgebot verletzt werde. Die Übergangsregelung galt nur für das inzwischen verstrichene Jahr 2008, sie betraf nur für das Veranstalten und Vermitteln von Lotterien, deren Suchtpotential niedriger eingeschätzt werden kann als dasjenige von Sportwetten, und sie galt auch nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zum Schutz der Spieler. Der Umstand, dass die Bundesländer aus Gründen des Vertrauensschutzes die auf ein Jahr befristete und auf Lotterien beschränkte Übergangsregelung getroffen haben, trägt ersichtlich nicht die Schlussfolgerung, dass der Staat bei Beachtung der gleichen Schutzvorkehrungen auch eine zeitlich unbefristete und auf Sportwetten erstreckte Veranstaltung und Vermittlung im Internet tolerieren müsse.
Für die auf das Internetverbot bezogene Kohärenzprüfung kommt es auch nicht auf ein etwaiges „Vollzugsdefizit“ bei der Umsetzung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags insgesamt an. Denn das Internetverbot stellt eine aus sich heraus wirksame Maßnahme zur Bekämpfung übermäßigen Glücksspiels dar. Für eine inkonsequente Vorgehensweise des Staates bei der Umsetzung dieses konkreten Verbots gibt es keine Anhaltspunkte.
Das Internetverbot wird auch nicht diskriminierend angewandt. Es gilt für alle Glücksspielanbieter gleichermaßen. Zwar trifft das Internetverbot in seinen Auswirkungen gerade auch private Wettanbieter aus anderen Mitgliedsstaaten, für die das Internet eine naheliegende Vermarktungsmöglichkeit darstellt. Diese Beschränkung wird aber durch die bereits dargelegte besondere Gefährlichkeit des Glücksspielangebots im Internet gerechtfertigt.
Eine diskriminierende Anwendung des Internetverbots ergibt sich auch nicht aus einer Zusammenschau mit § 10 III GlüStV. Nach der genannten Vorschrift ist die Zahl der Annahmestellen zur Erreichung der in § 1 GlüStV festgelegten Ziele zu begrenzen. Damit wird indessen nicht der Zweck verfolgt, Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten vom deutschen Glücksspiel-Markt fernzuhalten. Die Ausgrenzung privater Anbieter, auch aus anderen Mitgliedsstaaten, wird vielmehr durch das staatliche Glücksspielmonopol bewirkt. In diesem Zusammenhang soll die vorgeschriebene Begrenzung der Zahl der Annahmestellen die Ernsthaftigkeit belegen, mit der das Ziel der Begrenzung des (staatlichen) Glücksspielangebots verfolgt wird. Eine vom staatlichen Glücksspielmonopol unabhängige Bedeutung kann dem § 10 III GlüStV nicht beigelegt werden, zumal die Bestimmung schon wegen mangelnder Bestimmtheit als Grundlage für eine Beschränkung privater Anbieter kaum geeignet erscheint.
Nach allem ist der Senat der Auffassung, dass das Internetverbot gemäß § 4 IV GlüStV mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht. Dieser Einschätzung neigen teilweise auch Gerichte zu, die das im Glücksspielstaatsvertrag fortgeschriebene staatliche Glücksspielmonopol, das in der Rechtsprechung wesentlich häufiger thematisiert wird als das Internetverbot, als gemeinschaftsrechtswidrig oder zumindest bedenklich ansehen (a.A. allerdings OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.2009 – 1 W 6/09 – Juris-Rn 27 ff.). So hat das VG Berlin in seinem Beschluss vom 22.10.2008 – 35 A 513.07 – ausgeführt, es drängten sich keine durchgreifenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Internetverbots mit höherrangigem Recht auf. Auf Grund der besonderen Gefährdungspotentiale des Anbietens von Sportwetten (im Gegensatz zur Vermittlung z.B. von Lotto 6 aus 49) im Internet spreche vielmehr einiges dafür, dass die Verbotsnorm des § 4 IV GlüStV mit höherrangigem Recht zu vereinbaren sei (a.a.O., Juris-Rn 11). Auch das von den Beklagten zitierte OVG Rheinland-Pfalz hat in seiner, für den beschwerdeführenden Sportwettenvermittler grundsätzlich günstigen Entscheidung vom 18.08.2008 – 6 B 10338/08 – diesem auferlegt, im Geschäftslokal keine Internetsportwetten zuzulassen.
Die der Beklagten zu 2) durch die Regierung von Gibraltar erteilt Lizenz berechtigt sie nicht, über das Internet in Hessen Sportwetten zu veranstalten. Denn durch diese Erlaubnis werden weder die Beklagte zu 2) noch die mit ihr kooperierende Beklagte zu 1) von der Beachtung der in Deutschland geltenden Ausübungsvorschriften einschließlich des § 4 IV GlüStV freigestellt. Das Herkunftslandprinzip gilt im Bereich des Glücksspielrechts nicht (vgl. Hefermehl/ Köhler / Bornkamm, UWG, 27. Auflage, § 4 Rn 11.178 a.E.). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr nimmt den Glücksspielbereich vom Herkunftslandprinzip ausdrücklich aus; aus der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG ergibt sich nichts anderes. Hieraus ist zumindest zu folgern, dass ein in einem anderen Mitgliedsstaat konzessioniertes Unternehmen bei seiner Tätigkeit in Deutschland, auch bei einer auf Deutschland bezogenen Internet-Tätigkeit, die deutschen Marktverhaltensregeln beachten muss. Die Frage, ob die in einem anderen Mitgliedsstaat erteilte Erlaubnis eine geschäftliche Betätigung auf dem deutschen Glücksspielmarkt (im Rahmen der hier geltenden Marktverhaltensregeln) überhaupt ermöglicht und eine inländische Erlaubnis insoweit entbehrlich macht, ist für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich.
Eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf bei dem EuGH anhängige Vor-abentscheidungsersuchen oder eine eigene Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 EG-Vertrag ist nicht veranlasst.
Die in der Rechtssache …. u.a. (C-316/07 u.a.) zusammengefassten Vorabentscheidungsersuchen, insbesondere die Ersuchen des VG Gießen vom 07.05.2007 und des VG Stuttgart vom 24.07.2007 betreffen zum einen die Problematik der Gesamtkohärenz im Hinblick auf die Frage, ob das staatliche Glücksspielmonopol mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Um die Vereinbarkeit des Internetverbots gemäß § 4 IV GlüStV mit dem Gemeinschaftsrecht geht es insoweit nicht. Die weitere Vorlagefrage der genannten Gerichte geht dahin, ob ein Anbieter aus dem EU-Ausland, der dort über eine Genehmigung verfügt, in Deutschland Sportwetten anbieten darf, ohne über eine entsprechende deutsche Genehmigung zu verfügen. Auch diese Frage ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich, weil der Anbieter aus dem anderen Mitgliedstaat, wie eben ausgeführt, jedenfalls an die in Deutschland geltenden Ausübungsvorschriften einschließlich des § 4 IV GlüStV gebunden ist.
Der Vorlagebeschluss des VG Schleswig vom 30.01.2008 – 12 A 102/06 – (Vorabentscheidungsverfahren C-46/08 Carmen Media Group Ltd.) rechtfertigt ebenfalls keine Aussetzung. Zwar besteht insoweit ein direkter Bezug zu § 4 IV GlüStV, da die Vorlagefrage zu d) wie folgt lautet:
„Ist Art. 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung entgegensteht, die das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt, wenn insbesondere gleichzeitig – wenngleich auch nur für eine Übergangsfrist von einem Jahr – die Veranstaltung und Vermittlung im Internet unter Einhaltung von Jugend- und Spielerschutzbestimmungen ermöglicht wird, um zum Zweck eines Verhältnismäßigkeitsausgleichs namentlich zweier gewerblicher Spielvermittler, die bislang ausschließlich im Internet tätig sind, eine Umstellung auf die nach dem Staatsvertrag zugelassenen Vertriebswege zu ermöglichen?“
Nach der Auffassung des Senats führt jedoch, wie oben bereits ausgeführt, die Existenz des § 25 VI GlüStV nicht zu der Annahme, dass das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Sportwetten im Internet (zwischenzeitlich) mit dem Kohärenzgebot unvereinbar gewesen sei.
Von einer eigenen Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 EG hat der Senat abgesehen, da er keine ernstlichen Zweifel an der Gemeinschaftsrechtskonformität des § 4 IV GlüStV hat.
Der Verstoß der Beklagten zu 1) und 2) gegen § 4 IV GlüStV stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß nach §§ 3 I, 4 Nr. 11 UWG dar. Bei dem in § 4 IV GlüStV normierten Internetverbot handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung gemäß § 4 Nr. 11 UWG. Des Weiteren ist der Verstoß geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG 2004), bzw. die Interessen der Mitbewerber und Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 I UWG 2008).
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten unter Bezugnahme auf die Entscheidung „Sportwetten-Genehmigung" des BGH (GRUR 2002, 269, 270) darauf, dass das beanstandete Verhalten angesichts der bestehenden Gewerbegenehmigung vom 11.04.1990, auf die die Beklagten vertrauen dürften, nicht wettbewerbswidrig sei.
Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist ein objektiver Wettbewerbsverstoß; auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Verletzer seit der Neufassung des UWG in 2004 nicht mehr berufen (vgl. BGH, GRUR 2005, 778, 779 – Atemtest; Hefermehl/ Köhler / Bornkamm, UWG, § 4 Rn 11.53 f.). Hiervon abgesehen konnten die Beklagten nicht mehr vertrauensvoll annehmen, die erteilte Gewerbegenehmigung sei eine ausreichende Grundlage für eine bundesweite Geschäftstätigkeit, nachdem das BVerwG in seiner Entscheidung vom 21.06.2006 und nachfolgend einige Oberverwaltungsgerichte, darunter das Sächsische OVG mit Beschluss vom 12.12.2007, der die Beklagte zu 1) unmittelbar betraf, dieser Sichtweise entgegengetreten waren.
Der Wettbewerbsverstoß der Beklagten zu 1) und 2) begründet den gegen sie geltend gemachten Unterlassungsanspruch (§ 8 I UWG). Dieser Anspruch ist schon deshalb nicht verwirkt, weil das Verhalten der Beklagten bis zum 28.03.2006 nicht als wettbewerbswidrig gewertet werden konnte (vgl. hierzu BGH, WRP 2008, 661 – ODDSET).
Der Beklagte zu 3) haftet neben der Beklagten zu 2) als deren gesetzlicher Vertreter, da er, mit Wettbewerbsförderungsabsicht zugunsten der Beklagten zu 2) handelnd, für den Verstoß verantwortlich ist.
Die Verurteilung beschränkt sich antragsgemäß auf Sportwettangebote, durch die im Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit zur Spielteilnahme eröffnet wird. Wesentlich ist, dass ein Spielinteressent von seinem Aufenthaltsort in Hessen aus unmittelbar über das Internet Wetten abschließen kann. Charakteristisch für die in den Tenor einbezogene konkrete Verletzungsform und damit maßgebend für den nach der Kerntheorie zu bestimmenden Verbotsumfang ist, dass Spieler, die sich in Hessen aufhalten, weder durch technische Beschränkungen von einer Spielteilnahme ausgeschlossen, noch durch einen entsprechenden Disclaimer von einer Spielteilnahme abgehalten werden.
Ein Disclaimer, der geeignet ist, Interessenten von einer Spielteilnahme abzuhalten, kann allerdings nicht allein schon in einem schlichten Hinweis der Beklagten darauf gesehen werden, dass es ihnen (vorübergehend) untersagt sei, Wetten anzunehmen, die von dem Gebiet des Landes Hessen aus abgegeben werden (vgl. hierzu die Einblendung auf Seite 21 des Schriftsatzes der Klägerin vom 04.09.2007 / Bl. 193 d.A.). Erklärungen, die vom angesprochenen Verkehr als gleichsam „augenzwinkernde“ Pflichtangabe gedeutet werden können, die man folgenlos missachten könne, genügen keinesfalls. Ausreichend weit von der konkreten Verletzungsform entfernt wäre eine deutliche und unmissverständlich ernsthafte Ablehnung des Abschlusses von Wettverträgen oder Wettvermittlungsverträgen mit Personen, die sich innerhalb des Gebietes Hessens aufhalten. Die Ernsthaftigkeit der Ablehnung könnte dadurch deutlich gemacht werden, dass jeder Wettinteressent für die Anmeldung bei der Beklagten zu 1) versichern muss, dass er sich in diesem Moment nicht im Gebiet des Bundeslandes Hessen aufhält, und dass der Hinweis gegeben wird, dass, wenn dies nicht der Fall sein sollte, kein rechtswirksamer Vertrag zustande kommen kann (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 12.12.2007 – 3 BS 286/06 – Juris-Rn 20).
Ein Einsatz von Verifikationsverfahren, durch den der Abschluss von Wettverträgen mit Spielern aus Hessen ausgeschlossen würde, würde gleichfalls genügen, um aus dem Kernbereich der konkreten Verletzungsform herauszuführen; er ist hierzu aber nicht unabdingbar erforderlich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kernbereich der konkreten Verletzungsform, die im vorliegenden Fall auch durch die Abwesenheit eines ernstgemeinten Disclaimers charakterisiert wird, nicht mit dem Umfang des zugrunde liegenden gesetzlichen Verbots gleichgesetzt werden kann. Daher kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob zur Beachtung des in § 4 IV GlüStV normierten Internetverbots in Hessen eine Lokalisierung mit technischen Mitteln (vgl. § 25 VI Nr. 4 GlüStV) zwingend notwendig ist.
Offenbleiben kann demnach auch die Frage, ob es praktikable und zuverlässige technische Lokalisierungsmethoden bislang überhaupt gibt (vgl. hierzu zuletzt Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.04.2009 – 11 ME 399/08 – Juris-Rn 51 ff.).
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die Beachtung des – auf Hessen bezogenen – Unterlassungsgebotes für die Beklagten weder unmöglich noch unzumutbar ist.
Die auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung gerichteten Folgeanträge haben Erfolg, soweit sie auf den Hilfsantrag zu Ziff. 1 rückbezogen sind (§ 9 UWG, §∙242 BGB). Da die Klägerin beim Schadensersatzfeststellungsantrag nur an Handlungen der Beklagten zu 1) anknüpft, war allerdings der Auskunftsanspruch zur Klarstellung in gleicher Weise einzugrenzen.
Ein Verschulden der Beklagten als Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs ist für den hier allein noch geltend gemachten Zeitraum ab dem 01.01.2008 zu bejahen. Die Rechtslage ist im Hinblick auf das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten im Internet durch das Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages hinreichend geklärt worden. Die insoweit insbesondere von der Europäischen Kommission geäußerten Bedenken gegen die Vereinbarkeit der entsprechenden Vorschriften mit höherrangigem Recht führen nicht zur Annahme eines unverschuldeten Rechtsirrtums. Die Beklagten mussten ernsthaft damit rechnen, dass das zuständige Gericht einen Wettbewerbsverstoß bejahen werde. Indem sie Verhalten nach dem 01.01.2008 fortsetzten, handelten sie auf eigenes Risiko. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitert nicht von Vornherein daran, dass sie selbst nicht über eine Erlaubnis zum Veranstalten von Sportwetten verfügt. Die Klägerin ist gemäß § 6 VI Hessisches Glücksspielgesetz jedenfalls berechtigt, an der Durchführung der vom Land Hessen veranstalteten Sportwetten mitzuwirken. Es besteht die für die Begründetheit des Feststellungsantrags ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Klägerin in ihrer legalen gewerblichen Tätigkeit durch das unzulässige Konkurrenzangebot der Beklagten beeinträchtigt wurde und infolgedessen einen Schaden erlitten hat.
Ferner sind die Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz aus den oben zum Unterlassungsanspruch bereits dargelegten Gründen auch nicht verwirkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO; hierbei wurden das Maß des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens sowie die teilweise Berufungsrücknahme berücksichtigt. Zu beachten war, dass bei einer Gewichtung der einzelnen Ansprüche dem Unterlassungsanspruch die größte Bedeutung zuzumessen war.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Vollstreckungsschutz war den Beklagten nicht zu gewähren, weil nicht hinreichend dargetan ist, dass die Vollstreckung den Beklagten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, der zudem das Vollstreckungsinteresse der Klägerin in den Hintergrund treten lässt (§ 712 I ZPO). Der Umstand, dass der Beklagten zu 2) erhebliche Umsatzeinbußen drohen, genügt nicht. Das Unterlassungsgebot ist auf Hessen beschränkt, betrifft also nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der gewerblichen Aktivitäten der Beklagten zu 2), die deutschlandweit und nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten außerdem im europäischen Ausland, vor allem in Italien, Spanien und Österreich, tätig ist.
Mit Rücksicht darauf ist nicht zu erwarten, dass die Beklagten einen Schaden erleiden, der im Falle einer späteren Aufhebung des Verbots durch den von der Klägerin dann zu leistenden Ersatz nicht mehr hinreichend kompensiert werden könnte. Soweit die Beklagten einen nachhaltigen Imageschaden und eine mögliche Signalwirkung für andere Bundesländer befürchten, argumentieren sie mit Wirkungen, die eher der Verurteilung selbst als deren Vollstreckung zuzuordnen sind.
Der Senat hat allerdings im Hinblick auf die von den Beklagten glaubhaft gemachte Größenordnung des bei einer Urteilsvollstreckung zu erwartenden Schadens die zur Durchsetzung der Zwangsvollstreckung bzw. deren Abwehr zu erbringende Sicherheitsleistung so bemessen, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten hinreichend gesichert erscheint.
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob das Verbot des Veranstaltens und das Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 IV GlüStV) mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).