Pauschal herabsetzende Äußerungen im Wettbewerb unzulässig

25. Februar 2014
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Urteil des OLG Köln vom 06.02.2013, Az.: 6 U 127/12

Herabsetzende Äußerungen über einen ehemaligen Mitarbeiter und Mitbewerber sind rechtswidrig, sofern es sich dabei um eine pauschal abwertende Darstellung der Tätigkeit eines Wettbewerbers handelt, ohne dass konkrete Umstände genannt werden, die die Vorwürfe belegen.

 Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 06.02.2013

Az.: 6 U 127/12

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. 6. 2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 760/11 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst wird:

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 1/6 und die Beklagte zu 5/6.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil des Landgerichts Köln vom 14. 6. 2012 und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Der Kläger ist Handelsvertreter. Ab dem Jahre 2006 vermittelte er als solcher Schuhverkäufe für die Beklagte. Das Geschäftsverhältnis endete aufgrund ordentlicher Kündigung durch die Beklagte vom 6. 4. 2011 am 31. 7. 2011.

Die Beklagte versandte am 5. 5. 2011 folgende E-Mail an ihre Angestellten und an andere selbständige Handelsvertreter, die ebenfalls Schuhe der Beklagten vertreiben und in anderen räumlichen Gebieten tätig sind als der Kläger:

„an Alle

Im Rahmen der konsequenten Neuausrichtung unseres Schuh-Vertriebs wurden mit allen Handelsvertretern intensive Gespräche geführt: auf der MCP im Januar, im Rahmen eines Schuh-Symposiums in der Schweiz und darüber hinaus in zahlreichen Einzelgesprächen.

Dabei wurde eine neue Strategie definiert, die die Positionierung der Marken, aber auch die Wirtschaftlichkeit des Schuhprojekts berührt.

Leider hat sich Herr C. in diesen Wochen als extrem unzuverlässig, unmotiviert und nicht kooperativ gezeigt. Er hat bereits sehr früh über einen Anwalt unsere Vertriebsleitung unter Druck gesetzt. Herr C. wurde über viele Jahre in erheblichem Umfang und völlig unüblich finanziell unterstützt; die inzwischen enormen Schulden versucht er nun auf juristischem Wege zu umgehen; parallel setzt er sich aber nicht für seine Umsätze bzw. das Unternehmen ein.

Herr C. hat uns daher keine andere Wahl gelassen, ihn mit sofortiger Wirkung zu kündigen; und zwar nachdem sowohl Herr M., Frau T. und ich selbst fest davon ausgingen, dass er nachdem er U. aufgegeben hatte, er sich zukünftig voll und ganz auf seine K. Schuh-Vertretung konzentriert. Sowohl seine Ergebnisse als auch sein Engagement waren aber wie zuvor auch unprofessionell und einseitig zu Lasten von N.

Daher sollten alle Abteilungen Maßnahmen ergreifen, dass Herr C. keine Informationen, Produkte, Gelder etc. bezieht und er aus den internen Informationssystemen abgemeldet wird.

Weiterhin hat er in erheblichem Maße, dauerhaft und vielfach gegen seine (auch vertraglichen) Verpflichtungen als Handelsvertreter verstoßen. Der Schaden für das unternehmen, der sich hieraus ergibt, ist noch gar nicht vollumfänglich abzusehen und muss gemeinschaftlich noch zusammengetragen werden. Hierzu bitte ich alle Mitarbeiter, die schlimmsten Kundenbeschwerden, Versäumnisse, Pflichtverletzungen etc. seitens Herrn C. mit Herrn D. zusammenzutragen.“

Der Kläger erlangte von dieser E-Mail am 16. 5. 2011 Kenntnis. Der Kläger ließ die Beklagte wegen Versendung der E-Mail mit Schreiben vom 18. 5. 2011 rechtsanwaltlich abmahnen. Da auf die Abmahnung keine Reaktion erfolgte, beantragte er am 14. 6. 2011 (Eingang bei Gericht) den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich des Verbreitens der E-Mail, die antragsgemäß am 16. 6. 2011 erlassen worden ist und die der Kläger der Beklagten am 21. 6. 2011 zustellte. Danach ließ der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 14. 7. 2011 zur Abgabe einer Abschlusserklärung durch seinen Rechtsanwalt auffordern.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe bezüglich des Versendens der E-Mail ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 8, 3, 4 Nr. 7 UWG und auch aus §§ 823 Abs. 1, 824 BGB zu, da diese rufschädigenden Inhalt habe und außerdem dazu aufrufe, den Kläger zu boykottieren. Der Kläger hat ursprünglich den Kostenantrag in Höhe von 1.312,81 EUR gestellt und weiter beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus der Verbreitung der in Ziffer I. genannten E-Mail entstanden ist und künftig entstehen wird.

Unter teilweiser Klagerücknahme hat der Kläger schließlich beantragt, es der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr, wie mit der E-Mail vom 5. 5. 2011 geschehen, die in ihr enthaltenen Aussagen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, sowie die Beklagte zur Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 856,80 EUR zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger es versäumt habe, seine geltend gemachten Unterlassungsansprüche und damit verschiedenen Streitgegenstände in ein Eventualverhältnis zu bringen, so dass ein Fall der alternativen Klagehäufung vorliege. Die Klage sei auch nicht begründet, da bereits keine Wiederholungsgefahr bestehe, da das Handelsvertreterverhältnis nunmehr endgültig beendet sei. Schließlich seien die von der Beklagten in der E-Mail aufgestellten Behauptungen, dass der Kläger unzuverlässig, unmotiviert und nicht kooperativ sei, richtig. Tatsächlich stünden der Beklagten noch erhebliche finanzielle Ansprüche gegen den Kläger zu, die Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Bad Kreuznach seien. Ferner habe sich der Kläger an einem Eingehungsbetrug zu Lasten der Beklagten beteiligt, der Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es liege lediglich ein einheitlicher Streitgegenstand vor. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 3, 4 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG. Die E-Mail stelle die geschäftliche Handlung eines Mitbewerbers dar. In ihr sei der Kläger als Mitbewerber herabgesetzt worden. Die E-Mail enthalte keine konkreten Informationen über die Zusammenarbeit zwischen den Parteien; es werde kein Grund angegeben, der es rechtfertigen würde, Dritte dazu aufzufordern, mit dem Kläger nicht mehr zusammenzuarbeiten. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der Entscheidung des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der Klageabweisung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 14. 6. 2012 – 31 O 760/11 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache – bis auf den Kostenpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung – ohne Erfolg, wie der Senat mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert hat.

1. Eine unzulässige alternative Klagehäufung liegt nicht vor, auch wenn der Kläger seinen Anspruch sowohl §§ 3, 4 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG als auch §§ 823, 824 BGB gestützt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Wenn der Kläger sein Unterlassungsbegehren auf eine konkrete Verletzungshandlung stützt und dabei nur einen einzigen Lebenssachverhalt zur Begründung vorträgt, so wird damit nur ein Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist für die Frage, ob nur ein Streitgegenstand vorliegt oder mehrere Streitgegenstände gegeben sind, nicht maßgeblich, da die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung Sache des Gerichts ist (BGH, Urteil vom 30. 6. 2011 – I ZR 157/10 – GRUR 2012, 184, 185 – Branchenbuch Berg).

Aus der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. 6. 2011 (I ZR 41/10 – GRUR 2012, 180 – Werbegeschenke) folgt nichts anderes: Dort hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es sich bei markenrechtlichen Löschungsansprüchen wegen bösgläubiger Markenanmeldung einerseits, wegen Verfalls auf Grund mangelnder rechtserhaltender Benutzung andererseits um unterschiedliche Streitgegenstände handelt (a. a. O. S. 181). Dies ist auch konsequent, da die Ansprüche auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt werden. Im vorliegenden Fall geht es allein um den Sachverhalt „Versenden der E-Mail“, das sowohl unter wettbewerbsrechtlichen als auch deliktsrechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen ist. In der neueren Rechtsprechung ist anerkannt, dass es sich bei Ansprüchen wegen eines einheitlichen Lebenssachverhalts, die einerseits auf Deliktsrecht, andererseits auf Wettbewerbsrecht gestützt werden, um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt (BGH, Urteil vom 8. 3. 2012 − I ZR 85/10 – GRUR 2012, 1153 – Unfallersatzgeschäft; Senat, Urteil vom 12. 10. 2012 – 6 U 93/12 – juris Rn. 7).

2. a) Das Landgericht hat die Verurteilung der Beklagten auf § 3, 4 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG gestützt. Zum Wettbewerbsverhältnis der Parteien hat es ausgeführt, beide Parteien würden Schuhe vertreiben und sich damit an den gleichen Abnehmerkreis wenden, wobei es unerheblich sei, dass sie auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätig seien.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, mithin im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urteil vom 22. 4. 2009 – I ZR 216/06 – GRUR 2009, 845, 849 – Internet-Videorecorder). Die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers lässt sich nicht abstrakt feststellen, vielmehr ist an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen. Sie entscheidet darüber, ob sich der handelnde Unternehmer zu einem anderen Unternehmer in Wettbewerb stellt (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2014, § 2 Rn. 96). Schließlich genügt es auch, wenn durch die Handlung fremder Wettbewerb gefördert wird; in diesem Fall muss das konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten Unternehmen und dessen Mitbewerber bestehen (Köhler/Bornkamm, a. a. O. Rn. 96g; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. 4. 2006 – U (Kart) 23/05 – GRUR 2006, 782, 783 – Lottofonds). Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall ein Wettbewerbsverhältnis zu bejahen: Selbst wenn man nicht auf die von den Parteien vertriebenen Schuhe, sondern auf die Dienstleistungen des Klägers als Handelsvertreter abstellt, so war die E-Mail der Beklagten geeignet, jedenfalls den Absatz dieser Dienstleistungen des Klägers zu behindern und den Absatz der anderen Handelsvertreter, an die die E-Mail ebenfalls adressiert war, zu fördern.

b) Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 3, 4 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG bejaht. Die von der Beklagten in der Berufungsbegründung bemängelte fehlende Abwägung im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 GG führt nicht zum Erfolg der Berufung: Soweit die E-Mail unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, unterfallen diese ohnehin nicht dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 4 Rn. 7.15; vgl. BGH, Urteil vom 19. 5. 2011 – I ZR 147/09 – GRUR 2012, 75, 77 – Coaching-Newsletter). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass jedenfalls die Äußerung in der E-Mail, dem Kläger sei mit sofortiger Wirkung gekündigt worden, nicht zutraf. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts ist das vertragliche Verhältnis zwischen den Parteien durch eine ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. 4. 2011 beendet worden. Die Angabe, dem Kläger sei „mit sofortiger Wirkung“ gekündigt worden, ist daher unwahr. Sie stellt, auch bei isolierter Betrachtung, eine Herabsetzung des Klägers dar. Es ist davon auszugehen, dass den angesprochenen Empfängern der E-Mail bekannt ist, dass eine sofortige Kündigung seitens der Beklagten (erhebliche) Pflichtverletzungen seitens des Klägers voraussetzt. Durch die unwahre Behauptung, es sei mit sofortiger Wirkung gekündigt worden, werden daher solche Pflichtverletzungen impliziert.

Im Übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorwürfe in der E-Mail kaum mit konkreten Tatsachen belegt werden. Es handelt sich daher um Werturteile, die zwar grundsätzlich dem Schutzbereich des Art. 5 GG unterfallen. Danach sind kritische Werturteile im geschäftlichen Verkehr zwar erlaubt; die Grenze der Unzulässigkeit ist aber überschritten, wenn – wie hier – direkt auf das Verhalten der Adressaten der Äußerung Einfluss genommen werden soll, wie beispielsweise bei Boykottaufrufen (BGH, Urteil vom 24. 11. 1983 – I ZR 192/81 – GRUR 1984, 214, 216 – Copy-Charge; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 4 Rn .7.21). Ferner ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung besonders zu berücksichtigen, wenn es sich bei der beanstandeten Äußerung um eine pauschal abwertende Darstellung der Tätigkeit eines Wettbewerbers handelt, ohne dass konkrete Umstände genannt werden, die die Vorwürfe belegen könnten. Ein etwaiges Interesse der Adressaten der Äußerung, über konkrete Missstände unterrichtet zu werden, mag zwar im Einzelfall dazu führen, dass auf Missstände hingewiesen werden darf. Die herabsetzende Äußerung muss sich aber nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen oder sachlich Gebotenen halten. Eine pauschale, hinsichtlich konkreter Missstände ganz im Vagen bleibende Herabsetzung, wie sie auch im Streitfall in Rede steht, vermag die Beeinträchtigung, die mit der Äußerung der Beklagten verbunden ist, dagegen nicht zu rechtfertigen (BGH, Urteil vom 19. 5. 2011 – I ZR 147/09 – GRUR 2012, 75, 78 – Coaching-Newsletter).

c) Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Umstand, dass die einstweilige Verfügung – wie seitens der Beklagten vertreten – wegen fehlender Dringlichkeit nunmehr aufzuheben wäre, ändert nichts an ihrer verjährungshemmenden Wirkung. Selbst von Anfang an unzulässige oder unbegründete Anträge im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes lösen die Wirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB aus; maßgeblich ist allein, dass der Schuldner vom Durchsetzungswillen seines Gläubigers erfährt und kein Vertrauen auf den ungehinderten Fristablauf bilden kann (MünchKomm/Grothe, BGB, 6. Aufl. 2012, § 204 Rn. 49 m. w. N.). Für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der sogar – zunächst – zulässig und begründet war, gilt dies erst recht.

3. Nur ergänzend ist daher noch darauf hinzuweisen, dass durch die Äußerungen in der E-Mail auch der Tatbestand des § 824 BGB erfüllt ist. Allein die – unwahre – Äußerung, dem Kläger sei mit sofortiger Wirkung gekündigt worden, ist geeignet, wirtschaftliche Nachteile für den Kläger herbeizuführen. Insofern gilt nichts anderes als im Rahmen des § 4 Nr. 7 UWG.

4. Damit steht zugleich auch die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Anwaltskosten des Klägers dem Grunde nach fest. Auch der Höhe nach ist dies nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat dem Kläger 856,80 EUR zuerkannt; dies entspricht einer 0,8-Gebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG bei einem Streitwert von 50.000 EUR (836,80 EUR) zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20 EUR. Soweit die Beklagte demgegenüber darauf hinweist, dass für ein Abschlussschreiben nur eine 0,3-Gebühr nach Nr. 2302 VV-RVG anfalle, so übersieht sie, dass Gegenstand der Kostennote Bl. 16 d. A. nicht allein das Abschlussschreiben ist (wie in der von ihr zitierten Entscheidung des BGH vom 4. 2. 2010 – I ZR 30/08 – GRUR 2010, 1038, 1039 – Kosten für Abschlussschreiben), sondern die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers insgesamt, einschließlich der Kosten der Abmahnung, die der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG erstattet verlangen kann.

5. Zutreffend weist die Beklagte allerdings darauf hin, dass das Landgericht bei seiner Kostenentscheidung nicht berücksichtigt hat, dass der Kläger die Klage teilweise (hinsichtlich des ursprünglich angekündigten Antrags, die Schadensersatzpflicht der Beklagten feststellen zu lassen) zurückgenommen hat. Legt man die Streitwertangaben der Klageschrift (75.000 EUR) und des Urteils (50.000 EUR), die von den Parteien nicht beanstandet worden sind, zugrunde und bemisst man danach den Feststellungsantrag mit 25.000 EUR, ergibt sich damit für die erste Instanz eine Kostenquote von 1/6 zu Lasten des Klägers. Der Senat hat daher die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils entsprechend abgeändert.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens in der Berufungsinstanz beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

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