Titelsponsoring ist Werbung

15. Juli 2009
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Eigener Leitsatz:

Wird der Name und das Logo eines Unternehmens, das im Internet die Teilnahme an Glücksspielen ermöglicht, für ein Titelsponsoring verwendet, handelt es sich hierbei um Werbung i.S. von § 5 GlüStV. Das verbotenen Glücksspiel soll mit seinem Namen, der einen Aufforderungscharakter hat und damit einen zusätzlichen Anreiz schaffen will, das wirtschaftliche Interesse im Rahmen der Tätigkeit als Titelsponsor umsetzen. Das Verbot der Fernsehwerbung erstreckt sich auf die Präsentation des Logos bei öffentlichen Auftritten, da diese im Fernsehen übertragen werden können.  

Verwaltungsgericht Hamburg

Beschluss vom 08.07.2009

Az.: 4 E 1677/09

Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 125.000,- EUR festgesetzt.

Gründe
Der zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der am 05.07.2009 erhobenen Klage gegen die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 01.07.2009 anzuordnen, bleibt ohne Erfolg.

Bei der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Abwägung der wechselseitigen Interessen überwiegt das gesetzlich in § 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens (vom 14.12.2007, HmbGVBl. Nr. 45, S. 441 ff.) i.V. mit § 9 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und in § 75 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVG intendierte Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Die Untersagungsverfügung erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig (dazu unter I.). Die weitere Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Antragsgegnerin aus (dazu unter II.).

I.
Die auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V. mit § 5 Abs. 4 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung erweist sich bei der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV ist die Antragsgegnerin ermächtigt, die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall zu erlassen, um gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV verbotene Werbung für unerlaubte Glücksspiele zu unterbinden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift dürften aller Voraussicht nach vorliegen.

1. Bei der Verwendung des Namens sowie des Logos des Unternehmens …, die als Titelsponsor des vom 18.07.2009 bis zum 26.07.2009 stattfindenden Tennisturniers am Rothenbaum auftritt, dürfte es sich um Werbung im Sinne von § 5 GlüStV handeln. Werbung in diesem Sinne ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2008, § 5 GlüStV, Rn. 17). Dabei ist der Werbebegriff des Glücksspielstaatsvertrags weit auszulegen und erfasst auch Hinweise auf die Möglichkeit zum Glücksspiel. Das ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, wonach die bloße Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel ebenso unter den Werbebegriff fällt wie die Trikot- und Bandenwerbung (vgl. §§ 5 Abs. 1, 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV).

Legt man diese weite Definition des Werbebegriffs zugrunde, dürfte das Titelsponsoring mit der Bezeichnung des Tennisturniers als „…-Open“ und der Verwendung des Namens und des Logos des Unternehmens … im Rahmen von öffentlichen Auftritten, auf Plakaten und sonstigen Printmedien sowie auf den Eintrittskarten als Werbung anzusehen sein. Titelsponsoring dient dem wirtschaftlichen Interesse des Sponsors, seinen Namen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und zugleich von dem positiven Image des gesponserten Ereignisses zu profitieren. Beides dient der Förderung des eigenen Umsatzes und damit den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens …, was bereits der erhebliche Betrag von 250.000,- EUR belegt, den diese soweit ersichtlich an die Antragstellerin zahlt. Gibt man den Namen … in einer beliebigen Internetsuchmaschine ein, gelangt man auf die Seite des Unternehmens …. Diese Seite ermöglicht die Teilnahme an Glücksspielen. Hinzu kommt, dass der Name „…“ schon vom Wortlaut her Aufforderungscharakter hat und damit einen Anreiz zum Glücksspiel schaffen will.

Soweit sich die Antragstellerin darauf bezieht, bei Zugrundelegung eines derartigen Maßstabs müsse auch die bloße Nennung des Namens „Lotto“ auf den Internetseiten von Lotto verboten sein, verkennt sie, dass es sich bei „Lotto“ um ein legales Glücksspiel handelt. In diesem Fall greift das hier einschlägige umfassende Werbeverbot des § 5 Abs. 4 GlüStV von vornherein nicht ein.

2. Bei dem angeblich in Malta lizenzierten Angebot des Unternehmens „…“ handelt es sich um verbotenes Glücksspiel im Sinne von § 5 Abs. 4 GlüStV. Nach der gefestigten Rechtsprechung der Kammer (VG Hamburg, Beschl. v. 29.06.2006, – 4 E 1130/06 – in Juris; Beschl. v. 14.11.2006, – 4 E 2703/06 -; Beschl. v. 30.01.2007, – 4 E 4226/06 -; Beschl. v. 10.05.2007 – 4 E 921/07-, Beschl. v. 12.07.2007, – 4 E 1675/07 -; Beschl. v. 15.04.2008, – 4 E 238/08 -; Beschl. v. 13.11.2008, – 4 E 1510/08 – und – 4 E 2738/08 -) sowie der die Rechtsprechung der Kammer bestätigenden Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 09.10.2006, – 1 Bs 204/06 -; Beschl. v. 22.12.2006, – 1 Bs 361/06 -; Beschl. v. 29.12.2006, – 1 Bs 384/06 -; Beschl. v. 09.03.2007, – 1 Bs 378/06 – in Juris; Beschl. v. 13.06.2007, – 1 Bs 133/07-; Beschl. v. 16.11.2007, – 1 Bs 187/07-, Beschl. v. 26.09.2008, – 4 Bs 96/08 -, – 4 Bs 103/08 -, – 4 Bs 106/08 -; Beschl. v. 27.02.2009, – 4 Bs 224/08 -, – 4 Bs 234/08 -) greifen die von der Antragstellerin vorgebrachten verfassungsrechtlichen (dazu unter a)) und die europarechtlichen Bedenken (dazu unter b)) aller Voraussicht nach nicht durch.

a) Zu den verfassungsrechtlichen Fragen im Hinblick auf Art. 12 GG hat die Kammer mit Beschluss vom 15.04.2008 (4 E 238/08) u. a. ausgeführt:

„b) Die Untersagung der Sportwettenvermittlung durch die Antragstellerin dürfte auch mit dem Verfassungsrecht vereinbar sein.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, in juris) für die Verfassungsgemäßheit des Sportwettenmonopols und insbesondere dessen Vereinbarkeit mit dem Grundrecht auf freie Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG gefordert, dass es erstens aufgrund einer kompetenzgemäß erlassenen gesetzlichen Regelung beruht, zweitens durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und drittens dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (Rn. 94 in juris). Diesen Vorgaben dürfte das gegenwärtige Sportwettenmonopol in Hamburg genügen. (…)

Das Sportwettenmonopol dürfte durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Das Bundesverfassungsgericht hat die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht als überragend wichtiges und damit für den Eingriff in die Berufswahlfreiheit hinreichendes Gemeinwohlziel anerkannt (in juris Rn. 98), weil Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (Rn. 99). Der Gesetzgeber darf bei Sportwetten mit festen Gewinnquoten aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes mit einem nicht unerheblichen Suchtpotential rechnen und dies mit dem Ziel der Abwehr einer höchstwahrscheinlichen Gefahr zum Anlass für Prävention nehmen (Rn. 102). Ebendies hat der Gesetzgeber mit dem Glücksspielstaatsvertrag und dem entsprechenden Zustimmungsgesetz getan. Nach der Zielbestimmung in § 1 Nr. 1 GlüStV ist Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Auch die übrigen in der Zielbestimmung des § 1 GlüStV genannten Ziele, wie die Begrenzung des Glückspielangebots, der Jugend- und Spielerschutz sowie die Abwehr von Gefahren aus mit dem Wetten verbundener Folge- und Begleitkriminalität sind vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als legitime Gemeinwohlziele anerkannt worden (Rn. 102, 103, 105). Die in § 1 GlüStV aufgenommenen Zielbestimmungen sind der Maßstab, an dem sich die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages materiell orientieren (Einrichtung eines Sportwettenmonopols <§ 4 Abs. 1, § 10 Abs. 1, 2, 5 GlüStV>, Begrenzung der Annahmestellen und sonstige Vertriebsbeschränkungen <§ 4 Abs. 3, § 21 Abs. 2 GlüStV>, Verbot von Glücksspielen im Internet <§ 4 Abs. 4 GlüStV>, Restriktion der Werbung <§ 5 GlüStV>, spezielle Spielerschutzbestimmungen <§ 6, § 7, § 8, § 20, § 23 GlüStV>, spezielle Jugend- und Minderjährigenschutzbestimmungen <§ 4 Abs. 3, § 5 Abs. 2 Satz 2, 3, § 7 Abs. 1, § 25 Abs. 6 Nr. 1 GlüStV>). Das Hamburgische Glücksspielstaatsvertrags-Ausführungsgesetz enthält in § 9 bis § 12 und § 17 Abs. 3 Satz 1 weitere Vorschriften zur Suchtprävention und Suchthilfe, zur Suchterforschung, zum Spielerschutz sowie zum Jugendschutz.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin fiskalische Interessen an der Beibehaltung des Sportwettenmonopols hat (vgl. § 10 Abs. 4 GlüStV), dürfte der Verfassungsmäßigkeit desselben nicht entgegenstehen. Sofern das Abschöpfen von Mitteln Konsequenz bzw. Nebenfolge aus einem öffentlichen Monopolsystem und nicht der eigentliche Grund für die Monopolpolitik bzw. selbstständiges Ziel ist, ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt (Rn. 109, 144). Die Kammer geht angesichts der von dem Schutzgedanken dominierten Regelungen in Glücksspielstaatsvertrag einschließlich § 9 Abs. 6 GlüStV (Trennung von Glücksspielaufsicht und Finanzbehörde) und Hamburgischem Glücksspielstaatsvertrags-Ausführungsgesetz sowie dem Hamburgischen Gesetzgeberwillen (Bü-Drs. 18/7229 S. 2) davon aus, dass sich die fiskalischen Interessen der Antragsgegnerin verfassungsrechtlich im zulässigen Rahmen halten.

Das staatliche Sportwettenmonopol dürfte auch verhältnismäßig sein. Es stellt ein geeignetes Mittel zur Erreichung der o.g. legitimen Gemeinwohlziele dar (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 111 bis 114) und ist auch erforderlich (Rn. 115 bis 118). Das Sportwettenmonopol dürfte nach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglicher aber hinreichender summarischer Prüfung der Sachlage auch verhältnismäßig im engeren Sinne sein, mithin einen angemessenen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierfür folgende Kriterien aufgestellt: Das Sportwettenmonopol muss in seiner konkreten Ausgestaltung der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten dienen (Rn. 119). Das Sportwettenangebot muss konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtet sein. Es bedarf sowohl entsprechender materieller Regelungen und struktureller Sicherungen im Gesetz (Rn. 120) als auch einer entsprechenden tatsächlichen Ausgestaltung des Wettmonopols (Rn. 126). Das Bundesverfassungsgericht fordert eine aktive Prävention (Rn. 126), die Einschaltung einer neutralen Kontrollinstanz, die dafür sorgt, dass die fiskalischen Interessen hinter das Ziel der Erreichung der Schutzzwecke des Gesetzes zurücktreten – insbesondere darf die inhaltliche Ausgestaltung des Wettangebots nicht dem Finanzministerium obliegen (Rn. 128, 154) -, die Verhinderung ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierter Werbung (Rn. 130) und die Beschränkung der Werbung auf Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten (Rn. 151), des Weiteren die Ausrichtung des Vertriebs und der Präsentation des Wettangebots an einer Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten (Rn. 134 bis 141) und insbesondere Jugendschutz (Rn. 153), die Regelung inhaltlicher Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung (Rn. 150), eine Selbstsperre und schließlich Maßnahmen zur Abwehr von Suchtgefahren, die über das bloße Bereithalten von Informationsmaterial hinausgehen (Rn. 152). All diesen Forderungen hat der Glücksspielstaatsvertrag mit seinen oben aufgeführten Regelungen hinreichend Rechnung getragen (in diesem Sinne auch HmbOVG, Beschl. v. 25.03.2008, – 4 Bs 5/08 -).

Die Antragsgegnerin ist der die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer neutralen Kontrollinstanz erfüllenden Regelung in § 9 Abs. 6 GlüStV nachgekommen durch die Anordnung über Zuständigkeiten im Glücksspiel- und Spielbankenwesen vom 18.12.2007 (Amtl. Anz. S. 3252), mit der die Behörde für Inneres als zuständig bestimmt worden ist.

Zu § 10 Abs. 3 GlüStV, wonach die Länder die Zahl der Annahmestellen zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV zu begrenzen haben, bestimmt § 5 Abs. 4 HmbGlüStVAG, dass Anzahl und Einzugsgebiet der Annahmestellen an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten sind. In § 15 Nr. 2 HmbGlüStVAG wird der Senat ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über die Festlegung der Anzahl und des Einzugsgebiets der Annahmestellen. Soweit das Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsgemäßheit des staatlichen Sportwettenmonopols außer der gesetzlichen Neuregelung auch die tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols entsprechend dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht gefordert hat, ist festzuhalten, dass sich die Antragsgegnerin nach dem nunmehr gültigen Sportwettenrecht ohne weitere Übergangsfrist zu richten hat. Da die Kammer einerseits im vorliegenden, einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zur vollständigen Aufklärung des tatsächlichen Sachverhalts bezüglich des Standes der Umsetzung der staatsvertraglichen Vorgaben verpflichtet ist, und andererseits angesichts der bisher bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Umsetzung der bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben (vgl. HmbOVG, Beschl. v. 09.03.2007 – 1 Bs 350/06 -) anzunehmen ist, dass die tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache verfassungsgemäß sein wird, wäre es für den Ausgang dieses Verfahrens nicht entscheidungsrelevant, wenn die Umsetzung der staatsvertraglichen Vorgaben noch nicht in Gänze erfolgt ist. Eindeutige Verstöße gegen das neue Sportwettenrecht sind derzeit jedenfalls nicht offensichtlich. Dass der Vertrieb von Sportwetten über Lotto-Annahmestellen erfolgt, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht für grundsätzlich bedenklich gehalten worden. Auch drängt sich derzeit nicht auf, dass eine Reduzierung der Annahmestellen angezeigt ist. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang erscheint der Umstand, dass die EU-Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben vom 31.01.2008 im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866 (ZfWG 2008, S. 32 <39, 40>) Bedenken bezüglich einer Reduzierung der Annahmestellen angemeldet hat.“

Daran hält die Kammer auch mit Blick auf die in diesem Verfahren vorgebrachten Gründe fest. Ein verfassungsrechtlich allein relevantes grundlegendes Umsetzungsdefizit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.03.2009, – 1 BvR 2410/08 -, Juris) ist weder dargetan noch unter Berücksichtigung des eingeschränkten Prüfungsumfangs im Eilverfahren ersichtlich.

Die Forderung der Antragstellerin nach einer Gleichbehandlung von Sportwetten und den der Gewerbeordnung unterliegenden Glücksspielangeboten ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Auf eine „Kohärenz und Systematik“ des gesamten Glücksspielsektors für die Vereinbarkeit eines staatlichen Wettmonopols mit Art. 12 GG kommt es nicht an (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.03.2009, – 1 BvR 2410/08 -, Juris). Der Forderung nach einer solchen Kohärenz steht verfassungsrechtlich bereits entgegen, dass die Gewerbeordnung und der Glückspielstaatsvertrag verschiedenen Regelungsebenen zuzuordnen sind, die jeweils in eigener bundesstaatlicher Entscheidungsfreiheit ein Regelungskonzept entwerfen und umsetzen können und dürfen.

Soweit die Antragstellerin weiter den Marktauftritt und die Werbemaßnahmen der zugelassenen Glückspielanbieter rügt und darin ein Abweichen von einem konsequent auf die Suchtbekämpfung zugeschnittenen Regelungskonzepts sehen will, greift dies ebenfalls nicht durch. Dabei lässt die Kammer offen, ob die Werbemaßnahmen im Einzelnen zulässig sind oder den von § 5 Abs. 1 GlüStV gesetzten Rahmen überschreiten. Einzelne unzulässige Werbemaßnahmen berühren die Verfassungsmäßigkeit insgesamt nicht. Die Prüfung, ob der Marktauftritt der Monopolanbieter insgesamt zu einem grundlegenden Umsetzungsdefizit führt, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

b) Auch europarechtlich dürfte sich die Verfügung im Hinblick auf Art. 49 EG als rechtmäßig erweisen. Zwingende Gründe des Allgemeinwohls dürften die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen. Über die zu der Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht ausgeführten Punkte hinaus hat die Kammer mit Beschl. v. 10.05.2007 (4 E 638/07, bestätigt von OVG Hamburg, Beschl. v. 13.06.2007, – 1 Bs 133/07 -, st.Rspr.) ausgeführt:

„a) Mit dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht geht die Kammer davon aus, dass es nicht darauf ankommt, ob die Antragsgegnerin auch in anderen Sektoren des Glückspielmarktes als dem Sportwettenbereich das Ziel der Verminderung der Spielgelegenheiten verfolgt. Aus der …-Entscheidung des EuGH ergibt sich nicht, dass gemeinschaftsrechtlich zwingend eine einheitliche Regelung des gesamten Glückspielbereichs erfolgen muss. Dass der EuGH den Wortlaut „Gebiet der Glücksspiele“ (Rz 50) verwendet und fordert, dass die Beschränkungen in „diesem Bereich“ (Rz 53) kohärent und systematisch sein müssten, schließt nicht aus, dass er der Sache nach die Eindämmung allein der Wetttätigkeiten ausreichen lässt (vgl. auch VG Braunschweig, Beschl. v. 21.03.2007, – 5 B 334/06 -). Dafür spricht nicht zuletzt der Umstand, dass der EuGH bei seiner Forderung nach einer kohärenten und systematischen Begrenzung der Spieltätigkeiten in Randziffer 53 auf die Randziffern 62 und 67 seiner …-Entscheidung (Urt. v. 06.11.2003, – C – 243/01 -) verweist. In Randziffer 67 hat der EuGH dort ausdrücklich darauf abgestellt, dass die beschränkenden nationalen Maßnahmen geeignet sein müssen, „kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten“ beizutragen. Darüber hinaus hat der EuGH bei der Frage der Verhältnismäßigkeit zwischen beschränkender nationaler Maßnahme im Sportwettenbereich und deren Ziel ausdrücklich nur darauf abgestellt, ob staatlicherseits „zur Teilnahme an Wetten ermuntert wird“ (Rz 72), obgleich gerichtsbekannt war, dass der beklagte Staat „eine Politik der starken Ausweisung“ nicht nur des Wettens, sondern auch des „Spielens“ zum Zweck der Einnahmenserzielung verfolgte (Rz 68). Nach allem versteht die Kammer das …-Urteil bezüglich der Forderung des EuGH nach einer kohärenten und systematischen Begrenzungspolitik ebenso wie es das Hamburgische Oberverwaltungsgericht getan hat, zumal der EuGH in seinem …-Urteil einleitend darauf hinweist, dass das darin in Mitten stehende Strafverfahren in ähnlichem rechtlichen und tatsächlichen Rahmen stehe wie die Ausgangssachverhalte der Urteile … und … und dem …-Urteil allein ein Sportwettenfall zugrunde liegt. Dass im Zusammenhang mit dem …-Urteil vom 21.10.1999 (- C-67/89 -) von Beschränkungen der „Spieltätigkeiten“ die Rede ist (…-Urteil Rz 67), liegt daran, dass der EuGH im …-Urteil Formulierungen aus Entscheidungen betreffend Lotterien und Geldspielautomaten zitiert.“

Die in diesem Verfahren dargelegten Gründe geben keinen Anlass, hiervon abzurücken. Soweit die Antragstellerin den Marktauftritt der Monopolanbieter angreift, muss eine umfassende Prüfung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

3. Der Rechtmäßigkeit der Verfügung stehen sonstige Gesichtspunkte nicht entgegen.

a) Zweifel an der Rechtmäßigkeit sind nicht bereits deshalb begründet, weil die Antragsgegnerin mit der Internetwerbung eine Maßnahme untersagt, die weit über Hamburg und damit über ihre Verbandskompetenz hinaus reicht. Denn die Antragstellerin sitzt in Hamburg; das Turnier findet hier statt. Die Internetpräsenz des Turniers wird von Hamburg aus beauftragt. Nach alledem sind hinreichende räumliche Bezugspunkte für die Zuständigkeit der Antragsgegnerin gegeben.

b) Die Verfügung ist weder unbestimmt noch verlangt sie etwas Unmögliches von der Antragstellerin. Soweit auch Fernsehwerbung verboten wird, die die Antragstellerin nach eigenem Bekunden nicht vornimmt, wird damit auch die Präsentation des Logos im Rahmen öffentlicher Auftritte umfasst. Diese können im Fernsehen übertragen werden, sodass ein erkennbarer Anlass für ein derartiges Verbot besteht.

Jedenfalls nach der Verlängerung der Befolgungsfrist mit Bescheid vom 06.07.2009 bis zum 10.07.2009 ist es der Antragsstellering auch möglich, der Untersagungsverfügung nachzukommen. Wie die Antragsgegnerin noch einmal klargestellt hat, richtet sich die Verfügung lediglich in die Zukunft. Die Antragstellerin ist nicht gehalten, das Logo auf den bereits verkauften Eintrittskarten zu schwärzen. Ansonsten ist es der Antragstellerin möglich, in der gesetzten Frist das Logo auf der Internetseite, auf den Plakaten, sonstigen Printmedien und Eintrittskarten zu schwärzen oder zu entfernen und auch sonst von der Verwendung des Namens und des Logos Abstand zu nehmen.

b) Die Zwangsgeldfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 14 lit. b), 18, 20 HmbVwVG. Die sofortige Festsetzung des Höchstbetrags von 25.000,- EUR gemäß § 20 Abs. 2 VwVG begegnet angesichts des erheblichen wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin und des in Kürze bevorstehenden Turniers keinen Bedenken.

II.
Die weitere Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Antragsgegnerin aus. Angesichts der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung und des gesetzlich in § 9 Abs. 2 GlüStV und § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVG zum Ausdruck kommenden besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Verfügung zum Zweck der Gefahrenabwehr wiegen die von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente weniger schwer. Der von der Antragstellerin zu betreibende Aufwand, um der Verfügung nachzukommen, hält sich in engen Grenzen. Überdies musste der Antragstellerin das Risiko bewusst sein, dass sie mit dem Sponsoringvertrag eingegangen ist. Dass die der Antragstellerin über den Sponsoringvertrag zufließenden finanziellen Mittel entzogen werden, ist derzeit schon mit Blick auf die §§ 134, 817 BGB nicht gesichert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004. Die Kammer legt das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Durchführung des Sponsoringvertrags in Höhe von 250.000,- EUR zugrunde und halbiert diesen Betrag im Eilverfahren. Die Zwangsmittelfestsetzung wirkt nicht streitwerterhöhend.

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