Fußball in Bayern ohne „free-bwin.com“-Banner
Eigener Leitsatz:
Die Glücksspielwerbung mit dem Schriftzug "free-bwin.com" fällt in das in Bayern unerlaubte Glücksspielangebot der "bwin"-Gruppe und ist daher auch für eine kostenlose Pokerschule im Internet, verboten.
Verwaltungsgericht München
Beschluss vom 7.9.2009
Az.: M 22 S 09.3403
In der Verwaltungsstreitsache
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– Antragstellerin –
bevollmächtigt:
Rechtsanwälte
gegen
Freistaat Bayern
vertreten durch:
– Antragsgegner –
wegen
Glücksspielrecht
hier: Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 22. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht, den Richter am Verwaltungsgericht, die Richterin ohne mündliche Verhandlung
am 7. September 2009
folgenden
Beschluss:
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 125.000,– € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine Tochtergesellschaft des X XXXXXX München e.V. und betreibt insbesondere die professionelle Fußballabteilung. Daneben ist die Antragstellerin auch alleiniger Anteilseigner der YYYYYYYY-Arena München Stadion GmbH, die das Münchner Stadion YYYYYYYY-Arena errichten ließ und betreibt.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den mit Zwangsgeld in Höhe von 250.000,– € bewehrten und kraft Gesetzes (§ 9 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) sofort vollziehbaren Bescheid des Antragsgegners, des Freistaats Bayern – Regierung von Oberbayern als Glücksspielaufsichtsbehörde nach § 9 Abs. 1 GlüStV – vom 14. Juli 2009, mit dem der Antragstellerin untersagt wird, mit dem Schriftzug „free-bwin.com“ für den in Bayern nicht zugelassenen Sportwetten- und Pokeranbieter „bwin“ bzw. „bwin.com“ zu werben, soweit die Werbung nicht im Internet geschieht; wegen der Werbung im Internet wird im Bescheid auf die ausschließliche Zuständigkeit der Regierung von Mittelfranken verwiesen.
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 3. Dezember 2008 wurde die Regierung von Oberbayern darüber informiert, dass seit einigen Wochen in der YYYYYYYY-Arena in München mit dem Logo „free-bwin.com“ geworben werde. Grundlage sei ein Kooperationsvertrag zwischen dem X XXXXXX München und der „bwin“-Gruppe. Wegen der Einzelheiten der rechtlichen Bewertung wurde die Regierung von Oberbayern auf einen anliegenden ausführlichen Vermerk des Innenministeriums vom 24. November 2008 verwiesen und diese aufgefordert, im Zusammenwirken mit der Landeshauptstadt München für eine Unterbindung dieser unzulässigen Werbung für unerlaubtes Glücksspiel Sorge zu tragen und dem Staatsministerium des Innern über die veranlassten Maßnahmen zu berichten (Bl. 1 der Behördenakte).
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 übersandte die Regierung von Oberbayern der Landeshauptstadt München den erwähnten Vermerk des Innenministeriums vom 24. November 2008 und bat sie, die unzulässige Werbung für unerlaubtes Glücksspiel durch den X XXXXXX München zu unterbinden und über das Veranlasste zu unterrichten (Bl. 15 der Behördenakte). Unter Hinweis auf rechtliche Bedenken entsprach die Landeshauptstadt München dieser Bitte nicht (Bl. 17 der Behördenakte).
Nach schriftlicher Rückfrage an das Innenministerium vom 2. Februar 2009 (Bl. 26, 29 der Behördenakte) wies die Regierung von Oberbayern mit Schreiben vom 23. Februar 2009 die Landeshauptstadt München förmlich mit sofortiger Wirkung an, gegen den X XXXXXX München wegen Werbens für unerlaubtes Glücksspiel durch Bescheids-Anordnungen vorzugehen (Bl. 30 der Behördenakte). Die rechtlichen Bedenken der Landeshauptstadt München würden nicht geteilt. Auf das innenministerielle Schreiben vom 3. Dezember 2008 wurde nochmals verwiesen. Die Weisung sei erforderlich, weil ein Nichteinschreiten gegen die Werbung für einen in Bayern nicht zugelassenen Sportwettenanbieter einen nicht hinnehmbaren Präzedenzfall für andere Sportwettenanbieter schaffen würde.
Mit Schreiben der Landeshauptstadt München vom 30. März 2009 erklärte diese, der Weisung nicht nachzukommen (Bl. 50 der Behördenakte).
Mit Schreiben vom 31. März 2009 – in Kopie an das Innenministerium – gab die Regierung von Oberbayern der Antragstellerin Gelegenheit, sich bis 14. April 2009 zu einer beabsichtigten Untersagung des Werbens mit „free-bwin.com“ zu äußern (Bl. 51 der Behördenakte).
Aus einem Aktenvermerk der Regierung von Oberbayern (Bl. 54 der Behördenakte) geht hervor, dass sich die Regierung von Oberbayern aufgrund der eindeutigen Weisungslage des Innenministeriums wie auch wegen der zögerlichen Haltung der Landeshauptstadt München entschieden habe, nun selbst aktiv zu werden.
Mit E-Mail vom 7. April 2009 bat die Direktion Recht der Antragstellerin um Verlängerung der Äußerungsfrist bis 30. April 2009, was gewährt wurde (Bl. 55, 58 der Behördenakte).
Mit E-Mail vom 14. April 2009 (Bl. 64 der Behördenakte) übersandte das Innenministerium an die Regierung von Oberbayern einen ergänzenden Vermerk des Innenministeriums vom 14. April 2009 unter anderem über Zusammenhänge zwischen „freebwin. com“ und „bwin.com“ und wies unter Hinzufügung von Bildmaterial darauf hin, dass in der YYYYYYYY-Arena auch eine sogenannte animierte Bandenwerbung betrieben werde, bei der sich der Schriftzug „free-bwin.com“ in einer Weise schrittweise auf- bzw. abbaue, dass in Einzelsequenzen zeitweise immer wieder allein der Schriftzug „bwin.com“ zu sehen sei (sog. einschwebende Bandenwerbung, beispielhaft im Bundesligaspiel X XXXXXX München – Arminia Bielefeld am 1.11.2008).
Mit weiterer E-Mail vom 22. April 2009 (Bl. 69 der Behördenakte) wies das Innenministerium die Regierung von Oberbayern auf eine Veröffentlichung der bwin ZZZZ AG vom 16. April 2009 hin, wonach es sich bei „free-bwin.com“ um eine Form des „nachhaltigen Pokermarketings“ handle mit einzig und allein dem Ziel, „Echtgeldkunden“ für bwin zu gewinnen. Genau hierin sei eine rechtswidrige Werbung i.S. des § 5 Abs. 4 GlüStV und ggf. § 5 Abs. 3 GlüStV zu erblicken.
Mit Schreiben vom 29. April 2009 nahm der Direktor Recht die Antragstellerin zum Anhörungsschreiben der Regierung von Oberbayern vom 3. April 2009 Stellung. Die Internetseiten würden von verschiedenen Unternehmen betrieben. Einen technischen Zusammenhang zwischen „free-bwin.com“ und „bwin.com“ gebe es nicht (keine direkte Verlinkung der Websites o.ä.). Es sei auch nicht (mehr) zutreffend, dass eine Registrierung bei „free-bwin.com“ gleichzeitig eine Registrierung bei „bwin.com“ bedeute. „free-bwin.com“ sei eine kostenfreie Pokerschule-Seite und eine bloße Spielgeldseite, was kein öffentliches Glückspiel darstelle, womit eine Werbung hierfür nicht unzulässig sei. Diese Werbung habe nichts mit einer Werbung für die von „freebwin- com“ völlig getrennte Web-Site „bwin.com“ zu tun.
Mit kraft Gesetzes (§ 9 Abs. 2 GlüStV) sofort vollziehbarem Bescheid vom 12. Mai 2009 ordnete die Regierung von Oberbayern an, dass die Antragstellerin das Werben für die bwin ZZZZZZZZZZZZZZZZZZ WWWWWWW AG, insbesondere für die websports WWWWWWW Marketing Services AG mit „free-bwin.com“ zu unterlassen habe, soweit nicht im Internet geworben werde (Nr. 1 des Bescheides) und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 250.000,– € für den Fall an, dass die Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheides nicht bis zum 20. Mai 2009 erfüllt werde (Nr. 2 des Bescheides).
In den Gründen des Bescheides wird auf den zwischen der Antragstellerin und der „bwin“-Gruppe bestehenden Kooperationsvertrag mit einer Laufzeit bis zum Ende der Saison 2009/2010 hingewiesen. In einer Pressekonferenz vom 23. Oktober 2008 hätten die Vertragspartner vereinbart, nicht für „bwin.com“, sondern für die kostenlose Pokerschule „free-bwin.com“ zu werben, um „juristischen Grauzonen aus dem Weg zu gehen“. Seitdem werbe der X XXXXXX München im Rahmen der Heimspiele in der YYYYYYYY-Arena auf permanenten und wechselnden Banden, auf den Presseund Interviewwänden im Stadion und in der Geschäftsstelle ***** für „free-bwin.com“. Betreiber der Internetseite „free-bwin.com“ sei laut Impressum das Unternehmen websports WWWWWWW Marketing Services GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der bwin ZZZZZZZZZZZZZZZZZZ WWWWWWW AG, Wien. Aus dem Geschäftsbericht 2006 letzteren Unternehmens gehe hervor, dass websports WWWWWWW Marketing Services GmbH IT- und Marketingdienstleistungen für das Mutterunternehmen übernehme. Die bwin ZZZZZZZZZZZZZZZZZZ WWWWWWW AG veranstalte und vermittle direkt oder über ihre Tochterunternehmen websports WWWWWWW Marketing Services GmbH und bwin International Ltd. unter der Marke „bwin“ insbesondere auf den Seiten „bwin.com“ und „bwin.de“ verschiedene Glücksspiele, insbesondere Sportwetten, Casinospiele und Poker, für welche Spiele „bwin“ keine in Bayern gültige Erlaubnis besitze.
Die Werbung für „free-bwin.com“, welche Website nur eine kostenlose Pokerschule beinhalte, sei in Wahrheit eine Werbung für das unerlaubte Glücksspielangebot von „bwin“ bzw. „bwin.com“.
Es bestünde schon über eine gemeinsame user-Registrierung (die Registrierung als user auf „free-bwin.com“ habe zwingend die Registrierung auf „bwin.com“ zur Folge) eine enge Verzahnung der Websites „free-bwin.com“ und „bwin.com“. Davon abgesehen, bestünden engste wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Trägern der beiden Websites. Die freie Pokerschule „free-bwin.com“ sei in Wahrheit nur ein Mittel zur Heranführung an die unerlaubten entgeltlichen Glücksspielseiten von „bwin“. In der YYYYYYYY-Arena sei sogar über die Methode der sogenannten einschwebenden Bandenwerbung (oder auch animierten Bandenwerbung) direkt für das Logo „bwin.com“ geworben worden. Die bwin-Gruppe sei aus der Vergangenheit bekannt durch kreative Namensvariationen ihres Namens (zunächst „betandwin“, dann „we win“, dann „bwin“).
Die entscheidende Präsentation der Marke „bwin“ bleibe auch in „free-bwin.com“. Damit werde unerlaubt für Glücksspiel geworben, was nach § 5 Abs. 4 GlüStV generell verboten sei und gemäß § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV untersagt werden könne. Wegen der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes wurde auf die Höhe der Werbeeinnahmen der Antragstellerin (ausweislich der Presseerklärung zum Jahresabschluss der Saison 2007/2008 Einnahmen aus Sponsoring und Vermarktung in Höhe von 74,3 Millionen Euro) und des Werbeaufwands der bwin Inter-active WWWWWWW AG (ausweislich des Geschäftsberichts 2008 ein Werbeaufwand von insgesamt 123,547 Millionen Euro, davon Sponsoring 37,701 Millionen Euro) verwiesen.
Der Bescheid vom 12. Mai 2009 wurde am 14. Mai 2009 per Postzustellungsurkunde zugestellt.
Mit Fax vom 19. Mai 2009 wandte sich die Antragstellerin an den Bayerischen Staatsminister des Innern persönlich. Dabei wurde neben dem Bescheid vom 12. Mai 2009 auch ein „internes Memorandum“ der Rechtsabteilung des X XXXXXX München zum Vorgehen gegen die Antragstellerin wegen Werbung für „free-bwin.com“ gesendet, das zu dem Schluss kommt, dass „hier in der Form einer konzertierten Aktion nur gegen die Antragstellerin Druck aufgebaut werden soll“ (Bl. 174/175 der Behördenakte).
Am selben Tag wies der Bayerische Staatsminister des Innern die Regierung von Oberbayern mündlich an, die Vollziehung der Untersagungsverfügung vom 12. Mai 2009 gegen die Antragstellerin auszusetzen (Bl. 147, 169 der Behörden-akte). Mit EMail vom selben Tag wies das Bayerische Staatsministerium des Innern die Regierung von Oberbayern schriftlich an, die Vollziehung der Untersagungsverfügung vom 12. Mai 2009 unverzüglich auszusetzen und bemerkte, dass die Angelegenheit zunächst zur Erzielung einer einvernehmlichen Lösung in der Fußball-Sommerpause im Rahmen eines Gesprächs mit allen Beteiligten erörtert werden solle (Bl. 128 der Behördenakte).
Mit Fax vom 20. Mai 2009 teilte die Regierung von Oberbayern der Antragsteller weisungsgemäß mit, dass sie die Vollziehung des Bescheids vom 12. Mai 2009 aussetze (Bl. 132 der Behördenakte).
Mit E-Mail vom 20. Mai 2009 wies das Bayerische Staatsministerium des Innern die Regierung von Oberbayern weiter an, der Antragstellerin in Ergänzung des Schreibens der Regierung von Oberbayern vom 20. Mai 2009 mitzuteilen, dass eine Einreichung einer Klage gegen den Bescheid vom 12. Mai 2009 nicht erforderlich sei, „da aus diesem Bescheid nicht vollstreckt werden wird, auch wenn er bestandskräftig wird“. Weiter wurde die Regierung von Oberbayern angewiesen mitzuteilen, dass geplant sei, „die Rechtslage mit den Betroffenen nochmals zu erörtern, anschließend den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Sicht erneut zu bewerten und auf dieser Grundlage einen neuen Bescheid zu erlassen“ (Bl. 136 der Behördenakte).
Mit Fax vom 20. Mai 2009 machte die Regierung von Oberbayern weisungsgemäß der X XXXXXX München AG eine entsprechende Mitteilung (Bl. 142 der Behördenakte).
Klage gegen den Bescheid vom 12. Mai 2009 wurde nicht erhoben. Am 25. Juni 2009 fand eine Besprechung des Bayerischen Staatsministers des Innern, Beamten seines Hauses, Beamten der Regierung von Oberbayern und Vertretern der Antragstellerin zum Bescheid vom 12. Mai 2009 statt. Die Vertreter der Antragstellerin erklärten, dass die im Bescheid monierten internet-technischen Verbindungen von „free-bwin.com“ und „bwin.com“/“bwin.de“ nunmehr abgestellt seien. Die websports WWWWWWW Marketing Services GmbH habe ver-sichert, dass jede Vermischung ausgeräumt sei und sie auch bereit sei, eine rechtsverbindliche Erklärung abzugeben, dass auch in Zukunft keine Vermischung stattfinde.
Demgegenüber wiesen anwesende Beamte auf den nach wie vor gemeinsamen Markennamen „bwin“ in „free-bwin.com“ und „bwin.com“ hin, der eindeutig für illegales Glücksspiel stehe. Die „bwin“-Gruppe sei aus der Vergangenheit bekannt durch kreative Namensvariationen (zunächst „betandwin“, dann „we win“, dann „bwin“). Der Staatsminister äußerte zum weiteren Vorgehen, dass die Regierung von Oberbayern unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin zu den ausgeräumten Verbindungen zwischen „free-bwin.com“ und „bwin.com“ einen neuen Bescheid erlassen werde, den die Antragstellerin anfechten werde. Im Übrigen beginne ab Ende 2010 mit Evaluierung die rechtspolitische Diskussion um die Zukunft des am 31. Dezember 2011 auslaufenden Glücksspielstaatsvertrages (Bl. 196 der Behördenakte). Mit kraft Gesetzes (§ 9 Abs. 2 GlüStV) sofort vollziehbarem Bescheid vom 14. Juli 2009, per Postzustellungsurkunde zugestellt am 15. Juli 2009, erließ die Regierung von Oberbayern eine mit dem Bescheid vom 12. Mai 2009 regelungsidentische neue Untersagungsverfügung; lediglich die Erfüllungsfrist der Werbeuntersagung wurde von „20. Mai 2009“ auf „27. Juli 2009“ geändert. Auch die Begründung des neuen Bescheids ist im Wesentlichen identisch mit der im Bescheid vom 12. Mai 2009. Lediglich die Ausführungen zur technischen Vernetzung der Web-Site „free-bwin. com“ mit „bwin.com“ oder „bwin.de“ und zur einschleichenden Bandenwerbung wurden fallengelassen, die Ausführungen zur wirtschaftlichen Kooperation der X XXXXXX München AG mit der bwin-Gruppe vertieft sowie festgehalten, dass die Bandenwerbung für „free-bwin.com“ in der YYYYYYYY-Arena dieselben Farben und Schriftarten wie die Werbung für „bwin“ selbst, nämlich orange, weiß und schwarz aufweise, so dass jeder Betrachter mit „free-bwin.com“ aufgrund des identischen Wortstamms „bwin“ und der Gestaltung der Werbung sofort „bwin“ und sein kostenpflichtiges Glücksspielangebot assoziiere.
Am 30. Juli 2009 erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragten, die Untersagungsverfügung vom 14. Juli 2009 aufzuheben (M 22 K 09.3400). Gleichzeitig beantragten sie gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO führten die Bevollmächtigten im Wesentlichen aus, die Werbung für „free-bwin.com“ habe nichts mit unerlaubtem Glücksspiel zu tun, sondern sei eine Werbung für eine kostenlose Pokerschule. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des gleichwohl geschehenen behördlichen Vorgehens der Regierung von Oberbayern könne man schon aus der zweifachen Weigerung der Landeshauptstadt München, einer entsprechenden Weisung nachzukommen, ersehen. Die Antragstellerin sei durch den gegenständlichen neuen Bescheid „völlig überrascht“ worden, nachdem „der alte Bescheid“ vom 12. Mai 2009 von den Parteien „übereinstimmend“ für erledigt erklärt worden sei; eine Änderung der Sachund Rechtslage sei seitdem nicht aufgetreten. Die Regierung von Oberbayern sei für die neue Verfügung als Glücksspielaufsichtsbehörde sachlich nicht zuständig, da eine kostenlose Pokerschule nichts mit Glücksspiel zu tun habe. Jedenfalls sei die „territoriale Zuständigkeit“ der Regierung von Oberbayern für eine räumlich nicht beschränkte Untersagungsverfügung nicht gegeben. Im Übrigen handle es sich aus europarechtlichen Gründen bei dem Glückspielangebot von „bwin“ um ein legales Angebot.
Mit Schriftsatz vom 4. August 2009 baten die Bevollmächtigten der Antragstellerin wegen des Starts der Bundesliga-Saison 2009/2010 am 8. August 2009 das Gericht um Mitteilung, wann etwa mit einer Entscheidung zu rechnen sei.
Mit Schriftsatz vom 7. August 2009 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wies er auf die Unterredung aller Beteiligten mit dem Staatsminister des Innern vom 24. Juni 2009 hin, wonach ein neuer Bescheid verabredet gewesen sei. Die Regierung von Oberbayern sei sachlich zuständig, da die Werbung für „freebwin. com“ sehr wohl Werbung für das Glücksspielangebot von „bwin“ sei. Dieses Angebot sei in Bayern illegal, da die „bwin“-Gruppe nicht über die nach dem Glücksspielstaatsvertrag erforderliche bayerische Erlaubnis hierfür verfüge. Der Glücksspielstaatsvertrag sei verfassungsgemäß und europarechtskonform; die Regierung von Oberbayern verwies auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und anderer Obergerichte. Die Untersagungsverfügung sei räumlich auf das Gebiet des Freistaats Bayern begrenzt. Das ergebe sich aus den Nrn. 3.1, 3.2 und 3.3 der Gründe des Bescheides, der nur auf das in Bayern nicht erlaubte Glückspielangebot abstelle. Da eine Ermächtigung für eine länderübergreifende Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 GlüStV nicht vorliege, sei auch deswegen klar, dass der Bescheid nur für Bayern Gültigkeit beanspruche.
Mit Schriftsatz vom 11. August 2009 wiesen die Bevollmächtigten der Antragstellerin auf die besondere Dringlichkeit der Sache hin. Das erste Heimspiel der Antragstellerin stehe an, die Verwendung von Werbeträgern bedürfe eines organisatorischen Vorlaufs; um zeitnahe Entscheidung werde gebeten.
Am 14. August 2009 wiederholten die Bevollmächtigten ihre Bitte wegen hoher Dringlichkeit und baten um Mitteilung, ob das Gericht den Antragsgegner gebeten habe, vor einer Entscheidung von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen.
Am 17. August 2009 teilte das Gericht den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass das Gericht beabsichtige, in der 35. Kalenderwoche zu entscheiden. Das Gericht habe den Antragsgegner nicht gebeten, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages sei vorliegend wohl eröffnet.
Mit Schriftsatz vom 21. August 2009 baten die Bevollmächtigten der Antragstellerin das Gericht, seine Entscheidung zunächst zurückzustellen. Zwischen den Beteiligten würden „auf höchster Ebene“ Gespräche über eine einvernehmliche Beilegung des Streites geführt.
Am 25. August 2009 teilte das Gericht den Bevollmächtigten mit, dass die Gespräche „auf höchster Ebene“ kein Grund für das Gericht seien, nicht über den nach wie vor gestellten Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu befinden. Die Beilegungsgespräche seien allenfalls Grund, den Antrag wegen fehlender Dringlichkeit abzulehnen, wenn nicht vorher eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben werde. Eine solche Erklärung lehnten die Bevollmächtigten ab.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bleibt ohne Erfolg.
Dabei kann offen bleiben, ob für den Antrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis noch vorliegt (hierzu allgemein Eyermann, VwGO, § 80 Rd.Nr. 66 und VG München, Beschluss vom 27.8.2008, Az.: M 11 S 08.1034 – juris), nachdem die Bevollmächtigten der Antragstellerin entgegen ihrem bisherigen Drängen auf rasche Entscheidung des Gerichts nun um Zurückstellung der Entscheidung gebeten und damit die fehlende Dringlichkeit des eine Form des gerichtlichen Eilrechtsschutzes darstellenden Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO eingeräumt haben. Die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses kann aber letztlich dahinstehen, da der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat.
Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Diese entfällt (u.a.) in den durch Bundes- oder Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 80 Abs. 5 VwGO). Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung, bei der es zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen hat. Bei dieser Entscheidung sind sowohl die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, als auch eine etwaige Entscheidung des Gesetzgebers, den Suspensiveffekt im Einzelfall auszuschließen.
Die von der Antragstellerin erhobene Klage gegen die vom Antragsgegner auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 GlüStV erlassene Werbungs-Untersagungsverfügung vom 14. Juli 2009 hat gemäß § 9 Abs. 2 GlüStV keine aufschiebende Wirkung. Der gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist abzulehnen, weil dem öffentlichen Interesse an der – gesetzlich festgelegten – sofortigen Vollziehbarkeit der streitgegenständlichen Anordnung ein höheres Gewicht zuzumessen ist als dem Interesse der Antragstellerin, die Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht befolgen zu müssen; das Gericht geht bei dieser Interessenabwägung davon aus, dass die erhobene Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird und die Antragstellerin auch kein rechtlich geschütztes Interesse an der Nichtbefolgung dieser Anordnung geltend machen kann.
Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung der Regierung von Oberbayern vom 14. Juli 2009 erweist sich bei summarischer Überprüfung als rechtmäßig.
Dies ergibt sich aus den folgenden Gründen.
1. Der Antragstellerin stehen keine Vertrauensschutzgesichtspunkte zur Seite, von einer neuen Untersagungsverfügung, wie sie im Bescheid vom 14. Juli 2009 getroffen wurde, verschont zu bleiben.
Zwar besteht bereits ein regelungsidentischer Bescheid, nämlich der mangels Aufhebung nach wie vor wirksame und sogar bestandskräftige Untersagungsbescheid vom 12. Mai 2009. Damit ist grundsätzlich ein mit Kosten für den Adressaten verbundener weiterer regelungsgleicher Verwaltungsakt nicht erforderlich und damit rechtswidrig, weil die Behörde zur Zweckerreichung den Weg der Vollstreckung aus dem bereits existierenden Verwaltungsakt gehen kann und gehen muss (siehe BayVGH, Beschluss vom 13.2.2008, Az.: 10 CS 07.3039/10 CS 07. 3040 – juris).
Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von dem dort zu Grunde liegenden insoweit, als hier eine Vollstreckung aus dem regelungsgleichen vorangegangenen Bescheid vom 12. Mai 2009 nicht ohne Weiteres möglich wäre, nachdem der Bescheid auf Weisung des bayerischen Innenministers vom 19. Mai 2009 außer Vollzug gesetzt wurde.
Zusätzlich wurde gemäß der Weisung des Innenministeriums vom 20. Mai 2009 gegenüber der Antragstellerin eine Zusage entsprechend Art. 38 BayVwVfG abgegeben, wonach auch nach Bestandskraft des Bescheides vom 12. Mai 2009 kein Vollzug erfolgen werde. Damit wurde der Bescheid, der wie jeder andere Verwaltungsakt auf Bestandskraft hin angelegt ist, welche dann eine unanfechtbare rechtliche Basis für Vollzugsmaßnahmen darstellt, vollständig seiner faktischen Wirksamkeit und Effizienz beraubt. Hierdurch blieb im praktischen Effekt nichts mehr vom Bescheid vom 12. Mai 2009 übrig. Dieser Bescheid konnte deshalb einem neuen regelungsidentischen Bescheid nicht mehr entgegenstehen.
Der Erlass eines neuen Bescheides auf der Grundlage einer erneuten Bewertung der Sach- und Rechtslage wurde der Antragstellerin im Übrigen mit dem ergänzenden Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 20. Mai 2009, in dem zugesagt wurde, aus dem Bescheid vom 12. Mai 2009 auch nach dessen Bestandskraft nicht zu vollstrecken, explizit angekündigt, ohne dass sich die Antragstellerin dagegen verwahrt hätte. Einen Widerspruch erhob die durch ein Vorstandsmitglied und dem Direktor der Rechtsabteilung vertretene Antragstellerin in der gemeinsamen Besprechung mit dem Innenminister am 25. Juni 2009 auch nicht gegen die Ankündigung des Ministers, dass ein neuer Bescheid erlassen werde.
Es ist von daher nicht nachzuvollziehen, wenn die Bevollmächtigten der Antragstellerin, die in den gesamten Behördenvorgang am 28. Juli 2009 Akteneinsicht genommen haben (Bl. 246 der Behördenakte), behaupten, die Antragstellerin sei von dem neuen Bescheid „völlig überrascht“ worden.
2. Die Regierung von Oberbayern war für den Erlass des Bescheides vom 14. Juli 2009 zuständig.
a) Gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des zum Glückspielstaatsvertrages ergangenen bayerischen Ausführungsgesetzes (AGGlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922) sind für die Ausübung der Befugnisse nach § 9 Abs. 1 GlüStV die Gemeinden, die Landratsämter, die Regierungen und das Staatsministerium des Innern zuständig.
Damit ist u.a. der Regierung von Oberbayern die Materie Glückspielaufsicht im Sinne einer abstrakten Gesetzesvollzugszuständigkeit (An-sich-Zuständigkeit) zugewiesen (sachliche Zuständigkeit). Es kommt insoweit nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall die eingeräumte Kompetenz rechtmäßig ausgeübt wurde, ob also unerlaubtes Werben für unerlaubtes Glückspiel tatsächlich vorliegt. Diese Frage betrifft die materielle Richtigkeit der getroffenen Anordnung (dazu unter Nr. 3), nicht die formelle Zuständigkeit (vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 10 CS 08.2399, S. 14 des Beschluss- Abdrucks).
b) Die Regierung von Oberbayern war gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b BayVwVfG örtlich zuständig, da die Antragstellerin ihren Sitz in München und damit im Bezirk der Regierung von Oberbayern hat.
c) Die Regierung von Oberbayern war auch instanziell im Behördenzug unter den in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV als sachlich zuständig bestimmten Sicherheitsbehörden zuständig; es musste nicht etwa zwingend die Landeshauptstadt München als untere und auch örtlich zuständige Glückspielaufsichtsbehörde handeln.
Im Bereich des LStVG ist allgemein anerkannt, dass die Mehrfachkompetenzen von Innenministerium, Regierungen, Landratsämtern und Gemeinden nach Art. 6 LStVG grundsätzlich keine Zuständigkeitsschranken etwa im Sinne einer Subsidiarität der niedrigeren effektiven Stufe errichten (siehe etwa Gallwas/Mössle, Bayerisches Polizei- und Sicherheitsrecht, Rd.Nr. 121 ff.). Diesen dreistufigen Aufbau wollte der Gesetzgeber bewusst auch im Bereich der Glücksspielaufsicht erhalten. Im Interesse einer „starken Glücksspielaufsicht“ sollen alle betroffenen Ebenen, soweit ihre örtliche Zuständigkeit reicht, im Ausgangspunkt sachlich und funktionell zuständig sein und sich die Frage, welche Ebene tätig wird, vor allem nach der Effektivität der Gefahrenabwehr richten (Landtagsdrucksache 15/8601, S. 9).
Das Problem der Mehrfachkompetenz kann aber in seiner Allgemeinheit dahinstehen. Denn nach den – wiederum festzustellenden – Besonderheiten des Falles war von einer Kompetenzwahrnehmung durch die niedrigere Stufe, hier der Landeshauptstadt München, nicht auszugehen. Nachdem die Landeshauptstadt München die wiederholte Weisung zum Tätigwerden nicht befolgt hat, war im Interesse effektiver Gefahrenabwehr ein Tätigwerden der Regierung von Oberbayern veranlasst.
d) Schließlich gibt es kein Problem bei der von den Bevollmächtigten der Antragstellerin so genannten „territorialen Zuständigkeit“ der Regierung von Oberbayern. Mit dieser – unüblichen – Terminologie meinen die Bevollmächtigten die Kompetenz der Regierung, ihre Anordnung über das Gebiet des Freistaates Bayern hinaus erstrecken zu dürfen, was die Regierung von Oberbayern nach dem Verständnis der Bevollmächtigten im Bescheid vom 14. Juli 2009 rechtswidrigerweise getan hätte. Mit dieser Frage ist indes wie bei der sachlichen Zuständigkeit keine Frage des formellen Zuständigkeitsrechts aufgeworfen, sondern eine materielle Frage der Übereinstimmung der Anordnung mit den von der Befugnisnorm des § 9 Abs. 1 GlüStV gezogenen räumlichen Grenzen (so BayVGH, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 10 CS 08.2399, S. 16 des Beschlussabdrucks); hierzu wird auf Nr. 3 verwiesen.
3. Die Untersagungsverfügung vom 14. Juli 2009 ist in ihrem Regelungsgehalt, auch in Ansehung ihres räumlichen Geltungsbereiches, materiell rechtmäßig.
a) Wie sich aus der Formulierung von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV einerseits und des § 9 Abs. 1 Satz 4 GlüStV andererseits ergibt, kann die Glücksspielaufsichtsbehörde jedes Landes grundsätzlich nur mit Wirkung für das eigene Bundesland tätig werden. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Land bei der Ausführung von Landesgesetzen in seiner Verwaltungshoheit grundsätzlich auf sein eigenes Gebiet beschränkt ist (vgl. BVerwG v. 30.1.2002 BVerwGE 115, 375/384; BVerfG v. 15.3.1960 BVerfGE 11, 6/19). Eine von diesem Grundsatz abweichende Übertragung von Hoheitsrechten in der Form, dass ein von der Glücksspielaufsichtsbehörde eines Landes ausgesprochenes Verbot auch für alle anderen Länder gilt, hat anders als etwa in § 59 Abs. 6 RStV nicht stattgefunden. Vielmehr ist eine länderübergreifende Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 GlüStV nur bei einer entsprechenden Ermächtigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde des anderen Landes zulässig. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, so dass nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV nur ein räumlich auf das Gebiet des Freistaats Bayern beschränktes Werbeverbot ausgesprochen werden kann (BayVGH, B.v. 20/11/2008, Az.: 10 CS 08.2399, S. 17 des Beschlussabdrucks).
Die Verfügung vom 14. Juli 2009 trifft nach verständiger Auslegung (vgl. hierzu BVerwG v. 18.4.2007 NVwZ-RR 207, 615) eine räumlich auf das Gebiet des Freistaats Bayern begrenzte Regelung. Zwar hat diese räumliche Beschränkung, wie den Bevollmächtigten der Antragstellerin zuzugestehen ist, keinen expliziten wörtlichen Niederschlag im Tenor des Bescheides vom 14. Juli 2009 gefunden. Dieser Regelungsgehalt wurde aber vom Antragsgegner in Schriftsatz vom 7. August 2009 ausdrücklich klargestellt. Die räumliche Beschränkung der Anordnung ergibt sich außerdem auch bereits aus den Gründen des Bescheides, die – gerade weil nach dem für die Auslegung analog heranzuziehenden § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinne zu haften ist -, zur Erfassung des Regelungsgehalts eines Bescheides heranzuziehen sind. Bereits der erste Absatz unter I. der Bescheidsgründe stellt einen klaren räumlichen Bezug her, wenn die Werbung unter „free-bwin.com“ in der YYYYYYYY Arena in München, auf den Presse- und Interviewwänden in diesem Stadion und in der Geschäftsstelle des Vereines in München als Ausgangspunkt der behördlichen Überlegungen genommen wird. Weiter wird in den Nrn. 3.1 bis 3.3 unter II. der Bescheidsgründe zur Rechtfertigung der Anordnung dreimal explizit auf das „in Bayern“ nicht erlaubte Sportwettangebot der bwin-Gruppe verwiesen. Hinzukommt die allgemeine Auslegungsregel, dass der Vollzug von Landesrecht (hier des durch Beschluss des Bayerischen Landtags vom 27.11.2007 in bayerisches Landesrecht übergeführten GlüStV, GVBl. 2007, 906) in der Regel auf eine nur landesweite Geltung der Anordnung schließen lässt (vgl. BVerwG v. 30.1.2002, BVerwGE 115, 375/384). Anhaltspunkte dafür, dass sich entgegen dieser Regel die Anordnung länderübergreifende Wirkung beimesse, lassen sich den Bescheidsgründen oder auch sonstigen Umständen des Verwaltungsverfahrens nicht entnehmen; insoweit unterscheidet sich die vorliegende Situation von der Fallgestaltung, wie sie dem von den Bevollmächtigten der Antragstellerin herangezogenen Beschluss des BayVGH vom 20. November 2008, Az.: 10 CS 08.2499, S. 12 des Beschlussabdrucks, zu Grunde lag.
b) Die Untersagungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV, bekannt gemacht am 5.12.2007, GVBl 2007, 906). Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, sie kann insbesondere (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV) die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel ist generell verboten (§ 5 Abs. 4 GlüStV).
Die Werbung der Antragstellerin mit dem Schriftzug „free-bwin.com“ insbesondere auf den Banden im Fußballstadion, auf Presse- und Interviewwänden und auf der Geschäftsstelle ist von ihrer tatsächlichen – und intendierten – Wirkung her nicht Werbung für die auf der Website „free-bwin.com“ angebotene kostenlose Pokerschule, sondern wegen des prägenden Firmenlogos „bwin“ im Schriftzug Werbung für das in Bayern unerlaubte Glücksspielangebot der „bwin“-Gruppe und deshalb ihrerseits unerlaubt und gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV verboten.
Werbung im Sinne des § 5 GlüStV ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. Hecker/ Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2008, § 5 GlüStV, RdNr. 17). Dabei ist der Werbebegriff des Glücksspielstaatsvertrags weit auszulegen und erfasst auch Hinweise auf die Möglichkeit zum Glücksspiel. Das ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, wonach die bloße Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel ebenso unter den Werbebegriff fällt wie die Trikot- und Bandenwerbung (vgl. §§ 5 Abs. 1, 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV).
Bei der Erfassung des werbenden Charakters des Schriftzugs „freebwin. com“ auf den Stadionbanden o.ä. ist nicht auf den Inhalt der Website „free-bwin.com“ abzustellen. Diese mag in der Tat eine kostenlose Pokerschule anbieten und es mögen auch – nunmehr – jede internet-technischen Verbindungen (Links) zu den Websites mit Echtgeldangeboten der Glücksspielgruppe „bwin“ (also z.B. „bwin-com“, „bwin.de“) beseitigt sein. Es kann sogar dahingestellt bleiben, ob vor dem Hintergrund der von der „bwin“- Gruppe betriebenen europaweiten „Liberalisierung“ des Glücksspielmarkts in einer kostenlosen Poker-Schule nicht doch schon eine vorbereitende Maßnahme im Hinblick auf eine möglichst frühzeitige Marktpositionierung des Unternehmens im eigentlich beabsichtigten und allein in ihrem kommerziellen Interesse liegenden Echtgeld-Glücksspielbereich (z.B. Echtgeld-Poker) zu sehen ist, was unter der geltenden Rechtslage zumindest in Bayern und Deutschland nicht ohne jegliches Bedenken zu sehen wäre. Diese Gesichtspunkte können aber dahinstehen. Denn auf den Stadion-Banden u.a. kommt gerade nicht der Inhalt der Website „free-bwin.com“ unmittelbar visuell zum Ausdruck, sondern allein der Schriftzug „free-bwin.com“. Nur dieser Schriftzug ist der maßgebliche visuelle Werbeeindruck auf den Betrachter im Stadion oder auf den Betrachter der Interviewwände o.ä. Der mit diesem Schriftzug transportierte werbliche Gehalt ist nicht die Werbung für eine kostenlose Pokerschule; genau das lässt sich dem Schriftzug als solchen nicht entnehmen. Vielmehr springt dem Beobachter ganz eindeutig der prägende Bestandteil dieses Schriftzugs ins Auge, nämlich das Logo „bwin“ des Glücksspielanbieters „bwin“. So ist es auch gewollt. Wie im Bescheid hervorgehoben, ist der Schriftzug auf der Bandenwerbung in denselben Farben und Schriftarten wie die Werbung für „bwin“ selbst gehalten, nämlich orange, weiß und schwarz. Das kann kein Zufall sein. Durch den Schriftzugsbestandteil “bwin“, verstärkt noch durch die Farb- und Schriftzugsgestaltung, wird der Betrachter auf die etablierte Marke „bwin“ gestoßen. Er assoziiert bei der Rezeption des Schriftzugs „free-bwin.com“ damit genau die Marke „bwin“. Damit wird eindeutig für diese Marke geworben (siehe auch den rechtskräftigen Beschluss des VG München v. 24.7.2009, Az.: M 22 S 09.3295, wo die Trikotwerbung mit dem Schriftzug „bwin.it“ als Werbung für das Echtgeld- Glücksspielangebot der bwin-Gruppe erkannt wurde). Die Marke „bwin“ steht aber seit jeher für die Echtgeld-Veranstaltung und Echtgeld-Vermittlung von Glücksspiel, insbesondere von Sportwetten. Selbst im werbenden Schriftzug „free-bwin.com“ wird der kommerzielle Charakter deutlich. Der Internetdomain- Name „com“ weist nämlich auf einen kommerziellen Anbieter hin. Damit wird der weitere Schriftzugsbestandteil „free“, sollte dieser in seiner Unbestimmtheit überhaupt eine wie auch immer geartete „Kostenlosigkeit“ andeuten, relativiert. Erst seit neuestem befasst sich „bwin“ auch mit dem Gebiet der kostenlosen Pokerschule, wobei dieser Sektor wie dargestellt strategisch in die eigentlichen kommerziellen Unternehmensziele eingebettet ist. Es ist nicht feststellbar, dass bei den maßgeblichen Verkehrskreisen das Image von „bwin“ als das eines kommerziellen Glückspielanbieters einen Bedeutungswandel hin zu einer sich unentgeltlich um die Spielfertigkeit der Bevölkerung sorgenden Institution erfahren hätte. Auch die im Bescheid dargestellten wirtschaftlichen Hintergründe der Kooperation zwischen dem X XXXXXX München und der „bwin“-Gruppe sowie die eigenen Aussagen dieser Gruppe zu den eigentlichen Zwecksetzungen von „free-bwin.com“ lassen nur den Schluss zu, dass der Schriftzug „free-bwin.com“ der Werbung für das Echtgeldangebot von „bwin“ zu dienen bestimmt ist (vgl. VG Hamburg, B.v. 8.7.2009, Az.: 4 E 1677/09 – juris-), nach dem das Titelsponsoring „Bet-at- Home-Opening“ bei einem Tennisturnier eine unerlaubte Werbung für das in Hamburg unerlaubte Glücksspielangebot von „Bet-at-Home“ darstellen dürfte).
Da die „bwin“-Gruppe in Bayern über keine Erlaubnis zur Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspielen verfügt, liegt Werbung für unerlaubtes Glücksspiel vor, welche nach § 5 Abs. 4 GlüStV generell verboten ist. Dass die „bwin“-Gruppe in anderen Mitgliedsstaaten der EU über eine Erlaubnis verfügt, ist unerheblich. Das Gemeinschaftsrecht sieht keine generelle Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Anerkennung von Erlaubnissen vor, die von einem anderen Mitgliedsstaat erteilt wurden (z.B. OVG Bautzen v. 10.6.2009 Az.: 3 BS 179/07; BayVGH v. 18.12.2008 Az.: 10 BV 07.558); bereits in ihrer Stellungnahme an den EuGH vom 10.12.2007 in den Rechtssachen C-316/07 u.a. – Marcus Stoss u.a. – hat die EU-Kommission festgestellt, dass Regelungen zur Veranstaltung von Glücksspielen, Sportwetten und ähnlichem auf Gemeinschaftsebene nicht harmonisiert wurden (Rn 59, Rn 64 der Stellungnahme). Die Berufung auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG für sich genommen reicht nicht aus, um einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Erlaubnis EU-weit Geltung zu verschaffen. Der in Deutschland tätigen Konzerntochter von „bwin“ ist ebenso eine Berufung auf eine nach dem Gewerberecht der damaligen DDR erteilte Erlaubnis in Bayern nicht möglich (BVerwG vom 21.6.2006 NVwZ 2006, 1175, ebenso BayVGH vom 29.9.2004 GewArch 2005, 78).
Im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist von der Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 GlüStV auch unter dem Blickwinkel der damit verbundenen Durchsetzung eines Staatsmonopols im Sportwettbereich auszugehen; das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung des BayVGH im Urteil vom 18.12.2008 (Az. 10 BV 07.558), wonach das in Bayern geltende Veranstaltungsmonopol für Sportwetten nach § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV mit Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht vereinbar ist; diese Einschätzung steht in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Verwaltungsrechtsprechung in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Verfügungen auf der Grundlage des GlüStV, wonach der GlüStV und die hierzu ergangenen Landesausführungsgesetze keinen durchgreifenden verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlichen Bedenken begegnen (zuletzt OVG Rheinland-Pfalz in dem – nach Antragsrücknahme für gegenstandslos erklärten – Beschluss vom 9. Juli 2009 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; OVG Bautzen vom 10.6.2009 Az. 3 BS 179/07; VGH Baden-Württemberg vom 9.6.2009 Az. 6 S 3205.08; OVG Berlin-Brandenburg vom 8.4.2009 Az. OVG 1 S 212.08; OVG Hamburg vom 27.2.2009 Az. 4 Bs 235/08; OVG NRW vom 18.2.2009 Az. 4 B 298/08). Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, die mit dem Staatsmonopol verfolgten Allgemeinwohlziele durch ein – den Privaten geringer belastendes – Erlaubnisverfahren anzustreben. Denn der Gesetzgeber hat diesbezüglich einen weiten Beurteilungs- und Prognosespielraum; gesetzgeberische Maßnahmen zur Abwehr der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren können verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn feststellbar ist, dass alternative, den Betroffenen weniger belastende Beschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen (BVerfG vom 19.7.2000 NVwZ 2001, 790, Rn 77, und vom 14.10.2008, 1 BvR 928/08, Rn 44 f). Das Mehr an Informations-, Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten, das bei einer Veranstaltung von Sportwetten durch staatliche oder staatlich dominierte Unternehmen besteht, verspricht jedoch tatsächlich eine Verbesserung der Gefahrenabwehr im Vergleich zu staatlichen Kontrollmechanismen gegenüber privaten Betreibergesellschaften (BVerfG vom 19.7.2000 a.a.O., Rn 78; BayVGH vom 18.12.2008 a.a.O. Rn 104 f ).
Das Gericht hält die Untersagungsverfügung bei summarischer Überprüfung aus den o.g. Gründen für rechtmäßig. Allein aus diesem Grund überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung des staatlich verankerten Verbots, für Glücksspiele eines in Bayern nicht konzessionierten Veranstalters zu werben (vgl. auch BVerfG vom 20.3.2009 Az. 1 BvR 2410/08). Das Gericht hat darüber hinaus bei der von ihm im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zu beachten, dass nach § 9 Abs. 2 GlüStV die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Anordnungen nach § 9 GlüStV ausgeschlossen ist und deshalb bereits kraft Gesetzes dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung besonderes Gewicht zukommt (BayVGH vom 2.6.2008 Az. 10 CS 08.1008), insbesondere in Hinblick auf die Strafbarkeit unerlaubter Werbung für unerlaubtes Glücksspiel nach § 284 Abs. 4 StGB.
Auch die von Gesetzes wegen sofort vollziehbare (Art. 21a VwZVG) Androhung eines Zwangsgeldes (Art. 31 VwZVG) ist rechtmäßig. Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG), es ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen (Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG). Die vom Antragsgegner bei Androhung des Zwangsgeldes vorgenommene Einschätzung der Höhe der Werbeeinnahmen der Antragstellerin rechtfertigt ein Zwangsgeld in der festgesetzten Höhe, auch wenn es den gesetzlichen Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG übersteigt. Die Antragstellerin hatte dieser Einschätzung nichts Substantielles entgegenzusetzen.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, wobei im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Hälfte des Streitwerts in der Hauptsache gewählt wurde.