Unzulässige Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben für ein Nahrungsergänzungsmittel

29. Mai 2015
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bunte Tabletten, im Hintergrund ist Obst abgebildet Urteil des LG Düsseldorf vom 08.10.2014, Az.: 12 O 200/14

Wird ein Nahrungsergänzungsmittel mit Aussagen beworben, die Bezug auf die positive Wirkung für Knochen und Gelenke sowie die Beweglichkeit nehmen, so ist die Werbung irreführend, wenn die beschriebene Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist. Die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben ist nur zulässig, wenn aufgrund allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweise eine positive Wirkung des Inhaltsstoffes belegt werden kann und dieser Inhaltsstoff im Endprodukt auch in einer relevanten Menge vorhanden ist.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 08.10.2014

Az.: 12 O 200/14

Tenor

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 26. Juni 2014 wird bestätigt.

Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung von Äußerungen zur Bewerbung eines Nahrungsergänzungsmittels in Anspruch.

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung auf Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs, gehört. Ihm gehören etwa 150 Mitglieder aus den Branchen Heilmittel und Heilwesen an.

Die Antragsgegnerin vertreibt das Produkt „B1“, welches sich aus Vitamin C, Vitamin D, Kalzium, Mangan, Zink, Extrakt von indischem Weihrauch, Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat zusammensetzt.

Die Antragsgegnerin wirbt in der Zeitschrift „H mit einer Anzeige unter der Überschrift „Beweglich? B1!“ sowie im Internet unter der Domain X mit den streitgegenständlichen, nachstehend ersichtlichen Aussagen.

Anfang Juni 2014 erlangte der Antragsteller von der Werbung der Antragsgegnerin Kenntnis und mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12. Juni 2014 (Anlage A 5, Bl. 67 ff. GA). Die Antragsgegnerin gab nur hinsichtlich drei Aussagen eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (Anlage A 6, Bl. 72 f. GA).

Auf Antrag des Antragstellers ist durch Beschluss vom 26. Juni 2014 der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „B1“ zu werben

1.

„Knochen & Gelenke

Natürliche Regeneration“,

wenn dies geschieht wie in Anlage A 3 und A 4 wiedergegeben,

2.

„Beweglich mit original indischem Weihrauch“,

3.

„… wichtige Gelenknährstoffe … sichern kombiniert eine normale Gelenk-, Knorpel- und Knochenfunktion“,

4.

„bei stark beanspruchten Gelenken“,

5.

„zur Vorbeugung bei Gelenkbelastung in Beruf und Sport“,

6.

„bei morgendlicher Gelenksteifigkeit“,

7.

„Probleme mit Knochen, Gelenken und Knorpel?

… Um die Stabilität der Knochen und die Beweglichkeit der Gelenke zu fördern, braucht der Körper zur natürlichen Regeneration bestimmte gelenkspezifische Naturstoffe. Diese verbessern die Mobilität und Lebensqualität“,

8.

„zur Unterstützung der Knorpel- und Gelenkfunktion“,

9.

„Chondroitin ist neben Glucosamin der wichtigste Bestandteil des Gelenkknorpels und wirkt wie ein Stoßdämpfer im Gelenk. So werden harte Bewegungen besser gedämpft“,

jeweils wenn dies geschieht, wie in Anlage A 4 wiedergegeben.

Die Antragsgegnerin hat gegen die einstweilige Verfügung, die ihr am 10. Juli 2014 zugestellt worden ist, Widerspruch eingelegt.

Der Antragsteller trägt vor:

Die Antragsgegnerin habe den ihr obliegenden Wirkungsnachweis nicht erbracht. Auf die I könne sie sich schon deshalb nicht berufen, weil es sich um ein zusammengesetztes Präparat handele, bei dem sich die einzelnen Inhaltsstoffe gegenseitig in ihrer Wirkung ebenso verstärken wie abschwächen oder neutralisieren könnten. Weihrauch werde zwar bei bestimmter Dosierung als antientzündlich bewertet, für eine Wirkung auf die Beweglichkeit von Knochen und Gelenken fehle indessen der notwendige Beleg. Bezüglich der Stoffe Glucosaminsulfat und Chondroitin sei eine die Gesundheit der Gelenke fördernde Wirkung nicht nachgewiesen. Der Antragsteller verweist insoweit auf die als Anlage A 7 vorgelegte wissenschaftlichen Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vom 2. Juli 2009 (Bl. 74ff. GA) sowie das als Anlage A 9 vorgelegte Gutachten (Bl. 95ff. GA) sowie die als Anlagen A 10 (Bl.107 GA) und Anlagen A 11 (Bl. 108 GA) vorgelegten Monographien sowie den als Anlage A 12 (Bl. 109f. GA) vorgelegten Auszug aus dem Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie.

Der Antragsteller beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 26. Juni 2014 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 26. Juni 2014 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin trägt vor:

Bei den Aussagen zu Ziffer 1., 3., 7. und 9. handele es sich um unspezifische Aussagen, die nach der Rechtsprechung des BGH per se zulässig seien. Im Übrigen seien aber die Aussagen sowie die Aussagen zu 4., 5. und 8. durch die sogenannten I gedeckt. Die Wirkung von Weihrauch sei durch die als Anlage AG 5 (Bl. 185 ff. GA) vorgelegte Monographie wissenschaftlich belegt. Aus dem als Anlage AG 6 vorgelegten Auszug aus dem Buch von Professor C ergäben sich umfangreiche Studien und Literatur zur Wirkung von Glucosamin und Chondroitin die in das Gutachten von Professor B2 aus dem Jahre 2003 nicht eingeflossen seien. Zwischenzeitlich sei durch 25 randomisierte, placebokontrollierte Studien mit Glucosamin belegt, dass dieses eine positive Wirkung für die Gelenkfunktion habe und die Schmerzsymptomatik günstig beeinflusst werde. Auch hinsichtlich Chondroitinsulfat seien die vom Antragsteller vorgelegten Monographien veraltet. Aus der als Anlage AG 8 vorgelegten Zusammenfassung der Besprechung „D“ von E aus dem Jahre 2008 ergebe sich, dass ausreichend klinische Daten zur Verfügung stehen, um die Ansicht zu stützen, das oral verabreichtes Chondroitinsulfat eine wertvolle und sichere symptomatische Behandlung von Osteoarthritis seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

1.)

Die funktionelle Zuständigkeit der Zivilkammer des Landgerichts folgt aus § 6 Abs. 1 Satz 1 UKlaG, da der Antragsteller seine Ansprüche unter anderem aus §§ 2, 3, 5 UKlaG herleitet und sich auf Verbraucherschutzgesetze im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG bezieht. Bei den Regelungen der §§ 11, 12 LFGB sowie den Werbeverboten bzw. Werbebeschränkungen der I1 handelt es sich um verbraucherschützende Regelungen (Köhler-Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 2 UKlaG Rdnr. 10).

2.)

Die Antragsbefugnis des Antragstellers folgt aus § 3 Abs. 1 Ziffer 2 UKlaG. Dem Antragsteller gehören ausweislich der Ausführungen in der Antragsschrift, die die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt, eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden aus den Branchen Heilmittel und Heilwesen an, die damit auf demselben Markt wie die Antragsgegnerin aktiv sind. Für das Vorhandensein der erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattungen spricht beim Antragsteller, der seit vielen Jahren entsprechend tätig ist und in dieser Zeit stets als entsprechend ausgestattet angesehen worden ist, eine tatsächliche Vermutung (BGH GRUR 1997, 476 – Geburtstagswerbung II).

II.

Auch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 2 Abs. 1, 2 UKlaG in Verbindung mit §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Artikel 10 VO EG 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (I1) in Verbindung mit § 11 Abs. 1 LFGB zusteht, den der Antragsteller gemäß § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 UWG im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann.

Bei den streitgegenständlichen Aussagen handelt es sich um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Artikel 3 Abs. 2 Nr. 5 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, so dass für die Zulässigkeit der Angaben die sich insbesondere aus Artikel 5, 6, 10 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ergebenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Gemäß Artikel 2 Abs. 2 Nr. 5 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist eine Angabe dann eine gesundheitsbezogene Angabe, wenn mit ihr erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der „Zusammenhang“ ist dabei weit zu verstehen (EUGH GRUR 2012, 1161= WRP 2012, 1368 Rn. 34 – Deutsches Weintor). Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt immer dann vor, wenn impliziert wird, dass durch den Verzehr des Lebensmittel eine Verbesserung des Gesundheitszustandes stattfindet (EUGH GRUR 2012, 1161 = WRP 2012, 1368 Rdnr. 35 – Deutsches Weintor; BGH, GRUR 2013, 189 = WRP 2013, 180 Rdnr. 9 – Monsterbacke).

Dies ist bei den streitgegenständlichen Aussagen der Fall. Alle Aussagen nehmen Bezug auf die Wirkung für Knochen und Gelenke bzw. die Beweglichkeit. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich insbesondere hinsichtlich der Aussagen zu 1., 3., 7. und 9. auch nicht um unspezifische Angaben im Sinne von Artikel 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, die allein deshalb nicht unzulässig sind, weil die Liste nach Artikel 13 und 14 der genannten Verordnung noch nicht erstellt sind (vgl. BGH BeckRS 2013, 13047 Rdnr. 15 – Vitalpilze). Unspezifische Angaben liegen nur dann vor, wenn darauf hingewiesen wird, dass durch die Einnahme des Mittels allgemein das gesundheitliche Wohlbefinden unterstützt bzw. gesteigert werden soll, nicht aber bestimmte dadurch zu fördernde Funktionen des Körpers Bezug genommen wird (BGH a.a.O., Rdnr. 13). Vorliegend nehmen sämtliche angegriffenen Aussagen Bezug auf die Wirkung für Knochen und Gelenke bzw. die Beweglichkeit. Anders als in der angeführten Entscheidung des BGH stellen die angegriffenen Aussagen nicht auf eine allgemeine Steigerung der Leistungsfähigkeit ab, sondern auf eine bestimmte durch die Einnahme des Lebensmittels zu fördernde Funktion des Körpers, den Bewegungsapparat. Gegenstand aller Aussagen ist ein positiver Effekt des streitgegenständlichen Produkts auf die Gelenke, gemeinsam mit einer positiven Auswirkung auf Knochen in den Aussagen 1., 3. und 7. und einer positiven Auswirkung auf den Knorpel in den Aussagen 3., 7., 8. und 9.

Die Angaben müssen demnach den Voraussetzungen des Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genügen, wonach die Verwendung nährwert- oder gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig sind, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Notwendig ist danach, dass anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweise nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein des Nährstoffs bzw. der Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat. Erforderlich ist weiter, dass der Inhaltsstoff im Endprodukt in einer relevanten Menge vorhanden und auch für den Körper verfügbar ist, sowie dass das Endprodukt in einer Menge verzehrt wird, die geeignet ist, die Wirkung des Inhaltsstoffes zu erzielen. Alle genannten Voraussetzungen müssen sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein (Artikel 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006).

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 LFGB ist es verboten, für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 2. Alternative LFGB insbesondere dann vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Auch insoweit ist es erforderlich, das allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit vorgelegt werden (vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 06715). Ob der Nachweis der Wirksamkeit durch die Vorlage von Studien zu erbringen ist, die denselben Anforderungen genügen, die für die Feststellung der Wirksamkeit eines Arzneimittels oder einer bilanzierten Diät notwendig ist, das heißt regelmäßige randomisierte und placebokontrollierte Doppelblindstudien vorzulegen sind, kann vorliegend offen bleiben. Es fehlt an einer Grundlage für den von der Antragsgegnerin zu führenden Nachweis, dass den betreffenden Inhaltsstoffen die jeweils behauptete Wirkung tatsächlich zukommt (vgl. BGH BeckRS 2013, 13047 Rn. 21 – Vitalpilze).

Die Antragsgegnerin kann sich zum Beleg der positiven Wirkungen des streitgegenständlichen Produkts nicht auf die Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern berufen. Die Verordnung lässt bei Erfüllung der dort näher niedergelegten Mindestanforderungen unter anderem Angaben zu den Inhaltsstoffen Vitamin C, Vitamin D, Calcium, Mangan und Zink zu. Zwar sind gemäß der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 in Bezug auf diese Inhaltsstoffe gesundheitsbezogene Angaben zulässig, welche die positive Wirkung für die Erhaltung und Funktion von Knochen und/oder Knorpel herausstellen. In keinem Fall erlaubt die Verordnung indessen Angaben über eine positive Auswirkung auf Funktion und Erhalt der Gelenke. Aus diesem Grunde scheidet die Heranziehung der Liste als Beleg für die Aussagen zu 1., 3., 4., 5., 6., 7. und 8., die auch Gelenkfunktionen betreffen, aus.

Auch soweit sich die Antragsgegnerin -insbesondere zum Beleg der Aussage zu 2.- auf die als Anlage AG 5 (Bl. 185 ff. GA) vorgelegte Monographie der WHO zu dem Inhaltsstoff (Weihrauchextrakt) bezieht, ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für den erforderlichen Nachweis. Aus diesem Grund muss nicht näher darauf eingegangen werden, welche Anforderungen an den vom Verwender einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Artikel 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) 1924/2006 zu führenden Wirksamkeitsnachweis zu stellen sind. Nach der in beglaubigter Übersetzung vorgelegten Zusammenfassung der Studie wurden 37 Patienten, die an rheumatoider Arthritis litten, 12 Wochen lang 3,6 Gramm der Substanz von Boswelia-Gummi (Weihrauch) oder ein Placebo verabreicht. Die subjektiven, klinischen und laborchemischen Parameter zeigten keine Veränderungen. 30 Patienten mit Kniegelenkarthrose wurde 8 Wochen lang entweder der aktive „Boswellia-Extrakt“ oder ein Placebo verabreicht. Bei Patienten, die diesen Extrakt erhielten, wurde durchgängig eine Linderung der Gelenkschmerzen, eine verbesserte Kniebeugung und eine höhere Gehreichweite festgestellt. Mit der vorgelegten Zusammenfassung ist indessen nicht feststellbar, in welcher Dosierung dem Patienten der Weihrauchextrakt verabreicht wurde. Darüber hinaus verhält sich die Studie in keiner Weise darüber, inwieweit die Verabreichung des Extrakts zur Steigerung der Beweglichkeit gesunder Gelenke bzw. zu einer „Regeneration“ von Knochen und Gelenken bzw. einer Vorbeugung des Verschleißes führt. Die Wirkung auf gesunde Gelenke, deren Funktion nach den beworbenen Aussagen erhalten bzw. unterstützt werden soll, ist in keiner Weise Gegenstand der Studie gewesen. Ein Grundsatz dafür, dass Substanzen mit pharmakologischer Wirkung auch eine positive ernährungsphysiologische Wirkung haben, besteht in dieser Allgemeinheit jedenfalls nicht. Besondere Anhaltspunkte, dass dies im Fall des Weihrauchs der Fall ist, sind weder dargetan noch ersichtlich.

Auch soweit sich die Antragsgegnerin zum Beleg für die Wirkung von Glucosamin auf einen Auszug aus dem Buch „Ernährungsmedizin – nach dem neuen Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer“ bezieht, vermag dies die positive Auswirkung auf gesunde Gelenke und Knochen nicht unter Beweis zu stellen. Die Ausführungen insoweit beziehen sich ausschließlich auf die Behandlung von Arthrose. Allein durch den Umstand, dass das streitgegenständlichen Produkt „B1“ heißt, folgt indessen nicht, dass die Antragsgegnerin sich mit der angegriffenen Werbung ausschließlich an an Arthrose erkrankte Personen wendet. Das Gegenteil ist der Fall. Mit den angegriffenen Aussagen wendet sich die Antragsgegnerin vielmehr an Patienten, deren Gelenke zwar beansprucht, aber nicht krankhaft verändert sind. Dies wird deutlich, wenn sie auf die „natürliche Regeneration im Sinne einer Erholung (1.), die Sicherung einer normalen Gelenk-Knorpel- und Knochenfunktion (3.) hinweist und die Anwendung bei stark beanspruchten Gelenken (4.) herausstellt. Gleiches gilt, wenn sie die Anwendung „zur Vorbeugung bei Gelenkbelastung in Beruf und Sport“ (5.) empfiehlt. Auch die Empfehlung zur Anwendung „bei morgendlicher Gelenksteifigkeit (6.) beinhalt nicht eine Empfehlung zur ergänzenden Anwendung bei Arthrose. Vielmehr kann eine morgendliche Gelenksteifigkeit eine Vielzahl von Ursachen ohne Krankheitswert haben. Hinsichtlich der angegriffenen Aussage „Probleme mit Knochen, Gelenken und Knorpel? … Um die Stabilität der Knochen und die Beweglichkeit der Gelenke zu fördern, braucht der Körper zur natürliche Regeneration bestimmte gelenkspezifische Naturstoffe. Diese verbessern die Mobilität und Lebensqualität“ (7.) gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch die Empfehlung „zur Unterstützung der Knorpel- und Gelenkfunktion“ (8.) stellt auf gesunde – wenn auch beanspruchte Gelenke ab.

Soweit sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Aussage „Chondroitin neben Glucosamin der wichtigste Bestandteil des Knorpelgelenks und wirkt wie ein Stoßdämpfer im Gelenk. So werden harte Bewegungen besser gedämmt“ auf die als Anlage AG 6 vorgelegte, in englisch abgefasste Besprechung „D“ bezieht, befasst sich die Studie ausweislich der im Schriftsatz vom 17. Juli 2014 vorgenommenen Übersetzung mit der symptomatischen Behandlung von Osteoarthritis. Auf die Wirkung auf gesunde Gelenke bzw. den Gelenkknorpel bezieht sich die Besprechung nicht. Dass Chondroitin „wie ein Stoßdämpfer im Gelenk bei gesunden Patienten wirkt und harte Bewegungen besser gedämpft werden“ ist weder dargetan noch ersichtlich.

Soweit die Antragsgegnerin beantragt hat, die einstweilige Verfügung gegen die Gewährung einer entsprechenden Aufbrauchfrist zu bestätigen, ist der Antrag nicht gerechtfertigt. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Aufbrauchfrist im einstweiligen Verfügungsverfahren erscheint eine solche vorliegend nicht geboten. Die Antragstellerin wendet sich lediglich gegen die Werbung der Antragsgegnerin in einem Printmedium und im Internet. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften für das Gemeinwohl erscheint die Gewährung einer Aufbrauchfrist nicht veranlasst. Im Übrigen hatte die Antragsgegnerin seit Erlass der einstweiligen Verfügung ausreichend Gelegenheit, sich auf die Rechtslage einzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.

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