Gericht schiebt unerwarteter Kostenexplosion bei Nutzung von Roamingdiensten Riegel vor

25. Juli 2012
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Eigener Leitsatz:

Mobilfunkanbietern steht über die Gebühren eines vertraglich vereinbarten Flat-Tarifs hinaus kein Anspruch auf Erhebung von Roaminggebühren zu, sofern dieser EU-Roamingnutzern nicht bei deren erstmaligen Einwahl im jeweiligen EU-Land alle Informationen über die zu erwartenden Tarife für Daten-Roamingdienste hat zukommen lassen. Die Information kann per SMS, E-Mail oder Pop-Up-Fenster erteilt werden. Ferner verletzt der Anbieter seine Nebenpflicht aus dem Vertrag, wenn er keinen „Cut-Off-Mechanismus“ zur Kostenbegrenzung einrichtet. Vorliegend konnte der Kunde gegen den Zahlungsanspruch des Anbieters in Höhe von 3.366,87 € mit einem Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe aufrechnen.

Landgericht Saarbrücken

Urteil vom 09.03.2012

Az.: 10 S 12/12

 

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 24.06.2011, Az.: 27 C 199/11 (13)), abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.542,32 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte beantragte am 03.07.2008 online bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der … GmbH, die Freischaltung einer Leitung im Mobilfunknetz zu dem Tarif „M… Air“ (34,95 € / Monat), Taktung Flatrate. Der Bestellvorgang ist derart gestaltet, dass er erst nach aktivem Bestätigen der Kenntnisnahme der AGB der … GmbH fortgesetzt und abgeschlossen werden kann.

In der Folgezeit wurde dem Beklagten eine Mobilfunknummer zugeteilt (…) sowie eine frei geschaltete SIM-Karte (Nr. …) nebst einem USB-Stick zur mobilen Internetnutzung überlassen.

Im Dezember 2008 verbrachte der Beklagte einen neuntägigen Urlaub auf einer spanischen Ferieninsel. Während dieses Aufenthalts griff er mittels der SIM-Karte und des USB-Sticks über seinen Computer auf das Internet zu. Am 25.12.2008 sperrte die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Anschluss des Beklagten. Am 26.12.2008 erhielt der Beklagte eine SMS mit der Bitte um sofortigen Rückruf. Dieser ergab, dass der Anschluss wegen der Überschreitung der Gebührengrenze von 1.000,–€ gesperrt worden war.

Mit Rechnung vom 31.12.2008 stellte die Klägerin dem Beklagten den monatlichen Paketpreis von 34,95 € für den Zeitraum 01.01.2009 – 31.01.2009 sowie Roaminggebühren (T-Mobile Weltweit EU) von 3.366,87 € für den Zeitraum 01.12. – 31.12.2008 in Rechnung. Unter dem 04.01.2009 widerrief der Beklagte die erteilte Einzugsermächtigung und erklärte die fristlose Kündigung des Vertrags wegen Nichterbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen. Unter dem 31.01.2009 rechnete die Klägerin den Paketpreis für den Zeitraum 01.02.09 – 28.02.09 ab. Unter dem 28.02.2009 stellte die Klägerin dem Beklagten den Paketpreis für den Zeitraum 01.03.2009 – 31.03.2009 sowie ein Entgelt für die Zahlung per Überweisung von 3,–€ in Rechnung.

Mit Schreiben vom 23.03.2009 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs. Gleichzeitig deaktivierte sie den Anschluß. Unter dem 31.03.2009 stellte sie dem Beklagten die SIM-Karte mit 29,65 €, die Zahlung per Überweisung mit 3,–€ sowie den monatlichen Paketpreis für den Zeitraum 01.04.2009 – 30.04.2009 in Rechnung.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, ein Vertrag sei nicht zustande gekommen, weil das Vertragsformular, welches die Klägerin vorgelegt habe, von ihm nie unterzeichnet wurde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlich vorgetragenen Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Klage zum weit überwiegenden Teil stattgegeben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Der Klägerin stehe gegen den Beklagten aus dem Mobilfunkvertrag ein Anspruch auf Zahlung von 3.542,32 € für den Zeitraum 01.12.2008 – 31.03.2009 zu.

Der Einwand, der Vertrag sei nicht zustande gekommen, weil das vorgelegte Vertragsformular nie unterzeichnet wurde, gehe ins Leere. Die Unterzeichnung sei entbehrlich gewesen, da der Vertrag bereits zuvor durch Verwendung von Kommunikationsmitteln zustande gekommen sei (§ 312b Abs. 1 BGB). Die Kündigung des Beklagten habe den Vertrag nicht beendet. Es fehle an einem Kündigungsgrund. Die geltend gemachten Verbindungsentgelte seien entstanden. Die Klägerin habe den Nachweis der technischen Fehlerfreiheit der in Rechnung gestellten Verbindungen gem. § 45i Abs. 3 TKG erbracht. Die gesonderte Abrechnung der Roaminggebühren sei nicht zu beanstanden. Die Kostenpflichtigkeit ergebe sich aus Ziffer IV Nr. 2 S. 2 der AGB der Klägerin. Der Angriff auf die Höhe der Roaminggebühren sei unerheblich. Es handele sich um die Kosten des Drittanbieters. Ebenfalls unerheblich sei die Rüge des vertragswidrigen Verhaltens der Klägerin. Weder das TKG noch andere Normen sähen besondere Schutzpflichten vor. Damit seien die Verbindungskosten und die Roaminggebühren aus den Rechnungen vom 31.12.2008, 31.01.2009 und 28.02.2009 zu leisten. Die Kosten für die Bearbeitung der Überweisungen seien gemäß Ziff. VIII Nr. 8 AGB gerechtfertigt. Die abgerechneten Kosten für die SIM-Karte seien gem. Ziff. VIII Nr. 7 AGB als pauschalierter Schadensersatz zu zahlen. Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren ergebe sich aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 249 BGB. Indes seien die Mahnkosten in Form der Rechtsanwaltskosten nur aus einem verringerten Gegenstandswert zu berechnen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung. Rechtsfehlerhaft habe das Amtsgericht einen wirksamen Vertragsschluß unter Einbezug der klägerischen AGB angenommen. Gleiches gelte für die Feststellung der technisch fehlerfreien Erbringung der Telekommunikationsleistungen. Zumindest stehe einem Zahlungsanspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die mit der Klage geltend gemachten Gebühren seien durch eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten entstanden, so dass die Klägerin ihm in gleicher Höhe zum Schadensersatz gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB verpflichtet sei. Aber auch nach Vertragsschluß habe die Klägerin Hinweis- und Schutzpflichten verletzt, weshalb ebenfalls ein Schadensersatzanspruch gegeben sei.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 24.06.2011 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Saarlouis (Az.: 27 C 199/11 (13))

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Amtsgerichts.

II. Die Berufung ist überwiegend begründet.

Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 ZPO i.V.m. § 546 ZPO), soweit das Amtsgericht der Klägerin mehr als 29,65 € nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2009 zuerkannt hat.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 29,65 € aus dem abgeschlossenen Telekommunikationsdienstleistungsvertrag i.V.m. Ziff. XIII Nr. 7 der AGB der … GmbH zu. Der ausgesprochene Zinsanspruch resultiert aus §§ 284, 286, 288 BGB. Die darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt.

Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht festgestellt, daß zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Beklagten ein Telekommunikationsdienstleistungsvertrag (§ 312b BGB) unter ausschließlicher Verwendung von Telekommunikationsmitteln rechtswirksam zustande gekommen ist. Dies wird mit der Berufung nicht mehr angegriffen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sind auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der … GmbH in den Vertrag einbezogen worden. Gemäß § 305 Abs. 2 BGB werden Allgemeine Geschäftsbedingungen Bestandteil eines Vertrages, wenn der Verwender bei Vertragsschluß die andere Partei ausdrücklich auf sie hinweist und der anderen Partei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Nach dem Tatsachenvortrag der Klägerin war der Bestellvorgang nämlich derart gestaltet, daß er erst nach aktivem Bestätigen der Kenntnisnahme der AGB der … GmbH fortgesetzt und abgeschlossen werden konnte (vgl.: BGH NJW 2006, 2976). Diesem Vorbringen ist der Beklagte nicht entgegengetreten, weshalb der Klägervortrag als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Der Einwand des Beklagten, mit dem Bestreiten des Vertragsschlusses und der Aufforderung, zu dem Inhalt konkret vorzutragen, habe sie den Einbezug der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zumindest konkludent bestritten, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Vor dem Hintergrund dieser Erklärungen hat die Klägerin ihren in der Anspruchsbegründungsschrift zu dem Vertragsschluß und zu dem Einbezug der Allgemeinen Geschäftsbedingungen pauschal gehaltenen Tatsachenvortrag konkretisiert. Hierzu hat sich der Beklagte indes nicht mehr geäußert, weshalb die Fiktion des § 138 Abs. 3 ZPO eingetreten ist (vgl.: Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 138 Rn. 8 ff).

Der zugesprochene Anspruch auf Zahlung von 29,65 € resultiert aus Ziff. XIII Nr. 8 AGB. Die Feststellungen des Amtsgerichts sind frei von Rechtsfehlern. Sie werden von der Berufung auch nicht angegriffen.

Gemäß §§ 284, 286, 288 BGB ist der Anspruch mit 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 15.12.2009 zu verzinsen.

Weitere Zahlungsansprüche bestehen nicht.

Der Beklagte kann dem in Höhe von 3.366,87 € geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Roaminggebühren mit Erfolg den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“, § 242 BGB) entgegenhalten. Denn dem Beklagten steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf Schadenersatz in gleicher Höhe wegen Verletzung von Warn-, Fürsorge- und Schutzpflichten zu.

Es ist allgemein anerkannt, dass in einem Dauerschuldverhältnis, in dem regelmäßig kurzfristig Leistungen und Geldzahlungen ausgetauscht werden, die vertragliche Nebenpflicht beider Vertragspartner besteht, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen (OLG Schleswig-Holstein – 16 U 140/10 = MMR 11, 836 – zitiert nach juris; m.w.N.). Schutzgegenstand ist das Integritätsinteresse des anderen Teils, d. h. sein personen- und vermögensrechtlicher status quo.

Umfang und Inhalt der Rücksichtnahmepflichten hängen vom Vertragszweck, der Verkehrssitte und den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs ab (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 241 Rn 6 f.).

Nebenpflicht im Rahmen eines Mobilfunkvertrages ist die Pflicht beider Vertragspartner, für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen. Dazu gehört, dass jeder EU-Roaming Nutzer immer dann, wenn er nach der Einreise in einen anderen Mitgliedstaat erstmalig einen Daten-Roaming-Dienst nutzt, unentgeltlich individuelle, konkrete und substanzielle Informationen über den dafür geltenden Tarif erhält, was dem Anbieter beispielsweise durch Versendung einer SMS oder E-Mail aber auch durch Anzeige per Pop-up-Fenster auf dem Endgerät des Kunden ohne weiteres möglich ist (vgl.: S. Schmidt, jurisPR-ITR 7/2011 Anm. 4 – zitiert nach juris; S. Schmidt, jurisPR-ITR 16/2011 Anm. 4; Schuster/Sassenberg, CR 11, 15 ff). Dazu gehört ferner, daß der Mobilfunkanbieter seinen Kunden vor einer unbewußten Selbstschädigung schützt (OLG Schleswig-Holstein, a.a.O.; LG Kleve, Urt. v. 15.06.11 – 2 O 9/11 – zitiert nach juris; LG Bonn MMR 10, 749; AG Frankfurt MMR 08, 496). Auch dies ist ihm regelmäßig durch Versenden von Warnmitteilungen per SMS, E-Mail oder Pop-up-Fenster auf dem Endgerät sowie der Einrichtung eines automatischen „Cut-Off-Mechanismus“ zur Kostenbegrenzung ohne weiteres möglich (vgl.: S. Schmidt, a.a.O.; Schuster/Sassenberg, a.a.O.). Auch letzteres ist – wie der Streitfall durch die Sperrung des Anschlusses nach Überschreitung der internen Kostengrenze selbst zeigt – ohne Schwierigkeiten zu bewerkstelligen. Die Verletzung dieser Nebenpflichten führt dazu, daß dem Gläubiger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ein Anspruch auf das vereinbarte Nutzungsentgelt nicht zusteht, weil dem der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen steht (OLG Schleswig-Holstein, a.a.O.; LG Kleve, a.a.O.; LG Bonn, a.a.O.; AG Frankfurt, a.a.O.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze besteht kein Zahlungsanspruch der Klägerin. Zu Gunsten der Klägerin kann dabei unterstellt werden, daß die streitigen Verbindungsleistungen erbracht wurden. Der Beklagte hat dafür jedoch nicht einzustehen. Die Klägerin hat die ihr obliegende Nebenpflichten verletzt.

Die Klägerin hat ihre Hinweispflicht verletzt, da sie den Beklagten, als dieser während seines Spanienurlaubs erstmals den Roaming-Dienst in Anspruch nahm, nicht konkret, substanziell und individuell auf den aktuell geltenden Tarif hingewiesen hat. Daß in den einbezogenen AGB über die Kostenpflichtigkeit von Roaming-Diensten aufgeklärt wird, genügt nicht. Für den durchschnittlichen Kunden erschließt sich hieraus nämlich nicht, daß der Auslandstarif im Vergleich zu dem inländischen Preis unvergleichlich hoch sein kann und deshalb bei der Inanspruchnahme von Roaming-Diensten exorbitant hohe Gebühren anfallen können. Bereits auf Grund dieser Pflichtverletzung können der Klägerin die geltend gemachten Roaminggebühren insgesamt nicht zugebilligt werden (§ 242 BGB). Hätte nämlich die Klägerin der ihr obliegenden Hinweispflicht genügt, hätte der Beklagte den Zugriff auf das Internet über SIM-Karte und USB-Stick unterlassen. Hiervon ist auf Grund der Tatsache, dass es andere kostengünstigere Möglichkeiten gibt, auf das Internet zuzugreifen – wie beispielsweise die Nutzung eines öffentlichen Hot-Spot-Systems oder der Besuch eines Internetcafés, auszugehen. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, daß derjenige, der eine günstige Flatrate bucht, bei mehreren Möglichkeiten die günstigste Alternative auswählt.

Die Klägerin hat ihre Pflichten ferner dadurch verletzt, daß sie den Beklagten nicht frühzeitig auf die Kostenexplosion hingewiesen hat. Der Beklagte hat einen Flatrate-Tarif für 34,95 € / Monat gebucht. Bereits durch die Buchung einer Flatrate hat er zum Ausdruck gebracht, daß es seine monatlichen Kosten begrenzen und sich vor einem unbewußten Kostenanstieg schützen will. Jedenfalls nachdem diese Flatrate um das Doppelte überschritten war, hätte es der Klägerin oblegen, den Beklagten vor den ungewöhnlich hohe Kosten zu warnen und sich zu vergewissern, daß dieser den teuren Zugriff auf den ausländischen Dienst tatsächlich will. Der Einwand der Klägerin, ein Hinweis könne nicht unverzüglich erfolgen, da vom ausländischen Netz her zunächst eine Verbindung über das Netz der Telecom gehe und dann erst bei ihr, der Klägerin auflaufe, was durchaus einige Stunden dauern könne, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Unstreitig wurde der Beklagte erstmals auf den exorbitant hohen Gebührenanfall hingewiesen, als sein Anschluß bereits aufgrund des Überschreitens der Gebührengrenze gesperrt war. Dies war eindeutig und offensichtlich zu spät.

Die Klägerin wäre aber auch verpflichtet gewesen, die SIM-Karte zur Schadensabwendung frühzeitig zu sperren. Das Auflaufen lassen von Kosten, die die vereinbarte Vergütung um fast 100% übersteigt, verletzt die Fürsorgepflicht in außerordentlicher Weise.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Zahlung des – ursprünglich – vereinbarten Flatrate-Tarifs von 34,95 €/Monat für den Zeitraum 01.01.09 – 30.04.2009 gemäß den Rechnungen vom 31.12.2008, 31.01.2009, 28.02.2009 und 31.03.2009 zu. Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis am 04.01.2009 rechtswirksam außerordentlich fristlos gekündigt (§ 314 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Feststellung des Amtsgerichts, dem Beklagten habe kein Kündigungsgrund zugestanden, ist rechtsfehlerhaft. Der Beklagte hat seine Kündigung auf die unberechtigte Leistungsverweigerung der Klägerin gestützt. Dies – entsprechend den vorherigen Ausführungen – völlig zu Recht. Aufgrund der Nichterfüllung der vertraglich vereinbarten Hauptleistung war es dem Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses durch ordentliche Kündigung, die gemäß Ziff. XVII Nr. 1 AGB erstmals zum 03.07.2010 (!) möglich war, nicht zumutbar. Vorrangige berücksichtigungswürdige Interessen der Klägerin sind weder dargetan noch den Gesamtumständen zu entnehmen. Im Hinblick auf die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Klägerin, die durch die Sperrung der Karte eindeutig zum Ausdruck kommt, bedurfte es auch keiner Abmahnung (§§ 314 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Da die Klägerin ihrer Leistungsverpflichtung seit dem 25.12.2008 nicht mehr nachgekommen ist, steht ihr auch kein Entgelt für Januar 2009 zu (§§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 242 BGB).

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadenersatz wegen Widerrufs der Einzugsermächtigung aus Ziff. VIII Nr. 8 der einbezogenen AGB zu. Aufgrund der wirksamen Vertragskündigung war das Vertragsverhältnis beendet, so daß der Widerruf der Einzugsermächtigung keine einen Schadensersatzanspruch begründende Pflichtverletzung bewirkt hat.

Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten (§§ 280, 286 BGB) nebst Zinsen ist nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin den Beklagten bereits vor Klageerhebung durch ihre Prozessbevollmächtigten mit der Zahlung des pauschalierten Schadensersatzes wegen der unterlassenen Zurückgabe der SIM-Karte in Verzug gesetzt hat. Wegen der – vermeintlichen – Ansprüche im Übrigen ist eine Ersatzpflicht nicht gegeben, da die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung unbegründeter Ansprüche nicht zweckmäßig, geschweige denn erforderlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Festsetzung einer Sicherheitsleistung ist entbehrlich, da eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) nicht statthaft ist, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 Euro nicht übersteigt. Da dies hier nicht der Fall ist, liegen die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vor.

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