Preisangabe ohne Einbeziehung eines Serviceentgelts im Endpreis unzulässig

04. März 2014
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Beschluss des KG Berlin vom 12.02.2013, Az.: 5 W 11/13

Die Werbung mit „555,- p. P. zzgl. Service Entgelt*“ für eine Kreuzfahrt entspricht nicht den Bestimmungen der Preisangabenverordnung und ist damit unzulässig, wenn das Serviceentgelt nicht direkt in den Endpreis eingerechnet wird. Daran ändert auch ein Sternchenhinweis nichts, wonach die Erhebung des Serviceentgelts zur Voraussetzung hat, dass eine Nacht beanstandungsfrei verbracht wurde, da dies vielmehr eine selbstverständliche Pflicht des Reiseveranstalters ist.

Kammergericht Berlin

Beschluss vom 12.02.2013

Az.: 5 W 11/13

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 101 des Landgerichts Berlin vom 27. Dezember 2012 – 101 O 170/12 – geändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher für Schiffsreisen mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Endpreis zu nennen, insbesondere ohne ein obligatorisch erhobenes Serviceentgelt in den Endpreis einzurechnen,

sofern dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 567 ff. ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die begehrte einstweilige Verfügung ist zu erlassen. Zu Unrecht hat das Landgericht einen (dringenden) lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin verneint.

1.

Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG liegen – wovon zuletzt auch das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 17. Januar 2013 in Ansehung des insoweit nachbessernden Beschwerdevorbringens mit Recht ausgegangen ist – vor. Insbesondere gehört dem Antragsteller eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an (glaubhaft gemacht mit Anlagen A 7 und A 8), die Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art – hier: (Schiffs-) Reisen – auf demselben Markt vertreiben wie die Antragsgegnerin. Der Senat hat dies in einem vom Antragsteller erstrittenen Urteil aus dem Jahr 2011 umfassend geprüft und aufgrund der – auch hier vom Antragsteller glaubhaft gemachten – Mitgliedschaften der O… KG, V… GmbH, B… GmbH und Q… GmbH so angenommen (vgl. Senat Magazindienst 2012, 39, 40). Daher kann auch im Streitfall davon ausgegangen werden, zumal hier ferner die (aktuelle) Mitgliedschaft von (u.a.) zwei marktstarken Internet-Hotelübernachtungsvermittlern glaubhaft gemacht wird, nämlich B… GmbH und H… GmbH.

2.

Der Unterlassungsanspruch (dessen Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 2 UWG zu vermuten ist) folgt aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV.

a)

Die seitens der Antragsgegnerin zu verantwortende Schaltung der im Verbotsausspruch wiedergegebenen Werbeanzeige in der „Berliner Zeitung“ vom 10./11. November 2012 (Anlage A 1) stellt eine unlautere geschäftliche Handlung i.S. von § 3 UWG dar. Denn gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. So verhält es sich hier.

aa)

Im Streitfall handelt die Antragsgegnerin der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV zuwider, bei welcher es sich um eine Marktverhaltensregelung im vorstehenden Sinne handelt (vgl. BGH GRUR 2010, 652, Tz. 11 – Costa del Sol). Nach dieser Vorschrift hat, wer – wie im Streitfall die Antragsgegnerin – als Anbieter von Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).

bb)

In der streitgegenständlichen Anzeige wirbt die Antragsgegnerin gegenüber Letztverbrauchern für eine angebotene Kreuzfahrt von 8 Tagen und 7 Nächten auf einer bestimmten Route (mehrmals durchgeführt zu bestimmten Zeiten im November und Dezember 2012). In der Anzeige heißt es u.a.:

inkl. Flug ab/bis Berlin ab € 555,- p.P. zzgl. Service Entgelt*

Der dazugehörige Sternchentext lautet:

*F… Preise zzgl. Service Entgelt. Am Ende der Kreuzfahrt fällt zusätzlich ein Entgelt in Höhe von € 7,- pro Erw. und beanstandungsfrei an Bord verbrachter Nacht an. Ausführliche Informationen zum Service Entgelt finden Sie im aktuellen M… Kreuzfahrtenkatalog.

cc)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Angabe

ab € 555,- p.P. zzgl. Service Entgelt

nicht der korrekte Endpreis. Dieser beträgt vielmehr (ab) 604 € (nämlich 555 € + 7×7 €). Denn das so bezeichnete „Service Entgelt“ ist – so wie es sich in der Werbung darstellt – kein freiwillig zu entrichtender Betrag (etwa nach der Art eines „Trinkgeldes“), sondern ein verbindlicher Preisbestandteil und sonach in den Endpreis mit hineinzurechnen.

Es handelt sich bei dem Serviceentgelt – anders als das Landgericht meint – sehr wohl um einen endgültig bezifferbaren Preisbestandteil. Denn die Zahl der Nächte steht fest (7). Und entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin im vorgerichtlichen Schreiben vom 26. November 2011 (Anlage A 3) ist es zum Zeitpunkt der Reisebuchung auch keineswegs „völlig unklar“, ob eine Nacht beanstandungsfrei verbracht wird. Denn einen beanstandungsfreien Service zu liefern, ist die selbstverständliche Pflicht des Reiseveranstalters.

b)

Die mithin gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlautere Handlung der Antragsgegnerin ist gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, weil sie geeignet ist, die Interessen von Mitbewerbern und Verbrauchern spürbar zu beeinflussen (dazu in einem anderen Preisangabenfall ausführlich Senat WRP 2012, 1424, 1425 f.; siehe ferner Senat Magazindienst 2012, 39, 43).

c)

Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG für den Unterlassungsanspruch schließlich vorausgesetzte Wiederholungsgefahr liegt ebenfalls vor. Sie wird wegen der erfolgten – unzulässigen – Handlung der Antragsgegnerin vermutet. Dieser Vermutung hat die Antragsgegnerin nicht entgegengewirkt, namentlich kein strafbewehrtes Unterlassungsversprechen abgegeben.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur Wertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

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