Kommentar

kramergermany.de – Zur Frage, ob aus einem Firmennamen die Löschung einer Domain verlangt werden kann

24. Oktober 2011
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Die Registrierung einer Domain bewegt sich in einem juristischen Minenfeld. Das erfahren Inhaber von Domains besonders drastisch, wenn sie eine Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen das Markenrecht, Namensrecht oder Wettbewerbsrecht erhalten. Andererseits haben Rechtinhaber verständlicher Weise ein großes Interesse daran Inhaber der Rechte verletzenden Domain zu werden. Regelmäßig wird daher vom Rechteinhaber die Übertragung der Domain oder zumindest die Löschung („Freigabe“) der Domain gefordert, da meist der Erhalt der Domain der Hintergrund der Geltendmachung von Rechten ist.

Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung der Domain ist in der Praxis meist leicht durchsetzbar, wenn beispielsweise Markenrechte verletzt wurden. Deutlich schwieriger gestaltet sich ein Löschungsanspruch hinsichtlich der Domain, der es dem Rechteinhaber letztlich ermöglicht die Domain für sich selbst zu registrieren. Man könnte daher den Löschungs- oder Übertragungsanspruch geradezu als „Achilles-Ferse“ des Markenrechts bezeichnen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 138/99 – shell.de) besteht ein „Übertragungsanspruch“ niemals, ein Löschungsanspruch bzw. Freigabeanspruch ist dagegen nur unter engen Voraussetzungen zu bejahen. Bei Markenrechten ist ein Löschungsanspruch nur dann gegeben, wenn der streitgegenständliche Domainname in jedweder Verwendung eine Verletzung der Marke darstellen würde (BGH Urteil vom 19.07.2007, Az.: I ZR 137/04 – Euro Telekom).  Dies ist der Fall, wenn im Bereich anderer Branchen als der durch die Marke geschützten zumindest eine nach § 15 Abs. 3 MarkenG unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung des Kennzeichens erfolgt. Bei Namensrechten liegt dagegen schon in der Registrierung der Domain eine Rechtsverletzung (BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az.: I ZR 138/99 – shell.de).

Das OLG Düsseldorf hat nun eine weitere Facette zu diesem Themenkomplex hinzugefügt (Urteil vom 12.04.2011, Az.: I-20 U 103/10). Kramer Germany verklagte einen ehemaligen angestellten Servicetechniker, der Inhaber der  Domain www.kramergermany.de war. Das Pikante hierbei war, dass er die Domain einen Monat vor Beginn seiner Tätigkeit bei Kramer Germany registrieren ließ und der Klägerin sogar vorschlug die Firma „Kramer Germany“ zu nennen.

Das Gericht stellte eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Unternehmenskennzeichen „Kramer Germany GmbH“ und der Domain www.kramergermany.de gem. § 15 Abs. 2 MarkenG fest. Die Zeichen seien ausgesprochen ähnlich und es sei ein geringer Abstand der Tätigkeitsfelder anzunehmen, da beide Parteien auf einen Teilgebiet der Elektrotechnik tätig seien. Außerdem könne sich die Kramer Germany GmbH aus ihrem Firmennamen gem. § 17 HGB auf ihr zivilrechtliches Namensrecht gemäß § 12 BGB berufen. In der Registrierung der Domain liege eine Namensanmaßung. Zwar sei bei einem Firmennamen auf den Funktionsbereich des tragenden Unternehmens abzustellen, Eine solche Beeinträchtigung sei zwar im Rahmen einer bloß privaten Nutzung der Domain grundsätzlich nicht anzunehmen. Allerdings ergebe sich eine solche Beeinträchtigung im Falle einer mit einem Firmennamen kollidierenden Domain ausnahmsweise schon allein aus der mit der Registrierung erfolgenden lnteressensverletzung. Denn durch die Registrierung werde auf Grund der Einmaligkeit der Domain der namensberechtigten Klägerin die Möglichkeit genommen, die mit ihrem Namen identische Domain zu registrieren und zu nutzen.

Das OLG Düsseldorf ging hierbei auf die Rechtsprechung des BGH im Fall afilias.de ein (BGH, Urteil vom 24.04.2008, Az.: I ZR 159/05 – afilias.de). Dort war ein Löschungsanspruch aus dem Namensrecht explizit verneint worden, da der Beklagte die Domain zu einem Zeitpunkt registriert hatte, als das Firmenzeichen noch nicht entstanden war. Im Fall afilias.de hatte der BGH begründet, dass bei einer Registrierung der Domain vor einem Zeitpunkt an dem die geschäftliche Bezeichnung entstanden ist, der Rechteinhaber sich regelmäßig nicht auf schutzwürdige Interessen berufen kann. Anders sah dies das OLG Düsseldorf im vorliegenden Fall, da der Beklagte der Klägerin selbst den Namen Kramer Germany vorgeschlagen habe. Aus diesem Grund könne sich die Klägerin ausnahmsweise auf ihr nachrangiges Namensrecht berufen, so dass ein Löschungsanspruch aus dem Namensrecht bestehe.

Vorliegend hat das OLG Düsseldorf eine interessengerechte Lösung aufgezeigt, die trotz der Entscheidung afilias.de im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht. Nicht nur hier zeigt sich jedoch, dass vor Registrierung einer Domain geprüft werden sollte, ob die Domain rechtssicher verwendet werden kann.

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