Qualitativ minderwertige Nachahmung kann den Ruf des Originalproduktes unangemessen beeinträchtigen
Leitsatz des BGH:
UWG § 4 Nr. 9 lit. a und b, § 4 Nr. 11; MPG § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1; HWG § 3 Satz 2 Nr. 1, § 6 Nr. 2
a) Technisch bedingte Merkmale eines Erzeugnisses sind nur dann frei wählbar und austauschbar und können wettbewerbliche Eigenart begründen, wenn mit ihrem Austausch keine Qualitätseinbußen verbunden sind.
b) Eine der Erwerbssituation nachfolgende Herkunftstäuschung scheidet bei Produkten, die unterschiedlich gekennzeichnet sind und von Fachkreisen verwendet werden, regelmäßig aus, wenn die Benutzung der Produkte eine sorgfältige Planung voraussetzt.
c) Eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG liegt im Allgemeinen nicht vor, wenn ein Originalprodukt, dessen Sonderrechtsschutz abgelaufen ist, nachgeahmt wird und aufgrund unterschiedlicher Kennzeichen die Gefahr einer Verwechslung des Originalerzeugnisses und der Nachahmung ausgeschlossen ist.
d) Wird ein technisches Erzeugnis, dessen Wertschätzung maßgeblich auf dessen äußerer Gestaltung beruht, nahezu identisch nachgeahmt, liegt eine unangemessene Beeinträchtigung des Rufs des Originalprodukts vor, wenn die Nachahmung qualitativ minderwertig ist.
BGH, Urteil vom 15. April 2010 – I ZR 145/08 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Bundesgerichtshof
Urteil vom 15.04.2010
Az.: I ZR 145/08
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 24. Juli 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin produziert und vertreibt seit 1982 unter der Bezeichnung "SPII" eine Hüftgelenk-Endoprothese (Femur-Teil). Deren Schaft weist eine S-Form auf, die für eine günstige Einleitung der Kraft von der Prothese in den Knochen sorgt. Die S-Form der Endoprothese war Gegenstand eines Patents der Klägerin, dessen Schutz 2001 ausgelaufen ist. Die Oberschenkel-Prothese der Klägerin weist neben der S-Form am Schaft ein seitliches Profil, einen umlaufenden Kragen mit einer Bohrung, einen Hals und einen anschließenden Konus zum Aufstecken des Hüftkopfes mit zwei Bohrungen auf:
Die Beklagte vertreibt ebenfalls ein Femur-Teil einer Hüftprothese. Dieses bezeichnete sie zunächst mit "S2+". Nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vertreibt die Beklagte ihr Femur-Teil nunmehr unter "AS-PLUS".
Die Klägerin hält das Femur-Teil der Hüftprothese der Beklagten für eine unlautere Nachahmung ihres Produkts. Sie hat geltend gemacht, infolge der nahezu identischen Übernahme der Form der Prothese durch die Beklagte bestehe die Gefahr von Verwechslungen. Die Beklagte nutze durch die Nachahmung den guten Ruf des Originalprodukts aus. Das Erzeugnis der Beklagten sei zudem von minderer Qualität.
Die Klägerin hat die Beklagte – soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung – auf Unterlassung des Angebots und des Inverkehrbringens der beanstandeten Femur-Teile von Hüftgelenk-Prothesen, auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, zwischen den von den Parteien vertriebenen Femur-Teilen bestünden deutliche Unterschiede. Sämtliche übernommenen Gestaltungselemente der Endoprothese der Klägerin seien technisch notwendig. Verwechslungen der Produkte der Parteien vor und nach der Kaufsituation seien ausgeschlossen.
Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin zuletzt beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, Femur-Teile von Hüftgelenk-Prothesen anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen,
(1) deren Schaft
(1.1) in der Sagittalebene S-förmig verläuft und
(1.2) in der Frontalebene ein Oberflächenprofil aufweist,
(1.2.1) welches in einem ersten, hüftkopffernen Abschnitt aus einer etwa mittigen Längsnut entlang des Schafts und
(1.2.2) in einem zweiten hüftkopfnahen Abschnitt aus einer Erhebung besteht,
(1.2.3) wobei die Erhebung die gebogene und in sich verjüngende Außenkontur des Schafts in der Frontalebene im verkleinerten Maßstab nachzeichnet,
(2) mit einem umlaufenden Kragen
(3) und einem Hals,
(3.1) dessen hüftkopfferner Abschnitt
(3.1.1) sich ohne Stufung vom Kragen abhebt und
(3.1.2) sich in einem gebogenen Verlauf verjüngt und
(3.2) dessen hüftkopfnaher Abschnitt einen Konus zum Aufstecken des Hüftkopfs bildet, der an der Stirnseite zwei runde Löcher aufweist, wie nachfolgend abgebildet:
insbesondere wenn,
(4.1) der Kragen einen ovalen Umfang aufweist und/oder
(4.2) sich von lateral nach medial verjüngt und/oder
(5) der Konus für den Hüftkopf an seiner Stirnseite zwei in der Sagittalebene übereinander angeordnete Sackbohrungen gleichen Durchmessers aufweist;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, es unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu unterlassen, Femur-Prothesen in Verkehr zu bringen, die wie nachfolgend gekennzeichnet sind:
Ferner hat die Klägerin die Beklagte auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung – vom Kostenpunkt abgesehen – zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klageanträge seien weder unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes noch wegen Verstoßes gegen das Medizinproduktegesetz oder das Heilmittelwerbegesetz begründet. Hierzu hat es ausgeführt:
Das Femur-Teil "SPII" der Hüftgelenk-Prothese der Klägerin verfüge durch das seitliche Profil des Schafts, den umlaufenden schmalen Kragen und die gelungene Ausformung des anschließenden Halses über wettbewerbliche Eigenart, die durch eine hohe Bekanntheit in den Fachkreisen noch gesteigert sei. Die Beklagte habe das Femur-Teil der Klägerin mit ihrem Produkt "AS-PLUS" nahezu identisch nachgeahmt. Die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG lägen jedoch nicht vor. Abzustellen sei auf die Erwerbssituation. Die mit dem Angebot und Kauf von Endoprothesen befassten normal informierten Fachkreise seien mit der Produktpalette im Bereich von Oberschenkelprothesen vertraut und unterlägen aufgrund der unterschiedlichen Kennzeichnung keiner Herkunftstäuschung. Die Voraussetzungen einer unangemessenen Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG lägen ebenfalls nicht vor. Weder würden die Gütevorstellungen, die der Verkehr mit dem Originalprodukt verbinde, auf die Nachahmung übertragen, noch erwarteten die angesprochenen Fachkreise, dass das Produkt der Beklagten dem der Klägerin qualitativ entspreche.
Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 MPG liege nicht vor. Die Produkte der Beklagten würden aus Sicht eines normal informierten und verständigen Angehörigen der Fachkreise nicht mit einer irreführenden Aufmachung versehen. Die Beklagte habe auch nicht irreführend i.S. des § 3 HWG geworben. Allein aus der nahezu identischen Form folge nicht, dass das Produkt der Beklagten dem Verarbeitungsstand des Originalerzeugnisses entspreche.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, § 9 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 9 UWG i.V. mit § 242 BGB nicht zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen die Grundsätze des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG nicht gegeben ist und auch eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des von der Klägerin angebotenen Erzeugnisses i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG ausscheidet. Nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen können die Ansprüche der Klägerin wegen Beeinträchtigung der Wertschätzung des Femur-Teils der Klägerin nach § 4 Nr. 9 lit. b UWG aber nicht verneint werden.
a) Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen ist zwischen dem Unterlassungsanspruch und den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Schadensersatz zu unterscheiden. Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der zur Zeit der Entscheidung geltenden Fassung anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten auch zur Zeit der Begehung nach der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) wettbewerbswidrig war. Demgegenüber kommt es für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Berechnung des Schadensersatzanspruchs auf die Rechtslage zur Zeit der beanstandeten Handlungen an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 28.5.2009 – I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Tz. 15 = WRP 2010, 94 – LIKEaBIKE). Für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung maßgeblich (BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 194/06, GRUR 2009, 1064 Tz. 13 = WRP 2009, 1229 – Geld-zurück-Garantie II).
Eine für die Beurteilung des Streitfalls entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage ist allerdings nicht eingetreten.
aa) Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG. Der Begriff der geschäftlichen Handlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist nicht enger als der der Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2009 – I ZR 141/06, GRUR 2009, 881 Tz. 11 = WRP 2009, 1089 – Überregionaler Krankentransport). Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 UWG) und des Schadensersatzanspruchs (§ 9 Satz 1 UWG) sind gleich geblieben.
bb) Die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gilt ebenfalls fort. Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4 Nr. 9 UWG nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2010, 80 Tz. 17 – LIKEaBIKE). Ob unter den derzeit geltenden Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb auch geschäftliche Handlungen, die in die Zeit nach dem Kauf fallen, von § 4 Nr. 9 lit. a UWG erfasst werden, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden (dazu II 1 e bb).
b) Durch die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG 2004 ist der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz nur gesetzlich geregelt, nicht aber inhaltlich geändert worden (BGH, Urt. v. 28.10.2004 – I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 – Puppenausstattungen; Urt. v. 9.10.2008 – I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Tz. 25 = WRP 2009, 76 – Gebäckpresse). Danach kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn es wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, Urt. v. 26.6.2008 – I ZR 170/05, GRUR 2008, 1115 Tz. 18 = WRP 2008, 1510 – ICON; Urt. v. 2.4.2009 – I ZR 144/06, GRUR 2009, 1069 Tz. 12 = WRP 2009, 1509 – Knoblauchwürste).
c) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das Femur-Teil der Klägerin über hohe wettbewerbliche Eigenart verfügt.
aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2007 – I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 16 = WRP 2007, 1455 – Gartenliege). Dies gilt auch für technische Erzeugnisse (BGH, Urt. v. 2.4.2009 – I ZR 199/06, GRUR 2009, 1073 Tz. 10 = WRP 2009, 1372 – Ausbeinmesser).
Technisch notwendige Merkmale – also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen – können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urt. v. 10.1.2008 – I ZR 67/05, GRUR 2008, 790 Tz. 36 = WRP 2008, 1234 – Baugruppe). Handelt es sich dagegen nicht um technisch zwingend notwendige Merkmale, sondern nur um solche, die zwar technisch bedingt, aber – ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind – frei austauschbar sind, so können sie eine wettbewerbliche Eigenart (mit-)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (vgl. BGH GRUR 2007, 984 Tz. 20 – Gartenliege; GRUR 2009, 1073 Tz. 10 – Ausbeinmesser).
bb) Das Berufungsgericht hat zu Recht die wettbewerbliche Eigenart des Femur-Teils "SPII" der Klägerin jedenfalls in der Kombination des seitlichen Profils des Schafts, des Kragens und der Ausformung des Halses gesehen. Hierzu hat es ausgeführt, für das Erzeugnis der Klägerin sei das in etwa gleich lange Abschnitte aufgeteilte Profil des Schafts charakteristisch, das aus der Längsnut im unteren Abschnitt und der zentralen Erhebung im hüftkopfnahen Abschnitt bestehe. Hinzu kämen der umlaufende schmale Kragen und die gelungene Ausformung des Halses, die sich harmonisch vom Kragen abhebe und dem Prothesenteil eine bei den anderen auf dem Markt befindlichen Angeboten nicht vorzufindende Eleganz verleihe, die den Wiedererkennungswert des Teils erhöhe. Es könne offenbleiben, ob einzelne Gestaltungsmerkmale zwingend technisch bedingt seien, weil das Femur-Teil der Klägerin jedenfalls aufgrund der Kombination seiner Merkmale über wettbewerbliche Eigenart verfüge.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die wettbewerbliche Eigenart des Femur-Teils der Klägerin aufgrund seiner Verkehrsbekanntheit weiter gesteigert ist. Es hat hierzu festgestellt, dass das Produkt der Klägerin seit mehr als zwanzig Jahren auf dem Markt ist und aufgrund seines guten Abschneidens in klinischen Beobachtungsstudien über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügt. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch wenn das Vorliegen einer wettbewerblichen Eigenart eine Bekanntheit des Erzeugnisses nicht voraussetzt, kann doch der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Produkts durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 – I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 – Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2010, 80 Tz. 37 – LIKEaBIKE).
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte das Femur-Teil "SPII" der Klägerin nahezu identisch nachgeahmt hat. Davon ist auszugehen, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1999 – I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 524 = WRP 2000, 493 – Modulgerüst). Dabei ist zu prüfen, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts ausmachen, für das der Schutz beansprucht wird (BGHZ 141, 329, 340 – Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 11.1.2007 – I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 32 = WRP 2007, 1076 – Handtaschen).
Eine nahezu identische Übernahme hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung derjenigen Merkmale bejaht, die in den gegenüberstehenden Produkten gleichermaßen vorhanden sind. Als identisch übernommen hat das Berufungsgericht – wenn auch in anderem Zusammenhang angeführt – das seitliche Profil des Schafts, den umlaufenden Kragen mit der Bohrung des Fixierungsinstruments, den Hals als Verbindung zwischen Schaft und Konus und die Bohrungen im Konus für die Eingriffstellen der Führungszange angesehen. Diese Ausführungen sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und werden von den Parteien auch nicht in Frage gestellt.
e) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht in dem Anbieten und Inverkehrbringen des Femur-Teils "AS-PLUS" der Beklagten keine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG gesehen.
aa) Das Berufungsgericht hat eine Herkunftstäuschung verneint, weil die Fachkreise in der Erwerbssituation, auf die es allein ankomme, keiner Gefahr einer Herkunftstäuschung ausgesetzt seien. Der Beschaffung von Medizinprodukten gingen Auswahlverfahren und Abstimmungsprozesse voraus, an denen die operierenden Ärzte und die mit der Beschaffung in den Kliniken befassten Mitarbeiter beteiligt seien. Diesen seien die Parteien als Anbieter mit ihren Produkten bekannt. Die Fachkreise hätten keine Veranlassung, die Produkte allein anhand der äußeren Gestaltung einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen, sondern stellten auf die unterschiedliche Kennzeichnung der Produkte ab. In den Angebotsunterlagen sei das Produkt der Beklagten mit "AS-PLUS" gekennzeichnet. Beim Vertrieb seien auf der Verpackung das Unternehmenskennzeichen und das Logo der Beklagten angegeben.
Die Revision wendet sich vergeblich dagegen, dass das Berufungsgericht die Gefahr einer Herkunftstäuschung in der Kaufsituation verneint hat.
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Frage der Herkunftstäuschung allein auf die angesprochenen Fachkreise abgestellt. Nach seinen auf dem Vortrag der Parteien beruhenden Feststellungen bieten die Parteien ihre in Rede stehenden Produkte ausschließlich Fachkreisen an. Das Angebot richtet sich nicht an Endverbraucher. Die abweichende Darstellung der Revision findet im Parteivortrag keine Stütze. Die von der Revision für ihre gegenteilige Sichtweise herangezogenen Anlagen K 13, K 38 und K 40 enthalten nur allgemeine Informationen zu Endoprothesen und keine Angebote an Verbraucher.
(2) Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, auch die angesprochenen Fachkreise unterlägen Fehlvorstellungen über die Herkunft des Produkts der Beklagten.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die mit dem Einkauf befassten durchschnittlich informierten und verständigen Fachleute aufgrund ihrer Kenntnisse über die verschiedenen Hersteller und deren jeweilige Produktpalette sowie der unterschiedlichen Kennzeichen der Parteien keiner Herkunftstäuschung unterliegen. Soweit die Revision geltend macht, bei Ärzten und Einkäufern der Kliniken erfolge die Einkaufsentscheidung gelegentlich aufgrund einer oberflächlichen Prüfung, kommt es hierauf aus Rechtsgründen nicht an. Zu Recht hat das Berufungsgericht auf einen durchschnittlich informierten und aufmerksamen Angehörigen der Fachkreise abgestellt, der bei der Einkaufsentscheidung mit der gebotenen Sorgfalt vorgeht. Dafür, dass bei diesem – selbst bei nur sporadischen Käufen, auf die die Revision abstellt – die Gefahr von Herkunftstäuschungen besteht, ist vom Berufungsgericht nichts festgestellt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Abschlussbericht vom 10. Dezember 2007 zu den Vorkommnissen im Endoprothetikbereich des Krankenhauses H. in B.. Die in diesem Bericht dokumentierten Vorgänge in einem einzelnen Krankenhaus betreffen nicht die Beschaffung der Endoprothesen und lassen keinen Rückschluss auf den im Endoprothetikbereich allgemein eingehaltenen Standard zu. Im Übrigen versucht die Revision mit ihren Ausführungen zur Gefahr einer Herkunftstäuschung lediglich, die Beurteilung des Tatrichters durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzeigen zu können.
bb) Ohne Erfolg macht die Revision weiter geltend, für die Herkunftstäuschung sei nicht ausnahmslos auf die Erwerbssituation abzustellen. Infolge der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sei es geboten, in die Beurteilung der Herkunftstäuschung auch nach dem Zeitpunkt des Kaufs liegende Umstände einzubeziehen. Aufgrund des nahezu identischen Aussehens der von den Parteien vertriebenen FemurTeile könne es in der Operationssituation zu Verwechslungen kommen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats zum UWG 2004 kann eine nicht schon im Zeitpunkt der Werbung und/oder des Kaufs, sondern erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründen, weil die Bestimmungen des UWG 2004 allein das Marktverhalten regeln und Rechtsfolgen daher nur für solche Verhaltensweisen vorsehen, die schon für sich gesehen eine Störung des Marktgeschehens darstellen (vgl. BGHZ 161, 204, 211 – Klemmbausteine III; BGH, Urt. v. 21.9.2006 – I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 39 = WRP 2007, 313 – Stufenleitern).
(2) Ob an dieser Rechtsprechung unter den derzeit geltenden Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb weiter festzuhalten ist, braucht nicht entschieden zu werden. Nach den Feststellungen, die das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang getroffen hat, scheidet entgegen der Ansicht der Revision eine Herkunftstäuschung des Arztes während der Operation aus. Danach sind Verwechslungen der Produkte der Parteien aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds der Femur-Teile bei einem situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsarzt auch während der Operation ausgeschlossen. Denn die Femur-Teile der Parteien verfügen über unterschiedliche Produktbezeichnungen. Der behandelnde Arzt muss bei der Operationsvorbereitung das Fabrikat des Femur-Teils, seine Größe und die für die jeweilige Körperseite des Patienten vorgesehene Ausführungsform bestimmen und sich während der Operation mit der gebotenen ärztlichen Sorgfalt davon überzeugen, dass er das gewünschte Implantat erhalten hat.
Die Revision setzt dem ohne Erfolg entgegen, aufgrund des nahezu identischen Aussehens könnte dem operierenden Arzt statt des bestellten Femur-Teils "SPII" der Klägerin eine "AS-PLUS"-Endoprothese der Beklagten gereicht werden; der Arzt werde den Irrtum erst bemerken, wenn er die Eingriffswerkzeuge im Rahmen der Operation ansetze.
Die Revision zeigt schon keine Anhaltspunkte dafür auf, dass das Klinikpersonal und der behandelnde Arzt sich trotz der bei Operationen einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen allein an der äußeren Gestaltung des Femur-Teils orientieren und die an den Produkten der Parteien angebrachten unterschiedlichen Kennzeichnungen ausblenden werden.
f) Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des Produkts der Klägerin nach § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG verneint hat.
aa) Das Berufungsgericht ist von einer Wertschätzung des Femur-Teils "SPII" der Klägerin in den angesprochenen Verkehrskreisen ausgegangen. Es hat festgestellt, dass das Produkt der Klägerin in der seit 1979 fortgeschriebenen schwedischen Langzeitstudie regelmäßig die besten Ergebnisse erzielt und über einen außergewöhnlich guten Ruf verfügt. Dagegen erinnert die Revisionserwiderung nichts; Rechtsfehler sind auch insoweit nicht ersichtlich.
bb) Das Berufungsgericht hat eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des Erzeugnisses der Klägerin durch die Nachahmung der Beklagten verneint. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
(1) Eine unlautere Rufausnutzung folgt nicht schon aus einer Täuschung der Fachkreise über die Herkunft der Nachahmung der Beklagten. Zwar liegt eine unlautere Rufausnutzung vor, wenn die Eigenart und die Besonderheiten des Originalerzeugnisses zu Qualitätserwartungen führen, die diesem Produkt zugeschrieben werden und der Nachahmung deshalb zugute kommen, weil der Verkehr sie mit dem Original verwechselt (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1995 – I ZR 240/93, GRUR 1996, 210, 212 = WRP 1996, 279 – Vakuumpumpen). Von der Gefahr einer Herkunftstäuschung ist vorliegend aber nicht auszugehen (dazu II 1 e).
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine nach § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG unlautere Rufausnutzung allerdings auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen, die eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erfordert. Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Allerdings reicht für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden (vgl. BGHZ 161, 204, 214 – Klemmbausteine III). Dasselbe gilt, wenn der Nachahmende nach Ablauf eines Patentschutzes des Originalherstellers beim Eindringen in dessen Markt die angesprochenen Verkehrskreise durch eine gegenüber dem Original unterscheidbare Kennzeichnung unmissverständlich darüber informiert, dass sich das nachgeahmte Produkt vom Original unterscheidet (vgl. BGHZ 161, 204, 215 – Klemmbausteine III).
Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat zu Recht angenommen, dass in Anbetracht der fehlenden Herkunftstäuschung die Interessen der Beklagten, eine nach dem freien Stand der Technik und den mit dem Vorbild gewonnenen Erfahrungen angemessene Gestaltung nachahmen zu dürfen, die Interessen der Klägerin überwiegen, nach Ablauf des Sonderrechtsschutzes als einziger Hersteller ein der äußeren Gestaltung ihres Femur-Teils "SPII" entsprechendes Produkt anzubieten.
g) Das Berufungsgericht hat jedoch eine unangemessene Beeinträchtigung der Wertschätzung des Femur-Teils "SPII" der Klägerin i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 2 UWG rechtsfehlerhaft verneint.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Beeinträchtigung des Rufs des Femur-Teils der Klägerin sei mangels Herkunftstäuschung ausgeschlossen. Die Ärzte erwarteten nicht, dass das Nachahmerprodukt qualitativ dem Original entspreche, sondern nur, dass es die an ein Medizinprodukt zu stellenden Anforderungen erfülle. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an eine unangemessene Rufbeeinträchtigung gestellt.
bb) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob – wie die Klägerin geltend macht – das Femur-Teil "AS-PLUS" der Beklagten aufgrund der Gussqualität negativ von demjenigen der Klägerin abweicht, es nicht dem Stand der Technik entspricht und die Verwendungszeiten des von der Klägerin angebotenen Produkts nicht erreicht werden oder ob es – wie von der Beklagten vorgetragen – qualitativ dem Produkt der Klägerin zumindest entspricht. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass das Femur-Teil "AS-PLUS" der Beklagten die Gussqualität des Produkts der Klägerin nicht erreicht, hinter dem Stand der Technik zurückbleibt und seine Verwendungszeiten kürzer ausfallen als beim Produkt der Klägerin. In diesem Fall liegen die Voraussetzungen einer unangemessenen Rufbeeinträchtigung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 2 UWG vor.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist auf der Grundlage des Vortrags der Parteien nicht von einer Erwartung der angesprochenen Verkehrskreise auszugehen, dass das nahezu identische Femur-Teil der Beklagten qualitativ hinter demjenigen der Klägerin zurückbleibt.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Fachkreise brächten dem Produkt der Klägerin die Wertschätzung entgegen, weil es von einem renommierten Hersteller von Medizinprodukten stamme, dessen bisheriges Wirken und dessen Unternehmenstradition für eine optimale Verarbeitungsqualität bürge. Den Fachkreisen sei bekannt, dass Nachahmungen nicht die Qualität des Vorbilds aufwiesen. Vielmehr stellten sie in Rechnung, dass die Nachahmung vorliegend in Gussqualität und Oberflächenbearbeitung hinter dem Originalprodukt zurückbleiben könne. Diese Feststellungen zum Verkehrsverständnis hat das Berufungsgericht nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.
Die Revision rügt zu Recht, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts keine Stütze im Parteivortrag haben. Die Klägerin hatte vielmehr geltend gemacht, dass eine Übertragung von Gütevorstellungen bei einem nahezu identischen Nachbau zwangsläufig stattfindet. Gegenteiliges folgt nicht aus dem von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang angeführten Vortrag der Klägerin. Dieser betraf eine Herkunftstäuschung des Klinikpersonals und befasste sich nicht mit gegenüber dem Original geringeren Qualitätserwartungen der Fachkreise bei Nachahmungen. Die Beklagte, die ihre Endoprothese als mindestens gleichwertig im Verhältnis zum Produkt der Klägerin ansieht, hatte dagegen geltend gemacht, die Leistungsfähigkeit einer Hüftgelenk-Endoprothese beruhe insbesondere auf der konkreten Formgebung; die Qualität des Materials sei nur eines von vielen Kriterien für die Leistungsfähigkeit der Endoprothese. Ist nach diesem Parteivortrag davon auszugehen, dass die äußere Form der in Rede stehenden Femur-Teile für deren Leistungsfähigkeit besonders bedeutsam ist, ist auch von der von der Klägerin angenommenen Übertragung negativer Qualitätsvorstellungen von dem in der äußeren Form nahezu identischen Produkt der Beklagten auf dasjenige der Klägerin auszugehen.
Das Berufungsgericht hat seine gegenteiligen Feststellungen zur Verkehrsauffassung nicht verfahrensfehlerfrei getroffen. Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses beruht auf einer Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (vgl. BGHZ 156, 250, 254 – Marktführerschaft; BGH, Urt. v. 29.3.2007 – I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079 Tz. 36 = WRP 2007, 1346 – Bundesdruckerei). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht dargelegt, dass es in dem hier in Rede stehenden Bereich der Endoprothetik über spezielles Erfahrungswissen verfügt. Es konnte daher nicht unabhängig vom Parteivortrag die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise feststellen.
Da der gute Ruf des Produkts der Klägerin auf dessen Qualität beruht, wird er unangemessen beeinträchtigt, wenn ein nahezu identisches Produkt nicht denselben oder jedenfalls im Wesentlichen denselben Qualitätsmaßstäben genügt, die der Originalhersteller durch seine Ware gesetzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1999 – I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 526 f. = WRP 2000, 493 – Modulgerüst).
2. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche nach § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1 MPG zutreffend verneint. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 MPG ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit einer irreführenden Aufmachung versehen sind. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MPG liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass es aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds des Femur-Teils "AS-PLUS" der Beklagten, der voroperativen Planung und der auf den Schäften eingravierten Angaben nicht zu Verwechslungen der Produkte der Parteien kommt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch, weil nicht nur in der Erwerbssituation, sondern auch in der Operationsphase eine Verwechslungsgefahr zwischen den von den Parteien vertriebenen Femur-Teilen nicht besteht (dazu II 1 e bb (2)).
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte ihrem Produkt "AS-PLUS" keine Leistung beigelegt hat, über die es nicht verfügt. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, ein Großteil des Fachpersonals werde bei der Endoprothese der Beklagten annehmen, den Bautyp vor sich zu haben, der in Langzeitstudien exzellente Ergebnisse erzielt habe. Einer derartigen Annahme steht entgegen, dass das mit der Beschaffung und Implantation der Endoprothese befasste Fachpersonal die unterschiedlich gekennzeichneten Erzeugnisse der Parteien nicht verwechselt.
3. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche zu Recht auch nicht aus den Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes für begründet erachtet.
a) Nach § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG liegt eine Irreführung vor, wenn Medizinprodukten eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen aus denselben Gründen nicht vor, aus denen auch der insoweit inhaltsgleiche § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MPG nicht eingreift (dazu II 2 b).
b) Die Revision macht weiter geltend, die von der Klägerin verfolgten Ansprüche ergäben sich auch aus § 6 Nr. 2 HWG. Die Beklagte habe durch Werbeaussagen und durch das Aussehen ihres Femur-Teils auf die in Fachkreisen bekannte "Schweden-Studie" Bezug genommen, ohne klarzustellen, dass der Betrachter nicht das Produkt vor sich habe, das die langjährigen Erfolge erzielt habe.
Auch dieser Revisionsangriff hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat sich mit den Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 HWG zwar nicht befasst. Der Senat kann aufgrund des feststehenden Sachverhalts aber selbst in der Sache entscheiden, weil weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind. Danach liegen die Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 HWG nicht vor. Die Werbeaussagen der Beklagten zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Langzeitstudie in Schweden sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits, nachdem die Beklagte bereits erstinstanzlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat und die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Die Beklagte nimmt durch die nahezu identische Produktkennzeichnung nicht konkludent Bezug auf die Ergebnisse des Produkts der Klägerin in der Langzeitstudie in Schweden. Da die Fachkreise aufgrund der unterschiedlichen Kennzeichnung keiner Herkunftstäuschung bei den Produkten der Parteien unterliegen, liegt in der Gestaltung des Femur-Teils "AS-PLUS" der Beklagten allein keine – auch keine schlüssige – Bezugnahme auf die wissenschaftliche Studie aus Schweden, die sich zur Hüftgelenks-Prothese "SPII" der Klägerin verhält.
III. Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug die notwendigen Feststellungen dazu zu treffen haben, ob das beanstandete Produkt der Beklagten nicht denselben oder jedenfalls nicht im Wesentlichen denselben Qualitätsmaßstäben entspricht wie das Erzeugnis der Klägerin.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.07.2006 – 407 O 13/06 –
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.2008 – 3 U 2/07 –