Auslegung des § 52b UrhG im Hinblick auf elektronische Leseplätze in Universitätsbibliotheken

19. April 2011
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Eigener Leitsatz:

 Die Schrankenregelung des § 52 b UrhG enthält auch das Recht, ein digitales Vervielfältigungsstück herzustellen. Sonst würde die Bestimmung weitgehend leerlaufen. Die privilegierten Einrichtungen müssen in der Regel ein digitales Vervielfältigungsstück herstellen, um so die Zugänglichmachung überhaupt zu ermöglichen. Jedoch ist im Rahmen des § 52b UrhG eine öffentliche Zugänglichmachung nur dergestalt erlaubt, dass weitere Nutzungen wie Ausdrucken oder Speichern auf USB-Stick nicht möglich sind. Ein geschlossener Vertrag steht der Anwendung des § 52b UrhG entgegen. Ein bloßes Vertragsangebot des Rechteinhabers reicht dagegen nicht aus.

Landgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 16.03.2011

Az.: 2-06 O 378/10

Tenor:

1.) Der Beklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung verboten, Nutzern der Universitäts- und Landesbibliothek D. zu ermöglichen, digitale Versionen der Werke, die im Verlag der Klägerin veröffentlicht sind, insbesondere die „Einführung in die N.“ von S., an elektronischen Leseplätzen der Bibliothek ganz oder teilweise auszudrucken und/oder auf USB-Sticks oder andere Träger für digitalisierte Werke zu vervielfältigen und/oder solche Vervielfältigungen aus den Räumen der Bibliothek mitzunehmen.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über sämtliche in Antrag 1 genannten Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Insbesondere sind anzugeben:

wie viele Vervielfältigungsvorgänge in welchem Umfang hinsichtlich des jeweiligen Werkes aus dem Verlag der Klägerin an elektronischen Leseplätzen ihrer Bibliothek stattgefunden haben, und zwar aufgeschlüsselt nach Ausdrucken und elektronischen Vervielfältigungen;

3.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, welcher Letztere durch die in Antrag 1 genannte Handlung entstanden ist oder noch entstehen wird.

4.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.) Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 55.000 € vorläufig vollstreckbar.

7.) Der Streitwert wird auf 100.000,– € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten in ihrer Bibliothek zur Verfügung gestellten elektronischen Leseplätze.

Die Klägerin ist ein Verlag, der in seinem Verlagsportfolio hauptsächlich wissenschaftliche Literatur führt. Zu dem Verlagsprogramm der Klägerin zählen diverse Lehrbücher zu den Fächern Geowissenschaft, Biologie, Umweltingenieurwissenschaft und Geschichte. Unter anderem verlegt die Klägerin auch das streitgegenständliche Werk „Einführung in die N.” von S., welches derzeit in der 4. Aufl. am Markt erhältlich ist. Die Klägerin unterbreitete mit Schreiben vom 19.1.2009 (Anlage K 4) der Beklagten ein Angebot zur Nutzung ihres E-Book-Programms an. Auf das Angebot der Klägerin reagiert die Beklagte nicht.

Die Beklagte ist als Universität des Landes Hessen eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre Zentralbibliothek ist die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB). Die Beklagte hält in ihrem Bestand sieben Exemplare des streitgegenständlichen Buchs „Einführung in die neuere Geschichte” von S.. Im Januar 2009 wurde dieses Werk zum Zweck der Bereitstellung an elektronischen Leseplätzen digitalisiert. Hierbei wurden die einzelnen Kapitel als PDF-Dateien gespeichert und Anfang Februar 2009 in die Datenbank eingepflegt, welche den elektronischen Leseplätzen zu Grunde liegt. Die Klägerin stellt zum Abruf für den Benutzer einen PDF-Reader der Fa. Adobe zur Verfügung. Die einzelnen Dateien sind Grafikdateien, die einer modernen Textverarbeitung nicht zugänglich sind. Der Aufruf der fraglichen PDF-Dateien ist über die in den Räumlichkeiten der Klägerin zur Verfügung gestellten elektronischen Leseplätze möglich, nicht hingegen über Netzwerkeinwahl von außerhalb. Simultan können jeweils nur so viele identische PDF-Dateien aufgerufen werden, wie Printexemplare im Bibliotheksbestand vorhanden sind. Die fraglichen Dateien können in technischer Hinsicht am elektronischen Leseplatz eingesehen werden.

Die Beklagte hat die Nutzung dieser Leseplätze zunächst so ausgestaltet, dass jeder Nutzer ohne Kontrolle und ohne Vorlage eines Benutzerausweises die Leseplätze nutzen konnte. Weiterhin waren der unbeschränkte Ausdruck sowie die Speicherung der Dateien auf einen USB-Stick möglich. An den Leseplätzen hat die Klägerin zunächst folgenden Hinweis erteilt: „Die digilehrbücher können aus rechtlichen Gründen nur in den Räumen der ULB angeboten werden, unter Einhaltung bestimmter Bedingungen (mehr …). Die ULB sorgt durch technische und organisatorische Maßnahmen für die Einhaltung dieser Bestimmungen. Wir machen darauf aufmerksam, dass ein Vervielfältigen oder Weiterleiten der digilehrbücher verboten ist.”

Hinter dem als Link ausgestalteten Textbestandteil „(mehr…)” folgte eine detaillierte Erläuterung zu den Vorgaben des § 52b UrhG.

Nach einer Abmahnung durch die Klägerin machte die Beklagte die Nutzung der Plätze vom Vorhandensein eines Benutzerausweises abhängig, der nach den Nutzungsbedingungen (Anlage K 9) jede Person ab 16 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland beantragen konnte.

Im Verlauf des einstweiligen Verfügungsverfahrens in dieser Sache konkretisierte die Beklagte den Urheberhinweis wie folgt: „Wir machen darauf aufmerksam, dass die Benutzung des elektronischen Leseplatzes nur zur Forschung und für private Studien gestattet ist. Ein Vervielfältigen (Ausdrucken/Speichern) ist nur statthaft, soweit der Nutzer nach § 53 UrhG (privater und sonstiger Gebrauch) privilegiert ist. Jede Weiterverbreitung ist untersagt.”

Weitergehende Kontrollen gab und gibt es für die Nutzer der Bibliothek weder beim Betreten noch beim Verlassen der Bibliothek.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 97 UrhG zu, da sowohl die Digitalisierung des streitgegenständlichen Buches als auch die öffentliche Zugänglichmachung rechtswidrig seien. Die Digitalisierung des Buches sei nicht nach § 52b UrhG privilegiert. Aus dem Wortlaut von § 52b UrhG ergebe sich keine Vervielfältigungsbefugnis. Hierin unterscheide sich § 52b UrhG von § 52 a Abs. 3 UrhG, der auch die zur öffentlichen Zugänglichmachung erforderlichen Vervielfältigungen ausdrücklich regele und gestatte. Gleiches gelte für § 50 Abs. 1 UrhG. Werde dort das Vervielfältigungsrecht ausdrücklich geregelt, müsse im Umkehrschluss davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe bei § 52 b UrhG bewusst keine Vervielfältigungskompetenz regeln wollen, zumal ihm bekannt war, dass eine Vervielfältigungskompetenz hätte geregelt werden müssen, wenn er sie hätte vorsehen wollen. Es fehle daher auch schon an der für eine Analogie notwendigen Regelungslücke. Zudem komme die Schranke des § 52b UrhG nur zum Zuge, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegen stünden. Diese Einschränkung beziehe auch Vertragsangebote wie das von der Klägerin abgegebene ein. Dies ergebe sich auch aus der Regelung zugrunde liegenden Richtlinie 2010/29/EG, hier insbesondere aus Art. 5 Abs. 3 n Info-RL.

Die Klägerin beantragt:

1.) der Beklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu Euro 250.000, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung verboten,

a) Lehrbücher oder andere Werke aus dem Verlag der Klägerin, insbesondere die „Einführung in die neuere Geschichte“ von S., zu digitalisieren oder digitalisieren zu lassen und/oder in digitalisierter Form für öffentliche Wiedergabe insbesondere an elektronischen Leseplätzen der Universität und Landesbibliothek D. zu benutzen, wenn nicht die Beklagte zuvor mit der Klägerin geklärt hat, ob die Klägerin für die digitale Nutzung einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet, oder wenn die Klägerin einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet;

b) wie erkannt.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über sämtliche in Antrag 1 genannten Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Insbesondere sind anzugeben:

a) Titel, Auflage und Erscheinungsjahr sämtlicher Werke (Lehrbücher, Zeitschriften etc.), die im Verlag der Klägerin veröffentlicht wurden und in der Universitäts- und Landesbibliothek D. in digitalisierter Form an elektronischen Leseplätzen zugänglich gemacht werden oder zugänglich gemacht wurden;

b) seit wann Werke aus dem Verlag der Klägerin an elektronischen Leseplätzen ihrer Bibliothek zugänglich gemacht werden oder zugänglich gemacht wurden;

c) wie viel Nutzern ihrer Bibliothek das jeweilige Werk aus dem Verlag der Klägerin an wie vielen elektronischen Leseplätzen zugänglich gemacht worden ist;

d) wie viele Vervielfältigungsvorgänge in welchem Umfang hinsichtlich des jeweiligen Werkes aus dem Verlag der Klägerin an elektronischen Leseplätzen ihrer Bibliothek stattgefunden haben, und zwar aufgeschlüsselt nach Ausdrucken und elektronischen Vervielfältigungen;

e) die vollständigen Namen und Anschriften derjenigen Personen oder Institutionen, die eine Digitalisierung der Werke aus dem Verlag der Klägerin mitgewirkt haben oder von denen die Universitäts- und Landesbibliothek D. die digitalisierte Version des betreffenden Werkes bezogen hat.

3.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, welcher Letztere durch die in Antrag 1 genannte Handlung entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche digitalisierten Fassungen der Werke aus dem Verlag der Klägerin, insbesondere das Digitalisat des Buches „Einführung in die N.“ von S., durch Herausgabe an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher auf ihre Kosten zu vernichten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht § 52b UrhG begründe eine Annex-Kompetenz zur Digitalisierung der Bestandswerke, da ansonsten die Vorschrift weitgehend leerliefe. Die Vorschrift des § 52b UrhG schränke durch „entgegenstehende vertragliche Regelungen“ den Anwendungsbereich nur insoweit ein, als bereits bestehende Lizenzverträge betroffen seien. Vertragsangebote wie sie die Klägerin abgegeben habe, seien hierfür nicht ausreichend.

Im Hinblick auf die Vervielfältigungsmöglichkeiten sind die Beklagten der Ansicht, § 52b UrhG keine Beschränkung auf einen reinen „Lese“-Platz enthalte. Die Beklagte hafte auch nicht als Störerin, da eine privilegierte Nutzung der Nutzer der Bibliothek nach § 53 UrhG vorliege. Im Übrigen habe die Beklagte durch adäquate Warnhinweise ihren Pflichten genügt.

Zur Vervollständigung des Tatbestandes wird auf sämtliche zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erweist sich im Hinblick auf den Antrag 1a) samt Folgeanträgen als unbegründet (A.); sie war daher abzuweisen. Im Übrigen hatte die Klage Erfolg (B.).

A.

Im Hinblick auf den Antrag 1a) sowie die hieran anknüpfenden Folgeanträge war die Klage abzuweisen, weil der in der Herstellung einer digitalen Kopie des streitgegenständlichen Werkes liegende Eingriff in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin durch die Schrankenregelung des § 52b UrhG gerechtfertigt ist.

I.

Der Anwendung von § 52b UrhG – dessen Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen unstreitig erfüllt sind – steht keine vertragliche Regelung entgegen.

1.) Ob mit der Tatbestandsvoraussetzung der „entgegenstehenden vertraglichen Regelungen“ lediglich bestehende vertragliche Regelungen gemeint sind oder auch Vertragsangebote erfasst werden sollen, wird unterschiedlich bewertet (vgl. etwa zum Streitstand Dreier/Schulze , UrhG, 3. Aufl. [2008], § 52b Rdnr. 12; Hoeren , MMR 2007, 617; Spindler , NJW 2008, 13; Jarny, in: Wandtke/Bullinger , UrhR, 2. Aufl. [2006], § 52b Rdnr. 27; Dustmann , in: Fromm/Nordemann , UrhG, 10. Aufl. [2008], § 52b Rdnr. 11).

Nach Auffassung der Kammer wird die Anwendung des § 52 b UrhG nicht bereits durch das Vorliegen eines Vertragsangebots ausgeschlossen, wie dies die Klägerin meint.

Nach sowohl dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang als auch dem den Gesetzgebungsmaterialien entnehmbaren Willen des Gesetzgebers soll § 52 b UrhG vielmehr lediglich durch bestehende vertragliche Regelungen ausgeschlossen werden. Zunächst stellt der Wortlaut von § 52 b UrhG in dem hier maßgeblichen Zusammenhang auf „vertragliche Regelungen” ab. Bereits dieser Begriff ist seinem originären Wortverständnis nach – anders als die Klägerin meint – nur schwer mit einem Vertragsangebot vereinbar. Denn ein Angebot bleibt einseitig und kann deswegen eine „Regelung”, also eine beidseitig bindende Vereinbarung nicht begründen. Dieses originäre Wortverständnis entspricht auch dem systematischen Zusammenhang der Regelung. Insbesondere differenziert das Gesetz in § 53a Abs. 1 S. 3 UrhG, in dem es bereits auf das „Ermöglichen” einer vertraglichen Regelung abstellt, klar in seinem Wortlaut, wenn bereits ein Vertragsangebot genügen soll.

Dass es sich hierbei auch nicht um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handelt, belegen die Gesetzgebungsmaterialien und die Gesetzgebungshistorie. Die vorstehend dargestellte Differenzierung findet sich bereits in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 15. 6. 2006 (BT-Dr 16/1828). Hier wird ausdrücklich zwischen vertraglichen Regelungen i.S. des § 52b UrhG, die getroffen wurden (BT-Dr 16/1828, S. 26), und Angeboten i.S. des § 53a UrhG (BT-Dr 16/1828, S. 27) unterschieden. Da der Entwurf in der hier entscheidenden Passage trotz Kritik (vgl. etwa die Stellung des Sachverständigen H im Rechtsausschuss vom 20. 11. 2006, S. 9; Formulierungsvorschlag des Deutschen Bibliothekenverbandes des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vom 23. 3. 2007) im Gesetzestext fortgeführt wurde, ist ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers auszuschließen.

An dieser, bereits im Eilverfahren zugrunde gelegten und durch das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigten Auffassung hält die Kammer weiterhin fest.

2.) Dieses Auslegungsergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu der Regelung des Art. 5 III lit. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 5. 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Info-RL ABlEG Nr. L 167 v. 22. 6. 2001, S. 10), deren Umsetzung § 52 b UrhG dient.

Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt hat in seinem Urteil vom 24.11.2009 im gleichgelagerten einstweiligen Verfügungsverfahren (11 U 40/09; GRUR-RR 2010, 1) ausgeführt: „Nach Art. 5 III lit. n Info-RL können die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Art. 2 und 3 Info-RL vorgesehenen Rechte vorsehen für die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen, für die keine Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten und die sich in den Sammlungen der Einrichtungen gem. Art. 5 II lit. c Info-RL befinden, durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung für einzelne Mitglieder der Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen.

Dieser Wortlaut der deutschen Fassung der Richtlinie wird unterschiedlich interpretiert. Er wird von einem Teil des Schrifttums so verstanden, dass die Werke weder käuflich noch zu Lizenzbedingungen erhältlich sein dürften, weshalb die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses genüge, um die Privilegierung zu beseitigen (so Berger , GRUR 2007, 754 – 759; Walter , Europ. UrheberR, 2001, Kap. 5 Rdnr. 135). Naheliegender erscheint es jedoch, als maßgeblich anzusehen, dass keine Regelungen gelten , also kein Vertrag tatsächlich geschlossen sei (so Dreyer,  in: HK-UrhR, § 52b Rdnr. 12). Bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die gemeinschaftsrechtlichen Normen in mehreren Sprachen abgefasst werden und die verschiedenen sprachlichen Fassungen gleichermaßen verbindlich sind. Hieraus und aus dem Grundsatz der einheitlichen Auslegung ergibt sich, dass eine einzelne Sprachfassung nicht für sich allein ausgelegt werden darf, sondern dass die Sprachfassungen der übrigen Mitgliedstaaten in die Auslegung einbezogen werden müssen (vgl. EuGH , Urt. v. 6. 10. 1982 C-283/81, BeckRS 2004, 72919 CILFIT, Rdnr. 18; EuZW 2004, 505, Rdnrn. 22ff. ).

Die englische Sprachfassung der maßgeblichen Passage des deutschen Richtlinientextes („Werken und sonstigen Schutzgegenständen, für die keine Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten”) lautet: „works and other subject-matter not subject to purchase or licensing terms.” Die Kl. will „subjekt to” mit „vorbehaltlich” übersetzen. Dies ist jedoch nur eine Möglichkeit. Die andere, hier näherliegende Möglichkeit ist die Übersetzung mit „unterworfen” bzw. „unterliegend”. Danach wäre zu übersetzen: „die nicht dem Kauf oder Lizenzbedingungen unterworfen sind.” Die englische Sprachfassung spricht danach noch deutlicher als die deutsche Sprachfassung dagegen, ein bloßes Vertragsangebot als ausreichend anzusehen.

Die französische Sprachfassung der maßgeblichen Passage lautet: „d’oeuvres et autres objets protégés … qui ne sont pas soumis à des conditions en matière d’achat ou de licence”. „soumettre” bedeutet ebenfalls „unterwerfen”. Die im Perfekt Passiv konjugierte Passage „qui ne sont pas soumis” wäre danach zu übersetzen mit „die nicht unterworfen sind”. Auch die französische Sprachfassung spricht danach dagegen, dass ein bloßes Vertragsangebot genügt (ebenso Dreyer, in: HK-UrheberR, § 52b Rdnr. 12).

Die Gegenmeinung will aus den Begriffen „licensing terms” bzw. „matière de licence” ableiten, die Möglichkeit einer Lizenzierung sei ausreichend (so Spindler , in: Festschr.f. Loewenheim, S. 287 [289]; Dreier , in: Dreier/Schulze  , § 52b Rdnr. 12). Dem steht jedoch entgegen, dass der Wortlaut der englischen und französischen Sprachfassung eher dafür spricht, dass die Werke und sonstigen Schutzgegenstände, bereits Lizenzbedingen unterworfen sein müssen. Der Text der Richtlinie spricht danach nicht dafür, dass die Möglichkeit eines Vertragsangebots ausreichend sein soll.

Bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift sind neben ihrem Wortlaut auch der Regelungszusammenhang, in dem sie steht, sowie die mit der Regelung verfolgten Ziele zu berücksichtigen (vgl. BGH, GRUR 2007, 871, 874 Rdnr. 33 Wagenfeld-Leuchte). Damit sind bei der Auslegung einer Richtlinie auch deren Erwägungsgründe zu berücksichtigen.

Nach dem Erwägungsgrund 45 sollen die in Art. 5 II, III und IV vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen vertraglichen Beziehungen zur Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs für die Rechtsinhaber nicht entgegenstehen, soweit dies nach innerstaatlichem Recht zulässig ist. Dies lässt sich ohne Weiteres im Sinne eines Vorrangs tatsächlich bestehender Vertragsbeziehungen verstehen (so Dreyer , in: HK-UrheberR, § 52b Rdnr. 12). Teilweise wird die Ansicht vertreten, die Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs erfordere, dass auch die Möglichkeit vertraglicher Regelungen die Anwendung der Schrankenbestimmung ausschließen müsse, weil es anderenfalls in der Hand der Bibliotheken liege, durch die Ablehnung eines Vertragsschlusses die Anwendung des § 52 b UrhG zu erreichen ( Schöwerling , ZUM 2009, 665, 666). Mit Recht wird jedoch darauf hingewiesen, dass es umgekehrt zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen dürfte, wollte man ein angemessenes Lizenzangebot ausreichen lassen ( Dreyer  , in: HK-UrheberR, § 52b Rdnr. 12). Die Anwendung der Schrankenregelung des § 52 b UrhG hinge dann nämlich jeweils davon ab, ob die (gerichtliche) Prüfung des Angebots ergibt, dass es als angemessen einzustufen ist. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit könnte dazu führen, dass die Bibliotheken von der im öffentlichen Interesse liegenden Schrankenregelung des § 52 b UrhG keinen Gebrauch machen.

Der Erwägungsgrund 52 fordert für Beschränkungen im Hinblick auf Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch ausdrücklich, die Anwendung freiwilliger Maßnahmen zu fördern, mit denen dafür Sorge getragen wird, dass die Ziele derartiger Ausnahmen oder Beschränkungen erreicht werden können. Einen Rückschluss auf einen Vorrang erst noch zu schließender vertraglicher Regelungen im Rahmen des § 52 b UrhG erlaubt dies nicht.

Laut Erwägungsgrund 40 S. 1 können die Mitgliedstaaten eine Ausnahme oder Beschränkung zu Gunsten bestimmter nicht kommerzieller Einrichtungen, wie der Öffentlichkeit zugängliche Bibliotheken und ähnliche Einrichtungen sowie Archive, vorsehen. Nach S. 5 dieses Erwägungsgrundes sollen spezifische Verträge und Lizenzen, die diesen Einrichtungen und ihrer Zweckbestimmung zur Verbreitung der Kultur in ausgewogener Weise zu Gute kommen, unterstützt werden. Auch daraus lässt sich ein Vorrang erst noch zu schließender vertraglicher Regelungen im Rahmen des § 52 b UrhG nicht herleiten. Es werden im Gegenteil die Aufgaben und Interessen der Bibliotheken in den Vordergrund gestellt.

Das Auslegungsergebnis, dass bloße Vertragsangebote nicht ausreichen, um die Befugnisse aus § 52 b UrhG zu beseitigen, hält auch einer Überprüfung an Hand des so genannten Drei-Stufen-Tests stand. Nach Art. 5 V Info-RL dürfen die in den Abs. 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden (Stufe 1), in denen die normale Verwertung des Werkes oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird (Stufe 2) und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden (Stufe 3).

Insoweit wurden im Schrifttum Bedenken geäußert, § 52 b UrhG könnte mit der zweiten Stufe des Drei-Stufen-Tests nicht in Einklang stehen, wonach eine Schrankenbestimmung die normale Werkverwertung nicht beeinträchtigen darf (Berger, GRUR 2007, 754, 760). Soweit diese Bedenken damit begründet wurden, die Bibliotheken könnten sich auf den Erwerb eines Werkexemplars beschränken, zugleich aber den Nutzern eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit einräumen, ist der Einwand durch die in das Gesetz aufgenommene Bestandsakzessorietät (§ 52 b S. 2 UrhG) überholt. Dass der Absatzmarkt für Fachbücher durch die Schrankenregelung über Gebühr beeinträchtigt wird, erscheint nicht ausreichend belegt. Gerade im Universitätsbereich dürften die finanziellen Möglichkeiten der Studierenden in der Mehrzahl der Fälle ohnedies nicht ausreichen, um Fachliteratur käuflich zu erwerben. Die Regelung des § 52 b UrhG erscheint auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn man die Vorschrift dahingehend auslegt, dass die Bibliotheken eine angebotene Lizenzvereinbarung nicht wahrnehmen müssen. Die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber erscheinen durch die Bestandsakzessorietät und durch die Einschränkung auf die Nutzung zur Forschung und für private Studien in ausreichendem Maß gewahrt. Aus diesem Grund bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Schrankenregelung des § 52 b UrhG.

Nach alledem genügt auch auf der Grundlage einer richtlinienkonformen Auslegung und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Art. 5 V Info-RL und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die bloße Möglichkeit einer Lizenzvereinbarung nicht für die Beseitigung der Schrankenbestimmung des § 52 b UrhG.“

Dem schließt sich die Kammer vollumfänglich an. Im Übrigen ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten darauf hinzuweisen, dass der Urheber mit der Zugänglichmachung nach § 52 b UrhG einen Vergütungsanspruch erhält, der über eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann. Er erhält damit einen Ausgleich für die ihm möglicherweise erschwerte Verwertung seines Werkes.

II.

Nach ganz überwiegender Auffassung in der Literatur, die die Kammer teilt, begründet § 52b UrhG eine Annex-Berechtigung zur Digitalisierung des Werkes, weil die Bestimmung anderenfalls weitgehend leerliefe. Denn um die Zugänglichmachung zu ermöglichen, müssen die privilegierten Einrichtungen in aller Regel ein dazu erforderliches digitales Vervielfältigungsstück herstellen (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2010, 1; vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze , § 52b Rdnr. 14; Dreyer, in: HK-UrheberR, § 52b 13; Jani , in: Wandtke/Bullinger , § 52b Rdnr. 14; Dustmann , in: Fromm/Nordemann , UrhG, § 52b Rdnr. 10; BT-Dr 16/1828, S. 26 und BT-Dr 16/5939, S. 44; Berger , GRUR 2007, 754, 756; Spindler , NJW 2008, 13; Jani , K & R 2009, 514 [515]; a.A. Heckmann  , K & R 2008, 284 [287], der allerdings über eine analoge Anwendung von § 52a III UrhG zum selben Ergebnis kommt). Ansonsten würde die Bestimmung weitgehend leerlaufen; um die Zugänglichmachung zu ermöglichen, müssen die privilegierten Einrichtungen in aller Regel ein dazu erforderliches digitales Vervielfältigungsstück herstellen.

B.

Der Klägerin steht der begehrte Unterlassungsanspruch gem. Ziff. 1b) des Tenors aus § 97 Abs. 1 UrhG zu, da die Ermöglichung des Ausdrucks und der digitalen Vervielfältigung des streitgegenständlichen Werks in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin nach 16 UrhG eingreift, ohne dass dieser Eingriff durch die Schrankenregelung des § 52b UrhG gerechtfertigt ist. Eine Auslegung von § 52b UrhG ergibt, dass die Schrankenregelung nur eine (örtlich und umfänglich) eingeschränkte öffentliche Zugänglichmachung erlaubt; hierbei ist die Eröffnung von Vervielfältigungsmöglichkeiten nicht erlaubt.

I.

Es kann dahinstehen, ob bereits der Wortlaut dazu führt, eine Vervielfältigungsmöglichkeit als nicht erfasst anzusehen. Zwar spricht § 52b UrhG von elektronischen Lese plätzen; indes ist es schon begrifflich nicht zwingend, einen „Lese“platz als „Nur-Lese“-Platz aufzufassen. Es handelt es sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch um einen tradierten Begriff aus der Bibliothekswelt, der lediglich bezeichnet, dass ein Nutzer einer Bibliothek zum Zwecke des Studiums der von ihm ausgewählten Literatur einen Platz zur Verfügung hat. Dies folgt bereits daraus, dass die Schranke nicht auf bestimmte Werkgattungen beschränkt ist, sondern die Zugänglichmachung sämtlicher Werke im Sinne des § 2 UrhG erlaubt. Der Bestand einer Bibliothek umfasst neben Büchern auch nicht lesbare Musik- oder Filmwerke. Solche Werke darf der Nutzer an den „Leseplätzen“ hören und betrachten, so dass der Begriff des Leseplatzes nicht im engen wörtlichen Sinne zu verstehen ist und eine inhaltliche Aussage über die Reichweite der Schrankenregelung damit wohl nicht verbunden ist (Steinbeck, NJW 2010, 2852, 2854; Pfeifer, GRUR-Prax 200960; Jani in: Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Aufl., § 52b, Rnr. 12).

Hinzu kommt, dass sich auch aus der Richtlinie 2001/29/EG, deren Umsetzung die Regelung des § 52b UrhG dient, eine derartige Beschränkung aus dem Wortlaut nicht ergibt. Art. 5 Abs. 3n der Richtlinie gibt vor, dass nur die Nutzung auf „hierfür eingerichteten Terminals“ in den Räumen der Bibliothek privilegiert ist. In der englischen Version lautet der Text „dedicated terminals“. Auch aus dem Wortlaut der Richtlinie kann sich daher eine Beschränkung nicht ergeben.

II.

Allerdings ergibt eine teleologische Auslegung der Norm, dass die Schranke des § 52 b UrhG nur eine Einrichtung von Terminals erlaubt, die einen Ausdruck (1.) und/oder eine Speicherung des Werkes auf USB-Stick (2.) ausschließen.

1.) Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der geschaffene § 52 b UrhG eine Nutzung ermöglichen, die der analogen Nutzung vergleichbar ist (BT-DS 16/1828, S. 26). Da das Angebot hier im Wesentlichen auf wissenschaftliche Arbeit mit Texten gerichtet ist, umfasst dies – abstrakt gesehen – grundsätzlich auch die Möglichkeit einer Vervielfältigung durch Ausdruck. Nach Auffassung der Kammer liegt jedoch in der Möglichkeit des Ausdrucks an Leseplätzen, wie es die Beklagte ermöglicht, ein im Vergleich zur herkömmlichen Vervielfältigung erheblicher qualitativer Unterschied. Geht die Vervielfältigung eines gedruckten Werkes mit einem erheblichen Aufwand einher, kann die Vervielfältigung einer digitalen Version grundsätzlich „auf Knopfdruck“ als Ausdruck ohne weitere Anstrengung erfolgen. Insofern würde eine Auslegung von § 52b UrhG, der eine Vervielfältigung durch Ausdruck ermöglicht, über das Ziel des Gesetzgebers hinausgehen, eine der analogen Nutzung „vergleichbare“ Nutzung zu ermöglichen; sie würde vielmehr qualitativ hierüber deutlich hinausgehen.

2.) Im Hinblick auf die Vervielfältigung auf USB-Stick gelten die Ausführungen zu 1.) noch verstärkt. Hinzu kommt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 52b UrhG sich das Angebot auf eine Nutzung in den Räumen der Bibliothek beschränken muss. Ließe man die Speicherung und Mitnahme der Digitalisate selbst zu, würde – anders als bei der Mitnahme eines Ausdrucks – eine Nutzung des geschaffenen Angebots auch außerhalb der Räumlichkeiten der Bibliothek ermöglicht. Dies ist durch die Regelung des § 52 b UrhG nicht mehr gedeckt.

III.

Die Auslegung der Kammer wird auch den europarechtlichen Vorgaben gerecht.

1.) Nach Art. 5 Abs. 3 n Info-RL ist die Ausnahme beschränkt auf Zwecke der Forschung und private Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen. Nach Erwägungsgrund 40 der Richtlinie sollte eine Online-Lieferung von geschützten Werken nicht unter die Ausnahme fallen. Diesen beiden Teilen der Richtlinie ist der Wille des europäischen Gesetzgebers zu entnehmen, den Gefahren der Digitalisierung von Werken zu begegnen. Sowohl die Begrenzung auf Räumlichkeiten der Bibliothek als auch das Verbot der Online-Lieferung z.B. zum Nutzer nach Hause sollen verhindern, dass digitale Versionen der Werke durch Verlassen des kontrollierbaren Bereichs der Bibliothek unkontrolliert und – bei digitalisierten Werken für den Urheber besonderen einschneidend – ohne Qualitätsverlust weiterkopiert werden können, ohne dass der Urheber dies verhindern kann.

2.) Die Kammer ist der Auffassung, dass eine Auslegung, die einen Ausdruck und einen Vervielfältigung durch Speicherung auf USB-Sticks erlauben würde, mit Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie (Drei-Stufen-Test) unvereinbar wäre. Es ist schon fraglich, ob hier nicht bereits auf der zweiten Stufe eine normale Verwertung des Werkes beeinträchtigt wäre. Für die Speicherung kompletter Werke auf USB-Sticks liegt für die Kammer auf der Hand, dass die damit ermöglichte unbegrenzte Zirkulierung des Werkes ohne Qualitätsverlust im Internet, in Tauschbörsen, aber auch durch Weitergabe der Datei von Hand zu Hand die normale Verwertung des Werkes beeinträchtigt. Auch für den Ausdruck von Teilen eines Buches oder eines ganzen Buches ist die Kammer indes der Auffassung, dass eine Ermöglichung desselben allgemein, aber insbesondere bei preissensiblen Nutzern, Substituierungen im Hinblick auf einen möglichen Kauf zur Folge haben kann.

Dies gilt jedenfalls in der Gesamtschau der Schranke des § 52b UrhG, die dem Rechteinhaber – nach der Auslegung der Kammer in A.) des Urteils – einen wichtigen Absatzmarkt dadurch entzieht, dass sie eine Digitalisierung von Werken ohne Zustimmung als Annexkompetenz ermöglicht. Jedenfalls in der Zusammenschau mit der Ermöglichung einer einfachen Vervielfältigungsmöglichkeit durch Ausdruck und Speicherung würde dies die normale Nutzung des Werkes beeinträchtigen.

Jedenfalls aber würden die berechtigten Interessen der Klägerin in diesem Fall ungebührlich verletzt.

IV.

Dies führt dazu, dass es auf die Frage, ob die Nutzer des Leseplatzes ihrerseits berechtigt eine Vervielfältigungshandlung – etwa im Rahmen von § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG – vornehmen (sog. Schrankenkettenproblematik, hierzu: Berger, GRUR 2007, 754), im Ergebnis nicht ankommt, da § 52b UrhG nur eine solche öffentliche Zugänglichmachung erlaubt, die eine Vervielfältigung durch Ausdruck oder eine Vervielfältigung durch Speicherung auf USB-Sticks ausschließt.

C.

In Ausübung des ihr nach Art. 267 AEUV zustehenden Ermessens hat die Kammer eine Aussetzung des Verfahrens zwecks Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 n der Richtlinie nicht vorgenommen, da aus ihrer Sicht keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung der Richtlinie bestehen und es somit an der nach Art. 267 AEUV notwendigen Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung durch den EuGH fehlt.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Die Streitwertentscheidung folgt aus § 3 ZPO.

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