Bibliotheksleseplätze kommen vor den EuGH

03. Juni 2013
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Amtlicher Leitsatz:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Gelten Regelungen über Verkauf und Lizenzen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG, wenn der Rechtsinhaber den dort genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu angemessenen Bedingungen anbietet?

2. Berechtigt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG die Mitgliedstaaten, den Einrichtungen das Recht einzuräumen, die in ihren Sammlungen enthaltenen Werke zu digitalisieren, wenn das erforderlich ist, um diese Werke auf den Terminals zugänglich zu machen?

3. Dürfen die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Rechte so weit reichen, dass Nutzer der Terminals dort zugänglich gemachte Werke auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können?

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 20.09.2012

Az.: I ZR 69/11

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2012 durch die Richter

beschlossen:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Gelten Regelungen über Verkauf und Lizenzen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG, wenn der Rechtsinhaber den dort genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu angemessenen Bedingungen anbietet?

2. Berechtigt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG die Mitgliedstaaten, den Einrichtungen das Recht einzuräumen, die in ihren Sammlungen enthaltenen Werke zu digitalisieren, wenn das erforderlich ist, um diese Werke auf den Terminals zugänglich zu machen?

3. Dürfen die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Rechte so weit reichen, dass Nutzer der Terminals dort zugänglich gemachte Werke auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können?

Entscheidungsgründe:

I. Die Klägerin ist ein Verlag. Die Beklagte betreibt eine öffentlich zugängliche Bibliothek. Sie hat in deren Räumen elektronische Leseplätze eingerichtet, an denen sie bestimmte Werke aus dem Bibliotheksbestand zugänglich macht. Darunter befand sich seit Januar oder Februar 2009 das im Verlag der Klägerin erschienene Lehrbuch „Einführung in die neuere Geschichte“ von Winfried Schulze. Die Beklagte hatte das Buch digitalisiert, um es an den elektronischen Leseplätzen bereitzustellen. An den Leseplätzen konnten gleichzeitig nicht mehr Exemplare des Werkes aufgerufen werden, als im Bibliotheksbestand vorhanden waren. Die Nutzer der Leseplätze konnten das Werk ganz oder teilweise auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern und jeweils in dieser Form aus der Bibliothek mitnehmen. Auf ein Angebot der Klägerin vom 29. Januar 2009, von ihr herausgegebene Lehrbücher als elektronische Bücher (E-Books) zu erwerben und zu nutzen, ist die Beklagte nicht eingegangen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagten das Angebot der Klägerin bereits vorlag, als sie das Lehrbuch digitalisierte.
Die Klägerin ist der Ansicht, eine solche Nutzung der in ihrem Verlag erschienenen Werke sei nicht von der Schrankenregelung des § 52b UrhG gedeckt.

Mit dem Klageantrag zu 1 hat sie beantragt, der Beklagten zu verbieten,

a) Lehrbücher oder andere Werke aus ihrem Verlag, insbesondere die „Einführung in die neuere Geschichte“ von Winfried Schulze, zu digitalisieren oder digitalisieren zu lassen und/oder in digitalisierter Form für öffentliche Wiedergaben insbesondere an elektronischen Leseplätzen der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt zu benutzen, wenn nicht die Beklagte zuvor mit ihr geklärt hat, ob sie für die digitale Nutzung einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet, oder wenn sie einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet;

b) Nutzern der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt zu ermöglichen, digitale Versionen der Werke, die in ihrem Verlag veröffentlicht sind, insbesondere die „Einführung in die neuere Geschichte“ von Winfried Schulze, an elektronischen Leseplätzen der Bibliothek ganz oder teilweise auszudrucken und/oder auf USB-Sticks oder anderen Trägern für digitalisierte Werke zu vervielfältigen und/oder solche Vervielfältigungen aus den Räumen der Bibliothek mitzunehmen.

Darüber hinaus nimmt sie die Beklagte auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung (Klageantrag zu 2), Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht (Klageantrag zu 3) und Herausgabe der digitalisierten Werkfassungen zur Vernichtung (Klageantrag zu 4) in Anspruch.

Das Landgericht (LG Frankfurt a.M., GRUR 2011, 614) hat – wie schon das Oberlandesgericht im vorausgegangenen Verfügungsverfahren (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2010, 1 = ZUM 2010, 265) – den Klageantrag 1a und die darauf bezogenen Anträge abgewiesen und dem Klageantrag 1b und den daran anknüpfenden Anträgen stattgegeben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Sprungrevision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, ihren Klageantrag in vollem Umfang weiter.

II. Der Erfolg der Sprungrevision und der Anschlussrevision hängt von der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Richtlinie 2001/29/EG) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG), Auskunftserteilung und Rechnungslegung (§§ 242, 259 Abs. 1 BGB), Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 97 Abs. 2 UrhG) und Herausgabe zur Vernichtung (§ 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG) setzen voraus, dass die Beklagte das Urheberrecht an dem Lehrbuch „Einführung in die neuere Geschichte“ widerrechtlich verletzt hat. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass es sich bei dem von Winfried Schulze verfassten und von der Klägerin verlegten Lehrbuch um ein urheberechtlich geschütztes Werk handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG). Ferner ist unstreitig, dass die Klägerin als Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte zur Geltendmachung der erhobenen Ansprüche berechtigt ist.

2. Die Beklagte hat in das Urheberrecht am Lehrbuch eingegriffen. Sie hat das im Bestand ihrer Bibliothek nur als gedrucktes Buch vorhandene Werk zunächst digitalisiert und es sodann in dieser Form an elektronischen Leseplätzen zugänglich gemacht. Dadurch hat sie in das ausschließliche Recht des Urhebers eingegriffen, sein Werk zu vervielfältigen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG) und es öffentlich zugänglich zu machen und damit öffentlich wiederzugeben (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a UrhG).

3. Der Eingriff in das Urheberrecht wäre nicht widerrechtlich, wenn die Beklagte sich mit Erfolg auf die Schrankenregelung des § 52b Satz 1 und 2 UrhG berufen könnte. Gemäß § 52b Satz 1 UrhG ist es zulässig, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen oder Archive, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Dabei dürfen nach § 52b Satz 2 UrhG grundsätzlich nicht mehr Exemplare eines Werkes an den eingerichteten elektronischen Leseplätzen gleichzeitig zugänglich gemacht werden, als der Bestand der Einrichtung umfasst.

Die Regelung des § 52b UrhG setzt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG können die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in Art. 2 und 3 vorgesehenen Rechte (also das Vervielfältigungsrecht sowie das Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung von Werken und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände) für die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen vorsehen, für die keine Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten und die sich in den Sammlungen der in Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG genannten Einrichtungen (das sind öffentlich zugängliche Bibliotheken, Bildungseinrichtungen oder Museen oder Archive, die keinen unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Zweck verfolgen) befinden, und zwar durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung für einzelne Mitglieder der Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen. Im Streitfall stellen sich drei Fragen zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG:

a) Zunächst stellt sich die Frage, ob im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG „Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten“, wenn der Rechtsinhaber den in dieser Bestimmung genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Nutzung von Werken durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung für einzelne Mitglieder der Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten der Einrichtungen zu angemessenen Bedingungen anbietet.

aa) Die Mitgliedstaaten können in den Fällen, in denen für die Werke Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten, keine Ausnahmen oder Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG in Bezug auf die Rechte nach Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorsehen. Die Klägerin hat der Beklagten angeboten, von der Klägerin herausgegebene Lehrbücher als elektronische Bücher (E-Books) zu erwerben und zu nutzen. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Landgerichts ist für die Prüfung in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass die Klägerin der Beklagten damit bereits vor der entsprechenden Nutzung des in Rede stehenden Lehrbuchs durch die Beklagte ein angemessenes Angebot unterbreitet hat. Die Beklagte hat dieses Angebot nicht angenommen.

Es stellt sich daher die Frage, ob bereits das bloße Angebot eines angemessenen Lizenzvertrags dazu führt, dass „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ gelten und eine Ausnahme nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG ausgeschlossen ist (so Walter, Europäisches Urheberrecht, 2001, Kap. 5 Rn. 135; St. Bechtold in Dreier/Hugenholtz, Concise European Copyright Law, S. 381; v. Lewinski/Walter in Walter/v. Lewinski, European Copyright Law, 2010, Rn. 11.5.70; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 52b Rn. 12; Spindler, FS Loewenheim, 2009, S. 287, 289 f.; Berger, GRUR 2007, 754, 759; Schöwerling, ZUM 2009, 665, 666; zu § 52b UrhG vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 52b UrhG Rn. 10), oder ob dies erst dann der Fall ist, wenn der Rechtsinhaber und die Einrichtung eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben (Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 52b Rn. 12; Heinz, jurisPR-ITR 14/2009 Anm. 4; zu § 52b UrhG vgl. Dustmann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 52b UrhG Rn. 11; Jani in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 52b UrhG Rn. 27; ders., K&R 2009, 514, 515; Hoeren/Neubauer, ZUM 2012, 636, 639). Diese Frage lässt sich auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht zweifelsfrei beantworten.

bb) Nach dem Wortlaut der deutschen Fassung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG, wonach die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Rechte für die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen vorsehen können, „für die keine Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten“, erscheint es kaum möglich, bereits in einem bloßen Vertragsangebot eine „geltende Regelung“ zu sehen. Zwar entfaltet bereits ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages rechtliche Wirkungen und hat daher Geltungskraft. Erst mit der Annahme des Angebots durch den Erklärungsempfänger kommen jedoch ein Vertrag und damit eine – die Vertragsparteien bindende – Regelung zustande.

cc) Da die verschiedenen sprachlichen Fassungen einer Vorschrift des Unionsrechts gleichermaßen verbindlich sind, müssen die anderen Sprachfassungen in die Auslegung einbezogen werden (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – C-283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 – CILFIT). Nach dem Wortlaut der englischen und der französischen Fassung der fraglichen Passage des Richtlinientextes erscheint es durchaus möglich, dass bereits ein angemessenes Angebot zum Verkauf oder zur Lizenzierung von Werken einer Ausnahme nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG entgegensteht (Walter aaO Kap. 5 Rn. 135; Bechtold in Dreier/Hugenholtz aaO S. 381; v. Lewinski/Walter in Walter/v. Lewinski aaO Rn. 11.5.70; Spindler aaO S. 289 f.; Jani, K&R 2009, 514, 515; ders., GRUR-Prax 2010, 27; aA Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 52b Rn. 12). Nach der englischen Fassung („not subject to purchase or licensing terms“) und der französischen Fassung („qui ne sont pas soumis à des conditions en matière d’achat ou de licence“) kommt es nicht darauf an, ob für Werke „Regelungen“ über Verkauf und Lizenzen „gelten“; maßgeblich ist vielmehr, ob die Werke „Bedingungen“ („terms“ bzw. „conditions“) über Kauf und Lizenzen „unterworfen“ („subject to“ bzw. „soumis à“) sind.

Ein Rechtsinhaber kann einen Verkauf oder eine Lizenzierung der Werke von seinen „Bedingungen“ („terms“ bzw. „conditions“) abhängig machen. Das spricht dafür, dass nicht erst der Abschluss einer Vereinbarung, sondern bereits das Angebot des Rechtsinhabers ausreichen kann, eine Ausnahme nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG auszuschließen. Aus dem Wort „unterworfen“ („subject to“ bzw. „soumis à“) lässt sich nichts Abweichendes herleiten. Es kann im vorliegenden Zusammenhang nicht nur bedeuten, dass die Parteien einen Vertrag einvernehmlich bestimmten Bedingungen unterstellt haben, sondern auch besagen, dass der Rechtsinhaber einseitig bestimmte Bedingungen für einen Vertragsabschluss gestellt hat.

dd) Weichen die verschiedenen Sprachfassungen voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (EuGH, Urteil vom 1. April 2004 – C-1/02, Slg. 2004, I-3219 = EuZW 2004, 505 Rn. 25 – Borgmann, mwN; Urteil vom 3. März 2011 – C-41/09, juris Rn. 44 – Kommission/Niederlande, mwN). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, wegen der Erfordernisse der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts und des Gleichheitssatzes in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 – C-467/08, Slg. 2010, I-10055 = GRUR 2011, 50 Rn. 32 – Padawan/SGAE; Urteil vom 3. Juli 2012 – C-128/11, GRUR 2012, 904 Rn. 39 = WRP 2012, 1074 – UsedSoft/Oracle, jeweils mwN).
Ziel der Richtlinie 2001/29/EG ist die Harmonisierung bestimmter Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte (Erwägungsgrund 1) und damit die Schaffung eines Ordnungsrahmens für die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa (Erwägungsgrund 2). Dabei muss von einem hohen Schutzniveau des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte ausgegangen (vgl. Erwägungsgründe 4 und 9 sowie 11 und 12) und ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen erreicht werden (vgl. Erwägungsgrund 31 Satz 1). Die Mitgliedstaaten können unter anderem zugunsten bestimmter nicht kommerzieller Einrichtungen wie öffentlich zugänglicher Bibliotheken Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf die Schutzrechte vorsehen (vgl. Erwägungsgründe 34 und 40). Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nicht auf eine Weise angewandt werden, dass die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber verletzt werden oder die normale Verwertung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände beeinträchtigt wird (Erwägungsgrund 44 Satz 2). Die in Art. 5 Abs. 2, 3 und 4 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen sollen vertraglichen Beziehungen zur Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs für die Rechtsinhaber nicht entgegenstehen, soweit dies nach innerstaatlichem Recht zulässig ist (Erwägungsgrund 45).

Insbesondere der Grundsatz, dass Ausnahmen und Beschränkungen vertraglichen Beziehungen zur Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs für die Rechtsinhaber nicht entgegenstehen sollen, könnte es gebieten, bereits in dem Angebot des Rechtsinhabers zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu angemessenen Bedingungen eine „Regelung über Verkauf und Lizenzen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG zu sehen, die der Anwendung einer Schrankenbestimmung nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG entgegensteht. Eine gesetzliche Beschränkung der Rechte des Rechtsinhabers zugunsten bestimmter Nutzer erscheint im Blick auf den Grundsatz des Vorrangs vertraglicher Beziehungen nicht gerechtfertigt, wenn der Rechtsinhaber bereit ist, dem Nutzer die Rechte zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Stünde erst eine zwischen dem Rechtsinhaber und der Bibliothek getroffene Vereinbarung einer Anwendung der Schrankenregelung entgegen, hätte die Bibliothek es in der Hand, ein angemessenes Angebot des Rechtsinhabers abzulehnen, um in den Genuss der Schrankenregelung zu kommen (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 52b Rn. 12; Berger, GRUR 2007, 754, 759; Schöwerling, ZUM 2009, 665, 666). Der Rechtsinhaber erhielte dann in aller Regel eine geringere als die geforderte – angemessene – Vergütung.

b) Sodann stellt sich die Frage, ob die Befugnis der Mitgliedstaaten aus Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG, Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die Rechte nach Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG für die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen, die sich in den Sammlungen der genannten Einrichtungen befinden, durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung auf eigens hierfür eingerichteten Terminals vorzusehen, auch die Befugnis umfasst, eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG für die Nutzung dieser Werke und sonstigen Schutzgegenstände durch Vervielfältigungen vorzusehen, die für die Wiedergabe oder Zugänglichmachung auf solchen Terminals erforderlich sind.

Die Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs allerdings eng auszulegen (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – C-5/08, Slg. 2009, I-6569 = GRUR 2009, 1041 Rn. 56 – Infopaq International A/S/Danske Dagblades Forening). Bei Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG handelt es sich um eine solche Bestimmung, weil sie von dem in Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweicht, dass Urheber und bestimmte Leistungsschutzberechtigte das ausschließliche Recht haben, die öffentliche Widergabe oder die öffentliche Zugänglichmachung ihrer Werke und sonstigen Schutzgegenstände zu erlauben oder zu verbieten. Gleichwohl muss es die Auslegung einer solchen Bestimmung erlauben, deren praktische Wirksamkeit zu wahren und deren Zielsetzung zu beachten (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2011 – C-403/08 und C-429/08, GRUR 2012, 156 Rn. 163 = WRP 2012, 434 – Football Association Premier League und Murphy).

Dies spricht dafür, Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten dazu berechtigt, den in dieser Bestimmung genannten Einrichtungen das Recht zu gewähren, die sich in ihren Sammlungen befindlichen Werke zu digitalisieren, soweit die Wiedergabe oder Zugänglichmachung auf den Terminals eine solche Vervielfältigung erfordert (vgl. Heinz, jurisPR-ITR 14/2009 Anm. 4; ferner zu § 52b UrhG Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 52b UrhG Rn. 12; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 52b Rn. 14; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 52b Rn. 13; Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 52b UrhG Rn. 10; Jani in Wandtke/Bullinger aaO § 52b UrhG Rn. 19; ders., K&R 2009, 514, 515; ders., GRUR-Prax 2010, 27; Schöwerling, ZUM 2009, 665, 666; Hoeren/Neubauer, ZUM 2012, 636, 640).
Die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG verfolgt den Zweck, den öffentlich zugänglichen Bibliotheken die Möglichkeit zu verschaffen, die in ihrem Bestand befindlichen Werke in elektronischer Form auf Terminals zugänglich zu machen. Sie unterscheidet dabei nicht danach, ob es sich um analoge oder um digitale Werke handelt. Die Regelung ist allerdings regelmäßig allein für analoge Werke von praktischer Bedeutung. Für digitale Werke des Bibliotheksbestands besteht in aller Regel bereits eine vertragliche Vereinbarung über die digitale Nutzung, die jedenfalls die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG umschriebene Nutzung gestattet, so dass es insoweit keiner Schrankenregelung bedarf. Ist das Werk im Bestand der Einrichtung nicht in digitaler, sondern nur in analoger Form vorhanden, erfordert seine Zugänglichmachung zunächst die Herstellung einer digitalen Fassung, also eine Vervielfältigung durch Scannen und Abspeichern auf einem Datenträger. Die praktische Wirksamkeit der Bestimmung wäre daher nicht gewahrt, wenn Bibliotheken die Druckwerke ihres Bestands nicht zum Zweck der Bereitstellung auf den Terminals digitalisieren dürften, sondern in entsprechender Zahl digitale Vervielfältigungsstücke erwerben müssten.

Nach Auffassung des Senats spricht allerdings alles dafür, dass eine entsprechende Befugnis der Mitgliedstaaten, soweit sie sich nicht bereits als Annexkompetenz aus Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG ergibt, aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG hergeleitet werden kann (vgl. Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 52b Rn. 13). Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten in Bezug auf „bestimmte Vervielfältigungshandlungen“ der genannten Einrichtungen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen.

c) Schließlich stellt sich die Frage, ob von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG für die Nutzung von Werken durch ihre Wiedergabe oder Zugänglichmachung auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen vorgesehene Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die Rechte nach Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG so weit reichen dürfen, dass Nutzer der Terminals auf den Terminals wiedergegebene oder zugänglich gemachte Werke ganz oder teilweise auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können.

aa) Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob Nutzern der Terminals durch die Wiedergabe oder Zugänglichmachung der Werke die Möglichkeit zur Vervielfältigung der Werke eröffnet werden darf.

Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG erlaubt allerdings grundsätzlich nur eine Schrankenregelung, die eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung von Werken zulässt, nicht dagegen eine Schrankenregelung, die eine Vervielfältigung von Werken gestattet (zu einer möglichen Ausnahme vgl. oben Rn. 19 ff.). Das bedeutet aber nicht, dass Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG keine Schrankenregelung erlaubt, die eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung zulässt, die eine anschließende Vervielfältigung ermöglicht. Eine der Wiedergabe oder Zugänglichmachung nachfolgende Vervielfältigung kann durch eine von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 2 oder 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das in Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene Vervielfältigungsrecht gestattet sein. So kann das Ausdrucken oder Abspeichern eines auf dem Bildschirm wiedergegebenen oder zugänglich gemachten Werkes durch einen Nutzer des Terminals von der Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2001/29/EG („Privatkopie-Ausnahme“) gedeckt sein.
Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG erlaubt jedoch lediglich eine Schrankenregelung, die eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung „auf eigens hierfür eingerichteten Terminals“ (englische Fassung „dedicated terminals“; französischen Fassung „terminaux spécialisés“) zulässt. Das könnte so zu verstehen sein, dass übliche Computer-Arbeitsplätze unzulässig sind, an denen das Ausdrucken und Abspeichern oder Versenden von Dateien möglich ist, und nur besonders eingerichtete Lese-Arbeitsplätze gestattet sind, die allein eine Wahrnehmung der Werke – insbesondere das Lesen von elektronischen Büchern am Bildschirm – ermöglichen (zu § 52b UrhG vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 52b UrhG Rn. 8; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 52b Rn. 10).

Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG gestattet ferner nur eine Schrankenregelung, die eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung „in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen“ zulässt. Damit ist es unzulässig, eine Online-Nutzung von außen zu ermöglichen. Dagegen kann dieser Passage der fraglichen Bestimmung nicht entnommen werden, dass die Nutzer daran gehindert werden müssen, in den Räumlichkeiten der genannten Einrichtungen Ausdrucke oder Downloads der auf den Terminals zugänglich gemachten Werke anzufertigen und aus den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen mitzunehmen. Die räumliche Beschränkung bezieht sich allein auf die Wiedergabe und die Zugänglichmachung der Werke durch die Einrichtung und nicht auf die Nutzung dieser Werke durch die Nutzer (vgl. Steinbeck, NJW 2010, 2852, 2854; Kianfar, GRUR 2012, 691, 692 f.).

bb) Der Zweck des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG legt die Annahme nahe, dass diese Bestimmung eine Schrankenregelung erlaubt, die eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung gestattet, die jedenfalls ein Ausdrucken der auf den Terminals zugänglich gemachten Werke und eine Mitnahme dieser Vervielfältigungen aus den Räumen der Einrichtung ermöglicht.
Die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG soll es den in dieser Regelung genannten Einrichtungen gestatten, die Werke ihres Bestands zu Zwecken der Forschung und privater Studien zugänglich zu machen. Ein wissenschaftliches Arbeiten mit Texten ist nach heutigem Verständnis in der Regel nur dann in zweckentsprechender Weise möglich, wenn wichtige Passagen eines Textes markiert und mit Anmerkungen versehen und die entsprechenden Textauszüge zum weitergehenden Studium aus der Bibliothek mitgenommen werden können. Ein sinnvolles Arbeiten mit auf Terminals wiedergegebenen oder zugänglich gemachten Texten zu Zwecken der Forschung und privater Studien setzt daher die Möglichkeit zum Ausdrucken und Bearbeiten der Texte voraus.

Die Nutzer solcher Terminals können auch nicht darauf verwiesen werden, bei Bedarf das Druckwerk aus dem Bibliotheksbestand zu holen und die benötigten Seiten mit dem Fotokopiergerät zu vervielfältigen. Die Erwägung der Klägerin, Nutzer würden möglicherweise vom Kauf des Buches absehen, wenn sie es nicht mühsam Seite für Seite kopieren müssten, sondern es sich per Knopfdruck bequem und schnell ausdrucken lassen könnten, rechtfertigt eine solche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit nicht. Sie liefe dem Ziel der Regelung zuwider, eine zweckentsprechende Nutzung der auf den Terminals wiedergegebenen oder zugänglich gemachten Texte zu ermöglichen.
Für das Abspeichern von Werken auf einem USB-Stick gelten diese Überlegungen nicht in gleicher Weise. Für ein wissenschaftliches Arbeiten mit Texten ist nach heutigem Verständnis zwar der Ausdruck, nicht aber das Abspeichern wichtiger Textpassagen unerlässlich.

cc) Die Einführung der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahme hängt nach Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG davon ab, dass diese Ausnahme nur in bestimmten Sonderfällen angewandt wird, die normale Verwertung des Werks nicht beeinträchtigt und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt.
Nach Ansicht des Senats sind diese drei Voraussetzungen zwar dann erfüllt, wenn eine nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene Ausnahme eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung von Werken zulässt, die deren Ausdruck auf Papier ermöglicht, nicht aber dann, wenn sie eine Wiedergabe oder Zugänglichmachung von Werken gestattet, die deren Abspeichern auf einem USB-Stick ermöglicht (ebenso Jani, K&R 2009, 512, 516; ders., GRUR-Prax 2010, 27; Steinbeck, NJW 2010, 2852, 2854 f.; aA Kianfar, GRUR 2012, 691, 694 [Ausdrucken und Abspeichern zulässig]; zu § 52b UrhG vgl. Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 52b Rn. 13; Heckmann, CR 2009, 536, 539 f. [Ausdrucken und Abspeichern zulässig]; Jani in Wandtke/Bullinger aaO § 52b Rn. 26; Heinz, jurisPR-ITR 14/2009 Anm. 4; Weller, jurisPR-ITR 3/2010, Anm. 2 [Ausdrucken zulässig, Abspeichern unzulässig]; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 52b UrhG Rn. 11; Schöwerling, ZUM 2009, 665, 666 f. [Ausdrucken und Abspeichern unzulässig]).

Die Möglichkeit zum Ausdrucken von Teilen eines Buches oder eines ganzen Buches am Terminal mag dazu führen, dass einzelne Nutzer vom Kauf des Buches absehen. Dadurch wird die normale Verwertung des Werkes jedoch grundsätzlich nicht beeinträchtigt, weil eine solche Substituierung bereits Folge des Umstands ist, dass das betreffende Werk in der Bibliothek als gedrucktes Buch zugänglich ist und dort fotomechanisch vervielfältigt werden kann. Es mag zwar einfacher sein, ein Werk oder Teile davon am Terminal auszudrucken als am Fotokopiergerät zu vervielfältigen. Das führt jedoch nicht zu einer ungebührlichen Verletzung der Interessen des Rechtsinhabers. Insofern ist zu berücksichtigen, dass ein wissenschaftliches Arbeiten mit Texten nach heutigem Verständnis die Möglichkeit zum Ausdrucken voraussetzt und der Rechtsinhaber für solche Vervielfältigungen einen gerechten Ausgleich erhält (Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG).

Die Möglichkeit zum Abspeichern eines Buches auf einem Datenträger, etwa einem USB-Stick, würde dagegen die normale Verwertung des Werkes erheblich beeinträchtigen. Nutzer, die sich eine elektronische Ausführung des Buches auf ihren USB-Stick heruntergeladen haben, könnten von einem solchen digitalen Vervielfältigungsstück des Werkes ohne Schwierigkeiten und Qualitätsverlust weitere digitale oder analoge Vervielfältigungsstücke herstellen. Es bestünde zudem die Gefahr, dass sie digitale Kopien des Werkes – ohne hierzu berechtigt zu sein – an beliebig viele Interessenten per E-Mail weiterleiten oder im Internet zugänglich machen. Die Möglichkeit zur Speicherung eines Werkes auf Datenträgern griffe daher wesentlich intensiver in die Rechte des Urhebers ein als die Möglichkeit, das Werk auf Papier auszudrucken. Die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers würden dadurch ungebührlich verletzt. Die Möglichkeit zum Abspeichern ist keine unerlässliche Voraussetzung für ein wissenschaftliches Arbeiten mit einem Text. Zudem bestünde die erhebliche Gefahr, dass es zu unberechtigten Nutzungshandlungen kommt, für die der Rechtsinhaber keinen gerechten Ausgleich erhält.

Vorinstanz:
LG Frankfurt a.M., Entscheidung vom 16.03.2011 – 2-6 O 378/10 –

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