Glücksspiel oder Rätsel: Der Millionengewinn

01. Februar 2010
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Ob Rätsel, Glücksspiel oder Quiz – wer vertreibt sich nicht gerne die Zeit mit derartigen Spielen. Und wenn es dabei noch Geld zu gewinnen gibt – umso besser! Nicht umsonst zählen Rate- und Wissensshows im Fernsehen nach wie vor zum beliebten Unterhaltungsprogramm. Aber auch im Internet stellen zahlreiche Anbieter entsprechende Seiten zur Verfügung, auf welchen dem Nutzer gegen Beantwortung von Fragen ein Geldgewinn in Aussicht gestellt wird. Schade nur, dass einem der Freizeitspaß allzu oft getrübt wird.

Negativ aufgefallen ist im vorliegenden Fall ein Betreiber einer kostenpflichtigen Quizseite im Internet. Für richtig beantwortete Fragen wurde der Nutzer in die nächste Runde befördert, wobei am Ende aller Runden ein satter Gewinn von einer Million Euro lockte. Weitaus problematischer als die Quiz-Fragen war für einen Nutzer jedoch nach korrekter Beantwortung aller Fragen die Frage, wie er nun an seinen Gewinn kommt.

Rechtlich betrachtet sind Spiele und Wetten nicht verbindlich, weshalb generell kein Anspruch auf Auszahlung des in Aussicht gestellten Gewinns besteht, § 762 BGB. Anders sieht die Sache aus, wenn es sich um ein so genanntes "bindendes Versprechen" im Sinne des § 657 BGB handelt, bei welchem der Gewinn als Belohnung für beispielsweise die Beantwortung von Quizfragen anzusehen ist. Als eben eine solche Auslobung sahen die Richter des LG München I in ihrem Urteil (Az. 34 S 8174/09) das Angebot der streitgegenständlichen Quiz-Internetseite an, da hierbei im Gegensatz zum Zufall vor allem das Wissen kennzeichnend war. Der Kläger, der auch die letzte Wissensfrage richtig beantwortete und zunächst für jede Fragerunde von dem Betreiber der Seite mit 9,90 € zur Kasse geben wurde, bittet nun seinerseits zur Kasse: Die eingeklagten 1.000 € wurden ihm in vollem Umfang zugesprochen, jetzt will er auch die versprochene Million einklagen!

Lesen Sie hierzu auch die folgende Pressemitteilung des AG München:

Amtsgericht München

Pressemitteilung Nr. 04/2010 zum Urteil vom 16.04.2009

Az.: 222 C 2911/08

Veranstaltet jemand im Internet ein Rätselspiel, handelt es sich um ein Geschicklichkeitsspiel, nicht um ein Glücksspiel, da die richtige Beantwortung des Rätsels vom Wissen des Ratenden abhängt und nicht vom Zufall. Der versprochene Preis stellt eine Auslobung dar und ist damit bindend.


Die spätere Beklagte betrieb im Internet eine als „Geschicklichkeitsspiel“ bezeichnete Veranstaltung. Dieses Spiel beinhaltete 10 Schwierigkeitsstufen. Zu jeder Stufe gehörten 9 Fragen. Im Rahmen der Beantwortung jeder Frage wurden 4 Lösungsvorschläge angeboten, wobei nur eine der vorgegebenen Antworten zutreffend war. Für die Beantwortung jeder Frage hatte man 30 Sekunden Zeit. Hatte man die richtige Antwort angeklickt, kam man zur nächsten Stufe und damit zur nächsten Frage.

Die erste Stufe galt als sogenannte Qualifikationsrunde. Danach konnte man sich registrieren lassen und nach Zahlung von 9,90 Euro die weiteren Stufen durchlaufen. Als Preise war folgendes versprochen: Stufe 2 zwei Euro, Stufe 3 fünf Euro, Stufe 4 zehn Euro, Stufe 5 hundert Euro, Stufe 6 tausend Euro, Stufe 7 zehntausend Euro, Stufe 8 25000 Euro, Stufe 9 250000 Euro und Stufe 10 eine Million Euro.

Der spätere Kläger nahm im September 2006 nach ordnungsgemäßer Registrierung am Spiel teil. Er durchlief alle zehn Stufen und verlangte vom Internetbetreiber die versprochene Million. Dieser weigerte sich zu bezahlen. Es handele sich um ein Spiel. Eine verbindliche Forderung würde dadurch nicht begründet.

Um das Kostenrisiko gering zu halten und die Rechtslage erst einmal zu klären, klagte der Spieler zunächst 1000 Euro beim Amtsgericht München ein.

Die zuständige Richterin gab der Klage statt:

Der Kläger habe einen Zahlungsanspruch, da die Gewinnzusage als „Auslobung“, also als bindendes Versprechen zu werten sei. Die Vorschrift des § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach Spiel oder Wette eine Verbindlichkeit nicht begründen, fände hier keine Anwendung. Unter diese Vorschrift fallen nämlich nur Spiele, bei denen das Zufallselement im Vordergrund stehe.

Bei dem Spiel der Beklagten handele es sich aber um ein Geschicklichkeitsspiel, nicht um ein Glücksspiel. Das Glückspiel unterscheide sich vom Geschicklichkeitsspiel dadurch, dass beim Geschicklichkeitsspiel geistige Fähigkeiten, Aufmerksamkeit, Geschick oder Anstrengung das Ergebnis beeinflussen. Beim Glückspiel hingegen sei der Ausgang allein oder zumindest hauptsächlich vom Zufall abhängig.

Da es bei Rätselspielen gerade nur eine Lösung gebe und die Beantwortung nicht von einer ungewissen oder streitigen Tatsache abhänge, liege diesem Spiel gerade kein Zufallselement zugrunde. Ein Wissensspiel, wobei der Schwierigkeitsgrad unerheblich sei, sei also ein Geschicklichkeitsspiel. Bei dem von der Beklagten angebotenen Spiel seien verschiedene Fragen in vorgegebener Zeit richtig zu beantworten. Die richtige Beantwortung hänge von den geistigen Fähigkeiten des Spielers und nicht vom Zufall ab. Der versprochene Preis stelle damit eine Auslobung dar und sei verbindlich.

Das Urteil ist rechtskräftig.

(Quelle: Amtsgericht München)

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