Apothekenwerbung im Wartezimmer-TV wettbewerbswidrig

23. Dezember 2013
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Eigener Leitsatz:

Ein Unternehmen, das mit dem Geschäftsmodell „Wartezimmer-TV“ wirbt, handelt wettbewerbswidrig, wenn es auf Bildschirmen in Wartezimmern von Arztpraxen für bestimmte Apotheken wirbt und diesen im Rahmen des „Wartezimmer-TVs“ Werbung anbietet. Apothekenbetreibern sind Verhaltensweisen untersagt, die ihrem gesetzlichen Auftrag einer unbeeinflussten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, zuwiderlaufen. Dieses Werbemodell beinhaltet jedoch gerade eine Anstiftung der Apotheken zur Wartezimmerwerbung in Arztpraxen, die auf eine einseitige Bevorzugung der werbenden Apotheken durch die beteiligten Ärzte hinausläuft.

Landgericht Limburg

Urteil vom 17.12.2012

Az.: 5 O 29/11

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Beklagter

hat das Landgericht Limburg a. d. Lahn – 1. Kammer für Handelssachen – durch den Versitzenden Richter am Landgericht … und den Handelsrichtern … sowie … im schriftlichen Verfahren gemäß § 123 Abs. 2 ZPO nach Schriftsatzfrist bis zum 2. November 2012

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

1. Apothekern Werbung im Rahmen eines sog. „Wartezimmer – TV" anzubieten
und/oder anbieten zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K1;

und/oder

2. im Rahmen eines sog. „Wartezimmer – TV“, wobei– wie es aus der Anlage K1 und der Anlage K2 ersichtlich ist – auf einem Bildschirm im Wartezimmer von Arztpraxen Werbung ausgestrahlt wird, für Apotheker zu werben und/oder werben zu lassen;

Der Beklagte wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverpflichtungen die Festsetzung eines Ordnungsgelde bis zu einer Höhe von 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu einer Dauer von 6 Monaten, zu vollziehen an deren gesetzlichen Vertreter, angedroht.

Darüber hinaus wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 219,35 nebst Zinsen hieraus in Flöhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. November 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 25.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagte vertreibt bundesweit eine Werbeanzeige, wonach die jeweiligen von der Beklagten geworbenen Anbieter – hierzu zählen solche aus dem gesamten Bereich der Gesundheitsdienstleistungen, also auch Apothekenbetreiber – nach der jeweiligen vertraglichen Abrede mit der Beklagten ihre Dienstleistung in einem sogenannten „TV Wartezimmer“ und hier unter dem Sachpunkt des „regionalen Gesundheitsfensters“ anbieten. Die Ausstrahlung des Programms erfolgt mittels eines Bildschirms in Arztpraxen und hier im Warteraum der Patienten. Neben den externen Angeboten der aufgezeigten Dienstleister kann der jeweilige, die Praxis betreibende Arzt auch seine (speziellen) Angebote darstellen.

Die vertragliche Abwicklung geschieht wie folgt:
Die Beklagte kontrahiert mit den externen Gesundheitsdienstleistern wegen der in den Arztpraxen darzustellenden Werbung nach Maßgabe des auf Bl. 145 – 147 d. A. wiedergegebenen Vertragsmusters.

Die Arztpraxenbetreiber kontrahieren wegen der Aufstellung der hardware und wegen der Abspielung der software mit der …. nach Maßgabe der auf Bl. 143 f. d. A. wiedergegebenen Vertragsentwurfs, wobei bei Einblendung der jeweiligen Werbung in den Warteräumen der Arztpraxis auf den Werbecharakter durch das Substantiv „Werbung" und „…dies ist keine Information des Arztes“ sowie durch den Hinweis auf eine Werbung, bei der es sich nicht um eine Empfehlung des Arztes handele, der zudem keinen Einfluss auf die Inhalte und/oder die Auswahl des werbenden Partner u.a. der Beklagten habe, wie auf BL. 89, 90 d. A. wiedergegeben, aufmerksam gemacht werden soll. Der/die jeweilige Betreiber/in der Arztpraxen können gegen die Ausstrahlung konkreter Werbeeinblendungen und –beiträge mit Erfolg ihr Veto erheben.

Die Beklagte, die sich zum Zwecke des Vertriebs ihres Angebots weiterer Vertriebspartner bedient, warb bei den Gesundheitsanbietern – also auch bei Apotheken – jedenfalls bis Frühjahr 2011 mittels ihrer Werbeschrift wie auf BI. 40, 40 R,  41, 41 R – vorliegend Anlage K1 zur Klageschrift – dargestellt. Auf ihrer Internetseite warb die Beklagte wie auf Bl. 42 f. d. A. – Anlage K2 zur Klageschrift – danach wie auf Bl. 93 d. A. dargestellt.

Der Kläger moniert die Weitung der Beklagten Und forderte diese mit. Abmahnschreiben vom 3. Juni 2011 ohne Erfolg zur Abgabe einer strafbeehrten Unterlassungserklärung auf (131. 44 –46d. A.).

Der Kläger arbeitet mit einem durchschnittlichen Kostenaufwand für die Erstellung und Übersendung einer Abmahnung von jedenfalls 205,00 € netto.

Der Kläger Kläger beantragt,

wie erkennt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet nunmehr, d. h, seit Frühjahr 2011, nur noch gemäß den Aussageinhalten der Werbebroschüre, wie auf Bl. 91, 92 d. A. dargestellt, zu werben. Es gebe für eine regionale Apotheke keine Exklusivität mehr. Sie habe im Übrigen ohne Wissen und Wollen in Bezug auf einen vermeindlichen Wettbewerbsverstoß ihrer Apothekenwerbepartner ge¬handelt.

Sie meint, ihre Werbung sei durchgängig nicht zu beanstanden, weil die Berufsfreiheit der Apotheker/innen eine Werbung auch in Arztpraxen erlaube und zudem auf den Werbecharakter und die fehlende Autorisierung  durch den Arztpraxenbetreiber während der Ausstrahlung des Beitrages in dem Warteraum der Patienten hingewiesen werde.
Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 20, Februar 2012 Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der digitalisierten Werbespots auf ,den Dateien der CD-R Bl. 148 d. A.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die Qualifizierung des Klägers ist der Kammer aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten im Wettbewerbsrecht bekannt.

Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Gegenstand der mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsbegehren ist die konkrete Verletzungsform, wie sie nach Ansicht der Klägers in den Anlagen K1 und K2 zur Klageschrift ihren Niederschlag gefunden hat.

Maßgeblich für die zulässige Fassung eines Verbotsantrags ist, dass der Gegenstand, und der Umfang der Entscheidungsbefugnis der Kammer erkennbar substantiell abgegrenzt wird und sich die Beklagte folglich erschöpfend hiergegen verteidigen kann und bei der etwaigen Vollstreckung des Unterlassungstitels keine Zweifel über den inkriminierten Tatbestand, wegen dem die Unterlassung verlang worden ist, verbleiben (vgl. BGH Urteil vom 11. Oktober 1990 – I ZR 35/89 – <18>; Urteil vom 21. Dezember 2011 – I ZR 190/10 – <12f>, jew. zit. nach juris).

So liegt die Sachlage hier.
Der Kläger hat durch die konkrete lnbezugnahme der Werbebroschüre der Beklagten (Anlage K1 der Klageschrift) durch den Hinweis „…,wenn dies geschieht wie in der Anlage K1“ und deren Internetauftritt in Form eines screenshots (Anlage K2 der Klageschrift) durch den Hinweis „…, wie es aus der Anlage K1 und Anlage K2 ersichtlich ist…“ die im Raume stehenden Verletzungshandlungen bezeichnet und damit den Streitgegenstand der beiden Unterlassunganträge ausreichend individualisiert. Beide von dem Kläger mit der Klage angegriffenen Verletzungshandlungen beziehet sich daher auf die von der Beklagten getätigten Aussagen sowohl in der Werbeschrift als auch auf deren Werbeseite im Internet. Damit hat der Kläger den maßgeblichen Lebenssachverhalt dargelegt, der Gegenstand der Unterlassungbegehren ist. Zu einer noch weitergehenden Eingrenzung bestand keine rechtserhebliche Verpflichtung. Selbst wenn die von dem Kläger als nach seiner Sicht maßgeblich herangezogenen Werbeaussagen nicht (insgesamt) das Unterlassungsbegehren rechtfertigen würden, wäre es der Kammer im Übrigen nicht verwehrt, etwaige andere, in den genannten Anlagen in Bezug genommene Werbeaussagen der Beklagten dem Unterlassungsantrag zugrunde zu legen, weil der von dem Kläger mit
der Klage unterbreitete Lebenssachverhalt auch diese Aussagen erfasst (vgl. BGH Urteil vom 7. April 2011 —1 ZR 14/09 –, veröffentlicht in NM 2011, S. 2787 ff., 2788 a. E. 2789 m. w. N.),

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung im tenorierten Umfang verlangen, §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 ApoG und den im Einzelnen darzustellenden Regelungen hierzu in den jeweiligen Berufsordnungen der Apothekerkammern der Bundesländer.

Sowohl bei der Regelung in 11 Abs. 1 ApoG als auch  bei den das Marktverhalten der Apotheken bestimmten Regelungen der jeweiligen landestypischen Berufsordnungen handelt esse um Marktverhaltensregeln, weil Sie eine :Konkretisierung des Regelungszwecks des § 1 Abs. 1 ApoG darstellen, wonach die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gewährleistet werden soll, die nicht durch eine einseitige Bevorzugung einer Apotheke durch einen Arzt unterlaufen werden soll (vgl. hierzu und zu dem Regelungsgehalt der Berufsordnungen BGH Urteil. vom 17. Oktober 1980 —1-gR 185/78 – <9> noch zu § 1 UWG; BVerfG Beschluss vom 22. Mai 1996 — 1 BvR 744/88; 60/89; 1-5119e1 e85 88>, jew. zit. nach juris; Köhler in Köhler/BoMkarte, UWG, 29, Aufl., Rz. 11.76 11.116, § 4 UWG m. w. N.)

Diesen Anforderungen wird die hier gegenständliche Werbung der Beklagten nicht gerecht.

Die Werbeaussage in der Werbebroschüre und auch die Werbeaussage auf der Homepage der Beklagten beinhalten eine Anstiftung der Apotheker/innen zu einer Werbung in den Warteräumen der jeweiligen Arztpraxen, die sowohl dem Regelungsgehalt von § 11 Albs. 1 ApoG als auch den Regetimen in den Berufsordnungen der Apothekerkammern zuwiderläuft, weil sie – im Falle der Umsetzung nach der Werbeaussage – auf eine einseitige Bevorzugung der werbenden und regional ansässigen Apotheken durch die beteiligten Ärzte hinausläuft. Maßgeblich sind dabei allein die Werbeaussage der Beklagten in der hier zugrunde liegenden Werbeschrift (Anlage K1 der Klageschrift) und über ihren internetauftritt (Anlage K2 der Klageschrift) und die hiermit von der Beklagten bei den Werbekunden intendierte Rechtsfolge. 0b es tatsächlich zu einer Umsetzung der Werbemaßnahme durch Ausstrahlung der Werbung in dem Wartezimmer gekommen ist, ist nicht maßgeblich, weil die wettbewerbsrechtlich bedeutsame Anstiftungshandlung bereits in der Werbemaßnahme und dem damit intendierten Vertragsabschluss zwischen den Werbepartnern – Apotheken – und der Beklagten selbst liegt. Dies wird zudem durch eine (von Rechts wegen nicht veranlasste) Kontrollüberlegung belegt: selbst wenn es nicht zu einem Vertragsschluss zwischen den Betreibern der Arztpraxen und der xxx kommen sollte, ändert dies an dem Wettbewerbsverstoß der Beklagten nichts. Auch die unter dieser Prämisse anzunehmende versuchte Anstiftung durch die Beklagte gegenüber den Apothekenbetreibern würde eine wettbewerbswidrige Handlung verkörpern.

Dem aufgezeigten verfassungsfesten Regelungsgehalt gemäß (vgl. auch OVG NRW Urteil vom 2. September 1999 – 13 A 3323/97 – <6-9>, m. w. N., zit. n. juris) untersagt § 11 Abs. 1 ApoG neben Rechtsgeschäften auch Absprachen zwischen Apothekern und Ärzten, die auf eine bevorzugte Zuführung von Patienten hinauslaufen.
Eine dahingehende Absprache muss nicht ausdrücklich getroffen werden, sondern kann auch schlüssig aus der tatsächlichen Handhabung oder einer eingespielten Übung hervorgehen (vgl. OLG Hamm Urteil vom 29. August 2006 – 19 U 39/06- <25 f.>, zit. n. juris).
Es mag auf sich beruhen, ob – wie das OVG NRW, aaO <19> rein begriffs- und wenig regelungszweckorientiert meint – die „Zuführung von Patienten“ sich nur an Apothekenbetreiber und nicht an den Arzt selbst richtet. Dieser ist nach dem Regelungszweck des § 11 Abs. 1 ApoG selbstverständlich Adressat der Verbotsnorm, weil es ein einseitiges Rechtsgeschäft und eine einseitige Absprache/Handhabung nicht gibt. Jedenfalls kann eine Abrede im vorgenannten Sinne auch zur Folge haben, dass mit ihr eine bevorzugte Zuweisung von Verschreibungen einhergeht, weil der Patient wegen einer hervorgehobenen Werbung einer regional ansässigen Apotheke in den Warteräumen des Arztes eben diese Apotheke mit der ihm ausgehändigten Verschreibung aufsucht.
So haben dann auch die von den Apothekenkammer der Bundesländer verabschiedeten Berufsordnungen den Pflichtenkreis der Apothekenbetreiber dahingehend gefasst, dass ihnen (auch) Abreden und schlüssige Handlungen untersagt sind, die dem Verbortsgehalt des § 11 Abs. 1 ApoG entsprechen.
Im Einzelnen finden sich dahingehende eindeutige Untersagungsgebote in den Berufsordnungen wie folgt: § 11 Abs. 2 für Bayern, § 5 Abs. 1 für Hessen, § 12 für BW und Berlin, § 8 Abs. 2 für Brandenburg, § 15 Abs. 1 für Bremen, § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 für Hamburg, § 12 Abs. 2 für Mecklenburg-Vorpommern, § 11 Abs. 1 für Niedersachsen, § 14 für Nordrhein, § 13 Abs. 2 für Rheinland-Pfalz, § 12 Abs. 1 für das Saarland und Sachsen-Anhalt, § 10 Abs.2 für Sachsen, § 9 Abs. 2 für Schleswig-Holstein, § 12 für Thüringen und § 14 für Westfalen-Lippe. Darüber hinaus sind nach den genannten Berufsordnungen Verhaltensweisen der Apothekenbetreiber untersagt, die ihren gesetzlichen Auftrag einer unbeeinflussten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zuwiderlaufen.

Die hier gegenständliche Werbung der Beklagten beinhaltet eine Berechtigung der angesprochenen regional ansässigen Apothekenbetreiber, in dein Wartezimmer einer ebenfalls, weil sachlogisch regional ansässigen Arztpraxis für die Apotheke uneingeschränkt im Rahmen des von xxx ausgestrahlten Programms unter dem Programmpunkt des „Gesundheitsfensters“ zu werben. Die Beklagte bringt dies in der Werbeschrift als Angebot (Deckblatt Anlage K1) unmissverständlich wie felgt (auch) für den Apotheke zum Ausdruck

„Werden Sie beim Arzt empfohlen oder ihr Wettbewerb?“

Darüber hinaus findet sich dann auf der ersten Innenseite neben hervorgehobener bildlicher Darstellung eines Arztes- mit Stethoskop und der ,,Rosen Apotheke“ im Hintergrund im Anschluss an die Beschreibung der weiteren Inhalte des xxx (Praxisleistungen des Arztes und weitere Informationssendungen) der textliche Hinweis wie folgt:

„Eingebettet in dieses wenige und kurzweilige Programm beim Arzt „um die Ecke", senden wir ein regionales Gesundheitsfenster, welches ausgewählte Anbieter des regionalen Gesundheitsmarktes exklusiv empfiehlt. Das Angebot ist auch in ihrer Region riesig und reicht von „A“ wie Apotheke bis „Z“ wie Zahnmedizin. Es stehen allerdings maximal acht Sendeplätze für acht Partner zur Verfügung und jede Branche ist nur ein einziges Mal vertreten!“

Auf der Folgeseite/Innenseite 2 findet sich dann nach dem Hinweis, dass nur 8 Sendeplätze je Standort zur Verfügung stehen unter Ziff. „6. Freuen! Sie werden exklusiv als Vertreter Ihrer Branche beim Arzt empfohlen. Niemand kann Ihnen diesen Platz in der von Ihnen gewählten Laufzeit streitig machen…“ Auf der Rückseite des Angebots der Beklagten ist herausgestellt: „Empfehlung statt Werbung…"

Abgesehen davon, dass sich dieser Darstellung durch den aufgeklärten und aufmerksamen Patienten oder Begleiter desselben entnehmen lässt, dass die „Empfehlung der regional ansässigen Apotheke noch dazu exklusiv durch den Arzt erfolgt, weil die Werbung immerhin in seinen Praxisräumen sowohl visuell als auch akustisch dargestellt wird und zudem noch in eine Eigenwerbung des Arztes "eingebettet" ist, drängt sich dem werbeinteressierten Apothekenbetreiber geradezu die Schlussfolgerung auf, dass jedenfalls eine derartige Werbung in den ärztlichen Praxisräumen keinesfalls ohne das Plazet des Arztes selbst vonstattengehen kann. Wie auch immer: der Arzt steht erkennbar hinter dieser Werbung, er würde sie ansonsten nicht dulden. Die Werbung bezieht sich zudem nicht auf irgendeinen Apothekenbetreiber, sondern natürlich auf ortsgebundene, in jedem Fall leicht erreichbare Apotheken, die damit in einem räumlichen Näheverhältnis zu der Arztpraxis stehen. Mit der damit einhergehenden, nach außen vermittelten „Empfehlung" des Arztes wird eben die schlüssige Abrede zwischen Arzt und Apothekenbetreiber vermittelt, die auf eine Zuführung von Patienten und/oder Zuweisung von Verschreibung hindeutet. Dass sich der Arzt etwa von den Inhalten des Gesundheitsfensters im xxx distanziert, er keine Empfehlung aussprechen will, kann dem von der Beklagten an die interessierten Apothekenbetreiber gerichteten Angebote gerade nicht entnommen werden.

Die Kammer verkennt keineswegs, dass Apotheken als Handelsgewerbe selbstverständlich auf Dauer und Gewinnerzielung ausgerichtete Gewerbebetriebe sind. Gleichwohl ergeben sich aus ihrer hervorgehobenen, durch § 1 Abs. 1 ApoG begründeten Pflichtenstellung besondere Anforderungen an die Außendarstellung (vgl. hierzu BVerfG Urteil vom 20. Januar 1983 – I ZR 13/81 – <27, 29, 34>, zit. n. juris), die ihren Niederschlag in den Beschränkungen des § 11 Abs. 1 ApoG gefunden haben. Die Berufsordnung der Apothekerkammern lehnen sich an diese Regelung an. Hiermit soll verhindert werden, dass der öffentliche Auftrag der Apotheken umgangen wird und sich einzelne Apothekenbetreiber über die Werbung nicht gerechtfertigte Vorteile verschaffen (vgl. BVerfG Beschluss vom 22. Mai 1996 – 1 BvR 744/88, 60/89 und 1519/91 – <84-88> m. w. zit. n. juris). Von daher sind die vorliegend ausgesprochenen Unterlassungsgebote wegen der Werbung in Arztpraxen unter dem Blickwinkel der Gewährleistung der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG gerechtfertigt.
Ob darüber hinaus die generelle Untersagung einer Werbung von Apotheken in Arztpraxen in § 20 Abs. 2 Nr. 4 BayBO der Apothekerkammer als Grundlage für die Unterlassung wegen der hier gegenständlichen Werbung herangezogen werden kann, mag dahinstehen.

Ob und ggf. inwieweit die konkrete Ausstrahlung der Werbung in dem Gesundheitsfenster, so wie von der Beklagten auf der Datei der CD-R dargestellt, einen Unterlassungsanspruch (auch) gegen die Beklagte zu begründen vermag, kann vorliegend ebenfalls offen bleiben. Die Kammer weist insoweit lediglich darauf hin, dass die Angabe in dem Gesundheitsfenster bei der Werbeeinblendung, der Arzt habe keinen Einfluss auf die Inhalte und/oder die Auswahl der vorgestellten Partner, nicht zutreffen kann, weil die Beklagte bereits selbst einräumt, dass der Arzt insoweit ein Vetorecht habe. Es wäre auch kaum vorstellbar, dass der eine Arztpraxis betreibende Arzt sich wegen der Werbeaussage in dem Gesundheitsfenster ohne maßgeblichen Einfluss dem Gestaltungsermessen der Beklagten oder der xxx ausliefert.

Es kann ferner unentschieden bleiben, ob die Beklagte auch den jeweiligen ärztlichen Praxisbetreiber durch die an die Apothekenbetreiber gerichteten Angebote zu einem nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 der Muster – Berufsordnung für Ärzte des BÄK (entspricht der Regelung in § 34 Abs. 5 der Berufsordnung für Ärzte in Hessen) standes- und damit wettbewerbswidrigen § 4 Nr. 11 UWG) Verhalten anhält, wofür der an den § 11 Abs. 1 ApoG angelehnte Regelungsgehalt spricht (vgl. BGH Urteil vorn 13. Januar 2011 –t 2R 111108 <27, 66>, zit. n. juris) oder, ob die Dazwischenschaltung der xxx nicht einen neuen, eigenständigen Kausalverlauf in Gang setzt.

Der Anspruch ist auch insoweit gegeben, als der Kläger um Unterlassung der Ausstrahlung der Werbung auf einem Bildschirm im Wartezimmer von Arztpraxen anträgt.

Wie bereits aufgezeigt, liegt die bestimmende Handlung der Beklagten in dem an die Apothekenbetreiber gerichteten Angebot in der Werbeschrift (Anlage K1 zur Klageschrift) und zudem wegen der Ausstrahlung dar Werbung (Klageantrag 1b.) in ihrer Werbung mit den auf der Internetseite unter xxx dargestellten Inhalten. Sowohl die verkörperte Werbeschrift als auch die Internetwerbung der Beklagten vermitteln dem interessierten Apothekenbetreiber, freilich auch allen anderen angesprochenen Gesundheitsdienstleistern, den Eindruck, dass die Beklagte neben der Akquirierung von Werbekunden auch für die Ausstrahlung verantwortlich zeichnet. Parallel zu der bereits dargestellten Werbung in der Werbeschrift heißt es dann auch auf der Internetseite der Beklagten (Anlage K2 zur Klageschrift) wie folgt: „Fernsehen bis der Arzt kommt! XXX produziert und sendet zwei exklusive Formale auf …. Des regionale Gesundheitsfenster und das regionale Wirtschaftsfenster. Die Ausstrahlung erfolgt     auf … in ihrer Region … Im regionalen Gesundheitsfenster auf xxx empfehlen wir, individuell an federn Standort ansässige Unternehmen..«

Danach unterliegt es für Werbekundenkeines Zweifels, dass die Beklagte nach ihrer Werbeaussage den Ein-druck vermittelt, auch –für die Ausstrahlung der Werbung in den Praxisräumen der Ärzte: durchgängig verantwortlich zu seih.
Der Beklagten ist natürlich bewusst, dass sie mit der mit ihrer Werbung einhergehenden Angebotsunterbreitung an die Apothekenbetreiber diese zum Abschluss eines Werbevertrages bewegt, das ist das Ziel der Werbung an sich.
Darüber hinaus geht die Kammer davon aus, dass die Beklagte, die sich auf dem Gebiet der Werbung von Gesundheitsanbietern in Arztpraxen bewegt und nach ihrer Werbeaussage im Bundesgebiet über 5.200 Standorte verfügt, mit monatlich hinzukommenden weiteren 100 Standorten, sich über die rechtliche Einordnung einer Werbung insbesondere von Apotheken in Warteräumen von Arztpraxen hinreichend informiert hat. Von daher wird ihr die Regelung in dem ApoG und den Berufsordnungen nicht unbekannt geblieben sein. Wenn sie angesichts der aufgezeigten Rechtslage auf die rechtliche Zulässigkeit ihrer Werbung vertraut, hat sie sich sehenden Auges einem Sich aufdrängenden wettbewerbswidrigen Zustand unterstellt, was Jedenfalls einer eingehenden vorherigen rechtlichen Beratung bedurft hätte. Dies begründet zumindest vorsätzliches Verhalten bei der vorliegenden maßgeblichen Werbung und deren Umsetzung.

Die alternative und kumulative Verurteilung in und zwischen den Geboten ist gerechtfertigt, weil die Beklagte sich – unstreitig – bei der Werbung und dem Vertragsabschluss auch durch Vertriebspartner vertreten lässt, d.h, sie wirbt auch über diese und schließt auch über diese die Werbeverträge mit den Gesundheitsdienstleistern ab. Ebenso erfolgt die Ausstrahlung entweder über die Beklagte oder über die Vertriebspartner. Von daher ist es möglich, dass die Beklagte wirbt, aber nicht zwingend auch ausstrahlt und umgekehrt.

Die Wiederholungsgefahr liegt vor. Sie wird vermutet, weil sich die Beklagte geweigert hat, auf die Abmahnung hin die strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.

Es kann offen bleiben, ob die Beklagte die Werbemittel gemäß Anlage K1 oder K 2 nicht mehr so verwendet, dass Einzelapotheken Exklusivität beim Sendeplatz zugesichert wird. Zum einen vermag dies nichts an der Unzulässigkeit der Werbung und der anschließend intendierten Ausstrahlung der Werbung zu ändern, weil – unstreitig – nach wie vor nur 8 Sendeplätz je regionalem Standort zur Verfügung stehen und bereits von daher in der Regel eine Beschränkung der Werbung der Apothekenbetreiber naheliegt, weil sich die Werbung auch an andere Gesundheitsanbieter wendet und damit der Sendeplatz nicht allen Anbietern zur Verfügung steht. Zum Anderen verteidigt die Beklagte gerade ihr Angebot an die Apothekenbetreiber und die Ausstrahlung der Werbung in dem Gesundheitsfenster so wie in den Anlagen K1 und K2 der Klageschrift dargestellt. Soweit die Beklagte daher ihre Werbeaussage im aufgezeigten eigeschränkten Umfang verändert hat, vermag dies die Wiederholungsgefahr nicht zu beseitigen, weil damit ein rechtserheblicher actus contrarius einhergeht.

Die Zwangsmittelandrohung beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO. Die Kammer hat den Antrag in der Klageschrift so ausgelegt, dass die evtl. Vollstreckung von Ordnungshaft selbstverständlich an dem Geschäftsführer der Beklagten erfolgen soll.

Der Zahlungsanspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Die Aufwendungen des Klägers für jede Abmahnung belaufen sich auf netto 205,00 Euro zzgl. 7% Umsatzsteuer, mithin 219,35 Euro, deren Verzinsung gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 ZPO ab Rechtshängigkeit (27.November 2011) verlangt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO, Die Kammer hat dabei das Sicherungsinteresse der Beklagten wegen der Unterlassungsgebote angemessen berücksichtigt.

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