Übersendung unerwünschter SMS

10. Dezember 2008
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Eigener Leitsatz:

Allein die Zuweisung von Kurzwahlen und die Weitergabe an Vertragspartner begründet nicht die Eigenschaft des Rufnummer-Inhabers als unmittelbarer oder mittelbarer Störer. Eine Kurzmitteilung muss ebenso wie eine e-mail nicht zwingend von dem ausgewiesenen Absender stammen.<br/><br/>

Amtsgericht Berlin – Tempelhof-Kreuzberg

Urteil vom 19.11.2008

Az.: 2 C 231/08

Urteil

In dem Rechtsstreit … hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg,…, auf die mündliche Verhandlung vom 08.10.2008 durch … für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt es nachgelassen, die Vollstreckungder Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um das Hauptverfahren zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren der Parteien vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg zu Az. 20 C 1018/07.

Der Kläger ist Inhaber des Mobilfunkanschlusses zu der Rufnummer 0175 … . Der Beklagten wurden von der T-Mobil die Kurzwahlnummern … und … zugewiesen. Die Beklagte stellt die ihr zugewiesenen Nummern Dritten zur Verfügung. Der Kläger erhielt am 12.10.07 und 15.10.07 unerwünscht Kurzmitteilungen (SMS) mit
dem Inhalt:

„Hallo, mein Name ist Lena und ich komme aus der nähe aus berlin! Lust mal was zusammen zu unternehmen? lg.“

und

„Möchtest du aufregende Fotoserie von Lena jetzt auf dein Handy? Antworte „JA“ Ab 18 Jahre! Abm: Stopp (kostenlos) Fotoabo. Max 4 Fotos/Tag 2,99 EUR“.

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 23.10.2007 zur Unterlassung und zu Auskünften auf. Er erwirkte am 15.11.2007 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg zu Az. 20 C 1018/07, die nunmehr Gegenstand eines Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Berlin ist. Mit Schreiben
vom 27.11.2007 forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf.

Der Kläger behauptet, er habe die Kurzmitteilung über die der Beklagten überlassenen Kurzwahlnummern erhalten. Er vertritt die Ansicht, die Beklagte müsse sicher stellen, dass im Falle der Überlassung der Kurzwahlen an Dritte feststellbar sei, wer diese Kurzwahlen nutze und hiervon Kurzmitteilungen versende. Daher sei unerheblich, ob die Kurzmitteilungen von der Beklagten, einem Vertragspartner der Beklagten oder einem sonstigen Dritten verfasst seien. Zur Urheberschaft der Beklagten legt er als Anlage K2 und 3 einen Ausdruck einer Auskunftsseite der T-mobil im Internet und als Anlage zum Schriftsatz vom 06.10.08 ein Schreiben der Bundesnetzagentur voom 07.10.08 zu Akte, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren – Ordnungshaft zu vollstrecken an den jeweiligen Geschäftsführern-, zu unterlassen, dem Kläger unaufgefordert Werbe-SMS an seine Rufnummer 0175 … zu senden; den Kläger von den Kosten seiner Prozessbevollmächtigten für die außergerichtliche Tätigkeit im Vorfeld der beantragten einstweiligen Verfügung in Höhe von 489,45 EUR freizustellen sowie
den Kläger von den Kosten seines Prozessbevollmächtigten für das Abschlussschreiben in Höhe von 402, 82 EUR freizzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie behauptet, die Sprachmitteilung sei weder von ihr, noch von einem Vertragspartner versendet worden. Die Absenderrufnummer einer SMS könne manipuliert werden. Mangels Kenntnis der Nutzung der Rufnummer hätte sie keine Prüfpflicht gehabt und sei somit nicht Störer. Eine solche Prüfpflicht würde zum ihr Geschäftsmodell in Frage stellen. Sie habe zudem keine rechtliche und auch keine tatsächliche Möglichkeit,
eine rechtswidrige Nutzung zu unterbinden. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 I i.V.m. § 823 I BGB oder aus §§ 903, 1004, 862 BGB. Die Übersendung unerwünschter Kurzmitteilungen auf die Mobilrufnummer der Klägerin verletzt zwar dessen Eigentum (LG Berlin NJW 02, 2569, MDR 03, 873) sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers (BGH NJW 89, 902 für den aus Sicht des Gerichts vergleichbaren Fall des unerwünschten Einwurfs von Postwurfsendungen). Der Kläger konnte aber nicht darlegen, dass die Beklagte Störer ist. Alleine die Zuweisung der Kurzwahlen an die Beklagte und die Weitergabe an Vertragspartner begründet nicht Eigenschaft der Beklagten als unmittelbarer oder mittelbarer Störer. Unmittelbarer Störer ist, wer die Kurzmitteilungen versendet. Mittelbarer Störer ist, wer sich die Störung durch einen anderen zurechnen lassen muss. Die Zurechnung erfolgt in dem vorliegend zu beurteilenden Fall des Schutzes absoluter Rechte des bürgerlichen Rechts anders als im Wettbewerbsrecht (BGH Urteil vom 11.03.04 zu Az. I ZR 304/01 in juris vgl. rz. 47, auch veröffentlicht in NJW 04, 3102; Münch in Soergel: Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, Sachenrecht 2/1, 13. Auflage, § 1004 BGB, Rn. 136, 139 und 142) unter den folgenden Voraussetzungen:

1. adäquate Mit- /Verursachung (BGH Urteil vom 11.03.04 a.a.O.) und

2. die Möglichkeit der Behrrschung (BGH NJW 89, 902; Münch a.a.O., Rn. 136 und 138).

Vorliegend ist eine adäquate Mit-/ Verursachung nicht dargelegt. Es kann nicht mit einer Gewissheit, die vernünftige Zweifle schweigen lässt, angenommen werden, dass die Kurzmitteilungen von der Beklagten oder einem ihrer Vertragspartner versandt wurden. Eine Kurzmitteilung muss ebenso wie eine e-mail nicht
zwingend von dem ausgewiesenen Absender stammen. Der Kläger ist der Darlegung auch nicht enthoben, weil die Beklagte in der Vergangenheit aufgrund einer über die Kurzwahl … vesandten unerwünschten SMS abgemahnt wurde. Die Versendung in dem von der Bundenetzagentur gemahnten Fall ist ein anderer Sachverhalt
als die Versendung an den Kläger. Juristisch lässt der eine fall auf den anderen keinen Rückschluss zu. Auch die Frage, wer statt der Beklagten einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Übersendung der SMS zieht, ersetzt die Darlegung nicht, dass die Beklagte oder ein Vertragspartner der Beklagten die Kurzmitteilung versendet hat. Solche Erwägungen können keinen Tatsachenvortrag ersetzen. Dem Kläger kommen auch nicht die Erleichterungen des Anscheinsbeweises zugute. Ein Anscheinsbeweis setzt voraus, dass ein bestimmter Sachverhalt feststeht (Zuweisung der Kurzwahl), der nach der allgemeinen
Lebenserfahrung auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für einen bestimmten Umstand (Urheberschaft) schließen lässt. Die muss mit einer solchen Häufigkeit gegeben sein, die eine hohe Wahrscheinlichkeit begründet, einen solchen Fall vor sich zu haben (LG Berlin 62 S 278/06). Daran fehlt es aufgrund der Möglichkeit, die Kurzwahlen an Dritte weiter zu geben und aufgrund der Möglichkeit, einen anderen Absender vorzutäuschen. Der Umstand, dass der Kläger naturgemäß nicht mehr darlegen kann als in dem vorliegenden Fall geschehen, hat auf die Frage des Anscheinsbeweises keinen Einfluss. Auf der Grundlage der derzeitigen Rechtslage muss nach Ansicht des Gerichts die Mit- /Verursachung feststehen.

Aus den oben genannten Gründen schuldet die Beklagte auch nicht Freistellung von Kosten nach § 823 I BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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