Eintragungsversagung von Wortneubildungen

29. April 2009
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Eigener Leitsatz:

Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bei sprachlich üblicher Bildung sowie deutlich und unmissverständlich beschreibenden Aussagegehalt entgengestehen, wenn auf die konkret beschreibende Angabe ohne besondere Denkprozesse oder begriffliche Ungenauigkeit unmittelbar geschlossen werden kann. Es ist nicht erforderlich, dass die Zeichen bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken verwendet werden.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 22.01.2009

Az.: 30 W (pat) 25/08

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 54 675.2 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. Januar 2009 (…)beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Februar 2008 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung bezüglich der Waren und Dienstleistungen „wissenschaftliche, Schifffahrts-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen; Papier, Pappe (Karton); Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I .
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung

mailagenten

für zahlreiche nachfolgend wiedergegebene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 39, 41, 42:

Strichcodeleser; Karten mit integrierten Schaltkreisen (Smartcards); wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen Datenverarbeitungsgeräte und Computer; CD-Rom (Festspeicher), Compactdiscs (Ton und Bild), Computer, Computerperipheriegeräte, gespeicherte Computerprogramme, herunterladbare Computerprogramme, Disketten, elektronische Publikationen;
Etiketten; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse; Handbücher, Prospekte, Kataloge; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Unternehmensberatung; Marktforschung; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Pflege von Daten in Computer-Datenbanken; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen; Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellung von Geschäftsgutachten; Umfragen, nämlich Meinungsforschung; Nachforschungen in Computerdateien (für Dritte); Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Herausgabe von Statistiken;
Postdienstleistungen; Auslieferung von Paketen; Verteilung von Zeitschriften und Zeitungen; Kurierdienste; Zustellung und Auslieferung von Waren; Verpackung und Lagerung von Waren; Transportwesen;
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren und Workshops; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte);
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Aktualisieren von Computersoftware; Computerberatungsdienste; Design von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Computersystemanalysen; Entwicklungs- und Recherchedienste bezüglich neuer Produkte (für Dritte); Qualitätsprüfung.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dem inländischen Verkehr sei das engl. Wort „mail“ für „Post“ auch als Kurzform für „E-mail“ bekannt. Unter „Agent“ verstehe man zum einen eine Person, die im Auftrag eines anderen Tätigkeiten ausführe, zum anderen auch ein Computerprogramm, das eigenständig arbeite und z. B. in den Bereichen eCommerce, Informationsrecherche, Simulation und Erledigung von Routineaufgaben eingesetzt werde. Ein „mailagent“ bezeichne daher nicht nur eine Person, die im Auftrag Dritter Tätigkeiten in Bezug auf E-mails durchführe, sondern auch Programme, die entsprechenden Tätigkeiten, wie z. B. die Kontrolle, systematische Ablage oder Nachverfolgung von E-mails erledige. Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen könnten den Einsatz von mailagenten zum Inhalt haben, beim Einsatz von mailagenten benötigt werden oder mit Hilfe von mailagenten erbracht werden.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, der Verkehr werde die angemeldete Bezeichnung „mailagenten“ als Gesamtbegriff und Fantasiewort auffassen und keiner gedanklichen Analyse unterziehen. Die Kombination der beiden Begriffe „mail“ und „agent“ sei in Deutschland nicht gebräuchlich, es handle sich um eine fantasievolle Wortneuschöpfung ohne beschreibenden Begriffsgehalt, da der Gesamtbegriff unklar und interpretationsbedürftig sei. Die Markenstelle habe keine Nachweise für den beschreibenden Charakter der Gesamtbezeichnung oder ihre Verwendung erbracht und sich hinsichtlich eines beschreibenden Gehalts der angemeldeten Bezeichnung nicht mit allen beanspruchten Waren und Dienstleistungen auseinandergesetzt. Sie habe zudem übersehen, dass die Pluralform der Begriffskombination angemeldet sei.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Februar 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Anmelderin übersandten Ergebnisse einer Internetrecherche Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen „wissenschaftliche, Schifffahrts-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen; Papier, Pappe (Karton); Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Marke hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, weil sie für diese angemeldeten Waren und Dienstleistungen eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr  eschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem durch den gemeinsamen europäischen Markt nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 – Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 253, 260 m. w. N.).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 – BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 – KPN-Postkontoor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 – DOUBLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es Bezeichnungsalternativen, nämlich Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412 – BIOMILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 – Postkantoor).
Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“.

2. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten englischsprachigen Begriffskombination „mailagenten“ vor. Die Wortmarke „mailagenten“ stellt eine Zusammensetzung aus einem zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wort und einem (auch im Englischen gebräuchlichen) deutschen Wort in der Pluralform dar. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, soweit die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 – BioID).
Das englische Wort „mail“ bedeutet im Deutschen „Post“ und ist auch als Kurzform des Begriffs „E(lectronic)-Mail“ (elektronische Post) (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 – CD-ROM) in die deutsche Sprache eingegangen. Das deutsche Wort „Agent“ bezeichnet u. a. jemanden, der Geschäfte vermittelt und abschließt sowie einen (Handels)vertreter (vgl. Duden a. a. O.). Das im Englischen gleichlautende Wort „agent“ bedeutet u. a. „Bearbeiter, Handelnder, das Mittel, der Mittler“ (vgl. LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org) und wird in der Bedeutung „Vertreter“ in verschiedenen Zusammensetzungen verwendet wie „press agent“ (Presseagent), „publicity agent (Publicitymanager), „travel agent“ (Reisbürokaufmann), „house agent“ (Häusermakler), „insurance agent“ (Versicherungsvertreter, -agent) (vgl. Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM). Wie die Markenstelle bereits festgestellt hat, bezeichnet zudem der Begriff „Software-Agent“ oder auch „Agent“ im EDV-Bereich ein Computerprogramm, das zu gewissem eigenständigem Verhalten fähig ist. Sog. Agenten finden z. B. große Einsatzmöglichkeiten in den Bereichen E-Commerce und zur Erledigung von Routineaufgaben (vgl. Wikipedia, die freie Enzyklopädie unter wikipedia.org). Wie sich aus den der Anmelderin übersandten Rechercheergebnissen ergibt, wird der Begriff „mail agent“ in dieser Bedeutung bereits zur Bezeichnung von entsprechenden Computerprogrammen benutzt (vgl. u. a. z. B. „Mail-Agenten-Postboten der Email“ unter …zeus.fh-brandenburg.de; „Ein Mail Retrieval Agent (MRA) holt E-Mails von einem Mailserver, genauer dem Mail Delivery Agent (MDA) ab und speichert sie auf dem lokalen Rechner. Ein MRA ist in den meisten E-Mail-Programmen (Mail User Agent-MUA) integriert und übernimmt dort das Herunterladen von Mails. Ein Mail Transfer Agent (MTA) ist ein Programm, das den Transport und die Verteilung von Nachrichten erledigt. Im Gegensatz dazu dient der Mail User Agent zur Bearbeitung von Mails durch den Benutzer. Der Mail Delivery Agent (MDA) ist für die korrekte Filterung und Verteilung der Mails in die Mailboxen zuständig“ in Wikipedia, die freie Enzyklopädie unter wikipedia.org).
Ebenso wie die Zusammensetzung „Communication Agent“ – gemäß dieser Bedeutung im EDV-Bereich – eine sog. „Kommunikationsagenteneinheit“ für intelligente Soft- und Hardwarelösungen bezeichnet (vgl. BPatG 26 W (pat) 132/05 – Communication Agent auf PAVIS PROMA CD-ROM), steht die angemeldete Bezeichnung „mailagenten“ (auch) für eine „Postagenteneinheit“, nämlich eine intelligente Soft- und Hardwarelösung zur Erledigung oder Vermittlung von (elektronischer) Post.
Wie sich weiter aus den der Anmelderin übersandten Belegen ergibt, wird die angemeldete Bezeichnung „mailagenten“ zudem bereits verwendet als geläufige Bezeichnung für ein bestimmtes Tätigkeitsprofil einer Person im EDV-Bereich bzw. als deren Berufsbezeichnung (vgl. „E-Mail-Agenten und -Agentinnen kümmern sich um die externe E-Mail-Kommunikation eines Unternehmens. Sie sortieren, bearbeiten und beantworten elektronische Post“ unter berufenet.arbeitsagentur. de…; „E-Mail-Agents – Aufgaben: Kundenberatung per Mail, Webcam, Internet-Telefonie und Chat“ unter www. süddeutsche. jobatlas…; „Ihre Aufgabe als Mailagent ist ganz einfach: Sie nehmen Testsendungen entgegen und melden den darin enthaltenen i.code an uns zurück“ unter www. mailagenten.de…).
Auch in der Pluralform „mailagenten“ ist die angemeldete Bezeichnung eine sprachübliche Wortverbindung, bei der beide Markenbestandteile entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet werden und auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff bilden.

3. Von diesen Bedeutungen ausgehend liegt es daher für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der im Tenor genannten – nahe, die angemeldete Bezeichnung „mailagenten“ als „Postagenten“ in den genannten Bedeutungsmöglichkeiten zu verstehen. In Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung „mailagenten“ die die Schutzfähigkeit als Marke ausschließende, zur Beschreibung geeignete und naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Waren oder Dienstleistungen handelt, die über ein Postagentenprogramm verfügen bzw. mit einem Postagentenprogramm arbeiten oder funktionieren oder für ein Postagentenprogramm oder für den Arbeitsplatz oder die Tätigkeit eines Postagenten – hinsichtlich elektronischer wie auch der Post im herkömmlichen Sinn – bestimmt sind oder dies zum Inhalt oder Thema haben.
So kann die unter Klasse 9 aufgeführte Computersoftware und -hardware für den Arbeitsplatz eines Mailagenten in einem Callcenter bestimmt sein, sie kann zudem ebenso wie die in Klasse 9 aufgeführten Apparate und Instrumente mit einem intelligenten Programm zur Postbearbeitung ausgestattet sein oder hierfür bestimmt sein. Diese Waren können z. B. auch im Transportleitsystem eines automatisierten Paket- oder Post-Zentrums Verwendung finden, in dem mittels entsprechender „intelligenter“ Soft- und Hardware Postsendungen eingescannt, eingelesen, vermessen, sortiert, verteilt und transportiert werden. Strichcodeleser, wie auch spezielle Etiketten und Verpackungen können hierfür bestimmt sein oder Verwendung finden. Die weiteren Waren der Klasse 16 können die genannten intelligenten Computerprogramme oder die Tätigkeit eines Mailagenten im Callcenter zum Inhalt oder Thema haben. Die von der Zurückweisung umfassten Dienstleistungen können sich auf die obengenannten Verwendungszwecke beziehen, bzw. sie zum Inhalt oder Thema haben.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin lässt sich damit ein eindeutig beschreibender Begriffsgehalt feststellen. Dabei setzt eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt hat und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat (vgl. BGH GRUR 2008, 900-903 – SPA II).
Selbst wenn der Begriff „mailagenten“ auf eine Wortschöpfung durch die Anmelderin zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Waren und Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 – LOKMAUS). Die Angabe eines Ausstattungsmerkmals bzw. einer Bestimmungs- oder Inhaltsangabe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist eine wichtige Sachinformation, die auch unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und davon, ob möglicherweise andere Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gebräuchlich sind, den Mitbewerbern zur Beschreibung ihrer Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stehen muss (vgl. EuGH a. a. O. – Postkontoor).
Wegen des in Bezug auf die obengenannten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschriebene Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden. Die Beschwerde ist daher insoweit zurückzuweisen.

4. Dagegen kann der für die von der Anmelderin beanspruchten im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen „wissenschaftliche, Schifffahrts-, rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen; Papier, Pappe (Karton); Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ angemeldeten Marke kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Waren handelt es sich um Apparate und Erzeugnisse, die keinen Bezug zur Erstellung und Übermittlung (elektronischer) Post und zum beruflichen Betätigungsfeld eines sog. Mailagenten haben bzw. um Werkstoffe als Ausgangsprodukte für beispielsweise Druckereierzeugnisse. Auch für die Dienstleistungen kann ein solcher Bezug nicht festgestellt werden. So ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass „mailagenten“ als konkrete Angabe über Eigenschaften oder Bestimmung der unter dieser Marke angebotenen Waren und Dienstleistungen dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste. An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen daher kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Es ist aus obengenannten Gründen auch nicht ersichtlich, dass dem Zeichen die Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; „mailagenten“ fehlt insoweit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.

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