Kein Schutz für beschreibende Wortfolgen

29. April 2009
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Wortfolgen fehlt es an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn der werbend beschreibende Gehalt des Slogans im Vordergrund steht. Die drei Teile des recht langen Zeichens sind zwar formal ähnlich gebildet, werden im Verbund verwendet, stehen aber teilweise inhaltlich beziehungslos nebeneinander. Die Gesamtaussage der Wortfolge mit geringem Interpretationsspielraum begründet keine schutzwürdige Mehrdeutigkeit.   

Bundespatentgericht

Beschluss vom 31.03.2009

Az.: 33 W (pat) 21/07

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 58 472.1 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 31. März 2009 (…) beschlossen:

I. Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit die Zurückweisung der Anmeldung durch die Markenstelle 35 des Deutschen Patent- und Markenamts bestätigt wird bezüglich folgender Waren und Dienstleistungen:
„Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioca, Sago, Kaffee- Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und -vertretung“.

Gr ü n d e

I .
Die Wortfolge

Die Vision: EINZIGARTIGES ENGAGEMENT IN TRÜFFELPRALINEN
Der Sinn: Jeder weiß WAS wann zu tun ist und was NICHT zu tun ist
Der Nutzen: Alle tun das RICHTIGE zur richtigen Zeit

ist am 21. September 2006 für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden:

Klasse 30:
Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioca, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;

Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

Klasse 42:
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und -vertretung.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Markenanmeldung durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen.
Die angemeldete Marke sei nicht unterscheidungskräftig. Die Unterscheidungskraft sloganartiger Wortfolgen sei grundsätzlich nach den gleichen Anforderungen wie bei sonstigen Wortmarken zu beurteilen. Dabei könnten Kürze, Originalität und Prägnanz für ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft sprechen. Längeren Wortfolgen und Slogans, die sich in beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpften, fehle dagegen die Unterscheidungskraft. Erhebliche Teile des Verkehrs würden im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Produkten in der Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern eine Werbeaussage allgemeiner Art sehen. Denn die sprachregelgerecht gebildete Wortfolge rücke ein Wertversprechen in den Vordergrund, mit dem der Verkehr auf die Qualität der angebotenen Produkte und Leistungen hingewiesen und zur Inanspruchnahme dieses Angebots aufgefordert werden solle. Die angemeldete Marke reihe im Wesentlichen drei Kernaussagen aneinander, die mit den schlagwortartigen Ausdrücken „Die Vision:“, „Der Sinn:“ bzw. „Der Nutzen:" beginnen würden und in der Kombination den Eindruck einer Unternehmensphilosophie eines Herstellers im Bereich der Nahrungs- und Genussmittel vermittelten. Die Gesamtaussage erschöpfe sich im Wesentlichen in dem Verständnis, dass derart gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen von einem Anbieter stammten, der sich in erster Linie mit der Herstellung von Trüffelpralinen befasse, sich in diesem Bereich engagiere und über besonderes Wissen, besondere Fähigkeiten und Kompetenzen sowie über strategisches Handeln in der einschlägigen Branche verfüge. Derartige Selbstdarstellungen seien werbe- und branchenüblich. Selbst wenn für einen Teil der Waren kein unmittelbar im Vordergrund stehender Begriffsgehalt hergeleitet werden könne, erscheine die Annahme eines markenmäßigen Verständnisses schon wegen der beträchtlichen Zeichenlänge fernliegend.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sinngemäß beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden war.
Die Unterscheidungskraft könne nur solchen Marken abgesprochen werden, die eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage aufwiesen oder die unmittelbar beschreibend seien. Außerdem könne die Unterscheidungskraft fehlen, wenn es sich um eine Angabe handele, die sich auf Umstände beziehe, die die Waren oder Dienstleistungen nicht unmittelbar betreffe, durch die aber ein enger sachlicher Bezug zu den Waren oder Dienstleistungen hergestellt werde und deshalb die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsgehalt als solchen ohne weiteres erfasse und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel sehe. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Slogan beschreibe keine der streitgegenständlichen Dienstleistungen unmittelbar, weise keine im Vordergrund stehende Sachaussage auf und stelle auch keinen entsprechenden Bezug zu den Dienstleistungen her. Soweit die Markenstelle auf die Länge der Wortfolge abstelle und deshalb die Unterscheidungskraft verneine, könne dem nicht gefolgt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Länge eines Slogans oder aber dessen Kürze, Originalität und Prägnanz ein zulässiges Kriterium bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft sein könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung als Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausgeschlossen.

1. Der angemeldeten Wortfolge, die aus drei verschiedenen und jedenfalls nicht sofort erkennbar aufeinander bezogenen Slogans mit insgesamt 30 Wörtern besteht, kann der Schutz nicht wegen fehlender Einheitlichkeit versagt werden. Dies gilt trotz des Umstandes, dass die Anmelderin selbst die drei Slogans jeweils für sich als isolierte Marke angemeldet und insoweit jeweils für einen Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine Eintragung erreicht hat (vgl. die Parallelverfahren 33 W (pat) 22/07, 33 W (pat) 33/07 und 33 W (pat) 37/07). Soweit ersichtlich, ist die Frage der Einheitlichkeit einer Marke seit der Geltung des Markengesetzes in der Rechtsprechung nicht mehr diskutiert und als eigenständiges Schutzhindernis in Erwägung gezogen worden. Die frühere Praxis, die bei Bildmarken einen geschlossenen, einheitlichen Gesamteindruck der Kennzeichnung und eine allseitig umgrenzte Gestaltung der Marke als erforderlich erachtet hat (vgl. BPatGE 18, 65, 67) und bei Wortmarken die Aneinanderreihung zusammenhangloser Wörter als Eintragungshindernis unter diesem Aspekt angesehen hat (siehe z. B. Althammer WZG, 4. Aufl., 1989, § 1 Rdn. 18), kann nach Auffassung des Senats nach den klaren gesetzlichen Vorgaben nicht beibehalten werden (siehe auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 3 Rdn. 17). Die Erste Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 (Markenrichtlinie) und das zur Umsetzung der Richtlinie erlassene Markengesetz enthalten – anders als das PatG mit § 34 Abs. 5 – keine Vorschrift, welche die fehlende Einheitlichkeit als Eintragungshindernis normiert (vgl. auch Bender in Heidelberger Kommentar, MarkenR, Art. 4 GMV, Rdn. 37). Auch die Gründe, die im Patentrecht zur Ordnungsvorschrift des § 34 Abs. 5 PatG geführt haben, sind im markenrechtlichen Registerverfahren nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise gegeben (vgl. zu den Zwecken der patentrechtlichen Vorschrift des § 34 Abs. 5 PatG Schulte, PatG, 8. Aufl., § 34 Rdn. 238). Insbesondere der Gesichtspunkt der Gebührenersparnis durch die Anmeldung mehrerer Erfindungen in einer Patentanmeldung greift im markenrechtlichen Verfahren nicht. Soweit mit einer Anmeldung einer Marke eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beansprucht werden, ist dem durch eine nach der Anzahl der Klassen gestaffelte Gebührenstruktur Rechnung getragen (vgl. dazu Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG unter A. III. z. B. Nr. 331 000 und 331 300 oder Nr. 332 100 und 332 300). Der Gesichtspunkt, dass mit dem Eintragungshindernis der fehlenden Einheitlichkeit verhindert werden soll, mit einer Anmeldung mehrere Zeichen zu schützen, kommt im Markenrecht nicht zum Tragen. Denn anders als beim Patent, bei dem durch die Formulierung von Patentansprüchen zu unterschiedlichen Erfindungen eine Kumulierung von Schutzrechten unter einem Registerrecht erreicht werden kann, ist dies bei Zeichen im Sinne des § 3 Abs. 1 MarkenG regelmäßig nicht der Fall. Auch wenn eine größere Anzahl von Wörtern und/oder graphischen Gestaltungen in einer Anmeldung enthalten ist, genießt der Markeninhaber den Schutz nämlich nicht für die einzelnen Zeichenelemente (Stichwort: kein Elementenschutz), sondern grundsätzlich nur in Bezug auf das Gesamtzeichen. Maßgeblich ist nach ständiger Rechtsprechung der Gesamteindruck (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 111 mit zahlreichen Nachweisen), wobei ein Schutz für einzelne Elemente nur im Ausnahmefall unter ganz bestimmten, engen Voraussetzungen in Betracht kommt, wenn etwa ein Zeichenelement prägend ist oder selbständig kollisionsbegründend wirkt.
Daher stellt die Einheitlichkeit eines Zeichens kein zulässiges Kriterium bei der Prüfung der Schutzfähigkeit dar.

2. Gleichwohl können Zeichengestaltungen, die – wie die vorliegende – früher unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Einheitlichkeit als problematisch angesehen worden waren, unter den Aspekten fehlender Zeichenfähigkeit nach § 3 Abs. 1 MarkenG oder fehlender grafischer Darstellbarkeit nach § 8 Abs. 1 MarkenG schutzunfähig sein. So wird in der Literatur u. a. bei überlangen Zeichengebilden (Wort- bzw. Tonfolgen) die abstrakte Unterscheidungseignung bzw. Zeichenfähigkeit problematisiert (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 3 Rdn. a. E. mit weiteren Nachweisen). Außerdem kann in diesen Fällen die grafische Darstellbarkeit in Frage stehen. Notwendig ist jedenfalls eine grafische Darstellung der Marke gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG, die den Gegenstand des Markenschutzes eindeutig festlegt (siehe dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 3 Rdn. 17).
Nach Auffassung des Senats ist die vorliegende Zeichenbildung auch unter diesen beiden Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Die beanspruchte Wortfolge ist zwar mit insgesamt 30 Wörtern relativ lang. Zudem besteht sie aus drei verschiedenen und jedenfalls nicht sofort erkennbar aufeinander bezogenen Slogans. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nach Auffassung des Senats aber nicht, der angemeldeten Marke allein aus diesem Grund die abstrakte Unterscheidungseignung nach § 3 Abs. 1 MarkenG abzusprechen. Da sich die angemeldete Marke in drei Zeilen noch relativ übersichtlich grafisch wiedergeben lässt, bestehen auch keine Bedenken gegen die grafische Darstellbarkeit der Marke, wobei auch der Gegenstand des Markenschutzes hinreichend eindeutig festgelegt erscheint. Im Übrigen kann vorliegend als nicht entscheidungserheblich dahinstehen, ab welcher Textlänge die abstrakte Unterscheidungseignung und die grafische Darstellbarkeit zu verneinen sind.

3. Die angemeldete Marke ist aber wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung als Marke ausgeschlossen. Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (EuGH GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) – SAT.2). Die beanspruchten Waren der Klasse 30 richten sich an die Endverbraucher. Bei den Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 werden je nach Produkt unterschiedliche Verkehrskreise angesprochen, zum größten Teil spezielle Fachverkehrskreise; im Übrigen kann aber auch der allgemeine Verkehr angesprochen sein, etwa in Bezug auf die Dienstleistungen „Rechtsberatung und -vertretung“.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) „Henkel“; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) „SAT.2“; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 (Nr. 19) „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) „Postkantoor“). Die Anwendungsfälle fehlender Unterscheidungskraft können aber nicht auf die waren- und dienstleistungsbeschreibenden Angaben reduziert werden. Ein solches restriktives Verständnis würde der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gegenüber der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG praktisch jeglichen eigenständigen Anwendungsbereich absprechen, was dem Gesetzeszweck widersprechen würde. Es ist allgemein anerkannt, dass auch Angaben, die ohne die Waren und Dienstleistungen unmittelbar zu beschreiben lediglich einen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Produkten aufweisen, unter das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft fallen können (vgl. dazu BGH GRUR 2005, 417, 419 BerlinCard; GRUR 2006, 850 (Nr. 19 und 28) FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710, 711 (Nr. 16) VISAGE). Schließlich ist allgemein anerkannt, dass die Unterscheidungskraft auch Zeichen fehlen kann, die weder die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreiben noch einen engen beschreibenden Bezug dazu aufweisen. Dies sind nach der Terminologie des Bundesgerichtshofs die Zeichen, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.; GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; vgl. dazu auch EuGH GRUR 2004, 674, 677 f. (Nr. 69, 70, 86) Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 19) BIOMILD; GRUR 2008, 608, 610 (Nr. 61, 62) EUROHYPO).
Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen – wie die vorliegend angemeldete Wortfolge – sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 115 m. w. N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 35) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

a) Bei der angemeldeten Wortfolge steht der werbend beschreibende Gehalt der Slogans im Zusammenhang mit einem Teil der beanspruchten Dienstleistungen, nämlich „wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen“ im Sinne einer auf das Dienstleistungsangebot bezogenen Qualitätsanpreisung derart im Vordergrund, dass der Verkehr schon deshalb darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennt. Mit den Slogans werden drei Aussagen getroffen, wobei sich die erste Aussage auf „Trüffelpralinen“ bezieht und die weiteren Aussagen allgemein zum Ausdruck bringen, dass der Anbieter der Dienstleistungen über ein Team von Personen verfügt, das optimal zusammenarbeitet, um den Erfolg der jeweiligen Dienstleistung zu sichern.
Der erste Slogan enthält die Aussage, dass der Anbieter der Dienstleistungen ein großer Spezialist in Sachen Trüffelpralinen ist und insoweit eine führende bzw. besondere Stellung auf dem Markt einnimmt oder künftig einnehmen will, wobei er sich – in welcher Form auch immer – in besonderer Weise engagiert. Die Werbeaussage zur besonderen Stellung auf dem Markt bzw. zur Absicht der Anmelderin, eine solche Stellung anzustreben, ergibt sich aus den Anfangswörtern „Die Vision: …“. Auch wenn bei der Auslegung ein gewisser Interpretationsspielraum vorhanden sein mag, liegt insoweit ein hinreichend klares Verständnis nahe. Der Begriff „Vision“ hat u. a. die Bedeutung von „einem insbesondere auf die Zukunft bezogenen Bild, das sich in der Vorstellung einer Person (dem Visionär) entwickelt hat“ (vgl. Duden, Das Große Fremdwörterbuch). Damit will der Verwender in werbemäßig üblicher Übertreibung darauf hinweisen, dass er die „Vision“ hat, an der Spitze des Fortschritts auf den entsprechenden Dienstleistungsgebieten zu stehen bzw. eine entsprechende führende Stellung anzustreben, soweit es um „Trüffelpralinen“ geht. Mit dem zweiten Slogan „jeder weiß, was wann zu tun ist und was nicht zu tun ist“ wird zum Ausdruck gebracht, dass der Anbieter der Dienstleistungen über ein Team von Personen verfügt, die optimal zusammenarbeiten. Auch wenn ein gewisser Interpretationsspielraum vorhanden sein mag und die beiden ersten Wörter der Wortfolge „Der Sinn: …“ unterschiedlich gedeutet werden könnten, bleibt im Hinblick auf den nachfolgenden Text letztlich eine hinreichend klare, lediglich anpreisende und werbende Gesamtaussage übrig. Mit den Anfangswörtern „Der Sinn:“ wird die nachfolgende Werbebotschaft eingeleitet, wobei die Bezeichnung „Sinn“ dahingehend verstanden werden kann, dass es sinnvoll ist, die Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, weil eine sehr gute Teamleistung erwartet werden kann. Mit dem dritten Slogan wird zum Ausdruck gebracht, dass „der Nutzen“ für den Kunden darin besteht, dass beim Dienstleistungsanbieter „alle das Richtige zur richtigen Zeit tun“, also der Anbieter über ein Team von Personen verfügt, die perfekt zusammenarbeiten, d. h. die bei optimalem Timing das Richtige tun.
Die Dienstleistungen „wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen“ können einen Zusammenhang mit „Trüffelpralinen“ aufweisen. Dabei kann es um die Entwicklung bzw. Formgebung (Design) spezieller Trüffelpralinensorten gehen oder auch um die technische Entwicklung spezieller Maschinen zur Herstellung von Schokolade bzw. „Trüffelpralinen“. Solche hochspeziellen Maschinen sind Gegenstand ständiger technischer Fortentwicklung, wobei die technischen Neuerungen häufig auch Gegenstand von Patentanmeldungen sind, worauf die Anmelderin bereits im Parallelverfahren 33 W (pat) 33/07 hingewiesen worden war. Somit bilden die drei Slogans im vorliegenden Zusammenhang eine sinnvolle Gesamtaussage dahingehend, dass der Verwender auf Trüffelpralinen bezogene Dienstleistungen anbietet und in diesem Bereich eine führende bzw. besondere Stellung auf dem Markt einnimmt oder anstrebt, wobei er über ein Team von Personen verfügt, die optimal bzw. perfekt zusammenarbeiten. Die Wortfolge weist im gegebenen Zusammenhang auch keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit auf, zumal die Verständnisfähigkeit des Verkehrs nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 62 – 65), weil er daran gewöhnt ist, Werbebotschaften schlagwortartig vermittelt zu bekommen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 66). Auch wenn die Werbebotschaften nicht im Einzelnen ausformuliert sind, wird die oben beschriebene Gesamtaussage mit sehr geringem, keinesfalls zur Schutzfähigkeit führenden Interpretationsspielraum vermittelt, ohne dass hierfür größere Überlegungen oder eingehende Analysen notwendig wären.

b) Schließlich fehlt der angemeldeten Wortfolge die erforderliche Unterscheidungskraft auch in Bezug auf alle verbleibenden Waren und Dienstleistungen, nämlich „Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioca, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und -vertretung“. Insoweit lässt sich zwar ein waren- und dienstleistungsbeschreibender Zusammenhang nicht oder nicht in Bezug auf alle drei in der angemeldeten Marke enthaltenden Slogans herstellen. So ist ein Zusammenhang zwischen „Trüffelpralinen“ einerseits und einem Teil der Waren, wie etwa „Reis, Tapioca; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis“ oder den Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und -vertretung“ andererseits nicht ersichtlich. Ein beschreibender Zusammenhang ist auch zwischen den Slogans zwei und drei, die eine optimale Teamleistung anpreisen, und den beanspruchten Waren nicht ohne weiteres erkennbar.
Gleichwohl handelt es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine solche, die in die Fallgruppe der Zeichen einzuordnen ist, die ohne die beanspruchten Produkte zu beschreiben oder einen engen beschreibenden Bezug dazu aufzuweisen stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Nach der Rechtsprechung können zu dieser Fallgruppe Werbeaussagen allgemeiner Art, Kaufaufforderungen und Gebrauchshinweise, Werbeslogans, inhaltsbezogene Werktitel und Eventmarken gehören (siehe zu diesen Fallgruppen Ströbele/ Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 110 – 124), wobei es vorliegend um Werbeslogans geht.
Gegen die Unterscheidungskraft spricht vorliegend bereits die Länge des angemeldeten Zeichens und insbesondere der Umstand, dass die verschiedenen Slogans quasi im Verbund verwendet werden. Der Verkehr ist nicht daran gewöhnt, mit Mehrfachslogans auf die betriebliche Herkunft von Waren und Dienstleistungen hingewiesen zu werden. Der BGH betont im Zusammenhang mit Werbeslogans in ständiger Rechtsprechung stets, dass längere Wortfolgen in der Regel nicht unterscheidungskräftig sind. Als Indiz für Unterscheidungskraft werden Kürze, Originalität und Prägnanz der jeweiligen Wortfolge angesehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2000, 321, 322 – Radio von hier; GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft; siehe auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 116 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Da bei der angemeldeten Marke mehrere Slogans nacheinander aufgeführt sind, fehlt es gerade an der Kürze, Originalität und Prägnanz und damit an wichtigen Indizien, die für die Bejahung der Unterscheidungskraft sprechen könnten.
Die angemeldete, aus 30 Wörtern gebildete Wortfolge besteht aus drei Teilen bzw. drei Slogans, wobei jeder dieser Teile wiederum aus zwei Teilen besteht, nämlich einem ersten Teil, mit dem die nachfolgende Sachaussage eingeleitet bzw. angekündigt wird, und der nachfolgenden Sachaussage. Allein zur Erfassung dieser komplexen Gesamtwortfolge benötigt der Verkehr eine erhebliche Zeit, was für sich genommen schon dagegen spricht, dass die Wortfolge als ein Zeichen bzw. ein betrieblicher Herkunftshinweis erfasst wird. Hinzu kommt, dass die drei Slogans in dem hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungszusammenhang auch untereinander keinen sinnvollen Bezug aufweisen. Allein der Gesichtspunkt, dass sie in formaler Hinsicht teilweise gleich gebildet sind (einleitendes Wort, nachfolgender Doppelpunkt und abschließende Sachaussage), spricht angesichts der inhaltlichen Beziehungslosigkeit jedenfalls des Slogans 1 einerseits und der Slogans 2 und 3 andererseits, nicht für ein Verständnis des Verkehrs dahingehend, darin ein Zeichen bzw. einen betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen.
Außerdem stehen die Sachaussagen der drei Slogans derart klar und eindeutig im Vordergrund, dass der Verkehr nicht auf die Idee kommen wird, die Wortfolge identifiziere die Herkunft einer damit versehenen Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen. Auch wenn er im Zusammenhang mit einzelnen Waren und Dienstleistungen irritiert sein mag, wenn etwa von „Trüffelpralinen“ die Rede ist, obwohl ein sinnvoller Zusammenhang mit den so gekennzeichneten Produkten nicht hergestellt werden kann, spricht dies gleichwohl nicht für die Unterscheidungskraft der Gesamtwortfolge. Denn anders als bei einem entsprechenden Einzelwort, bei dem der kennzeichnende Charakter bei entsprechender Verwendung nicht zweifelhaft sein mag, geht dieser kennzeichnende Charakter durch die Einbindung in den Slogan bzw. die Gesamtwortfolge verloren. Der Verkehr wird angesichts fehlender Gewöhnung an Mehrfachslogans als Kennzeichnung in der angemeldeten Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen, sondern nur die Wortfolge als solche erkennen.
Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird teilweise gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zugelassen. Soweit es um die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke für die Waren und Dienstleistungen „Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioca, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und -vertretung“ geht, enthält der Fall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und erfordert die Rechtsfortbildung im Zusammenhang mit Rechtsfragen zur Unterscheidungskraft von Werbeslogans bzw. längeren Wortfolgen die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Soweit es um die Entscheidung betreffend „wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen“ geht, sind Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht gegeben.

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