„Café Merci“ beutet „Merci“ nicht aus

31. Juli 2012
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Eigener Leitsatz:

Die Einbettung der Marke „Merci“ in die Zeichen „Café Merci“ ist zumindest dann nicht als unlautere Rufausbeutung einzustufen, wenn dem Leistungsangebot von „Cafe Merci“ nicht allein deswegen eine höhere Beachtung oder Wertschätzung entgegengebracht wird, weil zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen eine gedankliche Verbindung hergestellt wird.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
 
Beschluss vom 23.05.2012

Az.: 6 W 36/12

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5.3.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 100.000 €.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Der Antragstellerin stehen die verfolgten Unterlassungsansprüche unter keinem der geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkte zu.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch wegen der Ausbeutung des Rufs der Wortmarke Nr. 802273 „merci“ (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Zwar setzt ein solcher Anspruch – anders als der Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – eine markenmäßige Benutzung durch den Verletzer nicht unbedingt voraus, sondern kann sich auch gegen die rein unternehmenskennzeichenmäßige Verwendung richten (vgl. Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, 2. Aufl., Rdz. 143, 511 zu § 14 MarkenG m.w.N.).

Ebenso kann unterstellt werden, dass die Marke „merci“ der Klägerin eine bekannte Marke im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist und dass die angegriffene Kennzeichnung „Cafe Merci“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen das Zeichen „merci“ der Antragstellerin „in Erinnerung ruft“, womit eine gedankliche Verknüpfung zu dem älteren Zeichen hergestellt wird (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. Rn 1256 zu § 14 MarkenG m. w. N.).

Voraussetzung für einen Anspruch wegen Rufausbeutung ist aber weiter, dass die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund ausgenutzt wird. Dies ist der Fall, wenn sich der Dritte durch die Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke ausnutzt (vgl. EuGH GRUR 2009, 756 – L’Oreal, Tz. 49). Hierfür trägt der Inhaber der älteren Marke die Beweislast (EuGH GRUR 2009, 56 – Intel).

Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere bestehen aufgrund der Gesamtumstände keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der angesprochene Verkehr dem Leistungsangebot der Antragsgegnerin allein deswegen eine höhere Beachtung oder Wertschätzung entgegenbringt, weil er zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen eine gedankliche Verbindung herstellt.

Die Antragstellerin hat dargelegt, dass ihre unter der Marke „merci“ vertriebenen Schokoladenspezialitäten als sog. „Geschenk-Schokolade“ ihre herausragende Bedeutung auf dem Markt gewonnen haben. Dies ist auch den Senatsmitgliedern geläufig, die selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Die von der Antragstellerin geprägten Slogans „Danke heißt merci“ oder „merci, dass es dich gibt“ beleuchten plakativ das von der Antragstellerin avisierte Marktsegment im Süßwarenbereich. Die Antragstellerin beruft sich ferner auf die Ergebnisse einer Verkehrsbefragung vom Mai 2011, die ihr auf die Frage, ob die Marke „merci“ für Schokoladenspezialitäten bekannt ist, einen Grad der Bekanntheit von 94 % bestätigt (Anlage AS 3). Hiermit allein kann unter den hiesigen Umständen aber keine Rufausbeutung glaubhaft gemacht werden.

Es spielt zunächst eine wesentliche Rolle, dass die Antragsgegnerin keine mit dem Zeichen „Cafe Merci“ gekennzeichneten Waren anbietet, sondern ihr Zeichen „Cafe Merci“ zur Kennzeichnung ihrer Betriebsstätten verwendet, in denen sie in erster Linie eine Dienstleistung, nämlich die Bewirtung von Gästen, anbietet. Sofern auf der Speisenkarte einzelne Angebote mit dem Zeichenbestandteil „Merci“ bezeichnet werden, wie etwa das „Frühstück Merci“, die „Croissants à Merci“ oder den „Salat Merci“, bezieht der angesprochene Kunde diese Angebote schon aufgrund ihrer Präsentation allein auf den eigenen Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin (sog. „Hausspezialitäten“). Hinzu kommt, dass diese Speisenangebote mit den von der Antragstellerin unter der Marke „merci“ vertriebenen Schokoladenspezialitäten keine Verbindung haben.

Gegen eine unlautere Ausbeutung des Rufs der klägerischen Marke spricht ganz entscheidend das für den angesprochenen Verkehr ins Auge fallende, von den Produkten der Antragstellerin deutlich abgegrenzte Geschäftskonzept der Antragsgegnerin.

Wie die von der Antragstellerin vorgelegten Ausdrucke des Internet-Auftritts und der Speisenkarte der Antragsgegnerin belegen, liegt der für den Verkehr ins Auge fallende Ursprung ihrer Etablissementsbezeichnung „Cafe Merci“ in einem völlig anderen Bereich, der einer Übertragung des Bildes der klägerischen Marke auf die von ihr vertriebenen Dienstleistungen entgegensteht. Der Geschäftsauftritt im Internet als „Patisserie & Boulangerie & Traiteur“ (Anlage AS 8) und die Speisenkarte mit der Erläuterung, dass die „Boulangerie und Patisserie“ vormals in … unter der Geschäftsbezeichnung „Cafe BONJOUR“ geführt worden ist (Anlage AS 7), lassen für den verständigen Verbraucher keine Zweifel aufkommen, dass die Geschäftsbezeichnung allein an der französischen Bistro- und Feinkostkultur ausgerichtet worden ist und sich in keinerlei Beziehung zu den von der Klägerin angebotenen Produkten stellt.

Dementsprechend liegt der für das Publikum maßgebliche Bedeutungsgehalt des Zeichenbestandteils „Merci“ im Kontext des hier vorgelegten Unternehmensauftritts und Werbematerials nicht – wie bei der Antragstellerin – in dem französischen Ausdruck für „Danke“, sondern in einer Anspielung an das der französischen Esskultur entlehnte Ambiente und Speisenangebot der Geschäftslokale.

Diese Anhaltspunkte stehen aus Sicht des verständigen Durchschnittsverbrauchers auch der Annahme entgegen, dass es sich bei den Betriebsstätten der Antragsgegnerin um eine Art „Flagship Store“, d. h. um einen Vorzeigeladen der Antragstellerin handeln könnte.
Aus den dargelegten Gründen scheiden Unterlassungsansprüche gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3, 4 Nr. 9b UWG ebenfalls aus.

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO.

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