Mehrwöchiger Nutzungsausfall des DSL-Anschlusses kann zu Schadensersatzanspruch des Anschlussinhabers führen

20. März 2013
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Die Nutzung des Internets ist in Deutschland in keinem Bereich mehr wegzudenken. In den letzten Jahren hat es sich neben dem Fernsehen zu dem meistgenutzten Medium entwickelt, das von den Nutzern in aller Regel mehrmals täglich für private als auch berufliche Zwecke verwendet wird. Immer häufiger werden dabei über einen Anschluss – neben dem Internet – auch Festnetz- (VoIP) und Telefax- (Fax-over-IP) Dienste ermöglicht. Umso ärgerlicher ist es für den Kunden jedoch dann, wenn es aufgrund technischer Probleme zum Ausfall des Anschlusses kommt und weder Internet noch Festnetz oder Fax zur Verfügung stehen. Ob dem Anschlussinhaber in diesem Fall ein Schadensersatzanspruch gegen seinen Provider zusteht, hatte der BGH vor kurzem zu entscheiden.

Was ist passiert?

Ein Verbraucher hatte einen DSL-Anschluss bei einem Telekommunikationsanbieter gebucht. Über diesen Anschluss nutzte der Kunde neben seinem Internetzugang auch Telefon- und Faxdienstleistungen (Voice und Fax-over-IP, VoIP). Der Kunde beantragte im Dezember 2008 – also während der Vertragslaufzeit – eine Umstellung seines Tarifs. Aufgrund dessen kam es in der Folge zu einem Ausfall seines DSL-Internetanschlusses in der Zeit vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2008, in welcher der Kunde seinen Anschluss vollständig nicht nutzen konnte.

Um diesen Ausfall seines Internetzugangs zu kompensieren, wechselte der Kunde zu einem anderen Anbieter, wodurch ihm Mehrkosten entstanden sind, u.a. auch für die Nutzung eines Mobiltelefons. Da der Kunde den Schaden eindeutig auf Seiten des TK-Anbieters sah, machte er gegen diesen – neben den entstandenen Mehrkosten – Schadensersatz für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit seiner Festnetz-, Telefax- und Internetdienste in dem genannten Zeitraum von ca. 2 Monaten geltend. Als Nutzungsausfallschaden setzte er dabei einen Betrag von 50.- Euro täglich an. Da sich der TK-Anbieter weigerte, dem Kunden diese Summe zu bezahlen, beschritt der Kunde den Klageweg.

Die Vorinstanzen des AG Montabaur (Urteil v. 07.12.2010 – Az.: 5 C 442/10) und des Landgerichts Koblenz (Urteil v. 07.03.2012 – Az.: 12 S 13/11) gewährten dem Kläger dabei jeweils einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 457,50.- Euro, also das Entgelt, das ihm bei dem anderen Anbieter als auch für die Mobilfunknutzung entstanden ist. In der Revision verfolgt der Kläger nun weiter sein Begehren nach Schadensersatz hinsichtlich der entgangenen Nutzungsmöglichkeit des Festnetz-, Fax- und Internetanschlusses, welcher ihm in den Vorinstanzen nicht zugesprochen wurde.

Entscheidung des Gerichts

Der u.a. für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschied Ende Januar 2013 (Urteil vom 24.01.2013 – Az.: III ZR 98/12), dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, wenn sein DSL-Anschluss für mehrere Wochen ausfällt.

Der Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts löst nach bisheriger Rechtsprechung des BGH nur dann einen Schadensersatzanspruch aus, wenn sich die Funktionsstörung auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt (so schon BGH, Urteil vom 10.06.2008 – Az.: VI ZR 248/07). Insoweit differenzierte der BGH im vorliegenden Fall wie folgt:

Einem Schadensersatzanspruch wegen Ausfalls des Telefax-Anschlusses wurde nicht stattgegeben. Ein Fax vermittelt lediglich die Möglichkeit, Texte und Abbildungen auf schnelleren und bequemeren Weg als per Post zu versenden. Gerade im Privatbereich hat der Ausfall eines Telefax keine signifikanten Auswirkungen und wird zunehmend vom Versand per E-Mail abgelöst, so die Karlsruher Richter.

Hinsichtlich des Festnetzanschlusses gewährten die Richter im Ergebnis auch keinen Schadensersatz. Zwar ist ein Telefonanschluss ein Wirtschaftsgut im Sinne der BGH-Rechtsprechung, dessen ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung ist. Der Schadensersatzanspruch wurde im Ergebnis jedoch verneint, weil dem geschädigten Kunden mit seinem Mobilfunkanschluss ein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung stand, dessen Mehraufwand ihm durch die Vorinstanzen bereits ersetzt wurde. Insoweit fehlt es an einer notwendig fühlbaren Beeinträchtigung des Geschädigten.

Dem Grunde nach erkannte der III. Zivilsenat des BGH jedoch einen Schadensersatzanspruch für den Ausfall des Internetzugangs. Die Richter sehen das Internet als Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Der Ausfall des Internets wirkt sich dabei auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant aus. Das Internet bietet umfassende Informationen zu thematisch nahezu allen Bereichen und befriedigt Ansprüche, welche von Unterhaltung bis wissenschaftlichen Themen reichen. Zudem ersetzt das Internet verstärkt andere Medien wie das Fernsehen und ermöglicht auch zunehmend den Abschluss von Rechtsgeschäften. Da ein Großteil der deutschen Bevölkerung das Internet tagtäglich nutzt, hat es sich zu einem die Lebensgestaltung entscheidend prägenden Medium entwickelt.

Nicht notwendig für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs ist es jedoch, dass der Kläger den Nachweis eines konkreten Schadens führt. Der Kläger kann der Höhe nach vielmehr einen Betrag verlangen, der sich nach den marktüblichen Durchschnittskosten eines vergleichbaren Anschlusses in dem Ausfallszeitraum richtet, so die Richter. In welcher konkreten Höhe ein Schadensersatzanspruch daher im vorliegenden Fall gegeben ist, entschied der BGH nicht. Insoweit haben die Karlsruher Richter die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Schaden dürfte nach unserer Einschätzung jedoch deutlich unter den eingeklagten 50.- Euro pro Tag liegen.

Fazit

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht einem Kunden grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu, wenn er – infolge eines Fehlers seines Telekommunikationsanbieters – mehrere Wochen seinen DSL-Anschluss nicht nutzen kann.

Begründet wird dies damit, dass das Internet ein Wirtschaftsgut darstellt, dessen ständige Verfügbarkeit von zentraler Wichtigkeit für die Lebensführung ist. Im Gegensatz dazu wird bei fehlender Nutzungsmöglichkeit eines Festnetzanschlusses nur dann Schadensersatz gewährt, wenn dem Kunden kein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht (er also gerade keinen Mobilfunkanschluss besitzt). Im Fall des Nutzungsausfalls eines Telefaxes hingegen sieht der BGH – jedenfalls im ausschließlich privat-genutzten Bereich – überhaupt keine Möglichkeit, Schadensersatz zu erlangen.

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