„Das Örtliche“ als lokale Werbeplattform

15. April 2009
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Eigener Leitsatz:

Wird ein Dienstleistungsunternehmen in "Das Örtliche" beworben, ist davon auszugehen, dass sich dieses in fraglicher Ortschaft oder Stadt befindet. Eine Irreführung liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn fraglicher Betrieb nach Redaktionsschluss des Telefonbuchs umzieht und dann noch unter seiner alten Adresse geführt wird.

Landgericht Paderborn

Urteil vom 24.02.2009

Az.: 7 O 67/06

Urteil

Tenor:  

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geltend.

Die Beklagte zu 1) betreibt einen bundesweit aktiven Schlüsselnotdienst. Ihr Geschäftsführer ist der Beklagte zu 2).

Im Telefonbuch "Das Örtliche" ……… warb die Beklagte zu 1) für ihre Dienste mit folgendem Eintrag:

"Absicherungs- und Aufsperrdienst GmbH ……

Meisterbetrieb für ……..

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten insoweit unlauteren Wettbewerb durch Irreführung betrieben hätten. In ….. gebe es nämlich keinen Betriebssitz.

Die Klägerin behauptet weiterhin, dass wegen dieses Inserats …… aus ….. der Beklagten am Silvestertag des Jahres 2005 den Auftrag zur Öffnung eines Tresors erteilt habe. Herr ….. habe ganz bewusst mit dem Auftrag die Beklagte zu 1) bedacht, um lange Anfahrwege zu vermeiden.

Weder Herr …. noch seine Mutter seien darauf hingewiesen worden, dass für die Tresoröffnung ein Monteur aus ..… anreisen werde.

Die Klägerin beantragt,

1.)

Die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd in einem Telefonbuch mit einem Betriebssitz zu werben, wenn unter dieser Anschrift ein Betriebssitz nicht unterhalten wird,

und/oder

einen Monteur zur Türöffnung von einem anderen als dem im Telefonbuch angegebenen Firmensitz zu schicken, ohne die Auftraggeber darüber aufzuklären, dass der Monteur nicht von dem im Telefonbuch angegebenen Ort anreist und/oder bedingt dadurch zusätzliche Fahrtzeiten und Fahrtkosten anfallen.

2.)

Die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 189,00 € nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2006 zu zahlen.

Die Beklagten sind der Ansicht, sich nicht wettbewerbswidrig verhalten zu haben. Sie behaupten, dass die Beklagte zu 1) an der Anschrift ……… jahrelang eine Werkstatt und eine Ausbildungsstätte unterhalten habe. Erst im Jahr 2005 sei diese Werkstatt zum Firmensitz nach ….. verlegt worden, und zwar nach Redaktionsschluss für das Telefonbuch "Das Örtliche" für …….

Die Beklagten behaupten weiterhin, dass auch jetzt noch für sie in ….. ortsansässige Monteure tätig seien. Insoweit sei bei der Stadt ….. eine unselbständige Betriebsstätte für …, ….. gemeldet, wo ihr Monteur ….. wohne.

Letztlich wenden die Beklagten dann noch ein, dass es bei der Annahme des Auftrags für die Tresoröffnung zu Silvester 2005 in ….. keine Täuschung gegeben habe. Die Auftraggeber seien bei den Telefonaten ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass wegen des Feiertags kein Tresorfachmann aus ….. zur Verfügung stehe, vielmehr ein solcher aus …… anreisen müsse.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ….., …… sowie …. ….. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 28. November 2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin stehen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Unterlassungsansprüche gem. §§ 8, 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 3 UWG zu. Auch ein Zahlungsanspruch gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG entfällt.

Nach Aktenlage kann zunächst nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1) mit dem zitierten Telefonbucheintrag unlautere Werbung in Form der Irreführung betrieben hat. Der Behauptung der Beklagten, dass es bis nach dem Redaktionsschluss für das Telefonbuch an der Anschrift "……." eine regelrechte Werkstatt und die Ausbildungsstätte für die bundesweit eingesetzten Monteure gegeben habe, ist die Klägerin nur mit Bestreiten entgegengetreten. Das reicht nicht, die Darlegungs- und Beweislast liegt bei ihr.

Auch soweit es um die Aktivitäten der Beklagten zu 1) in ….. nach dem Umzug der Lehrwerkstatt nach ……. geht, kann nicht von unlauterer, nämlich irreführender Werbung ausgegangen werden. Die Klägerin verweist schon in der Klage zu Recht darauf, dass bei der Inanspruchnahme von Schlüsselnotdiensten der Kunde bei der Auswahl des Unternehmens darauf bedacht ist, dass der tätig werdende Monteur aus seiner Stadt kommt und so besondere Anfahrkosten vermieden werden. Diesem Informationsbedürfnis ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage genüge getan. Nach den eigenen Ermittlungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor Ort wohnt an der im neuen Telefonbuch für die Beklagte zu 1) angegebenen Anschrift "….., ……" ein …… Dass ….. für die Beklagte zu 1) arbeitet, ist nicht widerlegt. Für die Kammer ist auch ohne Belang, dass die Beklagte zu 1) an der neuen Anschrift kein Ladenlokal oder eine größere Werkstatt besitzt. Derartige Erwartungen hegt der Durchschnittskunde nicht, der sich nach einem Schlüsselnotdienst umschaut. Die Arbeit derartiger Notdienste wird nämlich nicht in der heimischen Werkstatt, sondern mit Hilfe spezieller Werkstattwagen vor Ort bei den Kunden erledigt.

Zum Streit der Parteien darüber, ob es vor der Tresoröffnung zu Silvester 2005 einen Hinweis auf die Anfahrt des Monteurs aus …………. gegeben hat, hat die Beweisaufnahme zumindest keine zweifelsfreien Feststellungen im Sinne der Klägerin ermöglicht. In diesem Zusammenhang sei zunächst darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO das reine Abzählen von Aussagen verbietet. Es kann daher nicht unbedingt für die Klägerin gewürdigt werden, dass ihre Darstellung 2 Zeugen und die Darstellung der Beklagten nur 1 Zeuge bestätigt hat.

Auch die Überprüfung der Aussagen auf ihre Plausibilität hin lässt keine zweifelsfreien Feststellungen zu. Jedenfalls im Ausgangspunkt muss als plausibel angesehen werden, dass …… um eine kostengünstige Tresoröffnung bemüht war. Zu Denken gibt allerdings, dass er sich zur Beschaffung der Information nur auf "Das Örtliche" beschränkt haben will. Normalerweise werden derartige Recherchen durchgeführt anhand der jedermann zugänglichen "Gelben Seiten".

Nach Auffassung der Kammer muss aber auch die Aussage des Zeugen ……. als plausibel angesehen werden. Insbesondere erscheint es als plausibel, dass man bei der Beklagten zu 1) für Tresorfälle einen speziellen Ansprechpartner in ….. hat und dass …….. wegen des Feiertags sich erkundigt haben will, welcher Tresorfachmann im Ruhrgebiet noch für eine Öffnung am Silvestertag zur Verfügung stand.

Die Kammer verkennt nicht, dass sich der Wert der Aussage des Zeugen …… relativiert, wenn man berücksichtigt, dass er auf Grund der verwandtschaftlichen Beziehung zum Beklagten zu 2) ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben dürfte. Die Situation insoweit kann allerdings bei der Aussage der Zeugen ….. und …… nicht anders eingeschätzt werden. Beide sind offensichtlich verärgert über die zumindest nachträgliche Erkenntnis, dass es überregional agierende Schlüsselnotdienste gibt und dass man Türöffnungen bei einem nur vor Ort agierenden Schlosser mit Ladenlokal regelmäßig billiger bekommt. Diese Verärgerung dürfte zumindest die Aussage des Zeugen ….. ….. gefärbt haben. Seine Ausführungen zum Wunsch, Geld zu sparen, erscheinen als übertrieben, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass für seine Mutter die erstatteten 200,00 € einen "kleineren Geldbetrag" darstellen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung war letztlich auch zu berücksichtigen, dass ………. den Arbeitsnachweis mit der Angabe des Anfahrtortes "……" unterschrieben hat und dass sie die Rechnung bar bezahlt hat. Es ist zwar möglich, dass sie den Arbeitsnachweis nicht gelesen hat und dass sie – belastet durch den Tod ihres Ehemannes – sich dem Wunsch des Monteurs nach Barzahlung nicht widersetzen konnte. Ein derartiger Ablauf der Ereignisse ist möglich, aber nicht bewiesen, weshalb die Klage insgesamt gesehen mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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