Testergebnisse dürfen zur Werbung für ein Produkt grundsätzlich verwendet werden

09. März 2011
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Eigener Leitsatz:

Erforderlich für die Werbung mit Testergebnissen ist, dass der Verbraucher ausreichend deutlich lesbar in der Werbung darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Diese Lesbarkeit erfordert damit in der Regel die Verwendung einer Schrift, deren Größe 6 Punkte nicht unterschreitet. Die Werbung mit Testergebnissen ist demnach wettbewerbswidrig, wenn die in die Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile undeutlich lesbar und insoweit nicht leicht und eindeutig nachprüfbar sind.

Oberlandesgericht Celle

Beschluss vom 24.02.2011

Az.: 13 U 172/10

In dem Rechtsstreit (…)

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2011

für R e c h t erkannt:

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der 24. Zivilkammer (4. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Hannover vom 12. Oktober 2010 abgeändert.

Die Verfügungsbeklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bzw. deren Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für Kosmetika, insbesondere das Produkt „L.“ mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung des Tests in deutlich lesbarer Druckgröße wiederzugeben (gemäß Inserat Zeitschrift „Ö.“, Ausgabe ##### – Anlage A 1).

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Entscheidungsgründe:

I.

Von einer Darstellung des Sach und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers (im Folgenden: Kläger) hat Erfolg. Der Kläger hat die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung hinreichend glaubhaft gemacht.
1. Der Kläger hat einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm steht gegen die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.

a) Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktiv legitimiert.

b) Die Beklagte hat dadurch, dass sie in der im Klageantrag wiedergegebenen Zeitschrift für eines der von ihr vertriebenen Produkte mit der Wiedergabe eines Qualitätsurteils der Zeitschrift „Ö.“ geworben hat, eine geschäftliche Handlung i. S. von § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG vorgenommen.

c) Diese geschäftliche Handlung ist unlauter.

Nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in die Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Das setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – I ZR 50/07, zitiert nach juris, Tz. 29 ff.. BGH, Urteil vom 21. März 1991 – I ZR 151/89, zitiert nach juris, Tz. 19). Eine leichte Auffindbarkeit in diesem Sinn bedingt, dass die Fundstellenangabe ausreichend deutlich lesbar ist (vgl. KG, Urteil vom 14. September 1993 – 5 U 5035/93, MD 1994, 158, 159). Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit lassen sich die Grundsätze übertragen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden sind, wonach die Pflichtangaben „erkennbar“ zu sein hatten (vgl. KG,
a. a. O.). Dies bedeutete in der Auslegung des Bundesgerichtshofs Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift als erfüllt angesehen, deren Größe 6Punkt nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 – I ZR 213/84, zitiert nach juris, Tz. 12 ff.).

Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Fundstellenangabe nicht gerecht. Sie ist in einem deutlich unter 6Punkt liegenden Schriftgrad gehalten, den der Senat als 3Punkt, maximal aber 4PunktSchriftgrad einstuft. Der Senat kann die Fundstellenangabe zwar lesen. Dies erfordert aber eine besondere Anstrengung unter Betrachtung der streitgegenständlichen Werbeanzeige aus allernächster Nähe. Besonderheiten der grafischen Gestaltung, die die in der geringen Schriftgröße begründete Lesbarkeitserschwernis durch ausgleichende optische Effekte wettmachen würden, sind nicht erkennbar.

d) Die geschäftliche Relevanz hat der Senat bei einer – wie hier – Verletzung einer wesentlichen Informationspflicht i. S. v. § 5 a Abs. 2 UWG nicht gesondert zu prüfen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5 a Rdn. 56).

2. Ein Verfügungsgrund wird vermutet, § 12 Abs. 2 UWG.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

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