Rücksendekosten des Verbrauchers müssen ausdrücklicher Vertragsbestandteil sein.

13. November 2009
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Eigener Leitsatz:

Eine Klausel über die Rücksendekosten des Verbrauchers, die nach den gesetzlichen Richtlinien vertraglich bestimmt werden kann, muss ausdrücklich Teil eines Vertrages werden.
Eine Erklärung im Rahmen des gesetzlichen Widerrufsrechts ohne besonderen Hinweis auf den Unterschied zur gesetzlichen Grundregelung, ohne den Verbraucher vor die Wahl der Annahme zu stellen, ist wettbewerbswidrig, da eine Irreführung des Verbrauchers verursacht wird.

Landgericht Dortmund

Urteil vom 26.03.2009

Az.: 16 O 46/09

Tenor:     

Der Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, für den Fall, dass dies nicht beizutreiben ist, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen im Bereich des Handels mit Uhren zu machen und dabei innerhalb der Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht der Verbraucher wie folgt zu belehren:

„Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der Bestellten entspricht und wenn der Preis der zurück zu sendenden Ware einen Betrag von 40,00 Euro nicht übersteigt, oder wenn sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufes noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben“

soweit nicht entsprechend § 357 Abs. 2 S. 3 BGB eine Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart worden ist.

Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien betreiben Handel mit Uhren und Uhrenzubehör. Sie bieten ihre Waren zum Kauf an, auch über das Internetauktionshaus ebay.

Die Verfügungsklägerin stellte am 26.02.2009 fest, dass der Verfügungsbeklagte unter dem Benutzernamen "T" unter der Artikelnummer ############# eine Armbanduhr zum Verkauf anbot.

Innerhalb des Angebots waren Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht aufzufinden, auch keine Vertragsklausel, nach der die Kosten der Warenrücksendung auf den Verbraucher abgewälzt werden, falls dieser ein Widerrufsrecht für Waren, die unter 40,00 € gekostet haben, ausübt. In dem Angebot findet sich lediglich ein Link, unter dem folgender Text unter der Bezeichnung Widerrufsbelehrung erreicht wird:

"4. Kosten des Widerrufs

Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der Bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt, oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.

Die Verfügungsklägerin hält dies für wettbewerbswidrig. Es werde der Eindruck erweckt, dass es sich bei der Verpflichtung, unter den genannten Voraussetzungen die Kosten der Warenrücknahme tragen zu müssen, um eine gesetzliche Folge der Ausübung des Widerrufsrechts handele. Tatsächlich handele es sich hierbei aber lediglich um eine Rechtsfolge, die einzelvertraglich vereinbart werden könnte, § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB, in dem Angebot des Verfügungsbeklagten aber nicht vereinbart werde. Kraft Gesetzes habe deshalb der Verfügungsbeklagte als Unternehmer die Kosten der Warenrücksendung zu tragen, § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Belehrung weiche auch von dem Gestaltungshinweis 8 der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO ab und sei irreführend im Sinne von § 5 UWG.

Die Verfügungsklägerin hat den Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 26.02.2009 abgemahnt. Eine Unterlassungserklärung ist indes nicht abgegeben worden.

Die Verfügungsklägerin beantragt daher,

den Verfügungsbeklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen im Bereich des Handels mit Uhren zu machen und dabei innerhalb der Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht der Verbraucher wie folgt zu belehren:
    
"Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der Bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt, oder wenn sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben."
    

soweit nicht entsprechend § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB eine Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart worden ist.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
    
Der Verfügungsbeklagte hat in der mündlichen Verhandlung auf sein vorprozessuales Vorbringen im Schreiben vom 04.03.2009 verwiesen und ausgeführt, der Verbraucher habe bei den Angeboten über ebay auf Grund der technischen Gegebenheiten keine Möglichkeit, der Geltung der AGB zuzustimmen. Daher sei in der Abgabe des Angebots bzw. des Drückens des Buttons "sofort-kaufen" die Annahme des Angebots zu sehen. Der Verfügungsbeklagte belehre darüber, dass die Rücksendekosten bei einem Warenwert von unter 40,00 € durch den Verbraucher zu tragen sind, was der Verbraucher akzeptiere, wonach diese Vereinbarung Vertragsbestandteil werde.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag ist zulässig und in der Sache auch begründet.

Der Verfügungsklägerin steht ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 UWG i.V.m. §§ 357 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. § 1 Nr. 4 BGB-InfoVO zu.

Gemäß § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB dürfen, wenn ein Widerrufsrecht nach § 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB besteht, dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis der Sache der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der Bestellten entspricht.

Erforderlich für die Abwälzung der Rücksendekosten auf den Verbraucher ist mithin eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher über die Rücksendekosten, andernfalls verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht des Unternehmers auch bezüglich der Rücksendekosten.

Diese Voraussetzung ist auch in den Gestaltungshinweisen des Gesetzgebers zu einer neuen Musterwiderrufserklärung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO Rechnung getragen, wo es unter Nr. 8 ausdrücklich heißt:

"Ist entsprechend § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB eine Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart worden, kann der Klammerzusatz weggelassen werden."

Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass die Auferlegung der Kosten nicht schlicht durch die Widerrufsbelehrung erfolgen kann, sondern es zusätzlich einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Daran fehlt es indes beim Angebot des Verfügungsbeklagten.
    
Der Auffassung des Verfügungsbeklagten, er belehre unter dem Punkt Kosten des Widerrufs eben darüber, dass die Rücksendekosten bei einem Warenwert von unter 40,00 € durch den Verbraucher zu tragen sind, was der Verbraucher durch die Abgabe seines Angebots auch akzeptiere, wodurch diese Vereinbarung dann Vertragsbestandteil werde, geht fehl.
    
Dass es sich hierbei um eine vertragliche Vereinbarung mit dem Verbraucher handeln soll, ist für den Verbraucher gerade auf Grund der ausdrücklichen Bezeichnung des Textes unter dem Begriff Widerrufsbelehrung und dem Unterpunkt Kosten des Widerrufs nicht erkennbar. Eine solche vertragliche Einbeziehung liegt vielmehr im Hinblick auf den Empfängerhorizont bezüglich einer – fehlerhaften und mithin sogar zusätzlich irreführenden – Erklärung des gesetzlichen Widerrufs nicht vor. Der Verbraucher hält die Belehrung vielmehr für eine gesetzliche Verpflichtung und wird somit in irreführender Weise nicht vor die Wahl gestellt, ob er mit dieser Regelung als Vertragsbestimmung im Sinne von § 305 a Abs. 2 BGB einverstanden ist oder nicht.

Durch dieses Vorgehen verschafft sich der Verfügungsbeklagte auch einen nicht unerheblichen wettbewerbsrechtlichen Vorteil. Dem Käufer wird, obwohl nicht vertraglich auferlegt, durch die verwendete Widerrufsbelehrung suggeriert, er müsste unter bestimmten Umständen Rücksendekosten tragen. Infolge dieses Umstandes könnte ein durchschnittlich informierter Käufer meinen, obwohl er die Rücksendekosten tatsächlich nicht tragen müsste, er habe diese Kosten dennoch zu tragen.
    
Auch ein Verfügungsgrund liegt vor, § 12 Abs. 2 UWG. Die Verfügungsklägerin hat unmittelbar nach Kenntnisnahme des Wettbewerbsverstoßes reagiert und damit auch der Eilbedürftigkeit entsprechend zeitnah gehandelt.
    
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 6 ZPO.

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