Führung eines ausländischen Doktortitels als „Dr.“ ohne erläuternden Zusatz ist wettbewerbswidrig

03. August 2011
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Eigener Leitsatz: 

Die Verwendung eines im Ausland erworbenen Doktortitels durch einen Steuerberater als „Dr.“ ohne Herkunftszusatz und nicht in der Form in der er verliehen wurde, stellt einen Wettbewerbsverstoß dar.

Das Schleswig-Holsteinische-Oberlandesgericht verurteilte in seiner Entscheidung einen Steuerberater auf Unterlassung, welcher in der Slowakei die Berufsbezeichnung "dr filozofie" erworben hatte und diese in Deutschland in abgekürzter Form als "Dr." auf seinen Briefbögen neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" nutzte. Das Unterlassungsverbot erstreckte sich auf das Gebiet Bundesrepublik mit Ausnahme von Bayern und Berlin, da in allen anderen Bundesländern in der Führung des Doktortitels ohne Zusätze ein Verstoß gegen die Hochschulprüfungsordnung vorlag.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil vom 26.05.2011

Az.: 6 U 6/10

 

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin vom 5. Januar 2010 wird das am 18. Dezember 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Kiel, Az. 14 O 70/09, geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, oder einer jeweils festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall auch Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken neben seiner Berufsbezeichnung „Steuerberater“ den slowakischen Grad „dr filozofie“ in der abgekürzten Form „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz in anderen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland als in den Bundesländern Bayern und Berlin zu führen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, dass dieser es unterlässt den Titel „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz zu führen, und zwar in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern und Berlin.

Der Beklagte ist Steuerberater und Mitglied der Klägerin, der zuständigen Berufsvereinigung. Ihm wurde nach abgelegter Doktorprüfung in der Fachrichtung „Management, Spezialisierung: Finanzmanagement und Dienstleistungen im Finanzwesen“ am 11. November 2004 von der Comenius-Universität in Bratislava/Slowakei der akademische Grad „doktor filozofie“ (Abkürzung: „PhDr.“) verliehen (Anlage K 1). Der Beklagte ist für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. tätig und betreut von der … Niederlassung aus Mandanten im gesamten Bundesgebiet und im europäischen Ausland. Er hat seine Hauptwohnung in Bayern und eine Nebenwohnung in D. angemeldet. Der Kläger nutzt den Titel „Dr.“ neben seiner Berufsbezeichnung „Steuerberater“ auf eigenen Briefbögen. Seine Mandate führt er mit diesem Titel unter dem Briefkopf der P.. Der Beklagte verweigerte die Abgabe der mit Abmahnungsschreiben vom 2. Juni 2009 verlangten Unterlassungserklärung.

Die Klägerin hat die Benutzung des Titels in der vom Beklagten gewählten Form als irreführende Angabe im Geschäftsverkehr i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG angesehen. Sie hat auf § 57 Hochschulgesetz Schleswig-Holstein sowie § 43 StBerG verwiesen und gemeint, der Beklagte dürfe den Titel nach Artikel 6 Abs. 1 des deutsch-slowakischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich und dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21.09.2001 in der Fassung vom 05.07.2007 nur in der Form führen, in der er ihm verliehen sei, und zwar unter Angabe des fachlichen Zusatzes und mit Herkunftszusatz. Bei dem dem Beklagten verliehenen Titel handele es sich um einen „kleinen Doktorgrad“, der mit einem Diplom vergleichbar und in 1-2 Semestern zu erhalten sei. Er sei in der Slowakei nicht der 3. Ebene der Bologna-Klassifikation zugeordnet.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Unterlassung der Benutzung des Titels in dieser Form begehrt. Der Beklagte ist dem entgegengetreten.

Er hat behauptet, der ihm verliehene Titel sei mit der 3. Ebene der Bologna-Klassifikation und sein Erfahrungsschatz mit dem eines deutschen Doktoranden vergleichbar. In der Slowakei sei die Führung des Titels in der Form des „Dr.“ üblich, so dass ihm dies auch hier gestattet sein müsse. Das Vorgehen der Klägerin verstoße gegen die in Art. 39 und 43 EGV garantierten Rechte der Freizügigkeit. Zudem könne der von der Klägerin beanspruchte Schutz des Rechtsverkehrs nicht erreicht werden, weil das Führen des Titels in der von ihm verwendeten Form in Bayern und Berlin – unstreitig – zulässig sei.

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, zum einen handele es sich bei § 57 HochschulG und bei § 43 StBerG nicht um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, sondern um berufsrechtliche Regelungen. Außerdem sei auch keine Irreführung gegeben, weil sich der durchschnittliche Verbraucher heute gar keine Vorstellung mehr davon mache, ob der Dr.-Titel im In- oder Ausland und für welchen Fachbereich er erworben wurde und ob die Voraussetzungen für den Erwerb eines Titels in den Bundesländern unterschiedlich geregelt seien. Wer sich keine Vorstellungen mache, könne auch nicht irregeführt werden. Zumindest aber entspreche es nicht dem Schutzzweck des UWG, landesrechtlich unterschiedlich geregeltes Verhalten zu gestatten oder zu verbieten.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Unterlassungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie aus, es handele sich bei § 43 StBerG entgegen der Auffassung des Landgerichts um eine Marktverhaltensregel. Es reiche, dass eine Norm auch die Regelung des Marktverhaltens bezwecke. Dies sei der Fall, weil das Verbot des Führens nicht erlaubter Titel und Zusätze ein Unterfall des Verbots berufsrechtswidriger Werbung sei und Werbung zum Marktverhalten gehöre. In dem Führen des Dr.-Titels ohne Zusatz liege auch eine Irreführung, weil erst der voranzustellende Zusatz „Ph“ deutlich mache, dass es sich um einen sog. „kleinen Doktorgrad“ ohne abgeschlossenes Studium handele. Ein üblicher Doktortitel ohne Zusatz setze indes ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraus, was den Marktteilnehmern auch bekannt sei. Insofern werde eine falsche Vorstellung hervorgerufen. Weiterhin sei auch der Rückschluss des Landgerichts unzutreffend, wenn es aus der Rechtslage in Bayern und Berlin darauf schließe, dass keine Irreführung vorliegen könne. Vielmehr sei es lediglich so, dass diese Länder aus Gründen des Vertrauensschutzes eine von den anderen Ländern abweichende Rechtslage hergestellt hätten und diese Irreführung in Kauf nähmen.

Die Klägerin beantragt, das am 18. Dezember 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Kiel, Az. 14 O 70/09, zu ändern und den Beklagten bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, oder einer jeweils festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall auch Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen,im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken neben seiner Berufsbezeichnung „Steuerberater“ den slowakischen Grad „dr filozofie“ in der abgekürzten Form „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz in anderen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland als in den Bundesländern Bayern und Berlin zu führen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gegenseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
  
II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten verlangen, die Nutzung des „Dr.“-Titels ohne fachlichen Zusatz zu unterlassen.

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

1. Die Klägerin ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Danach ist die Aktivlegitimation gegeben bei rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit bestimmte weitere – hier unproblematische – Voraussetzungen vorliegen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen der Mitglieder berührt. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Eine Steuerberaterkammer ist ein rechtsfähiger Verband, dessen Aufgabe es ist, die beruflichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern (vgl. §§ 73 ff. StBerG).

Die Aktivlegitimation der Klägerin entfällt auch nicht deshalb, weil der Klägerin als berufsständischer Kammer andere öffentlich-rechtliche Vorgehensweisen gegen den Beklagten als ihrem Mitglied zur Verfügung stehen. Teilweise wird die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche für verfassungswidrig gehalten (vgl. für die Tätigkeit der Anwaltskammern: Römermann in Hartung, Anwaltl. Berufsordnung, 3. Aufl., vor § 6 BerufsO, Rn. 139 f). Das Eingreifen erfordere eine gesetzliche Grundlage, die lediglich in den Berufsordnungen, nicht aber im UWG gesehen werden könne, weil die Berufsordnungen abschließend seien. Dieser Argumentation ist das Bundesverfassungsgericht (BVerfG NJW 2004, 3765, juris-Rn. 41 <51>) entgegengetreten und hat gerade für die Steuerberaterkammern ausgeführt, dass im Einzelfall im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu klären sei, ob das mildere Mittel eines Vorgehens nach der Berufsordnung ausreichend oder doch das Vorgehen nach UWG erforderlich sei. Der Bundesgerichtshof (GRUR 2006, 598; zustimmend Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 8 Rn. 3.33) hat dazu ausgeführt: Die Ausübung der Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sei grundsätzlich nicht unverhältnismäßig, wenn sie darauf abziele, eine nach Ansicht der Kammer unlautere Werbung eines Kammerangehörigen zu unterbinden. Das gelte insbesondere bei irreführenden Werbeangaben, da diese geeignet seien, den lauteren Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher zu beeinträchtigen und das Ansehen der Berufsgruppe zu schädigen. Diese Angaben müssten daher möglichst rasch und wirksam unterbunden werden. Nur unter besonderen Umständen könnte ein Vorgehen im Zivilrechtsweg wegen eines solchen Wettbewerbsverstoßes als unverhältnismäßig zu beurteilen und dementsprechend das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen sein (BGH a.a.O., juris-Tz. 15). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Auch im vorliegenden Fall sind besondere Umstände, die das Vorgehen der Klägerin als unverhältnismäßig erscheinen lassen, nicht ersichtlich.

2. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG liegen vor, denn bei der Nutzung des „Dr.“-Titels durch den Beklagten handelt es sich um eine geschäftliche Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (a.), die nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter (b.) und gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig ist (c.). Auf eine Irreführung gemäß § 5 UWG kommt es nicht an (d.). Auch die erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor (e.).

a. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezuges von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Dabei umfasst der Unternehmensbegriff auch die selbstständige berufliche, insbesondere auch die freiberufliche Tätigkeit, z.B. als Anwalt oder Steuerberater (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 2 Rn. 29). Eine geschäftliche Handlung muss Außenwirkung haben, d.h. einen Marktbezug aufweisen. Dies ist dann der Fall, wenn die Handlung ihrer Art nach auf die Marktteilnehmer einwirken und damit das Marktgeschehen beeinflussen kann.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte verwendet den „Dr.“-Titel ohne Zusatz unstreitig auch auf den Briefbögen der Wirtschaftsprüfergesellschaft P., für die er tätig ist. Hier liegt der Zusammenhang mit der steuerberatenden Tätigkeit des Beklagten auf der Hand. Unter Benutzung der Briefbögen tritt der Beklagte seinen Kunden auf dem Markt gegenüber. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Beklagte den Briefbogen nach seinem Vortrag nur bei bestehenden Mandaten und nicht zur Gewinnung von Neukunden benutzt. Auch Maßnahmen zur Erhaltung des Kundenstammes sind objektiv zur Förderung des Absatzes der Dienstleistung geeignet. Ob es tatsächlich zu einer Förderung kommt, ist dabei unerheblich (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 2 Rn. 37).

Aus diesem Grunde kann es dahinstehen, ob auch bei der Benutzung der eigenen Briefbögen ein marktbezogener Zusammenhang mit der steuerberatenden Tätigkeit besteht.

b. Die geschäftliche Handlung ist gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlauter.

Unlauter ist danach eine Handlung, die gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt, wenn diese auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei § 43 StBerG um eine solche Marktverhaltensregel (aa.). Der Beklagte hat dagegen auch verstoßen, indem er den „Dr.“-Titel ohne weiteren Zusatz nutzt (bb.)

aa. Eine Marktverhaltensregel liegt dann vor, wenn die Vorschrift zumindest auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Dieser Zweck muss nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein. Ob ein entsprechender Zweck vorliegt, ist durch Auslegung zu klären (Köhler/Bornkamm a.a.O., § 4 Rn. 11.33, für die anwaltsrechtlichen Vorschriften der BRAO und BORA: § 4 Rn. 11.59; für die Vorschrift des § 43 b BRAO (Werbung) vgl. BGH, Urt. v. 27.01.2005, Az.: I ZR 202/02 – abrufbar in juris). Mit „Marktverhalten“ ist jede Tätigkeit gemeint, durch die ein Unternehmer auf die Mitbewerber, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer einwirkt (Köhler/ Bornkamm, a.a.O., Rn. 11.34).

§ 43 StBerG regelt die Berufsbezeichnung (Abs. 1) und die grundsätzliche Unzulässigkeit von Zusätzen (Abs. 2 S. 2). Sein Absatz 3 bestimmt, dass Zusätze, die auf einen akademischen Grad hinweisen, erlaubt sind. Der Auftritt mit einer bestimmten Berufsbezeichnung stellt im Sinne der obigen Definition ein Verhalten am Markt dar, denn damit wirkt der Steuerberater auf die Kunden ein. Die Regelung zum Führen einer Berufsbezeichnung dient auch den Interessen der potentiellen Kunden, die mit diesem Marktverhalten in Berührung kommen. Diese sollen bereits aus der Berufsbezeichnung und ggf. den Zusätzen ersehen können, dass eine bestimmte Qualifikation des Marktteilnehmers vorliegt. Durch die Regelung des § 43 StBerG sollen sie in ihrem Vertrauen darauf geschützt werden.

Alle Voraussetzungen der Annahme einer Marktverhaltensregel sind damit erfüllt.

bb. Indem der Beklagte den „Dr.“-Titel ohne einen erläuternden Zusatz nutzt, verstößt er gegen § 43 Abs. 2 S. 2 StBerG.

Zwar sind nach § 43 Abs. 3 StBerG Zusätze, die auf einen akademischen Grad hinweisen, erlaubt. Zu lesen ist diese Vorschrift indes im Sinne des § 132 a StBG, der das unbefugte Führen akademischer Grade verbietet. Hinzugesetzt werden dürfen danach nur solche Grade, die von dem Steuerberater auch in zulässiger Weise geführt werden dürfen.

(1) Bei ausländischen Graden richtet sich dies in Schleswig-Holstein nach § 57 Abs. 1 HochschulG. Danach kann ein ausländischer Hochschulgrad, der von einer nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten Hochschule aufgrund eines durch Prüfung abgeschlossenen Studiums verliehen worden ist, nur in der Form, in der er verliehen wurde, unter Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden. Dabei kann die verliehene Form in lateinische Schrift übertragen und die im Herkunftsland zugelassene oder nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt und eine wörtliche Übersetzung in Klammern hinzugefügt werden.

(a) Diese Voraussetzungen erfüllt der Beklagte nicht, wenn er den Titel „Dr.“ seiner Berufsbezeichnung hinzufügt, denn er benutzt den „Dr.“-Titel ohne weiteren Herkunftszusatz und nicht in der Form, in der er ihm verliehen worden ist. Nach der Diplomurkunde vom 11. November 2004 (Anlage K 1) lautet dieser nämlich „doktor filozofie“ (Abkürzung „PhDr.“).

Die Zulässigkeit der Titelführung ergibt sich auch nicht daher, dass die Abkürzung „Dr.“ nach dem Vortrag des Beklagten in der Slowakei allgemein üblich ist. Bei der in § 57 Abs. 1 S. 2 HochschulG genannten Alternative der allgemein üblichen Abkürzung handelt es sich nämlich nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift um eine nachrangige Alternative, d.h. es darf eine allgemein übliche Abkürzung überhaupt nur genutzt werden, wenn es keine zugelassene Abkürzung gibt. Es ist schon tatsächlich schwer vorstellbar, dass es im Herkunftsland eine allgemein übliche Abkürzung gibt, die von derjenigen abweicht, die nach der Verleihungsurkunde allein zulässig ist. Zumindest aber wäre die Konsequenz aus einer Gleichrangigkeit der beiden Alternativen nicht wünschenswert. Es könnte dann nämlich dazu führen, dass in dem Ausland allein eine Abkürzung erlaubt und die dem widersprechende, allgemein genutzte Abkürzung rechtswidrig wäre, in Deutschland aber diese rechtswidrige Abkürzung in zulässiger Weise geführt werden dürfte (vgl. dazu auch VG Arnsberg, Beschluss v. 16.04.2009, Az. 9 L 45/09 – juris-Rn. 45). § 57 HochschulG soll aber lediglich die Gleichbehandlung der Bürger innerhalb des europäischen Rechtsraumes sicherstellen und Nachteile bei Grenzüberschreitung vermeiden, nicht aber dazu beitragen, die Regelungen eines Mitgliedsstaates zu umgehen.

(b) Die Zulässigkeit der praktizierten Form der Titelführung durch den Beklagten ergibt sich auch nicht aus einer gemäß § 57 Abs. 4 HochschulG getroffenen abweichenden Regelung. Die auf Grund dieser Verordnungsermächtigung erlassene Vorschrift des § 1 RegVO, die auch im November 2004 schon in dieser Form galt, erlaubt für Hochschulgrade der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nur das Führen des Grades in der Originalform, allerdings ohne Herkunftsbezeichnung. Auch danach aber wäre das Führen des „Dr.“-Titels nicht zulässig, weil es sich nicht um die Originalform des Titels handelt.

(c) Die Berechtigung zum Führen des Titels ergibt sich ebenso wenig aus dem Abkommen Deutschlands mit der Slowakei, das nach § 2 der RegVO vorrangig wäre. Nach Art. 6 Abs. 1 Deutsch-Slowakischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23. November 2001 (Bl. 48 ff d.A.) sind Inhaber von Graden der Slowakischen Republik berechtigt, die näher bezeichneten Grade in Deutschland in der Form zu führen, wie sie in der Slowakei verliehen worden sind, wobei in besonders gekennzeichneten Fällen ein Herkunftszusatz zu machen ist. Nach der dann folgenden Aufstellung gehört der Grad des „doktor filozofie“ mit der Abkürzung „PhDr.“ zu diesen besonderen Fällen. Auch nach dieser Regelung darf der Titel also nur in der Originalform und zwar mit Herkunftsnachweis geführt werden. Es kann daher offen bleiben, ob dieses Abkommen nach dem Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 noch Geltung hat.

(d) Zu Unrecht meint der Beklagte, die Berechtigung zum Führen des „Dr.“-Titels aus Ziffer 2 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 21. September 2001 (KMK-Beschluss 2001 = Anlage B 1) herleiten zu können. Darin heißt es:

„Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den in Ziff. 1 bezeichneten Staaten oder Institutionen erworben wurden, können anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzungen gem. Ziffer 1 des Beschlusses vom 14.04.2000 wahlweise die Abkürzung „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Dies gilt nicht für Doktorgrade, die ohne Promotionsstudien und –verfahren vergeben werden (sog. Berufsdoktorate).“

In Ziffer 1 sind die Mitgliedsstaaten der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraumes genannt.

Aus diesem Beschluss der KMK kann der Beklagte seine Berechtigung nicht herleiten, denn der Beschluss entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Die Regelung ist nicht an die Bürger gerichtet, sondern stellt eine Verständigung der Länder dar, die getroffenen Regelungen entsprechend in das Landesrecht umzusetzen (vgl. VG Arnsberg, a.a.O., juris-Rn. 86). Eine solche Umsetzung stellt § 57 HochschulG dar. Nur daraus könnte der Beklagte sein Recht zum Führen des Grades ggf. herleiten.

Zudem liegen auch die inhaltlichen Voraussetzungen der Ziffer 2 des KMK-Beschlusses nicht vor, denn der Grad des „PhDr.“ wurde nicht auf Grund eines wissenschaftlichen Promotionsverfahrens erworben. Vielmehr zeigt sich aus Artikel 4 Absatz 2 des Deutsch-Slowakischen Abkommens, dass der Grad eines „PhDr.“ erst zur Zulassung zum wissenschaftlichen deutschen Promotionsverfahren berechtigt.

(e) Dem Beklagten ist schließlich nicht darin beizutreten, dass die Regelung des § 57 HochschulG eine verbotene Rückwirkung darstelle und daher verfassungswidrig sei. Im Zeitpunkt der Verleihung des akademischen Grades im November 2004 habe es – so meint er – keine gesetzliche Regelung gegeben, die ihm das Führen des „Dr.“-Titels in dieser Form verboten habe.

Zum einen trifft dieser Gedanke für die Rechtslage in Schleswig-Holstein nicht zu, denn auch im Zeitpunkt der Verleihung des Grades war der Beklagte in Schleswig-Holstein nicht berechtigt, den Grad in der abgekürzten Form „Dr.“ zu führen. Damals galt nämlich die Norm des § 132 a HochschulG in der Fassung vom 4. Mai 2000, die insoweit mit der jetzigen Regelung des § 57 HochschulG wortgleich ist.

Zum anderen würde es sich lediglich um einen Fall der sog. unechten Rückwirkung handeln, der aber verfassungsmäßig gerechtfertigt ist. Unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. So liegt es hier. § 57 HochschulG knüpft an einen bestehenden Sachverhalt, nämlich den Erwerb des ausländischen akademischen Grades, an und legt allenfalls für die Zukunft neue Rechtsfolgen fest. Solche unechte Rückwirkung wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich als zulässig angesehen, es sei denn, ein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen auf den Fortbestand der Rechtslage geht bei der von dem Gesetzgeber vorzunehmenden Abwägung den öffentlichen Belangen vor, die für den Gesetzgeber Anlass für die Veränderung der Rechtslage waren (BVerfGE 109, 96 – Tz. 68). Ein Überwiegen des Interesses des Beklagten an der Fortsetzung des Gebrauches des slowakischen akademischen Grades ist nicht festzustellen. Im Gegenteil fällt die Abwägung zu Lasten des Beklagten aus. Auf Seiten der Allgemeinheit besteht das erhebliche Interesse, zum Schutz des Rechtsverkehrs und zum Schutz von beruflichen Wettbewerbern Verwechselungen zwischen den betroffenen Graden und der deutschen Promotion zu verhindern, weil nach den obigen Ausführungen die Grade nicht gleichwertig sind. Dem steht auf Seiten der Inhaber der entsprechenden akademischen Grade lediglich eine als gering zu betrachtenden Beschwer gegenüber. Sie haben nämlich weiterhin die Möglichkeit, den erworbenen Grad in der verliehenen Form und in der verliehenen Abkürzung zu führen und damit auf ihre Zusatzqualifikation aufmerksam zu machen. Lediglich die Möglichkeit, statt der verliehenen Abkürzung eine andere – „Dr.“ – zu führen, wird ausgeschlossen (VG Arnsberg, Beschluss vom 16.04.2009, Az. 9 L 45/09 – Tz. 84). Dass sich damit eine Erwartung, die der Beklagte bei Erwerb des akademischen Grades hatte und auf Grund derer er sich nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Erwerb des Titels überhaupt entschloss, nicht dauerhaft erfüllte, ändert daran nichts. Solche Veränderungen der Umstände gehören zum allgemeinen Lebensrisiko.

In Schleswig-Holstein ist dem Beklagten nach alledem die Nutzung des „Dr.“-Titels untersagt; sie darf daher gemäß § 43 Abs. 3 StBerG nicht der Berufsbezeichnung hinzugesetzt werden.

(2) Aber auch für die übrigen von dem Antrag erfassten Bundesländer ist der Unterlassungsanspruch gegeben.

(a) Für Baden-Württemberg ergibt sich das aus § 37 Abs. 1 und 4 LHG Ba-Wü. Wegen der Wirkungen der KMK-Vereinbarung und des Deutsch-Slowakischen Abkommens kann auch die obigen Ausführungen zu (1) (c) verwiesen werden.

(b) Nach § 28 Abs. 2 BbgHG darf in Brandenburg die Abkürzung „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftszusatz bei solchen Doktorgraden nicht geführt werden, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der sog. Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind. Danach darf der Inhaber des akademischen Grades des „doktor filozofie“ nicht die Abkürzung „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftszusatz führen, denn nach der Auskunft des „anabin“, des Informationssystems zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse (www.anabin.de), steht dieser akademische Abschluss lediglich einem postgradualen Studiengang gleich und gehört nicht zu der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation. Für die Zuerkennung eines „doktor filozofie“ wird nämlich nur die Befähigung zur selbstständigen Aneignung neuer Erkenntnisse in Wissenschaft und Praxis und die Fähigkeit zur schöpferischen Anwendung dieser erworbenen Kenntnisse in der Praxis gefordert, während eine wissenschaftliche Forschung und selbstständige schöpferische Tätigkeit erst bei dem Erwerb des PhD. vorausgesetzt wird (vgl. www.anabin.de/scripts/frmAbschlusstyp1.asp?ID=562).

(c) In Bremen gilt § 64b Bremisches HochschulG, wonach zwischen den dort genannten Möglichkeiten der Bezeichnung des akademischen Grades die für den Inhaber günstige Möglichkeit gewählt werden kann (§ 64b S. 8 Bremisches HochschulG). Verschiedene Möglichkeiten stehen dem Beklagten auch nach dieser Norm allerdings nicht zu, denn auch hier gilt, dass die Alternative „im Herkunftsland zugelassene Abkürzung“ vorrangig ist vor derjenigen der „allgemein üblichen Abkürzung“ (s.o. Abschnitt (1) (a)). Der Beklagte darf auch in Bremen nur die zugelassene Abkürzung „PhDr.“ ohne Herkunftszusatz führen (§ 64b S. 5 Bremisches HochschulG).

(d) Auch in Hamburg darf der Beklagte die Abkürzung Dr.“ nicht nutzen. § 69 Abs. 1 S. 2 2. Halbs. HmbHG eröffnet ihm nach der dargelegten Auffassung des Senats lediglich die Möglichkeit, die im Herkunftsland zugelassene Abkürzung zu nutzen. Zwar sind nach § 69 Abs. 4 HmbHG Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten und Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland vorrangig. Die geschlossenen Vereinbarungen sehen für den Beklagten indes nach den obigen Ausführungen (oben Abschnitt (1) (c) und (d)) die Möglichkeit, den „Dr.“-Titel ohne Herkunftsnachweis und ohne fachlichen Zusatz zu führen, nicht vor.

(e) In Hessen bestimmt § 22 Abs. 1 S. 2 Hess. HochschulG, dass die im Herkunftsland zugelassene oder – nach Auffassung des Senats nachrangig – die allgemein übliche Abkürzung genutzt werden darf, wobei nach Satz 3 bei Graden aus der Europäischen Union der Herkunftsnachweis entfallen kann. In Hessen darf der Beklagte daher nur die zugelassene Abkürzung „PhDr.“ nutzen, nicht aber die Abkürzung „Dr.“. Auch die Ausnahmeregelung des Absatzes 4 für Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten und Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland gibt ihm nach den obigen Ausführungen (oben Abschnitt (1) (c) und (d)) keine weitergehenden Rechte.

(f) Dasselbe gilt in Mecklenburg-Vorpommern nach der Vorschrift des § 42 Abs. 1 und Abs. 4 HSchulG 2011 M-V. Von der Möglichkeit, eine weitergehende Regelung in einer nach Abs. 5 zu erlassenden Verordnung zu treffen, hat der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern – soweit ersichtlich – keinen Gebrauch gemacht.

(g) In Niedersachsen gilt § 10 Niedersächs. HSchulG, der nach Abs. 1 und der zugrunde zu legenden Auffassung des Senats lediglich die im Herkunftsland zugelassene Abkürzung erlaubt. Allerdings hat das Land Niedersachsen von der Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 4 Niedersächs. HSchulG Gebrauch gemacht. § 4 Abs. 2 S. 1 AkGradVO erlaubt die Nutzung der Abkürzung „Dr.“ für Doktorgrade, die in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren verliehen worden sind, wobei dies nach Satz 2 nicht für Doktorgrade gilt, die nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind. Da der slowakische Grad des „doktor filozofie“ dieser dritten Ebene nicht angehört (s. o. zu Bremen – Abschnitt (b)), hat der Beklagte die Führung des Titels „Dr.“ auch in Niedersachen zu unterlassen.

(h) Für Nordrhein-Westfalen gilt nach § 69 Abs. 1 S. 3 2. Halbs., Abs. 5 und 6 HSchulG und § 1 Abs. 1 und 2 der VO über die Führung von akademischen Graden, dass der Beklagte den „Dr.“-Titel nicht führen darf, weil dieser Titel in dieser Form nicht in der Slowakei zugelassen ist und nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet ist (s. o. zu Bremen – Abschnitt (b)).

(i) Der Unterlassungsanspruch besteht auch für Rheinland-Pfalz, denn nach § 31 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 HochSchG darf der Beklagte den „Dr.“-Titel nur in der zugelassenen Abkürzung führen. Von der Möglichkeit, eine weitergehende Regelung in einer nach Abs. 6 zu erlassenden Verordnung zu treffen, hat der Gesetzgeber in Rheinland-Pfalz – soweit ersichtlich – keinen Gebrauch gemacht.

(j) Im Saarland ist die Führung des „Dr.“-Titels nach § 63 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4 UniversitätsG nicht erlaubt, denn dieser ist so nicht in der Slowakei zugelassen. Auch das Abkommen Deutschlands mit der Slowakei und die KMK-Vereinbarung geben das nach den obigen Ausführungen (oben Abschnitt (1) (c) und (d)) nicht her.

(k) Entsprechend ist die Rechtslage in Sachsen nach § 44 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 3 Sächs. HSchulG.

(l) Auch in Sachsen-Anhalt ist die Führung des „Dr.“-Titels für den Beklagten so nicht erlaubt. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 1, S. 1 und 2, Abs. 4 und 5 HSchulG LSA und § 1 Abs. 2 der VO zur Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade. Auf die entsprechenden Ausführungen zu (1) (c) und (d) sowie (2) (b) kann Bezug genommen werden.

(m) Schließlich besteht der Unterlassungsanspruch auch für das Land Thüringen. Nach § 53 Abs. 3 und 4 ThürHG sind die Voraussetzungen für die Führung des „Dr.“-Titels nicht gegeben. Insbesondere ist der Doktorgrad durch den Beklagten nicht in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworben worden, weil der Titel „PhDr.“ erst zu einem solchen Promotionsverfahren berechtigt (vgl. oben (1) (d)).

Da nach alledem in allen Bundesländern, auf die sich der Antrag der Klägerin bezieht, die Führung des Titels in der Form „Dr.“ untersagt ist, liegt für alle diese Länder ein unlauteres Verhalten des Beklagten wegen des Verstoßes gegen die Marktverhaltensregel des § 43 StBerG vor.

c. Die somit unlautere geschäftliche Handlung des Beklagten ist auch nach § 3 UWG unzulässig.

Nach dieser Norm ist eine Handlung unzulässig, wenn sie geeignet ist, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

Dies ist hier der Fall. Wie bereits bei der Frage der Rückwirkung (s.o. Abschnitt b. bb. (1) (e)) ausgeführt, dient die Reglementierung bei ausländischen Hochschulgraden dem berechtigten Interesse der Verbraucher und der Wettbewerber, Verwechselungen mit deutschen Hochschulgraden und Irrtümer in Bezug auf die mit dem Grad belegte Qualifikation zu vermeiden. Bei einem unzulässig geführten Hochschulgrad besteht die Gefahr, dass ein Mandant auf eine Qualifikation des Trägers vertraut, die dieser tatsächlich nicht hat. Wenn er sich wegen der irrigen Annahme dieser Qualifikation zu einem Mandatsverhältnis mit dem Steuerberater entschließt, stellt bereits dies eine spürbare Beeinträchtigung dar.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die seiner Auffassung nach fehlende Erheblichkeit hinweist und geltend macht, er werbe nicht aktiv mit seinem Titel und betreibe damit keine Akquise, sondern benutze den Titel lediglich in seiner „internen“ Mandatsbetreuung, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Es reicht nach dem Wortlaut des Gesetzes nämlich, dass die unlautere Handlung geeignet ist, die Interessen zu beeinträchtigen. Dass die Handlung im Einzelfall tatsächlich zu einer Beeinträchtigung geführt hat, setzt § 3 Abs. 1 UWG nicht voraus.

d. Es bedarf daher keiner Ausführungen dazu, ob in der Führung der Abkürzung „Dr.“ auch gleichzeitig eine irreführende Angabe zu sehen ist und damit auch eine unlautere Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG vorliegt. Ob die Ausführungen des Landgerichts dazu zutreffend sind, kann dahinstehen.

e. Die erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor, denn der Beklagte hat die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben und hat zudem auch durch seine Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich gemacht, dass er den Titel in dieser Form auch weiterhin führen will.

Da das Landgericht die Unterlassungsklage demnach zu Unrecht abgewiesen hat, war das Urteil zu ändern und der Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte nach § 91 ZPO zu tragen; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 EGZPO.

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