„Ecoferm“

24. Oktober 2011
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Eigener Leitsatz:

Bei der Wortmarke "Ecoferm" handelt es sich nicht um lediglich einen beschreibenden Sachhinweis im Hinblick auf die beanspruchten Waren, selbst wenn „Ecoform“ als Kurzform für ökologische Fermente bzw. ökologische Fermentation dienen kann. Vom angesprochenen Verkehr wird dies nicht als gebräuchliche Wortkombination verstanden und ist daher hinreichend unterscheidungskräftig.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 27.09.2011

Az.: 33 W (pat) 70/10

 

 

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 052 896.6

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch
den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin Dr. Hoppe
in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2011

beschlossen:

Der angefochtene Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 3. Juni 2010 wird teilweise aufgehoben, soweit er die unter Klassen 1 und 29 angemeldeten Waren betrifft, nämlich Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecitine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck, (Stabilisatoren für Backmittel). Speiseöle und -fette.

Entscheidungsgründe:

I.

Am 14. August 2008 hat die Anmelderin die Wortmarke

Ecoferm

für das nachfolgende Verzeichnis von Waren angemeldet:

Klasse 1:
Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecithine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck (Stabilisatoren für Backmittel);

Klasse 29:
Speiseöle und -fette;

Klasse 30:
im Wesentlichen aus Malzextrakten oder Getreidemehlen bestehende Backmittel unter Beigabe von Ölsaaten, Leguminosen, Emulgatoren und Lecithinen; Backaromen (ausgenommen ätherische Öle); Sauerteigzubereitungen; Zucker; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Teig; Hefe, Backpulver; Hefeextrakte, nicht für medizinische Zwecke; Honig; Melassesirup; Malz für den menschlichen Verzehr; Salz; Gewürze; Vormischungen und Fertigmischungen zur Herstellung von Backwaren.

Mit Beschluss vom 3. Juni 2010 hat die Markenstelle für Klasse 1 die Anmeldung
mangels hinreichender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass es sich um eine beschreibende
Angabe handele, die vom Verkehr auch als solche verstanden werde. Die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich auch um breite Verkehrskreise
handeln könne, würde die Wortkombination ohne weiteres verstehen. Der Bestandteil „Eco“ entstamme der englischen Sprache, sei jedoch dem entsprechenden deutschen Begriff „ökologisch“ sehr ähnlich und werde auch ohne weitergehende Englischkenntnisse verstanden. Der weitere Bestandteil „ferm“ sei als Kurzform für „Fermente, Fermentierung“ unmittelbar erkennbar. In Zusammenhang mit den vorliegend beanspruchten Waren werde die Zeichenkombination dahingehend verstanden, dass es sich um ökologische Fermente handele, und diese mittels solcher hergestellt worden seien oder diese enthalten. Damit würden Art, Inhaltsstoffe bzw. Wirkstoffe der beanspruchten Waren bezeichnet. Die vorliegend beanspruchten Waren könnten nämlich entweder ökologische Fermente sein, diese als Inhaltsstoffe haben, oder mit deren Hilfe hergestellt worden sein. So würden bei der Lebensmittelherstellung und -verarbeitung Fermente verwendet. Da diese aus Pflanzen oder Tieren gewonnen würden, könnten sie auch biologisch hergestellt werden. Worin genau die ökologische Eigenschaft bestehe und wofür die Fermente benötigt werden, müsse nicht genau definiert werden. Auch wenn „ferm“ nicht unbedingt eine offizielle Abkürzung für „Fermente, Fermentation“ sei, werde die sprachüblich gebildete Wortkombination unmittelbar verstanden, auch wenn heute eher der Begriff „Enzym“ gebräuchlich sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung,
dass das begehrte Wortzeichen nicht die Bedeutung „ökologisches Ferment“ besitze
und auch nicht auf Waren hinweise, die mittels eines solchen hergestellt seien oder dieses enthalten würden. Das Zeichen sei kein beschreibender Hinweis auf die Art, den Inhaltsstoff oder die Wirkung der beanspruchten Waren, sondern enthalte allenfalls gewisse Sinnanklänge.

Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handele es sich nicht um breite Verkehrskreise, da die Waren der Anmelderin sich nicht an Endverbraucher, sondern an Wiederverkäufer aus dem Bäckerhandwerk und der Backindustrie wenden würden.

Es treffe nicht zu, dass der Bestandteil „Eco“ der englischen Sprache entnommen
sei und dem deutschen Begriff „ökologisch“ sehr ähnlich sei. Auch werde dieser
nicht ohne weitergehende Englischkenntnisse verstanden. Mit der gleichen Begründung könne die Vorsilbe „Eco“ als Abkürzung von „Economy“ verstanden
werden. Bereits der Umstand, dass die Vorsilbe „Eco“ vollkommen unterschiedlich
interpretiert werden könne, zeige, dass die Marke nicht glatt beschreibend sei.
Auch der Begriff „ferm“ existiere in der englischen Sprache nicht. Man kenne aber
auch im Deutschen keine Kurzform für „Fermente“ oder „Fermentierung“.
Insbesondere handele es sich im Hinblick auf alle Waren, die keinerlei Bezug zu
Fermenten haben, nicht um einen beschreibenden Hinweis. Zwar seien die Begriff
„Eco“ und „ferm“ durchaus bekannt. Die Bezeichnung „Ecoferm“ erwecke aber
einen Gesamteindruck, der von dem Eindruck abweiche, der durch die bloße
Zusammenfügung ihrer Bestandteile entstehe.

Ergänzend weist die Anmelderin auf verschiedene Voreintragungen mit dem Zeichenbestandteil „ferm“ hin.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin die Anmeldung für die unter
der Klasse 30 angemeldeten Waren zurückgenommen.

Die Anmelderin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im Hinblick auf die nach der teilweisen Rücknahme der Anmeldung noch verfahrensgegenständlichen Waren „Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecithine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck (Stabilisatoren für Backmittel); Speiseöle und -fette“ begründet.

Der angemeldeten Marke steht hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen
Waren weder das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 3
Abs. 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104, MarkenRL)
noch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL) entgegen, weil es sich insoweit nicht um eine beschreibende Angabe handelt und ihr auch im Übrigen nicht die Unterscheidungskraft fehlt.

Wenngleich die Wortkombination „Ecoferm“ als Kurzform für ökologische Fermente
bzw. ökologische Fermentation dienen kann, ist der Bezug zu den angemeldeten
Waren der Klasse 1 und 29 nicht so eng, dass die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen Endverbraucher und Fachverkehrskreise zählen, dem Zeichen im Hinblick auf diese Waren eine beschreibende Sachangabe entnehmen würden.

Ein Zeichen ist zur Beschreibung eines Produktmerkmals geeignet, wenn es geeignet ist, eine leicht von den beteiligten Verkehrskreisen zu erkennende Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, zu bezeichnen (EuGH GRUR 2011, 400 (Nr. 50) – 1000). Dies ist hier nicht der Fall.

Backmittel werden dem Teig zur Backwarenherstellung zugegeben, um die Verarbeitung zu erleichtern, eine gleichbleibende Produktqualität zu erhalten und die Qualität des Produktes zu erhöhen. Dazu enthalten sie Stabilisatoren, Emulgatoren und Enzyme. Stabilisatoren dienen dabei der Haltbarmachung und dem Beibehalten einer bestimmten Konsistenz (vgl: Anlage 8: Stabilisator:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stabilisator_(Lebensmittelchemie). Eine Form der Stabilisatoren sind Emulgatoren, sie dienen dazu Zweiphasengemische, z. B. Öl und Wasser, zu einer fein verteilten Emulsion zu vermischen und zu stabilisieren (vgl: Anlage 9: Emulgator: http://de.wikipedia.org/wiki/Emulgator; Anlage 9a: Informationen aus dem Backmittelinstitut: Emulgatoren in Backmitteln und Backgrundstoffen, Broschüre). Lecithine sind dabei eine Unterart der Emulgatoren, die ihre spezifische Fähigkeit in dem Vermengen von Wasser und Öl haben (vgl: Anlage 10: Lecithine: http://de.wikipedia.org/wiki/Lecithine). Zwar fördert eine gute Vermischung mittelbar auch die Fermentation, einen unmittelbaren Sachbezug zur Fermentation haben diese Waren indes nicht. Auch für Speiseöle und -fette ergibt sich kein hinreichend enger Sachbezug. Zwar dient deren Verwendung in Backwaren nicht nur der Erreichung eines guten Geschmacks, sondern auch der Verbesserung des Luftaufnahme- und Gashaltevermögens (vgl: Anlage 11: Wissensforum Backwaren: Backmargarinen und -fette, Broschüre 26), daraus folgt indes nicht, dass der Begriff „Fermentation“ oder dessen Kurzform „ferm“ für den Verkehr erkennbar ein Merkmal der Ware bezeichnen würde.

Der Marke ist somit weder eine unmittelbare Sachaussage zu entnehmen noch
handelt es sich um eine gebräuchliche Wortkombination, die vom Verkehr in Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen Waren nur als solche
verstanden wird.

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