Prozesskostenhilfe nicht per Email beantragbar

01. September 2009
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Eigener Leitsatz:

Das OVG NRW hat – wie so viele andere Gerichte bereits zuvor – entschieden, dass Anträge, wie zum Beipsiel auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, nicht per Email gestellt werden können. Eine Email erfüllt das gesetzlich vorgeschriebene Schriftformerfordernis nicht, da es sich lediglich um eine eletronische Nachricht ohne Unterschrift handele. Gerade diese Unterschrift ist aber Teil des Schriftformerfordernisses. Anträge müssen entweder schriftlich oder zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle des Gerichtes gestellt werden, um formwirksam zu sein.

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss vom 29.04.2009
Az.: 12 B 491/09

Tenor:      

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.

Gründe:

Der Senat versteht die E-Mail vom 9. April 2009 mit ihrer Wendung "Gegen den Ablehnungsbeschluss … lege ich Beschwerde ein" allein als den – in dieser E-Mail (sinngemäß) zugleich gestellten – Antrag der Antragstellerin, ihr für ein erst noch beabsichtigtes, durch einen Rechtsanwalt einzuleitendes Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 19. März 2009 Prozesskostenhilfe zu gewähren. Denn die wörtlich erhobene Beschwerde selbst wäre unzulässig, weil sich die Antragstellerin nicht – wie nach § 67 Abs. 2 und 4 VwGO vorgeschrieben und ihr offenbar auch bewusst -durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule i. S. d. Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt hat vertreten lassen.

Der so verstandene Antrag kann allerdings keinen Erfolg haben.

Das ergibt sich schon daraus, dass keine formwirksame Antragstellung nach § 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegt. Diese verlangt – soweit keine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgt – Schriftlichkeit.

Vgl. etwa Olbertz, in: Schoch/Schmidt/Aßmann/

Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 166 Rn. 8.

Ein elektronisches Dokument – wie hier die E-Mail – wahrt nicht die vorgeschriebene Schriftform.

Vgl. etwa BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008

– IX ZB 41/08 -, FamRZ 2009, 319.

Der nachgereichte Prozesskostenhilfeantrag der Rechtsanwälte I. , U. , H. und Q. vom 21. April 2009 ist unter Benennung des erstinstanzlichen Aktenzeichens an das Verwaltungsgericht gerichtet und lässt nicht erkennen, dass er sich auf das Beschwerdeverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bezieht.

Ungeachtet dessen böte eine noch anwaltlich einzulegende Beschwerde entgegen § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Da die Frist für eine (formgerecht gestellte) Beschwerde von 2 Wochen (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Antragstellerin gem. Postzustellungsurkunde am 23. März 2009 bereits mit Ablauf des 6. April 2009 verstrichen ist, könnte das Rechtsmittel nur Erfolg haben, wenn der Antragstellerin nach § 60 VwGO Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gewährt werden könnte. Das ist jedoch nicht der Fall. Zwar ist einem Rechtsschutzsuchenden, der es versäumt hat, den in der Prozessordnung vorgesehenen Rechtsbehelf innerhalb der Rechtsbehelfsfrist in der nach § 67 VwGO vorgeschriebenen Form einzulegen, Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn er zunächst Prozesskostenhilfe zwecks Bestellung eines Rechtsanwalts beantragt hat und nicht vernünftigerweise mit einer Ablehnung rechnen musste. Voraussetzung dafür ist aber, dass noch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch eingereicht worden ist. Dazu gehört auch die auf dem eingeführten Vordruck abzugebende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, § 166 VwGO i. V. m. § 117 ZPO.

Vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2004 – 6 PKH 15.03 -, NVwZ 2004, 888, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2009 – 12 A 3227/08 -, m. w. N.

Schon das Prozesskostenhilfegesuch als solches ist hier jedoch – auch wenn man den anwaltlichen Antrag vom 21. April 2009 an das Verwaltungsgericht berücksichtigen wollte – eindeutig verspätet gestellt worden, nämlich frühestens am 9. April 2009 als Sendetag der E-Mail. Für eine Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Fristversäumung ist trotz Hinweises des Berichterstatters in der Eingangsverfügung vom 20. April 2009 nichts vorgetragen worden und auch sonst kein Anhaltspunkt ersichtlich. Im Übrigen ist bis heute noch nicht die auch bei Bezug von Arbeitslosengeld II erforderliche und allenfalls nur in geringerem Umfang auszufüllende Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) vorgelegt worden.

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde auch in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten würde. Die Antragstellerin ignoriert in ihrer E-Mail vom 9. April 2009, dass sie sich nicht in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen jugendhilferechtlicher Maßnahmen über die vom Amtsgericht – Familiengericht – getroffene Sorgerechtsentscheidung hinweg setzen kann.

Der Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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