Geldentschädigung zum Schutze der Persönlichkeit

01. September 2009
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Eigener Leitsatz:

Die Richter am Landgericht Berlin sprachen sich zugunsten der Klägerin für einen Anspruch auf Geldentschädigung aus. Sie sahen in der Veröffentlichung von Ablichtungen, auf denen die Klägerin zwar nur gepixelt gezeigt wurde, gleichwohl aber identifizierbar war, eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Die Klägerin wurde zwar nicht namentlich genannt, jedoch war für einen Teil des Adressatenkreis auf Grund der mitgeteilten Umstände hinreichend erkennbar, um welche Person es sich handelt.

Landgericht Berlin

Urteil vom 14.05.2009

Az.: 27 O 64/09

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.001 € sowie weitere 735,42 € zu zahlen, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2009.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt eine Geldentschädigung sowie Schadensersatz.

Die Beklagte produzierte einen Fernsehbeitrag zum Thema Stalking, den sie an den Fernsehsender … lizenzierte und der in der Sendung “ …” am 15.12.2004 ausgestrahlt wurde.

Teil des Sendebeitrages ist die seit mehreren Jahren beendete Beziehung des gezeigten Herrn … zu seiner damaligen Lebensgefährtin, gegen die er Strafanzeige erstattete und zivilrechtliche Verfahren anstrengte.

In dem Beitrag heißt es u. a.:

    “Seit vier Jahren wird er von ihr verfolgt, belästigt und bedroht”

    “vierzig Mal pro Tag klingelt das Telefon”

    “Der 31jährige Jurist erlebt den Terror in ganz unterschiedlichen Formen”

    “der tägliche Gang zum Briefkasten wird für Alexander allmählich zur Qual. Eine Flut von Karten mit Liebesschwüren und zahlreichen Briefen seiner Ex-Freundin überschwemmen ihn”.

    “Doch der Zerstörungsdrang seiner Ex-Freundin kennt keine Grenzen: Sein Auto und auch das der neuen Freundin werden häufig Ziele ihrer Angriffe. Jeden Tag ein neuer Schaden. Regelmäßig ist der Lack zerkratzt, manchmal sind sogar die Scheiben eingeschlagen.”

Herr … hatte die Beklagte während der Aufnahme darauf hingewiesen, dass er keinen einzigen Beweis für seine Anschuldigen habe. Im Rahmen des Beitrages werden verschiedene Fotos der ehemaligen Lebensgefährtin mit gepixeltem Gesicht sowie Postkarten mit ihrer Handschrift gezeigt sowie ihr Familienname.

Wegen des Inhaltes des Beitrages im Einzelnen wird auf Anlage K 1 Bezug genommen.

Gegen die Klägerin wurden von ihrem vormaligen Lebensgefährten nach der 2004 erfolgten Trennung wegen vermeintlicher Belästigung und Sachbeschädigung etc. Strafanzeigen gestellt; die entsprechenden Verfahren sind seit Mitte 2008 eingestellt bzw. endeten mit einem Freispruch der Klägerin. Zivilrechtlich haben sich die Klägerin und ihr vormaliger Lebensgefährte vergleichsweise auf ein Kontaktverbot geeinigt.

Unter dem 14.03.2005 erfuhr die Klägerin vom … auf eine Anfrage, dass die Beklagte den Beitrag produziert hatte (Anlage K 2). Mit Schreiben vom 21.12.2005 und 13.01.2006 gab die Beklagte strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab.

Die Klägerin behauptet, sie sei die in dem Beitrag gezeigte Lebensgefährtin. Sie meint, die Beklagte weise ihr die gezeigten Verhaltensweisen zu und bezichtige sie sozial missbilligter Taten und stelle sie als skrupellose Stalkerin dar, die mit Genuss ihren Ex-Freund terrorisiere. Zudem habe diese gegen ihre journalistischen Sorgfaltspflichten verstoßen, da sie zumindest die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung hätte wahren müssen. Die in dem Beitrag gezeigten Fotos der ehemaligen Lebensgefährtin mit gepixeltem Gesicht sowie Postkarten stammten von ihr aus der Zeit der Beziehung mit Herrn ….

Auch habe der Beklagten klar sein müssen, dass sie für ihre Freunde und Bekannten einfach zu identifizieren sei. Die Berichterstattung habe in zeitlicher Hinsicht einen nicht unerheblichen Einfluss auf die schließlich erfolgte Einstellung der gegen sie gerichteten Strafverfahren gehabt. In ihr habe sich die typische Gefahr einer falschen Berichterstattung in den Massenmedien verwirklicht. Die Beklagte wisse, wer die Klägerin sei, wie sich aus einer von der Geschäftsführerin unterzeichneten Erklärung vom 02.12.2004 (Anlage K 8) ergebe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5.001 € sowie weitere
    735,42 € zu zahlen, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (03.02.2009).

Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klägerin sei nicht aktvlegitimiert. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die in dem Filmbeitrag gezeigten Fotos die Klägerin abbilden, dass die gezeigten Postkarten und Briefe die Handschrift der Klägerin und ihren Namen zeigen und dass die genannten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin geführt wurden. Im Übrigen müsse sich die Klägerin an das … wenden, zumal sie – die Beklagte – keine Verantwortung für den vom … in den Filmbeitrag eingefügten Text trage. Es sei in dem Beitrag nicht darum gegangen, die Täterin anzuprangern, sondern die Auswirkungen von Stalking auf das Opfer zu zeigen. Es sei daher bewusst vermieden worden, Hinweise auf die Identität der Täterin zu geben. Diese sei auch in dem Beitrag nicht identifizierbar dargestellt. Sie erhebt die Einrede der Verjährung und meint, etwaige Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verwirkt.

Der der Berechnung der Rechtsanwaltskosten zugrunde gelegt Gegenstandswert sei zu hoch, auch die zugrunde gelegte Gebühr sei unzutreffend. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass der Klägerin ein Schaden in Höhe von Rechtsanwaltsgebühren entstanden ist.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I. Geldentschädigung
Die Klägerin kann von der Beklagten gem. § 823 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 5.001 € verlangen, da sie durch den streitgegenständlichen Beitrag besonders schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt worden ist.

Soweit die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen bestreitet, ist dies gem. § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Denn die Beklagte hat die in dem Beitrag gepixelt gezeigten Fotografien in nicht anonymisierter Form gesehen und gefilmt, so dass es ihr möglich war, die im Termin anwesende Klägerin anhand der Abbildungen zu identifizieren und ggf. substantiiert zu erklären, warum die abgebildete Frau mit der Person der Klägerin nicht identisch ist. Hierzu fehlt jeder Vortag.
Im Übrigen verhält sich die Beklagte auch widersprüchlich, wenn sie sich einerseits gegenüber der Klägerin im Jahr 2005/2006 zur strafbewehrten Unterlassung wegen des streitgegenständlichen Beitrages verpflichtete und nunmehr Zweifel daran äußert, dass die Klägerin überhaupt die in dem Filmbeitrag angesprochene Lebensgefährtin sei. Auch wenn die Unterlassungsverflichtungserklärung aus rein pragmatischen bzw. wirtschaftlichen Motiven abgegeben worden sein mag, ergeben sich hieraus gleichwohl rechtliche Verbindlichkeiten und Bindungswirkungen für die Beklagte, die von der für die Unterzeichnung der Erklärung maßgebenden Motivation völlig unabhängig sind. Hieran muss sich die Beklagte festhalten lassen.

Fehl geht auch die Ansicht, die Klägerin möge sich mit ihrer Forderung an das ZDF halten. Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Beitrag produziert und an den vorgenannten Fernsehsender zur Veröffentlichung weitergegeben. Damit hat sie ihn verbreitet und die von § 823 BGB sanktionierte kausale Handlung begangen. Soweit die Beklagte meint, sie trage keine Verantwortung für den endgültigen Zuschnitt und den Wortbeitrag in der Sendung, vermag dies ihre Verantwortlichkeit nicht zu beseitigen. Zum Einen hat die Beklagte keinen Beweis dafür angetreten, dass der endgültige Zuschnitt und der Ton erst vom … vorgenommen wurde. Darüber hinaus hat die Beklagte weder dargetan noch unter Beweis gestellt, dass der von ihr dem … übermittelte Entwurf des Beitrages eine völlig andere Stoßrichtung hatte und erst nachträglich vom Sender so verändert wurde, dass der Film nichts mehr mit seiner ursprünglichen Fassung gemein hatte. Wenn das … auch einzelne Text- und Bildsequenzen anders gestaltet haben mag, ändert dies an der Verantwortlichkeit der Beklagten für den eingetretenen Erfolg nichts. Etwas anders trägt auch die Beklagte nicht vor.

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kommt eine Geldentschädigung zum Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen dann in Betracht, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Die Gewährung des Anspruchs auf eine Geldentschädigung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass der Verletzte andernfalls wegen der erlittenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts ohne Rechtsschutz und damit der vom Grundgesetz vorgesehene Schutz der Persönlichkeit lückenhaft bliebe (BGH NJW 1995, 861, 864; BVerfG NJW 1973, 1221, 1224; Kammergericht AfP 1974, 720, 721). Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung und des Fehlens anderweitiger Ausgleichsmöglichkeiten muss dabei ein unabwendbares Bedürfnis für einen finanziellen Ausgleich bestehen (BGH LM BGB § 847 Nr. 51). Ob eine schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts schwer ist, bestimmt sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, dem Grad des Verschuldens sowie Anlass und Beweggrund des Handelns des Verletzers (BGH NJW 1996, 1131, 1134). Dabei kann schon ein einziger jener Umstände zur Schwere des Eingriffs führen (Kammergericht a. a. O.).

In Anwendung dieser Grundsätze ist von einer besonders schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen. Denn die Beklagte hat die Klägerin einem Millionenpublikum als eine Person präsentiert, die über die Folgen einer beendeten Beziehung nicht hinwegkommt und in geradezu krankhafter Weise ihren Rachegelüsten nachgeht. Dies erhält durch die Aussage des Psychologen noch ein zusätzliches Gewicht, weil hierdurch der bereits von der Beklagten erweckte Anschein vermeintlich wissenschaftlich untermauert wird. Die Beklagte stellt die Klägerin dabei nicht nur als Frau dar, die sich in gesellschaftlich missbilligter Weise verhält, sondern sie stellt sie als Straftäterin hin, ohne in irgend einer Weise kenntlich zu machen, dass es sich hierbei lediglich um einen Verdacht zu Lasten der Klägerin handelt. Die Beklagte hat die ausdrücklich von ihrem ehemaligen Lebensgefährten geäußerten Zweifel an der Verantwortlichkeit der Klägerin für die geschilderten Belästigungen nicht berücksichtigt, sondern den Beitrag so geschnitten, als gebe es bereits einen feststehenden Sachverhalt.

Zwar hat die Beklagte das Gesicht der Klägerin nur gepixelt gezeigt, doch ist sie gleichwohl identifizierbar.
Ein Anspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht demjenigen zu, der durch die Veröffentlichung individuell betroffen ist. Dies setzt voraus, dass er erkennbar zum Gegenstand einer medialen Darstellung wurde. Die Erkennbarkeit in einem mehr
oder minder großen Bekanntenkreis bzw. in der näheren persönlichen Umgebung genügt. Sie ist bereits dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Leser- oder Adressatenkreises auf Grund der mitgeteilten Umstände hinreichend erkennbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt. Dafür kann unter Umständen die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seines Wohnorts und seiner Berufstätigkeit ausreichen (BGH NJW 2005, 2844, 2845 – Esra). Zudem ist es ausreichend, wenn der Betroffene begründeten Anlass zu der Annahme hat, er werde erkannt (BGH NJW 1971, 698, 700; 1979, 2205; ähnlich OLG Hamburg AfP 1975, 916).
Dadurch, dass der vollständige Name des Lebensgefährten der Klägerin eingeblendet und die Handschrift der Klägerin sowie ihr Familienname gezeigt wurde, ist es zumindest auf “Umwegen” möglich, die Identität der Klägerin zu bestimmen. Dass sich eine Datendiskrepanz eingeschlichen hat (Trennung laut Beitrag im Jahr 2000 statt 2002) vermag hieran nichts zu ändern, da derartigen Informationen vom Zuschauer weit weniger Beachtung finden, als Merkmale, die rein visuell ein Wiedererkennen ermöglichen.

Die Höhe der Geldentschädigung ist abhängig von dem Maß der Genugtuung, das erforderlich ist, die Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugleichen. Außerdem soll die Zubilligung der Prävention dienen (BGH NJW 1995, 861, 865 m. w. Nachw.). In diesem Zusammenhang sind auch die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen und des Verletzers zu berücksichtigen (Kammergericht AfP 1968, 56) sowie die Folgen der Ehrverletzung und die Erheblichkeit des Eingriffs in die Sphäre des Betroffenen. Eine Begrenzung der Höhe nach erfährt der immaterielle Schadensausgleich durch die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Pressefreiheit, die eine übermäßige Einschränkung nicht zulässt (BVerfG NJW 1973, 1224).

In Anwendung dieser Grundsätze ist eine Geldentschädigung in der geltend gemachten Höhe ausreichend, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugleichen. Hierbei war zum Einen zu berücksichtigen, dass der Beitrag sich mit der vermeintlich fortbestehenden emotionalen Bindung der Klägerin an ihren ehemaligen Lebensgefährten und somit mit ihrer Privatsphäre beschäftigte. Hinzu kommt, dass die Sendung, da sie über das … ausgestrahlt wurde, eine erhebliche Verbreitung und ein nicht unerhebliches Publikum hatte, zumal die Sendung “ …” – wie gerichtsbekannt ist – zu einer der vorabendlich besten Sendezeiten ausgestrahlt wird. Andererseits erfolgte die Ausstrahlung bereits vor mehreren Jahren und eine Identifizierbarkeit der Klägerin war lediglich aufgrund von Indizien möglich.

Die Forderung ist nicht verjährt. Der klägerische Anspruch verjährt gem. § 195 BGB in drei Jahren, wobei die Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Geschädigte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Hierzu gehört gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch die Kenntnis von der Person des Schädigers. Da die Klägerin erst mit Schreiben des ZDF vom 14.3.2005 erfuhr, dass die Beklagte die Sendung produziert hatte, begann die Verjährungsfrist am 1.1.2006 zu laufen und endete am 31.12.2008. Weil die Klägerin ihre Klage am 31.12.2008 eingereicht hatte und die am 2.2.2009 erfolgte Zustellung demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, wurde der Lauf der Verjährungsfrist gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

Die Forderung ist auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Palandt/Heinrichs, 67. A., § 242 RZ 87). Darlegungs- und beweispflichtig hierfür ist der Verpflichtete, mithin die Beklagte.

Sie hat jedoch keine hinreichenden Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin die Forderung nach einer Geldentschädigung nicht mehr geltend machen werde. Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, was Gegenstand des zwischen den jeweiligen Bevollmächtigten geführten Telefonats im Januar 2006 war. Denn die Klägerin hat mit Schreiben vom 16.12.2005 unmissverständlich deutlich gemacht, dass ihr ihrer Ansicht zufolge ein Anspruch auf Geldentschädigung zustehe. Auch wenn die Klägerin zugleich ihr Interesse bekundet hat, in Ruhe gelassen zu werden, spricht dies nicht gegen sie, zumal sie durch den Hinweis auf eine zu findende Gesamtlösung deutlich gemacht hat, dass es allein mit der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nicht sein Bewenden haben kann. Dies wird durch das Schreiben vom 30.12.2005 (Anlage K 5) nochmals untermauert, in dem erneut der Wunsch nach einer Gesamtlösung und damit einer außergerichtlichen Streitbeilegung formuliert wird. Vor diesem Hintergrund bestand für die Beklagte kein Anlass sich darauf einzurichten, die Klägerin werde ihr behauptetes Recht nicht mehr geltend machen.

II. Rechtsanwaltskosten
Da die Beklagte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat, hat sie ihr aufgrund der eingangs genannten Normen auch den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes entstanden ist. Dieser beläuft sich auf 735,42 €. Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden sei, ist dies unerheblich. Denn die Beauftragung eines Rechtsanwaltes führt notwendigerweise, sobald dieser für seine Mandantin tätig wird, zum Entstehen von Honoraransprüchen. Deren Ersatz kann die Klägerin von der Beklagten verlangen.
Die Beklagte kann der Klägerin weiter nicht entgegen halten, seine Prozessbevollmächtigten hätten in ihrer Berechnung den Geschäftswert zu hoch angesetzt (vgl. Kammergericht, Urteil vom 15.06.2007, 9 U 145/06):

Der Zurechnungszusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Schaden wird dadurch nämlich nicht unterbrochen.

Daran ändert auch nichts, dass der Klägerin wegen der Kosten u. U. Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche gegenüber den von ihr beauftragten Rechtsanwälten zustehen. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des Schadensersatzrechts, dass der Schädiger den Geschädigten nicht darauf verweisen kann, er habe gegen einen Dritten einen Anspruch, der zum Ausgleich seiner Vermögensbeeinträchtigung führen könne (BGH NJW 2001, 3190, 3192). Das Risiko einer fehlerhaften Beratung durch den beauftragten Rechtsanwalt und das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung über Honorar- und Schadensersatzansprüche des Rechtsanwalts muss der Geschädigte nicht tragen, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts adäquat-kausale Folge des Schadensereignisses war. Der Streit über die Frage, ob dem Rechtsanwalt des Geschädigten aufgrund einer pflichtwidrigen Durchführung des Auftrags ein Honorar zusteht sowie in welcher Höhe dies berechtigt ist, ist grundsätzlich zwischen dem Schädiger und dem Rechtsanwalt auszutragen; dies gilt auch für den Einwand, der Rechtsanwalt habe seiner Kostenberechnung einen unzutreffenden Geschäftswert bzw. eine zu hohe Rahmengebühr zugrunde gelegt. Der Geschädigte kann daher in einer derartigen Lage den Schädiger auf vollen Ersatz der Kosten bzw. auf Freistellung von den Kosten in Anspruch nehmen und ist lediglich zur Abtretung seiner Ansprüche auf Rückgewähr einer etwaigen Zuvielzahlung verpflichtet (KG a. a. O. unter Hinweis auf BGH NJW 1990, 2060; KG, 10. Zivilsenat, Urteil vom 02.03.2006 – 10 U 102/05).

Soweit die Beklagte sich gegen die Festsetzung einer 1,5-Gebühr wehrt, gilt, dass die für jede Abmahnung im Verhältnis des Rechtsanwalts zu seinem Auftraggeber anfallende Gebühr gemäß § 14 RVG vom Rechtsanwalt innerhalb des Gebührensatzrahmens festzusetzen ist. Dabei ist das vom Rechtsanwalt ausgeübte Ermessen bis zur Grenze der Unbilligkeit (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG) des konkreten – aus Gebührenansatz und Streitwert zusammengesetzten – Gebührenbetrages hinzunehmen (vgl. Kammergericht, Urteil vom 19.01.2007, 9 U 137/06). Die Grenze zur Unbilligkeit wird vorliegend jedenfalls nicht überschritten.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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