Nicht öffentlich-rechtliche Personen haben einen Bereicherungsanspruch im Rahmen der Lizenzanalogie

14. November 2013
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Eigener Leitsatz:

Fotografien von Personen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen, können einen Vermögenswert verkörpern und unter gewissen Bedingungen kommerzialisierbar sein. So steht ihnen im Rahmen der Lizenzanalogie ein Anspruch auf Schadenersatz zu, welcher aufgrund der fehlenden gravierenden Persönlichkeitsverletzung nicht aus §§ 823 Abs. 1, 2 BGB, 22 KUG, sondern aus § 812 Abs. 1 S.1 BGB erfolgt.

Landgericht Kiel

Urteil vom 30.08.2013

Az.: 1 S 223/12

 

In dem Berufungsverfahren
des
Kläger und Berufungskläger 

gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Kiel auf die mündliche Verhandlung vom 16.08.2013
für Recht erkannt:   

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Norderstedt vom 15. November 2012 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 714,00 € nebst Zin-sen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem
22, Januar 2013 zu zahlen,

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 60 % und der Kläger zu 40 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Veröffentlichung eines ihn zeigenden Bildes am 20.12.2011 in der […] Bezüglich der Einzelheiten des Bildes und des dieses umrahmenden Textes wird auf die Anlage 1 zur Anspruchsbegründung (BI. 18 d, A.) verwiesen.
Auftraggeber des streitgegenständlichen Fotos, das am 21.08.2003 aufgenommen wurde, war das AFG. Dieses besaß die Rechte an diesem Bild für zwei Jahre.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er hab gegen die Beklagte wegen der Veröffentlichung des Fotos einen Schadensersatzanspruch, da es ohne seine Einwilligung nicht hätte veröffentlicht werden dürfen und damit gegen § 22 Abs. 1 Kunsturhebergesetz (KUG) verstoßen worden sei.

Das Amtsgericht hat durch die angegriffene Entscheidung die Klage abgewiesen. Es hat eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers oder seines Rechts am eigenen Bild verneint. Es liege keine werbliche Nutzung des Bildes vor, da kein bestimmtes Pro¬dukt beworben werde. Der Kläger werde auch nicht mit einem bestimmten Buch gezeigt, Damit sei er eine beliebig auswechselbare Person gewesen, Es werde auch nicht für die Zeitung der Beklagten geworben. Ein Anspruch aus § 812 BGB scheide aus. Die Beklagte habe keinen Vermögensvorteil erlangt, weil sie nichts erspart habe. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn sie üblicherweise an den Kläger für die Veröffentlichung des Bil¬des etwas hätte zahlen müssen. Das sei nicht der Fall. Das Bild sei nur zu redaktionellen Zwecken genutzt worden. Damit fehle es an einer Kornmerzialisierbarkeit. Das Foto zeige den Kläger bei einem ganz normalen Alltagsverhalten. Es stelle keinen eigenständigen Vermögenswert des Klägers dar.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Zwar habe es einen redaktionellen Anlass zur Veröffentlichung des Fotos gegeben. Es bestehe aber kein Zusammenhang zwischen diesem, dem Text und seinem Bild. Es handele sich bei diesem um ein Symbolfoto, das eine für die Vorweihnachtszeit typische Szene zeige. Er, der Klä¬ger, posiere wie ein Schauspieler als Großvater. Das Foto sei gemacht worden, um es zu verkaufen. Eine Bezahlung sei dann bei einer Veröffentlichung üblich. Er habe in der Vergangenheit häufig solche Symbolfotos machen lassen und mit ihnen verdient. Die Beklagte habe die Zahlung einer Lizenz erspart in der Vergangenheit habe die Beklagte auch dafür gezahlt, dass sie seine, des Klägers, Fotos verwendet habe. Auf einen Werbewert komme es bei der Frage, ob ihm ein Schadensersatz zustehe, nicht an, Er ist der Auffassung, dass die Beklagte an ihn 1.000.00 E plus Umsatzsteuer zu zahlen habe.

Er beantragt, unter Abänderung des am 15.11.2012 verkündeten Urteils des Amtsge¬richts Rendsburg,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.190,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es stehe nicht fest, dass der Kläger üblicherweise eine Veröffentlichung nur gegen eine Gebühr gestatte. Das müsse, um einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen zu können, regelmäßig gegen nicht unerhebliche Gebühren geschehen. Ein Eingriff in den vermögensrechtlichen Gehalt des Persönlichkeitsrechts liege nicht vor.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Zwar ist dem Amtsgericht darin zu talgen, dass dem Kläger kein Entschädigungsanspruch gern. §§ 822 Abs. 1, 2 BGB, 22 KUG zusteht. Denn es fehlt an einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung. Auch liegt kein Fall der werblichen Nutzung seiner Abbildung durch die Beklagte vor. Denn es wird mit dem Bild des Klägers nicht für ein bestimmtes Produkt geworben. Es entsteht nicht der Eindruck, dass der Kläger ein bestimmtes Pro¬dukt empfiehlt und zu diesem steht. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts wird insoweit verwiesen.
Durch die Verwendung des Bildes soll auch nicht für die Zeitung selbst geworben werden. Das hätte vorausgesetzt, dass der Leser zum Kauf oder zum Abschluss eines Abonnements bewegt werden soll. Das ist nicht der Fall.

Der Anspruch des Klägers folgt jedoch aus § 812 Abs, 1 S, 1 BGB, Durch die Benutzung des Bildes hat die Beklagte einen Vermögensvorteil erlangt, denn sie hat die Zahlung einer Vergütung an den Kläger erspart. Die Beklagte hätte hier üblicherweise eine Vergütung für die Veröffentlichung des Bildes an den Kläger zahlen müssen.
Ein Bereicherungsanspruch im Wege der Lizenzanalogie kann nicht nur prominenten Personen zustehen. Auch die Bilder von Leuten, die nicht in der Öffentlichkeit stehen und nicht bekannt sind, können unter bestimmten Voraussetzungen kommerzialisierbar sein und einen eigenständigen Vermögenswert verkörpern.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Ein Anspruch des Klägers scheitert nicht allein schon daran, dass sein Bild zu redaktionellen Zwecken verwendet worden ist. Diese schließen eine Kommerzialisierbarkeit nicht grundsätzlich aus.
Zwar zeigt das Foto den Kläger bei einer ganz normalen Alltagstätigkeit. Die abgebildete Szene ist jedoch gestellt. Sie gibt kein tatsächliches Geschehen wieder. Sie soll das Bild eines Großvaters darstellen, der einem Kind – möglicherweise seinem Enkel – aus einem Buch vorliest. Verwendet wurde das Bild für einen Artikel über Bücher, der kurz vor Weihnachten erschienen ist, symbolisiert also eine Szene aus der Vorweihnachtszeit, die Gemütlichkeit vermitteln und zum Lesen animieren will.

Der Kläger ist seit Jahren als Modell tätig. Dafür wird er bezahlt, wie die von ihm eingereichten Unterlagen ergeben. Von ihm wurden in der Vergangenheit z. B. Photos gefertigt, die ihn als Kapitän, Handwerker, Fischer oder als Großvater mit seinem Enkel darstellen Auch bei diesen Photos handelt es sich nicht um die Wiedergabe eines tatsächlichen Geschehens. Der Kläger ist weder Kapitän, noch Handwerker oder Fischer. Er stellt Männer in solchen Berufen lediglich dar.
Die Photos wurden hergestellt, um sie zu vermarkten. Über Agenturen sollten sie gegen Entgelt verkauft werden. Das ist auch geschehen.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Photos in erster Linie in der Werbung Verwendung gefunden haben. Das bedeutet aber nicht, dass sie von unberechtigten Dritten außerhalb der Werbung lizenzfrei genutzt werden dürfen. Demnach entfällt der Anspruch des Klägers hier nicht deshalb, weil mit seinem Bild in dem Hamburger Abendblatt nicht geworben worden ist.
Der Kläger hat substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass er seine speziell zu Verkaufszwecken hergestellten Bilder üblicherweise nur gegen Vergütung zur Veröffentlichung freigibt. Das gilt dann auch für das streitgegenständliche Bild.
Die Üblichkeit lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht an der Anzahl der bisher bezahlten Veröffentlichungen bemessen. Wenn Bilder zu kommerziellen Zwecken hergestellt werden, dann wohnt ihnen ein eigenständiger Vermögenswert inne und zwar unabhängig davon, wie oft sie eingesetzt werden, Diesen hat sich die Beklagte zunutze gemacht. Sie hat das Bild veröffentlicht, um einen redaktionellen Artikel aufzuwerten. Dann ist sie auch verpflichtet, das entsprechende Entgelt zu zahlen.

Von einer Zahlungspflicht in einem solchen Fall ist sie in der Vergangenheit auch ausgegangen. Sie hat schon mehrfach mit dem Kläger zusammengearbeitet. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eine Auto-Zeitschrift vorgelegt, die von der Beklagten herausgegeben wird und auf deren Deckblatt der Kläger groß mit einem Auto unter dem Arm zu sehen ist. Dass die Beklagte dieses Bild genutzt hat, ist unbestritten geblieben. Unbestritten blieb auch die Bekundung des Klägers, er habe für die Nutzung dieses Bildes von der Beklagten eine Vergütung erhalten.
Die Beklagte hat nach der Bekundung des in 1. Instanz informatorisch gehörten zuständigen Redakteurs das streitgegenständliche Photo auch nur genutzt, weil sie davon ausging, die Rechte an ihm zu besitzen. Entsprechendes sei im Archiv vermerkt gewesen. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass die Beklagte das Bild nicht nur einmal genutzt hat. Die weitere Nutzung im Rahmen der Eigenwerbung der Beklagten ist zwar nicht streitgegenständlich. Der Umstand der Nutzung ist jedoch unstreitig.

Die Rechte an dem Bild lagen zur Zeit der Nutzung beim Kläger. Es wurde zwar im Jahre 2003 von der Firma „Fi…    " angefertigt. Die besaß jedoch ausweislich des unstreitigen Tatbestandes nur für zwei Jahre die Rechte an ihm,
Die Beklagte hat deshalb für die Nutzung des Bildes ein Honorar an den Kläger zu zahlen. Da nur eine Nutzung des Bildes im Rahmen des Artikels in dem streitgegenständlich ist, stellen nicht die begehrten 1.000,00 E, sondern nur 600,00 € zzgl. Umsatzsteuer die übliche Vergütung, die die Beklagte erspart hat, dar. Soweit der Kläger ausweislich der eingereichten Unterlagen in der Vergangenheit höhere Entgelte erzielt hat, so war zu berücksichtigen, dass er dort die Rechte an den Bildern z.T. für mehrere Jahre und für die Nutzung in überregionalen Zeitungen und im Internet übertragen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

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