Verwendung einer fremden Marke als Metatag oder „Title“ bei erschöpfter Ware
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Beschluss vom 31. März 2014
Az.: 6 W 12/14
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.
Den Antragsgegnern wird es im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1) zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung
X
im Quellcode der Internetseite www.Y.de als „Metatag“ und/oder „Title“ zu verwenden, wenn im Rahmen des Internetauftritts unter www.Y.de – wie aus dem Screenshot gemäß Anlage EVK 6 zur Antragsschrift vom 6.11.2013 sowie aus den Preislisten gemäß Anlagen SB 8 und SB 9 zur Beschwerdeschrift vom 13.2.2014 ersichtlich – nur einzelne „X“-Produkte zu einem Preis angeboten werden, die erheblich über der unverbindlichen Preisempfehlung für diese Produkte liegen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Von den Kosten des Eilverfahrens haben die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegner 2/3 zu tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 180.000,- € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aus § 14 II Nr. 1, V UWG zu, da die Antragsgegnerin zu 1) die eingetragene Marke durch die Verwendung als „Metatag“ und als „Title“ markenmäßig benutzt und hierzu auch nicht nach § 24 MarkenG berechtigt ist. Der Antragsgegnerin zu 2) haftet als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1) auch persönlich für diese Markenverletzung.
Zwar verleiht die Erschöpfungswirkung des § 24 I MarkenG demjenigen, der – wie hier die Antragsgegnerin zu 1) – durch den Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung unter der Marke in den Verkehr gebrachte Ware weiterverkauft, grundsätzlich auch das Recht, diese Ware unter Nennung der Marke anzukündigen und hiermit zu werben; dies schließt auch den Gebrauch der Marke als „Metatag“ oder „Title“ nicht von vornherein aus.
Im vorliegenden Fall kann sich die Antragstellerin der Benutzung ihrer Marke jedoch im Sinne von § 24 II MarkenG aus berechtigten Gründen widersetzen. Denn nach den Gesamtumständen verwendet die Antragsgegnerin zu 1) den mit der Verfügungsmarke identischen „Metatag“ bzw. „Title“ tatsächlich nicht, um den Absatz der von ihr angebotenen „X“-Erzeugnissen, an denen nach § 24 I MarkenG Erschöpfung eingetreten ist, zu fördern; vielmehr geht es ihr nach den Gesamtumständen allein darum, Internetnutzer, die sich für „X“-Erzeugnisse interessieren und bei ihren Recherchen hiernach mit Hilfe des „Metatags“ oder des „Titles“ auf die Homepage der Antragsgegnerin zu 1) gelangen, auf gleichartige Artikel, nämlich die von der Antragsgegnerin zu 1) unter ihrer eigenen Marke angebotenen Erzeugnisse, umzuleiten.
Zum einen beschränkt sich auf der Homepage der Antragsgegnerin zu 1) das Angebot an „X“-Artikeln auf drei einzelne Erzeugnisse aus der breiten Angebotspalette der Antragstellerin, nämlich ein Paar Stallgamaschen, einen Rückenwärmer und einen Sprunggelenkschoner. Zum andern fordert die Antragsgegnerin zu 1) für diese Artikel Verkaufspreise, die – wie sich aus dem Vergleich mit den Preislisten der Antragstellerin ergibt – 22 % (Stallgamaschen), 27 % (Rückenwärmer) und 45 % (Sprunggelenkschoner) über der unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung liegen. An einem solchen Angebot hat der Nachfrager von Reitartikeln, der über das übliche Preisniveau der angebotenen Erzeugnisse entweder ohnehin bereits informiert ist oder sich vor einer Kaufentscheidung hierüber informieren wird, ersichtlich kein echtes Interesse. Insbesondere wird der angesprochene Verkehr den Erwerb dieser Waren zu dem verlangten ungünstigen Preis nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Die Antragsgegner haben demgemäß auch selbst nicht vorgetragen, die hier in Rede stehenden Erzeugnisse überhaupt schon zu diesen Preisen abgesetzt zu haben. Auf der anderen Seite werden dem Internetnutzer die „X“-Waren auf der Homepage gemäß Anlage EVK 6 zusammen mit deutlichen Hinweisen auf die – deutlich preiswerteren – gleichartigen „Y1“-Erzeugnisse der Antragsgegnerin zu 1) präsentiert. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Antragsgegnerin zu 1) mit der Verwendung der Verfügungsmarke als „Metatag“ und „Title“ in Verbindung mit dem nicht ernsthaft gemeinten Angebot weniger und überteuerter „X“-Erzeugnisse das vorrangige Ziel verfolgt, den Kaufinteressenten auf ihre eigenen Erzeugnisse umzuleiten. Eine auf dieser Zielsetzung beruhende Benutzung ihrer Marke muss die Antragstellerin nicht hinnehmen.
Für die rechtliche Beurteilung ist es im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Antragsgegnerin zu 1) nach Einstellung der Belieferung durch die Antragstellerin die fraglichen Artikel überhaupt billiger anbieten kann und ob auch andere Händler nur wenige Artikel aus dem „X“-Programm führen. Der Antragsgegnerin zu 1) ist es selbstverständlich unbenommen, lediglich einzelne „X“-Artikel zu einem von ihr frei kalkulierten Preis anzubieten. Der Vorwurf der Markenverletzung ergibt sich aus den dargestellten Gründen allein daraus, dass die Antragsgegnerin zu 1) zugleich die Marke der Antragstellerin als „Metatag“ und „Title“ verwendet.
2.
Unbegründet ist die sofortige Beschwerde dagegen, soweit mit ihr der Unterlassungsantrag in der weitergehenden Fassung weiterverfolgt wird. Dieser Antrag ist darauf gerichtet, den Antragsgegnern generell zu untersagen, die Verfügungsmarke als „Metatag“ und/oder „Title“ zu verwenden. Dieses Verbotsbegehren ist zu weitgehend, da es auch denkbare künftige Fallkonstellationen erfassen würde, die nicht durch die unter Ziffer 1. dargestellten besonderen Begleitumstände charakterisiert sind. In solchen Fällen ist es zumindest denkbar, dass die Antragsgegner sich mit Erfolg auf die Erschöpfung nach § 24 I, II MarkenG berufen können. Auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wären unter diesen Umständen nicht gegeben; insoweit kann in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
Bei der Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren war zu berücksichtigen, dass die vom Landgericht mit zutreffenden Gründen vorgenommene Erhöhung um 10 % für jeden der beschiedenen Hilfsansprüche nur den erfolglos gebliebenen Teil der Beschwerde betrifft, während im Übrigen – soweit der Hauptanspruch Erfolg hat – über die Hilfsansprüche keine Entscheidung ergangen und daher auch keine Erhöhung nach § 45 I 2 GKG vorzunehmen ist.