Kommentar

BGH – Zulässigkeit von Tippfehler-Domains bleibt weiterhin eine Frage des Einzelfalls

20. Februar 2014
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Kommentar zum Urteil des BGH vom 22.01.2014, Az.: I ZR 164/12

Unter Tippfehler-Domains versteht man Internet-Domains, die absichtlich dazu registriert worden sind und darauf abzielen, Internetnutzer bzw. Kunden abzufangen, die sich bei Eingabe der Adresse einer anderen, im Regelfall sehr bekannten und bereits registrierten Internet-URL zu vertippen. Der Internetnutzer gelangt in diesem Fall nicht auf die gewünschte Internetadresse, sondern vielmehr auf ein Konkurrenzangebot oder eine sonstige Seite, die mit Werbung oder unseriösen Inhalten versehen ist. In einer Ende Januar ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs hatte sich dieser zur Zulässigkeit von solchen Tippfehler-Domains geäußert.

Was ist passiert?

Die Inhaberin der Internet-Domain www.wetteronline.de, unter welcher ein Wetterdienst angeboten wird, wurde darauf aufmerksam, dass bei falscher Schreibweise ihrer URL in der Form www.wetteronlin.de eine Weiterleitung auf eine Internetseite erfolgte, auf der u.a. für private Krankenversicherungen Werbung geschalten wurde. Der Betreiber dieser Internetseite erhielt dabei für jeden Aufruf dieser Seite eine gewisse Provision.

Die Betreiberin von www.wetteronline.de sah dies als unzulässig an. Sie beschritt den Klageweg und verlangte Unterlassung der Benutzung der Domain sowie Einwilligung in die Löschung des Domainnamens wetteronlin.de, da sie in der Tippfehlerdomain eine unlautere, wettbewerbswidrige Behinderung als auch eine Verletzung ihres Namensrechts sah. Darüber hinaus begehrte die Klägerin Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Die Vorinstanzen des Landgerichts Köln (Az.: 81 O 42/11) als auch des Oberlandesgerichts Köln (Az.: 6 U 187/11) folgten der Rechtsansicht der Klägerin weitgehend mit der Begründung, die geltend gemachten Ansprüche bestehen sowohl wegen Verletzung von Namensrechten als auch wegen wettbewerbswidriger Behinderung.

Entscheidung des Gerichts

Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Klage mit Urteil von Mitte Januar (Urteil vom 22.01.2014 – I ZR 164/12) zum Teil ab.

Soweit die Klage auf einer Verletzung des Namensrechts der Klägerin gestützt war, begründete der BGH seine abweisende Entscheidung damit, dass der Bezeichnung „wetteronline“ die erforderliche namensmäßige Unterscheidungskraft fehle, um ihr Namensschutz zu teil werden zu lassen. Vielmehr handele es sich dabei lediglich um einen rein beschreibenden Gattungsbegriff, welcher den Geschäftsgegenstand der Klägerin bezeichne, online bestimmte Informationen und Dienstleistungen zum Thema „Wetter“ anzubieten, ohne dass dieser Bezeichnung Namensfunktion zukomme.

Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht stellt die konkrete Benutzung einer Domain einen Verstoß gegen das Verbot der unlauteren Behinderung gem. § 4 Nr. 10 UWG jedenfalls dann dar, wenn der Nutzer bei Öffnen der Tippfehler-Domain nicht „sogleich und unübersehbar“ darauf hingewiesen wird, dass er sich gerade nicht auf der Seite des Wetterdienstes befinde, so die Karlsruher Richter.

Allein durch die Registrierung einer solchen Tippfehler-Domain komme es jedoch nicht zu einer unlauteren Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG. Ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Tippfehler-Domain wetteronlin.de wurde daher im Ergebnis von den Karlsruher Richtern abgelehnt, weil auch im Fall einer Tippfehler-Domain eine rechtlich zulässige Nutzung möglich sei, eben bei Erteilung des o.g. Hinweises.

Fazit

Ob die Benutzung einer Tippfehler-Domain zulässig oder unzulässig ist, bleibt auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.

Unterlassungsansprüche aus Namensrecht setzen zunächst voraus, dass dem verwendeten Domainnamen Namensfunktion zukommt, was aber im Fall der Domain www.wetteronline.de abgelehnt wurde. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sind Tippfehler-Domains jedenfalls dann zulässig, wenn „sogleich und unübersehbar“ bei Aufruf dieser Internet-Seite ausreichend deutlich klargestellt wird, dass sich der Nutzer gerade nicht auf der Internet-Domain ohne Tippfehler befindet.

Auch wenn die bloße Registrierung einer solchen Domain noch keine unlautere Behinderung darstellt nach dem Urteil des BGH, ist zu erwarten, dass aufgrund der Anforderung an den Hinweis der sich öffnenden Tippfehlerdomain das Interesse an entsprechenden Domains deutlich sinken wird.

Die genauen Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs stehen noch aus.

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