Festlegung des Schadensersatz bei unerlaubter Übernahme von AGB

10. März 2014
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
1497 mal gelesen
0 Shares
Urteil des AG Köln vom 08.08.2013, Az.: 137 C 568/12

Anwaltlich formulierte AGB sind ein urheberrechtlich geschütztes Schriftwerk. Werden diese unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht, begründet dies einen Schadensersatzanspruch, dessen Höhe sich im Grundsatz nach dem Entgelt für eine solche AGB-Erstellung richtet. Beinhaltet dieses Entgelt zugleich eine Haftungsübernahme durch Anwälte, so beschränkt sich der Schaden auf die fiktive Einräumung von Nutzungsrechten in Höhe von 50% des Entgelts.

Amtsgericht Köln

Urteil vom 08.08.2013

Az.: 137 C 568/12

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 420,79 € seit 10.10.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die durch die mündliche Verhandlung entstandenen Kosten werden gegen einander aufgehoben. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet und teilweise unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 615,- € erlangt, worauf durch Aufrechnung erledigte 194,21 € anzurechnen sind.
Der Anspruch entstand gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

Die von einem der Gesellschafter der Klägerin konzipierten AGB sind ein Schriftwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG (vgl. Urteil des Landgerichts Köln vom 26.07.2012 – 14 O 254/12).

Das Recht, die AGB öffentlich zugänglich zu machen (§ 19 a UrhG), stand mangels Lizenzvereinbarung nicht der Beklagten zu, sondern der Klägerin. Die Mandantin der Klägerin erlangte nur ein einfaches Nutzungsrecht, während das von der Klägerin erlangte ausschließliche Nutzungsrecht ging nicht auf die Mandantin überging.

Das Gericht schätzt gemäß §§ 495, 287 Abs. 1 ZPO, dass ein vernünftiger Lizenzgeber anstelle der Klägerin mit einem vernünftigen Lizenznehmer anstelle der Beklagten angemessener Weise ein Lizenzentgelt von 615,- € vereinbart hätte.

Schätzgrundlagen sind die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen, wonach sie nach Erstellung von AGB monatlich zwischen 90,- € und 115,- € geltend machte, im Mittel also 102,50 €. Das ergibt für 12 Monate 1.230- €. Allerdings war das pro Monat vereinbarte Entgelt nicht nur die Gegenleistung für die Übertragung eines einfachen Nutzungsrechts. Vielmehr hatte die Klägerin dafür auch die Aktualisierung der AGB im Auge zu behalten und trug entsprechende Haftungsrisiken. Diese Leistung ist nicht gering einzuschätzen. Dafür spricht auch, dass die Klägerin sie komplett mit 19 % USt gemäß § 12 Abs. 1 UStG in Rechnung stellte, nicht, wie bei der Einräumung von Rechten nach dem Urheberrechtsgesetz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 b) UStG vorgesehen, mit 7 %. Andererseits liegt auf der Hand, dass ein Lizenzentgelt in dem Betrag enthalten sein muss. Die Klägerin hatte keinen Anlass, ein Recht zur Nutzung durch öffentliche Zugänglichmachung umsonst zu übertragen, selbst wenn sich diese Übertragung von selbst verstand, andernfalls die Erstellung/Überarbeitung von AGB für ihre Mandantin ohne Interesse gewesen wäre. Die Schätzung des Gerichts geht danach dahin, dass das Jahresentgelt von 1.230,- € zu 50 % auf die anwaltlichen Leistungen im engeren Sinn und zu 50 % auf die Überlassung des einfachen Nutzungsrechts entfällt. Das Entgelt für mehr als 3 Monate ist zugrunde zu legen, da ersichtlich die Beklagte eine längere Nutzung vorhatte. Sie musste erst durch Gerichtsentscheidung davon abgehalten werden, die Nutzung fortzusetzen. Ein solcher Geschehensablauf wurde nur durch die Widerrechtlichkeit der Nutzung verursacht, die bei einer zu fingierenden Lizenz gerade nicht vorgelegen hätte. Eine Lizenzdauer von 1 Jahr ist durchaus nicht selten, die Nutzung von AGB für einen kürzeren Zeitraum fernliegend (vgl. Schricker-Wild, 3. Aufl., § 97 Rn. 61). Hinsichtlich eines noch längeren Zeitraums verbleiben allerdings Zweifel, die zu Lasten der Klägerin als Anspruchstellerin gehen.

Nicht für die Schätzung entgangenen Lizenzentgelts taugen die Beträge, die die Klägerin einmalig als Pauschale offenbar für die erstmalige Erstellung der AGB berechnete. Hierbei handelt es sich um Werklohn/Dienstvergütung. Zwar ist denkbar, dass hierin auch ein Lizenzentgeltanteil steckt. Dagegen spricht aber, dass die Klägerin mit der Mandantin, gleich nach Erstellung beginnend, eine monatliche Zahlung vorsah. Da Lizenzentgelte vom Nutzungszeitraum abhängen, liegt es näher, dass diese zumindest enthalten sind in den zeitabhängig vereinbarten Entgelten, als dass sie in einen Teil des Einmalbetrages, im Übrigen auch mit 19 % USt in Rechnung gestellt, ausmachen.

Ein Verletzerzuschlag ist nicht zuzuerkennen, auch nicht unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 2 Durchsetzungsrichtlinie. Deren Erwägungsgrund Nr. 26 zeigt, das mit ihr nicht die Einführung eines als Strafe angelegten Schadensersatzes bezweckt wird, sondern nur eine Ausgleichsentschädigung auf objektiver Grundlage.

Die zuerkannten Zinsen kann die Klägerin gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB beanspruchen.

Dier Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 91 a, 708 Nr. 11 ZPO.
Wert für die Terminsgebühr: 805,79 €.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a